Vom Stahlblech zum Design-Stuhl: Ein ehrlicher Blick in die Werkstatt

von Mareike Brenner
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Schon verrückt, oder? Man nimmt eine flache, unscheinbare Metallplatte, faltet sie ein paarmal an den richtigen Stellen, und plötzlich hat man etwas Stabiles, Nützliches, ja sogar Schönes. Ich habe letztens einen Entwurf für einen Stuhl gesehen, der genau nach diesem Prinzip funktioniert. Er sieht aus wie Origami, die japanische Faltkunst, nur eben aus massivem Stahl. Das hat mich sofort gepackt, denn genau das ist die Magie, mit der wir in der Werkstatt jeden Tag arbeiten.

Ein flaches Blech ist für sich genommen ziemlich labil. Aber mit den richtigen Knicken wird es unglaublich stark. Das ist keine Hexerei, sondern reine Physik. Und genau diesen Weg, vom rohen Blech bis zum fertigen Design-Möbel, möchte ich dir heute mal zeigen. Ohne Fachchinesisch, sondern so, wie ich es auch einem neugierigen Freund in der Werkstatt erklären würde. Bereit für einen Blick hinter die Kulissen?

1. Alles beginnt mit dem richtigen Material

Die Basis für alles ist die Wahl des Metalls. Für ein solches Möbelstück ist Stahlfeinblech eine fantastische Wahl. Aber Stahl ist nicht gleich Stahl, da müssen wir schon genauer hinschauen. In der Regel greifen wir hier zu einem kaltgewalzten Feinblech, meistens in der Güteklasse DC01. Das klingt technisch, bedeutet aber nur, dass es eine super glatte Oberfläche hat und sich gut verformen lässt – perfekt für Möbel.

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Warum ist das so wichtig? Ganz einfach: Die spätere Lackierung oder Beschichtung wird nur so gut wie der Untergrund. Bei warmgewalztem Stahl, der eine rauere Oberfläche hat, würde man jede kleine Unebenheit sehen. Außerdem ist kaltgewalzter Stahl viel maßhaltiger. Wenn 1,5 Millimeter draufsteht, sind auch (fast) genau 1,5 Millimeter drin. Für diesen Origami-Stuhl würde ich eine Stärke zwischen 1,5 und 2,0 mm ansetzen. Dünner, und der Stuhl würde sich unter Belastung anfühlen wie ein Wackelpudding. Dicker, und er würde so schwer, dass du ihn kaum noch heben könntest. Außerdem würden die Faltkanten zu rund werden und der filigrane Look wäre dahin.

Gut zu wissen: Was ist mit Edelstahl oder Alu?
Klar, das geht auch, aber jedes Material hat seine Eigenheiten. Hier mal ein kurzer Überblick ganz ohne Tabelle:

  • Normaler Stahl (wie hier): Das ist die budgetfreundlichste Option. Er ist super stabil und lässt sich top verarbeiten. Der große Nachteil: Er rostet, wenn er nicht perfekt geschützt wird. Ein Quadratmeter in 1,5 mm Stärke kostet beim Stahlhändler grob zwischen 20 und 40 Euro.
  • Edelstahl: Sieht edel aus und rostet nicht. Dafür ist er deutlich teurer (rechne mal mit dem drei- bis vierfachen Preis) und auch zäher in der Bearbeitung. Das Lasern und Kanten kostet mehr Energie und verschleißt die Werkzeuge stärker.
  • Aluminium: Das Leichtgewicht! Es ist super einfach zu bearbeiten und rostet nicht. Allerdings ist es viel weicher und weniger stabil. Für die gleiche Stabilität bräuchte man ein dickeres Blech, was den Gewichtsvorteil teilweise wieder auffrisst. Preislich liegt es irgendwo zwischen Stahl und Edelstahl.

Für dieses Design ist normaler Stahl also der beste Kompromiss aus Stabilität, Kosten und Optik.

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2. Der Zuschnitt: Präzision aus dem Lichtstrahl

Früher war das eine laute, schweißtreibende Angelegenheit mit riesigen Scheren. Heute ist das zum Glück ein fast lautloser, faszinierender Prozess. Die ungefaltete Form des Stuhls, die sogenannte Abwicklung, wird als digitale CAD-Datei an einen CNC-Laserschneider geschickt.

Dort gleitet ein gleißend heller Lichtpunkt über die dunkle Stahltafel. Es zischt nur leise, während der Laser den Stahl mit irrsinniger Hitze schmilzt und verdampfen lässt. Ein Gasstrahl bläst die Reste sofort weg. Das Ergebnis ist eine Kante von unglaublicher Präzision. Übrigens, so ein Laserzuschnitt für ein Einzelteil dieser Größe und Komplexität kostet bei einem Dienstleister schnell mal zwischen 50 und 90 Euro.

Achtung, superwichtig!
Eine frisch gelaserte Kante ist scharf wie ein Skalpell. Ohne Witz. Daran kann man sich böse verletzen. Deshalb ist der nächste Schritt unverzichtbar: das Entgraten. Mit speziellen Werkzeugen oder einer Feile wird jede einzelne Kante vorsichtig gebrochen, bis sie sich nicht mehr aggressiv, sondern weich anfühlt. Bei einem Möbelstück ist das absolute Pflicht. Stell dir nur mal vor, du oder ein Kind fasst unter die Sitzfläche…

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3. Die Formgebung: Die pure Kraft des Faltens

Jetzt kommt der magische Teil! Das flache Blech wird auf einer CNC-Abkantpresse geformt. Das ist eine riesige Maschine, die mit dem Gewicht mehrerer Autos ein Werkzeug von oben auf das Blech drückt und es so in eine exakte Falte zwingt. Die Reihenfolge der Kantungen wird vorher am Computer programmiert, damit sich das Blech nicht selbst im Weg ist.

Hier ist Präzision alles. Ein halbes Grad Abweichung bei einer Faltung, und am Ende passt nichts mehr. Ganz ehrlich? Das haben wir alle schon auf die harte Tour gelernt. Ich erinnere mich an einen Tisch-Prototypen, bei dem wir die Kantreihenfolge falsch geplant hatten. Nach der vierten Faltung stand das Blech sich selbst im Weg, und wir konnten die letzte, entscheidende Kante nicht mehr machen. Tja, das war dann ein sehr teurer und sehr stabiler Schrotthaufen.

Kleiner Test für dich zu Hause: Nimm ein Blatt A4-Papier. Versuch mal, nur durch Falten eine Brücke zwischen zwei Büchern zu bauen, die dein Handy tragen kann. Du wirst sofort merken, wie ein paar gezielte Knicke aus einem labilen Blatt ein stabiles Bauteil machen!

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4. Verbindung und Finish: Das macht die Qualität aus

Nun müssen die Einzelteile, also Sitzfläche und Untergestell, verbunden werden. Das passiert meistens durch Schweißen. Für Designermöbel nimmt man das WIG-Verfahren, das extrem saubere, feine Nähte erzeugt. Nach dem Schleifen sieht man davon fast nichts mehr.

Danach kommt die Oberfläche. Ein roher Stahlstuhl würde dir unter dem Hintern wegrosten. Die robusteste Lösung, die ich kenne und immer empfehle, ist eine Pulverbeschichtung. Das ist kein normaler Lack, sondern ein trockenes Pulver, das elektrostatisch auf dem Stuhl haftet und dann bei rund 200°C im Ofen zu einer extrem harten, schlagfesten Kunststoffschicht schmilzt. Nasslack aus der Dose ist zwar billiger, aber bei Weitem nicht so kratzfest und langlebig. Für eine professionelle Pulverbeschichtung für einen Stuhl musst du als Einzelstück mit etwa 80 bis 130 Euro rechnen – aber die Investition lohnt sich!

5. Die nackten Zahlen: Kosten, Zeit und Gewicht

Was kostet der Spaß denn nun in der Herstellung und was hat man am Ende in der Hand? Lass uns mal kurz zusammenrechnen:

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  • Material: ca. 40 €
  • Laserzuschnitt: ca. 70 €
  • CNC-Kanten: ca. 80 €
  • Schweißarbeiten & Finish: ca. 50 €
  • Pulverbeschichtung: ca. 100 €

Wir landen also locker bei über 300 Euro nur für die Herstellung eines einzigen Prototypen, ohne die Entwicklungskosten! Das zeigt, warum gut gemachte Design-Möbel ihren Preis haben.

Und das Gewicht? So ein Stuhl aus 1,5-mm-Stahlblech bringt locker 15 bis 18 Kilogramm auf die Waage. Das ist massiv und fühlt sich wertig an. Die reine Fertigungszeit in der Werkstatt liegt, wenn alles glattläuft, bei wenigen Stunden pro Stück, aber dazu kommen natürlich noch Trocknungszeiten und die Logistik.

6. Und jetzt du: Selbst machen oder machen lassen?

Ich werde oft gefragt, ob man so etwas nicht auch in der Hobbywerkstatt nachbauen kann. Bei diesem speziellen Design muss ich ehrlich sein: Nein, vergiss es. Ohne Zugang zu einem Laser und einer CNC-Abkantpresse wirst du diese Präzision niemals erreichen. Das Ergebnis wäre ungenau, wackelig und im schlimmsten Fall sogar gefährlich.

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Aber das Prinzip kannst du nutzen! Wie wäre es mit einem kleinen Wandregal? Dafür brauchst du kein teures Stahlblech. Nimm ein Stück 2-mm-Alublech, das bekommst du oft schon im gut sortierten Baumarkt oder online bei Händlern, die auch an Privatkunden liefern. Das kannst du mit einer Stichsäge (mit Metallblatt) zuschneiden, die Kanten sorgfältig feilen und es dann über einer stabilen Tischkante biegen.

Letzter Sicherheitshinweis, weil es so wichtig ist: Trage IMMER schnittfeste Handschuhe, wenn du mit Blech arbeitest. Die Kanten sind gnadenlos. Eine Schutzbrille ist ebenfalls Pflicht.

Am Ende ist es genau diese Summe der unsichtbaren Details – die sauberen Kanten, die präzisen Winkel, die haltbare Beschichtung –, die aus einem einfachen Stück Metall ein sicheres und langlebiges Möbelstück macht. Ein Stück, das man nicht nur gerne anschaut, sondern auch jeden Tag benutzt.

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Laserschnitt: Schnell, extrem präzise und ideal für die komplexen Konturen von Designermöbeln aus dünnem Blech. Die Kanten werden durch die Hitze minimal beeinflusst, was für die spätere Verarbeitung aber meist unerheblich ist.

Wasserstrahlschnitt: Schneidet das Material ohne jegliche Hitzeeinwirkung, was Verzug ausschliesst. Diese Methode ist langsamer und oft teurer, spielt ihre Stärken aber bei sehr dicken Materialien oder hitzeempfindlichen Legierungen aus.

Für ein filigranes Stück wie den Linito-Stuhl ist der Laserschnitt in der Regel die Methode der Wahl für ein perfektes Gleichgewicht aus Präzision und Effizienz.

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Stahl ist das meistrecycelte Material der Welt. Seine magnetischen Eigenschaften machen die Trennung von anderem Abfall einfach und effizient.

Das bedeutet, dass ein Stuhl aus Stahl nicht nur für die Ewigkeit gebaut ist, sondern am Ende seines Lebenszyklus auch vollständig in den Materialkreislauf zurückkehren kann. Der Stahl kann ohne Qualitätsverlust eingeschmolzen und für ein völlig neues Produkt wiederverwendet werden – ein starkes Argument für Nachhaltigkeit im Möbeldesign.

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Wie kommt die Farbe eigentlich so makellos auf den Stahl?

Das Geheimnis ist die Pulverbeschichtung, ein extrem widerstandsfähiges Verfahren. Dabei wird farbiges Pulver elektrostatisch auf das geerdete Stahlteil gesprüht. Durch die Aufladung haftet das Pulver gleichmäßig, selbst in Ecken und an Kanten. Anschließend wird das Möbelstück bei rund 180-200 °C in einem Ofen „gebacken“. Das Pulver schmilzt zu einer glatten, schlag- und kratzfesten Oberfläche, die deutlich robuster ist als herkömmlicher Lack. Marken wie Tiger oder IGP sind hier führende Anbieter für hochwertige Pulverlacke im bekannten RAL-Farbsystem.

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  • Die kühle, glatte Haptik unter den Fingerspitzen.
  • Das Gefühl unerschütterlicher Stabilität beim Hinsetzen.
  • Der subtile, metallische Glanz, der das Licht im Raum einfängt.

Das Erlebnis? Es ist der bewusste Kontrast. Ein kaltes, industrielles Material wird durch menschliche Kreativität und präzise Faltung zu einem organischen, fast schwebenden Objekt geformt, das mehr ist als die Summe seiner Teile.

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Auch wenn der Artikel Stahlblech in den Fokus rückt, lohnt ein Blick auf eine faszinierende Alternative: Cortenstahl. Diese spezielle Stahllegierung bildet unter Witterungseinfluss eine feste Sperrschicht aus Rost. Diese „Edelrost“-Patina schützt das darunterliegende Material vor weiterer Korrosion und verleiht dem Möbel eine einzigartige, lebendige Optik in warmen Erdtönen. Ein Stuhl aus Cortenstahl wäre ein sich ständig wandelndes Unikat, das im Garten eine besonders natürliche Ästhetik entfaltet.

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Wichtiger Punkt: Das Finish schützen. Eine Pulverbeschichtung ist zwar hart im Nehmen, aber nicht unzerstörbar. Für die Reinigung genügt ein weiches Mikrofasertuch mit Wasser und einem milden, pH-neutralen Reiniger. Auf aggressive Scheuermittel oder harte Schwämme sollten Sie unbedingt verzichten, da sie die Oberfläche dauerhaft mattieren oder feine Kratzer hinterlassen können.

Die Idee, ein solches Design-Stück selbst nachzubauen, ist verlockend. Doch die Realität in der Hobbywerkstatt sieht anders aus:

  • Die Kraft: Um 2 mm starkes Stahlblech präzise zu kanten, braucht es eine professionelle Abkantpresse, die mit mehreren Tonnen Druck arbeitet. Mit einem Schraubstock ist das nicht zu machen.
  • Die Präzision: Schon eine Abweichung von einem halben Grad bei einer Faltung kann die gesamte Geometrie des Stuhls verwerfen und ihn wackelig machen.
  • Die Oberfläche: Eine professionelle Lackierung oder Pulverbeschichtung erfordert eine staubfreie Umgebung und spezielle Ausrüstung, die über die klassische Sprühdose weit hinausgeht.
Mareike Brenner

Mareike ist 1991 in Bonn geboren und hat ihr Diplom in der Fachrichtung Journalistik an der TU Dortmund erworben. Sie hat einen Hintergrund im Bereich Design, da sie an der HAW Hamburg Illustration studiert hat. Mareike hat aber einen Sprung in die Welt des Journalismus gemacht, weil sie schon immer eine Leidenschaft für kreatives Schreiben hatte. Derzeit ist sie in der Redaktion von Freshideen tätig und schreibt gern Berichte über Schönheitstrends, Mode und Unterhaltung. Sie kennt übrigens alle Diäten und das Thema „Gesund abnehmen“ wird von ihr oft bevorzugt. In ihrer Freizeit kann man sie beim Kaffeetrinken mit Freunden antreffen oder sie bleibt zu Hause und zeichnet. Neulich hat sie eine neue Leidenschaft entdeckt, und das ist Online-Shopping.