Wohnung sanieren? Vergiss die Deko – Das ist das Fundament für dein Zuhause

von Romilda Müller
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Ich häng schon mein ganzes Leben auf Baustellen rum. Ich hab Wohnungen saniert, alten Häusern neues Leben eingehaucht und unzählige Räume eingerichtet. Und ganz ehrlich? Ich hab alles gesehen. Schicke Designer-Buden, die nach drei Jahren aussahen, als wären sie explodiert. Und unscheinbare Wohnungen, die auch nach Jahrzehnten noch grundsolide dastanden.

Der Unterschied liegt fast nie in der schicken Vase oder dem angesagten Teppich, den man auf Instagram sieht. Der wahre Wert steckt tiefer: im Fundament, in der sauberen Planung und im ehrlichen Handwerk.

Klar, man sieht tolle Bilder von Wohnungen, vielleicht aus Skandinavien oder sonst woher, und denkt sich: „Genau so will ich das auch!“ Das versteh ich total. Aber ein Hochglanzfoto zeigt dir nicht, was hinter der Wand los ist. Es zeigt nicht die marode Elektrik, die kurz vor dem Kabelbrand stand. Mein Ziel ist es, dir zu zeigen, worauf es wirklich ankommt. Nicht nur, damit deine Wohnung toll aussieht, sondern damit sie gut ist. Sicher, funktional und für die Ewigkeit gebaut.

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Erstmal Bestandsaufnahme: Was hast du wirklich gekauft?

Bevor du auch nur einen Gedanken an Wandfarben verschwendest, musst du wissen, womit du es zu tun hast. Das ist der wichtigste Schritt von allen. Ihn zu überspringen ist der teuerste Fehler, den man machen kann. Ich hatte mal einen Kunden, der eine Altbauwohnung mit traumhaftem Dielenboden gekauft hatte. Nach dem Einzug merkte er, dass der Boden an einer Stelle seltsam nachgab. Tja, wir haben die Dielen hochgenommen und der tragende Balken darunter war von Fäulnis zerfressen. Die Sanierung war ein Albtraum. Hätte er vorher genauer hingeschaut, hätte er das als massiven Hebel in der Preisverhandlung nutzen können.

Deine Checkliste für die Wohnungsbesichtigung

Nimm das hier im Kopf mit, wenn du dir eine Wohnung ansiehst. Das trennt eine gute Investition von einem Fass ohne Boden:

  • Wände und Decken: Klopf die Wände ab. Klingt es dumpf und solide wie ein boff? Super, massive Wand. Klingt es eher hohl und scheppernd wie ein dumm-dumm? Das ist eine Leichtbauwand. Da kannst du keine schweren Hängeschränke dran befestigen, ohne die Wand vorher zu verstärken. Siehst du irgendwo Feuchtigkeitsflecken oder Schimmel? Besonders in den Ecken oder an den Fenstern. Nicht einfach drüberstreichen! Das ist ein Warnsignal für ein tieferliegendes Problem.
  • Feuchtigkeit messen: Ein einfaches Feuchtigkeitsmessgerät bekommst du im Baumarkt für um die 20 Euro. Eine kleine Investition, die dich vor riesigem Ärger bewahren kann. Geh damit an verdächtige Stellen. Alles, was deutlich über der normalen Raumfeuchte liegt, ist ein rotes Tuch.
  • Böden prüfen: Nimm eine lange Wasserwaage oder einfach eine gerade Leiste mit. Leg sie auf den Boden. In Altbauten ist nie etwas 100% gerade, aber große Dellen oder Buckel müssen ausgeglichen werden, bevor du einen neuen Boden verlegst. Sonst knarzt und wackelt es später für immer.
  • Risse im Putz: Kleine Haarrisse sind meist nur ein Schönheitsfehler. Aber siehst du große, durchgehende Risse, die vielleicht sogar diagonal verlaufen? Finger weg und sofort einen Statiker fragen. Ohne Ausnahme. Sicherheit geht immer vor.
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Die unsichtbaren Gefahren: Strom und Wasser

Ganz ehrlich, hier hört der Spaß auf. Bei diesen Themen gibt es keine Kompromisse und kein „Do it yourself“.

Die Elektrik: In vielen älteren Wohnungen ist die Elektrik eine Zeitbombe. Siehst du noch alte Schraubsicherungen im Kasten oder fehlt ein FI-Schutzschalter? Das sind klare Anzeichen dafür, dass hier ein Profi ran muss. Eine komplette Neuinstallation in einer 70-Quadratmeter-Wohnung kann, je nach Ausstattung, schnell zwischen 8.000 und 15.000 € kosten. Das muss man im Budget einplanen! Ich hab mal in einer Wohnung gearbeitet, da hatte der Vormieter die Kabel mit Paketklebeband „isoliert“. Das ist kein Witz, das ist lebensgefährlich.

Die Wasserleitungen: Schau mal unter die Spüle. Siehst du glänzendes Kupfer oder modernen Kunststoff? Gut. Siehst du stumpfe, graue Rohre? Vorsicht, das könnten alte Bleirohre sein, die raus müssen. Dreh auch mal alle Hähne voll auf. Kommt nur ein müdes Rinnsal? Dann sind die Rohre wahrscheinlich verkalkt.

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Achtung, Asbest! Bei alten Bodenbelägen (oft so kleine, gesprenkelte Flex-Platten) oder alten Rohrisolierungen: Nichts anfassen! Beauftrage eine zertifizierte Firma für eine Probe. Das Zeug ist hochgradig krebserregend, wenn die Fasern in die Luft gelangen.

Der Grundriss: Mehr als nur eine Wand wegreißen

Offene Wohnräume sind super, keine Frage. Aber eine Wand einzureißen, hat massive Konsequenzen. Die erste und wichtigste Frage: Ist die Wand tragend? Das entscheidet kein Handwerker mit Augenmaß, sondern nur ein Statiker. Punkt. Der berechnet dann, ob und was für ein Stahlträger rein muss. Für eine erste Einschätzung musst du hier mit ca. 300 bis 500 € rechnen. Ein komplettes Gutachten ist natürlich teurer, aber absolut notwendig.

Ich frage meine Kunden immer: Wie lebt ihr wirklich? Kocht ihr viel und laut, während jemand anderes im selben Raum seine Ruhe will? Ein offener Grundriss kann akustisch die Hölle sein. Denk an Laufwege, Lichtachsen und vor allem: Stauraum! Eine offene Wohnung schreit nach cleveren Einbauschränken, sonst versinkt sie im Chaos.

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Kleiner Tipp aus der Praxis: Wir kleben neue Grundrisse manchmal mit Malerkrepp im Maßstab 1:1 auf den Boden. Dann laufen wir die Wege ab. Das gibt ein viel besseres Gefühl für den Raum als jede 3D-Zeichnung.

Die Materialwahl: Fühlen, nicht nur gucken

Bei Materialien geht es nicht nur um die Optik. Es geht um Haptik, Langlebigkeit und darum, ob du dich darin wohlfühlst. Ich bin ein Fan von ehrlichen, natürlichen Materialien, die mit dir altern.

Bodenbeläge: Die Bühne für dein Leben

Der Boden ist die meistbeanspruchte Fläche. Hier zu sparen, ist der Klassiker unter den Fehlern. Hier mal ein kleiner Überblick ohne Fachchinesisch:

  • Massivholzparkett: Das ist die Königsklasse. Fühlt sich barfuß unglaublich gut an, hält ein Leben lang und kann immer wieder abgeschliffen werden. Es atmet und sorgt für ein tolles Raumklima. Preislich? Rechne mal mit 50 € bis weit über 100 € pro Quadratmeter. Der DIY-Faktor ist eher was für Fortgeschrittene.
  • Fertigparkett: Ein guter Kompromiss. Es hat eine dünnere Echtholzschicht. Achte darauf, dass diese Nutzschicht mindestens 2,5 mm dick ist, sonst kannst du es nie abschleifen. Preislich liegt es oft zwischen 40 € und 80 € pro Quadratmeter.
  • Laminat: Im Grunde ein Foto von Holz auf einer Trägerplatte. Es ist günstig (oft schon für 15-30 €/qm zu haben) und robust, aber auch laut, kalt und nicht reparierbar. Ein tiefer Kratzer ist und bleibt ein tiefer Kratzer. Perfekt für den Flur oder für Einsteiger-Budgets.
  • Vinyl- oder Designböden: Die modernen Alleskönner. Wasserfest, leise und in unzähligen Designs erhältlich. Preislich oft zwischen 30 € und 60 € pro Quadratmeter. Achte hier aber unbedingt auf Gütesiegel wie den „Blauen Engel“, damit du dir keine ungesunden Weichmacher in die Wohnung holst.

Meister-Tipp: Egal welchen Holzboden du nimmst, lass ihn originalverpackt mindestens 48 Stunden in dem Raum liegen, in dem er verlegt wird. So kann sich das Material an das Klima gewöhnen und du vermeidest hässliche Fugen.

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Wandgestaltung: Die Seele des Raumes

Ein guter Putz ist die beste Basis. Kalk- oder Lehmputz können Feuchtigkeit regulieren – das ist wie eine natürliche Klimaanlage für deine Wohnung. Wenn eine Wand perfekt glatt werden soll, zum Beispiel für Streiflicht von einer Lampe, dann braucht es eine Spachtelung in „Qualitätsstufe Q4“. Das bedeutet, ein Profi spachtelt und schleift in mehreren Gängen. Für einen 20-Quadratmeter-Raum kann das locker zwei bis drei volle Arbeitstage dauern. Kostet was, aber das Ergebnis ist makellos.

Die Ausführung: Wo sich die Profis von den Amateuren unterscheiden

Gutes Werkzeug und saubere Arbeit sind alles. Ein Beispiel? Die erste Reihe beim Parkettverlegen. Wenn die nicht 100% schnurgerade ist, wird der ganze Boden schief. Jede weitere Reihe verstärkt den Fehler. Das ist so ein typischer Anfängerfehler.

Ich geb’s zu, am Anfang meiner Lehre ist mir das auch passiert. Ich dachte, das gleicht sich schon irgendwie aus. Am Ende hatte ich an der gegenüberliegenden Wand eine Keilfuge von drei Zentimetern. Wir durften alles wieder rausreißen. Das passiert mir garantiert nie wieder.

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Und noch was: Ich bin Schreiner, kein Elektriker. Deshalb arbeite ich immer mit denselben Profis aus dem Elektro- und Sanitärhandwerk zusammen. Bevor ich eine Wand schließe, kommt der Elektriker und legt seine Kabel. Alles wird fotografiert. So weiß man auch in 20 Jahren noch, wo man bohren darf und wo nicht. Such dir deine Handwerker am besten über Empfehlungen, die Handwerkskammer oder die örtliche Innung. Das ist Gold wert.

Möbel: Qualität, die man fühlen kann

Wenn die Baustelle fertig ist, kommt der schöne Teil. Aber auch hier gilt: Qualität vor Trend. Ein billiges Sofa ist nach drei Jahren durchgesessen.

So entlarvst du Billig-Möbel in unter 60 Sekunden im Laden:

  1. Der Rüttel-Test: Fass das Möbelstück an und rüttle kräftig. Wackelt es? Finger weg. Stabilität ist das A und O.
  2. Der Schubladen-Check: Zieh eine Schublade ganz raus. Läuft sie auf billigen Plastikrollen oder auf massiven Metallschienen, am besten mit Softeinzug? Das ist ein riesiger Qualitätsunterschied.
  3. Der Rückwand-Klopf-Test: Klopf auf die Rückwand. Klingt es wie dünne Pappe? Dann ist es auch welche. Gute Möbel haben eine stabile, verschraubte Rückwand.

Und wenn ein Raum schwierig ist, eine Nische oder Dachschräge hat? Dann ist eine Maßanfertigung vom Schreiner oft die beste und auf lange Sicht sogar günstigste Lösung. Sie nutzt jeden Zentimeter perfekt aus und überlebt drei Umzüge und die nächste Generation.

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Das Kleingedruckte: Was du darfst und was nicht

Malerarbeiten, Tapezieren, Klick-Laminat verlegen? Klar, das sind typische Heimwerkerjobs. Aber sobald es an die Substanz geht, ist Schluss mit lustig.

  • Elektro: Absolutes Tabu. Nur für den Fachmann. Bei einem Brand durch Eigenleistung zahlt keine Versicherung.
  • Gas & Wasser: Ebenfalls nur für den Profi. Eine undichte Gasleitung ist eine Bombe, ein Wasserschaden ruiniert dich finanziell.
  • Tragende Wände: Wie gesagt, nur mit Statiker.

Wohnst du in einer Eigentumswohnung, gehören dir die tragenden Wände, Fenster und die Fassade nicht allein. Jede Änderung hier muss von der Eigentümergemeinschaft genehmigt werden. Ignorier das nicht, sonst droht der Rückbau auf deine Kosten.

Dieser ganze Text ist als Leitfaden gedacht, voll mit meiner persönlichen Erfahrung. Er ersetzt aber niemals die Beratung durch einen Architekten oder einen guten Handwerker vor Ort. Am Ende geht es darum, ein Zuhause zu schaffen. Eines, das sich nicht nur gut anfühlt, weil es schön aussieht, sondern weil es solide, sicher und beständig ist. Und das, mein Freund, ist der wahre Luxus.

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Meine Wohnung ist aus den 70ern, die Elektrik funktioniert aber – muss ich wirklich sanieren?

Das ist eine der gefährlichsten Annahmen. „Funktioniert“ bedeutet nicht „sicher“. In Altbauten fehlen oft essenzielle Schutzmechanismen wie der FI-Schutzschalter, der bei Fehlerströmen lebensrettend sein kann. Zudem waren die Leitungen damals nicht für die heutige Last aus Home-Office-Equipment, Küchenmaschinen und Unterhaltungselektronik ausgelegt. Die Folge: Überhitzungs- und Brandgefahr durch brüchig gewordene Isolierungen und zu wenige Stromkreise. Eine professionelle Neuinstallation nach aktuellen VDE-Normen kostet zwar, aber sie schützt Ihr Leben und Ihre Investition. Es ist das nervliche Rückgrat Ihres Zuhauses – unsichtbar, aber unverzichtbar.

Laut einer Studie des Instituts für Bauforschung überschreiten über 70 % der Sanierungsprojekte das ursprünglich geplante Budget.

Der Hauptgrund? Unterschätzte Kosten für die „unsichtbare“ Arbeit. Planen Sie Ihr Budget nach der 60-30-10-Regel: 60 % für die Substanz (Elektrik, Sanitär, Dämmung, Fenster), 30 % für die sichtbaren Oberflächen (Böden, Wände, Küche) und 10 % als Puffer für unvorhergesehene Probleme – wie der morsche Balken aus dem Artikel. Wer hier spart und mehr in die Optik investiert, zahlt später doppelt.

Romilda Müller

Mein Beruf macht mir echt viel Spaß! Selbst indem ich jeden Tag Beiträge über Themen aus den Bereichen Gartengestaltung, Dekoration, Innendesign, Mode und Lifestyle schreibe, entdecke ich viele interessante Tatsachen. Auch für mich selbst. Zudem schöpfe ich Inspiration für meine eigene Freizeit. Mein Ziel ist es, unserer Leserschaft nützliche Information und unendliche Anregung anzubieten und damit behilflich zu sein. Es freut mich, durch meine Artikel eine große Anzahl von Lesern für unterschiedliche Themen zu begeistern und zu neuen Projekten im Haus und Garten zu ermutigen. Außerdem will ich ihnen gleichzeitig damit Optionen für eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung bieten.