Schweben im eigenen Zuhause? Was du über Kragarmtreppen WIRKLICH wissen musst
Ich bin jetzt seit über zwanzig Jahren im Handwerk, und in der Zeit hab ich echt viel gesehen. Aber kaum etwas fasziniert die Leute so sehr wie eine Treppe, die aussieht, als würde sie schweben. Ich erinnere mich noch gut an mein erstes Projekt dieser Art. Ein Architekt drückte mir einen Plan in die Hand, auf dem die Stufen einfach so aus der Wand zu wachsen schienen. Mein erster Gedanke war: „Sieht verdammt gut aus, aber… hält das auch?“
Inhaltsverzeichnis
- 1 Das A und O: Die Wand ist der eigentliche Star
- 2 Warum das absolut kein DIY-Projekt ist
- 3 So wird’s gemacht: Ein Blick hinter die Kulissen
- 4 Was kostet der Traum vom Schweben?
- 5 Der Zeitplan: Von der Idee bis zur ersten Begehung
- 6 Sicherheit geht vor (auch wenn’s uncool klingt)
- 7 Deine ersten 5 Schritte zur Schwebetreppe
- 8 Bildergalerie
Und genau diese Frage ist der Knackpunkt. Eine schwebende Treppe – im Fachjargon Kragarmtreppe genannt – ist viel mehr als nur ein schickes Design-Element. Sie ist ein kleines statisches Kunstwerk, das absolut keine Fehler verzeiht. In diesem Beitrag packe ich mal alles aus, was ich über die Jahre in der Werkstatt und auf der Baustelle gelernt habe. Ich zeige dir, was diese Treppen im Inneren zusammenhält, worauf du bei der Planung unbedingt achten musst und warum du hier niemals am falschen Ende sparen solltest.

Das A und O: Die Wand ist der eigentliche Star
Bevor wir über schicke Eichenstufen oder Glasvarianten reden, müssen wir über Physik sprechen. Aber keine Sorge, das ist einfacher, als es klingt. Stell dir ein simples Regalbrett vor, das nur an einer Seite in der Wand steckt. Legst du ein Buch drauf, biegt es sich. Bei einer Kragarmtreppe ist jede Stufe genau so ein Brett, nur dass statt eines Buches ein Mensch drauftritt.
Jede Stufe wirkt wie ein Hebel. Wenn du mit deinen 80 Kilo auf der vordersten Kante stehst, erzeugt das an der Verankerung in der Wand eine gigantische Kraft. Das nennt man Biegemoment. Dazu kommt die Scherkraft, die quasi versucht, die Stufe direkt an der Wand abzuschneiden. Und das alles muss die Konstruktion aushalten, nicht nur einmal, sondern zehntausende Male über viele Jahre.
Deshalb kann ich es nicht oft genug sagen: Die wichtigste Komponente ist nicht die Treppe, sondern die Wand dahinter. Eine normale Rigipswand? Vergiss es. Eine dünne Zwischenmauer? Absolut unmöglich. Du brauchst eine massive, tragende Wand, die diese Kräfte aufnehmen kann.

- Stahlbeton: Das ist der absolute Idealfall. Eine Wand aus Stahlbeton mit mindestens 20 cm Dicke ist die perfekte Basis. Hier können wir die Verankerungen bombenfest und dauerhaft anbringen.
- Massives Mauerwerk: Bei Ziegelwänden wird’s schon kniffliger. Vollziegel oder Kalksandstein können funktionieren, aber hier ist die Prüfung durch einen Statiker absolute Pflicht. Bei Hohlblocksteinen ist eine Kragarmtreppe meist nur mit einer zusätzlichen, vorgesetzten Stahlkonstruktion machbar.
Ganz ehrlich: Ein Statiker ist bei so einem Projekt kein optionaler Luxus, sondern deine Lebensversicherung. Er berechnet die Lasten und gibt die Verankerung vor. Ohne seinen Stempel würde ich als Meister so einen Auftrag niemals annehmen.
Warum das absolut kein DIY-Projekt ist
Vielleicht denkst du dir jetzt: „Ein paar Löcher bohren, Stahlstangen rein, Stufen drauf – krieg ich hin.“ Bitte, tu es nicht! Die Risiken sind enorm. Wenn hier etwas schiefgeht, reden wir nicht von einer knarrenden Stufe, sondern von Einsturzgefahr. Deine Versicherung wird im Schadensfall keinen Cent zahlen, und wenn jemand zu Schaden kommt, bist du voll haftbar. Das ist es einfach nicht wert.

So wird’s gemacht: Ein Blick hinter die Kulissen
Wenn die Statik geklärt ist, geht es an die Umsetzung. Und hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Präzision ist alles.
Die unsichtbare Verankerung
Die gängigste und sicherste Methode ist eine verdeckte Stahlwange. Das ist eine massive Stahlplatte, die direkt auf die Rohbauwand geschraubt wird. Daran sind schon die Halterungen für die Stufen angeschweißt. Das Ganze wird mit Schwerlastankern und speziellem Injektionsmörtel in der Wand verankert. Später wird diese Stahlkonstruktion einfach überputzt und ist komplett unsichtbar – das stabile Rückgrat deiner Treppe.
Bei einer massiven Betonwand kann man auch mit Einzelbolzen arbeiten. Dafür müssen exakt waagerechte Löcher gebohrt und die Stahlbolzen mit Spezialmörtel eingeklebt werden. Ich sage meinen Azubis immer: „Bei einer Kragarmtreppe misst du dreimal und prüfst deine Wasserwaage viermal, bevor du überhaupt an die Bohrmaschine denkst.“ Ein halber Grad Schieflage, und die Stufe hängt krumm. Das kriegst du nie wieder korrigiert.

Die Wahl der Stufen
Die Stufen sind das, was man am Ende sieht. Sie müssen nicht nur gut aussehen, sondern auch extrem stabil sein.
- Massivholz: Eiche ist der Klassiker – hart, langlebig, wunderschön. Achte darauf, dass es mehrschichtig verleimtes Holz ist, das ist formstabiler und arbeitet weniger. Restfeuchte unter 10 % ist Pflicht, sonst gibt’s später Ärger.
- Stahl oder Beton: Für den coolen Industrial-Look sind Stufen aus gefaltetem Stahlblech oder Sichtbeton eine Option. Aber Achtung: Betonstufen sind extrem schwer und brauchen eine noch massivere Verankerung.
- Glas: Sieht spektakulär aus, ist aber die Königsklasse. Hier kommt nur mehrschichtiges Verbundsicherheitsglas (VSG) infrage, das von absoluten Spezialisten montiert wird.
Kleiner Tipp zur Pflege: Geölte Eichenstufen wollen ein- bis zweimal im Jahr nachgeölt werden, damit sie schön bleiben. Glas muss man halt putzen, das ist klar. Beton ist da am unkompliziertesten.
Was kostet der Traum vom Schweben?
Jetzt mal Tacheles. Eine Kragarmtreppe ist eine der teuersten Treppenvarianten überhaupt. Es ist eine Investition in Design und Baukunst, keine Sparlösung. Damit du eine grobe Vorstellung hast, hier eine realistische Hausnummer für eine Treppe über ein normales Geschoss (ca. 14-15 Stufen):

Rechne mal grob mit 8.000 € bis 20.000 €, je nach Material und Komplexität. Eine gute Standard-Holztreppe bekommst du oft für die Hälfte.
Die Kosten setzen sich ungefähr so zusammen:
- Statik & Planung: Unverzichtbar! Plane hierfür etwa 500 € bis 1.500 € ein.
- Die Stahl-Unterkonstruktion: Das ist das teure Herzstück, eine Maßanfertigung vom Metallbauer. Rechne mit 2.000 € bis 5.000 €.
- Stufen & Montage: Je nach Material und Aufwand kannst du hier von 400 € bis über 900 € pro montierter Stufe ausgehen.
Der Zeitplan: Von der Idee bis zur ersten Begehung
So ein Projekt braucht Zeit. Von der ersten Idee bis du die fertige Treppe hochlaufen kannst, vergehen schnell mal 3 bis 6 Monate. Der Ablauf sieht meist so aus:
- Phase 1 (Planung): Wandprüfung, Statiker beauftragen, Angebote einholen (ca. 4-8 Wochen).
- Phase 2 (Produktion): Die Stahlkonstruktion wird nach Maß gefertigt (ca. 4-6 Wochen).
- Phase 3 (Rohbau-Montage): Die Stahlwange wird an der nackten Wand montiert. Das muss passieren, BEVOR der Estrich und Putz kommen!
- Phase 4 (Endmontage): Wenn alle Maler- und Bodenarbeiten abgeschlossen sind, werden ganz zum Schluss die empfindlichen Stufen montiert, um sie zu schützen.

Sicherheit geht vor (auch wenn’s uncool klingt)
Viele träumen von einer Treppe ganz ohne Geländer. Aus ästhetischer Sicht verständlich, aber aus Sicherheits- und rechtlicher Sicht ein No-Go. Die Bauordnungen sind da eindeutig: Ab einem Meter Absturzhöhe ist ein Geländer Pflicht. Und ganz ehrlich, ein Sturz von der Treppe ist kein Spaß.
Die gute Nachricht: Es gibt heute super filigrane Lösungen, die die schwebende Optik kaum stören:
- Glasgeländer: Eine durchgehende Scheibe aus Sicherheitsglas sichert ab, ohne den Blick zu versperren.
- Stahlseile oder -stäbe: Senkrecht gespannte Edelstahl-Elemente wirken sehr luftig. Der Abstand darf aber nicht mehr als 12 cm betragen, damit kein Kinderkopf durchpasst.
Apropos Kinder: Die offenen Lücken zwischen den Stufen können für Kleinkinder ein Risiko sein. Sprich das offen mit deinem Planer an. Man kann temporäre Schutznetze anbringen oder von vornherein eine Lösung finden, die sicher und schön ist.
Deine ersten 5 Schritte zur Schwebetreppe
Fassen wir mal zusammen. Wenn du jetzt Lust bekommen hast, ist das deine Checkliste für den Start:

- Wand-Check: Lass von einem Profi (Architekt, Statiker) prüfen, ob deine Wand überhaupt geeignet ist. Das ist der allererste Schritt.
- Profis finden: Such dir einen Architekten oder einen erfahrenen Treppenbauer. Die arbeiten meist mit „ihren“ Statikern und Metallbauern zusammen. Frag einfach mal bei der örtlichen Handwerkskammer oder Metallbauer-Innung nach Spezialisten.
- Budget planen: Sei realistisch. Hol dir mindestens zwei detaillierte Angebote ein, die alle Posten (Statik, Stahlbau, Stufen, Montage) enthalten.
- Zeitpunkt abstimmen: Integriere die Treppe von Anfang an in deine Bau- oder Umbauplanung. Eine nachträgliche Installation ist eine riesige, schmutzige Baustelle.
- Sicherheit einplanen: Denk von Anfang an über das Geländer nach. Es ist kein lästiges Übel, sondern ein wichtiges Gestaltungselement.
Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Eine gut gebaute Kragarmtreppe fühlt sich beim Gehen absolut massiv und sicher an. Sie schwingt nicht, sie federt nicht, sie knarrt nicht. Wenn sie das tut, ist etwas gehörig faul. Aber wenn sie richtig gemacht ist, ist sie nicht nur ein Weg nach oben, sondern jeden Tag ein kleines Kunstwerk, an dem du jahrzehntelang Freude hast.

Bildergalerie


Und wo bleibt das Geländer?
Die minimalistische Optik einer Kragarmtreppe scheint oft im Widerspruch zur Geländerpflicht zu stehen. Doch Sicherheit und Design müssen sich nicht ausschliessen. Eine beliebte Lösung sind Ganzglasgeländer, die bündig an den Stufenkanten montiert werden. Sie bieten Absturzsicherheit, ohne die schwebende Illusion zu stören. Alternativ kann ein filigraner Handlauf direkt an der tragenden Wand befestigt werden. Für einen industriellen Look eignen sich auch senkrecht gespannte Stahlseile – eine Option, die jedoch vorab mit dem zuständigen Bauamt auf Konformität geprüft werden muss.

Nach DIN 18065 müssen Treppenstufen in Wohngebäuden einer Einzellast von mindestens 1,5 Kilonewton (ca. 150 kg) an der ungünstigsten Stelle standhalten.
Dieser Wert ist der Grund, warum die unsichtbare Verankerung in der Wand so massiv sein muss. Ein Statiker berechnet nicht nur diese Punktlast, sondern auch die Schwingungen und die Dauerfestigkeit der gesamten Konstruktion. Seine Freigabe ist das Fundament für eine sichere und langlebige schwebende Treppe.

Massivholz: Stufen aus geölter Eiche oder markantem Nussbaum bringen Wärme und Natürlichkeit in den Raum. Sie fühlen sich angenehm unter den Füssen an und dämpfen den Trittschall leicht.
Sichtbeton: Kühl, puristisch und extrem belastbar. Stufen aus Beton, oft nur wenige Zentimeter stark, sind ein Statement des Brutalismus und passen perfekt zu moderner Architektur.
Die Wahl ist eine Frage des Wohnstils und des gewünschten Ambientes – beide Materialien garantieren bei korrekter Ausführung eine beeindruckende Wirkung.

Das wahre Potenzial einer schwebenden Treppe entfaltet sich erst mit dem richtigen Lichtkonzept. Statt einer zentralen Deckenleuchte sollten Sie auf gezielte Akzente setzen. In die Wand eingelassene LED-Spots knapp über jeder Stufe schaffen einen dramatischen Effekt und sorgen für Trittsicherheit. Noch subtiler wirkt ein in die Unterseite der Stufen integriertes LED-Band, zum Beispiel von Herstellern wie Paulmann oder SLV. Nachts verwandelt sich die Treppe so in eine leuchtende Skulptur, die im Raum zu schweben scheint.

Der entscheidende Partner: Der Statiker. Bevor der erste Bohrer angesetzt wird, ist sein Gutachten unerlässlich. Er analysiert die Bausubstanz der Wand, berechnet die Hebelkräfte und definiert die exakten Spezifikationen für die Stahl-Anker, die in der Wand verschwinden. Ohne sein grünes Licht ist das Projekt nicht nur gefährlich, sondern auch rechtlich unzulässig. Sehen Sie seine Beteiligung nicht als Kostenfaktor, sondern als die wichtigste Versicherung für Ihr Bauvorhaben.

- Ein Gefühl von Leichtigkeit und Offenheit
- Ein subtiles, kaum merkliches Federn bei jedem Schritt
- Eine bewusstere Art des Treppensteigens
Das Geheimnis? Eine perfekt konstruierte Kragarmtreppe ist nie zu 100 % starr. Eine minimale, kalkulierte Elastizität der Stahlträger im Inneren der Stufen absorbiert die Energie des Gehens und vermittelt ein angenehmes, sicheres Gefühl. Ist eine Treppe hingegen absolut unnachgiebig, kann sie sich hart und

Wer mit den Kosten für eine Kragarmtreppe plant, muss mehrere Faktoren berücksichtigen, die den Preis stark beeinflussen können. Es ist weit mehr als nur der Preis pro Stufe.
- Material der Stufen: Eine Stufe aus 6 cm starker, astfreier Eiche ist teurer als eine aus keilgezinkter Buche. Glas oder Naturstein spielen in einer noch höheren Liga.
- Die Verankerung: Muss für die Befestigung eine komplexe Stahlkonstruktion in die Wand integriert werden, treibt das die Kosten und den Arbeitsaufwand in die Höhe.
- Das Geländer: Ein rahmenloses Glasgeländer kann fast so viel kosten wie die Treppenstufen selbst.
- Oberflächen-Finish: Eine spezielle Lackierung, eine aufwendige Ölung oder eine rutschhemmende Behandlung sind zusätzliche Posten.
Der Trend geht zu immer dünneren Stufenprofilen, die oft nur noch 4 bis 6 Zentimeter stark sind.
Möglich machen dies hochfeste Stahlsorten und Verbundwerkstoffe, die im Inneren der Stufe die gesamte Last tragen. Hersteller wie Siller Treppen oder EeStairs treiben diese Entwicklung voran und realisieren Konstruktionen, bei denen die Holz- oder Betonummantelung nur noch eine optische Hülle für ein unsichtbares, extrem starkes Stahlskelett ist. Das Ergebnis ist eine noch radikalere Reduktion auf das Wesentliche – die schwebende Linie im Raum.




