Fettige Haut? Dein ehrlicher Guide für eine Haut im Gleichgewicht
Ich bin Kosmetikerin aus Leidenschaft und in meiner langen Laufbahn habe ich wirklich schon alles gesehen. Aber kaum ein Thema brennt meinen Kundinnen und Kunden so sehr unter den Nägeln wie fettige Haut. Dieser ständige Glanz auf der Stirn, die vergrößerten Poren und die Neigung zu Mitessern und Pickeln können einen echt zur Verzweiflung bringen. So viele kommen frustriert zu mir, weil sie schon eine ganze Armada an Produkten ausprobiert haben – von aggressiven Waschgels, die die Haut quietschen lassen, bis hin zu dicken Abdeckcremes, die alles nur noch schlimmer machen.
Inhaltsverzeichnis
- 0.1 Erstmal verstehen: Warum glänzt meine Haut überhaupt?
- 0.2 Der größte Fehler, den fast jeder macht: Die Haut „austrocknen“ wollen
- 0.3 Deine neue Pflegeroutine: Sanft, smart und konsequent
- 0.4 Die richtigen Wirkstoffe für deine Probleme
- 0.5 Was Profis im Studio anders machen
- 0.6 Hautpflege kommt auch von innen
- 0.7 Wann muss ich zum Arzt?
- 0.8 Ein letztes Wort…
- 1 Bildergalerie
Genau deshalb will ich heute mal Klartext reden. Das hier ist kein schneller Ratgeber mit irgendwelchen Wundermitteln. Es ist eine ehrliche, praxisnahe Anleitung, die darauf aufbaut, die Haut zu verstehen und mit ihr zu arbeiten, anstatt gegen sie zu kämpfen. Denn, ganz ehrlich: Fettige Haut hat auch ihre guten Seiten! Man muss nur lernen, sie richtig zu pflegen.
Erstmal verstehen: Warum glänzt meine Haut überhaupt?
Bevor wir über Cremes und Seren reden, müssen wir einen Schritt zurückgehen. Was passiert da eigentlich in deiner Haut? Ohne dieses Grundwissen stochern wir im Dunkeln und kaufen nur blind Produkte nach.

Talg ist nicht dein Feind!
Unsere Haut hat unzählige kleine Talgdrüsen. Ihre Aufgabe ist es, ein Fett-Wachs-Gemisch zu produzieren, das wir Sebum oder Talg nennen. Und dieser Talg ist superwichtig! Er hält die Haut geschmeidig, schützt sie vor dem Austrocknen und bildet zusammen mit Schweiß einen feinen, leicht sauren Schutzfilm – den berühmten Säureschutzmantel. Dieser Mantel ist wie ein Bodyguard, der fiese Bakterien abwehrt.
Bei fettiger Haut (Seborrhoe) läuft die Produktion einfach auf Hochtouren. Die Gründe dafür sind vielfältig:
- Veranlagung: Oft ist es einfach Genetik. Ein Blick auf die Haut deiner Eltern verrät da meistens schon einiges.
- Hormone: Bestimmte Hormone, vor allem Androgene, kurbeln die Talgproduktion an. Das ist der Grund für die typische „Pubertätshaut“, kann aber auch im Zyklus, während einer Schwangerschaft oder in den Wechseljahren zu Schwankungen führen.
- Stress: Wenn wir gestresst sind, schüttet der Körper Cortisol aus. Und ja, auch das kann die Talgdrüsen zu Überstunden anstiften.
- Falsche Pflege: Das ist mit Abstand der häufigste Fehler, den ich in meinem Studio sehe. Und genau darüber müssen wir jetzt reden.
Der überschüssige Talg will an die Hautoberfläche, staut sich aber in den Poren. Gleichzeitig neigt fettige Haut dazu, abgestorbene Hautschüppchen nicht so gut loszuwerden. Diese Schüppchen verkleben mit dem Talg und bilden einen Pfropfen – ein Mitesser ist geboren. Kommt Luft dran, wird er schwarz. Bleibt er unter der Haut, ist er weiß. Diese verstopften Poren sind dann der perfekte Nährboden für Bakterien, und zack… da ist die Entzündung, der rote, fiese Pickel.

Der größte Fehler, den fast jeder macht: Die Haut „austrocknen“ wollen
Das ist wirklich Lektion Nummer eins, die ich jedem mit auf den Weg gebe. Der Impuls ist verständlich: Die Haut glänzt, also will man sie mit scharfen Mitteln matt bekommen. Man greift zu aggressiven Peelings, alkoholhaltigen Gesichtswassern und lässt die Feuchtigkeitspflege weg, weil man denkt, die Haut sei ja schon „fett“ genug.
Der Teufelskreis der aggressiven Reinigung
Stell dir das mal vor: Du wäschst dein Gesicht mit einem scharfen Produkt. Für einen Moment fühlt es sich super an. Der Glanz ist weg, die Haut spannt sogar ein bisschen. Du denkst: „Geschafft!“ Aber was du wirklich getan hast, ist, den natürlichen Schutzmantel deiner Haut komplett zu zerstören.
Für deine Haut ist das ein Alarmsignal. Sie gerät in Panik: „Hilfe, meine Schutzbarriere ist weg, ich trockne aus!“ Ihre logische Reaktion? Sie kurbelt die Talgproduktion NOCH MEHR an, um den Verlust auszugleichen. Das Ergebnis nennt man den „Rebound-Effekt“: Nach ein, zwei Stunden glänzt du mehr als je zuvor. Du greifst wieder zum aggressiven Reiniger und der Teufelskreis beginnt von vorn. Am Ende hast du eine Haut, die fettig und gleichzeitig an der Oberfläche trocken und schuppig ist – ein wahrer Albtraum für die Pflege.

Kleiner Tipp für heute Abend: Schnapp dir mal dein Gesichtswasser und schau auf die Inhaltsstoffe. Steht da „Alcohol Denat.“ oder einfach nur „Alcohol“ ganz weit oben an zweiter oder dritter Stelle? Stell es für eine Woche weg. Das ist dein erster, einfacher Sieg für deine Hautbarriere!
Deine neue Pflegeroutine: Sanft, smart und konsequent
Eine gute Routine für fettige Haut ist kein Hexenwerk. Sie basiert auf drei Säulen: sanfte Reinigung, leichte Feuchtigkeit und täglicher Schutz. Das Wichtigste ist die Regelmäßigkeit!
Morgens: Schutz für den Tag
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Sanfte Reinigung: Oft reicht morgens lauwarmes Wasser. Wenn du nachts stark schwitzt, nimm ein supermildes Waschgel. Achte auf Produkte mit Zuckertensiden und einem pH-Wert um 5,5. Günstige und gute Optionen findest du in der Drogerie, zum Beispiel das Balea Med Ultra Sensitive Waschgel (kostet um die 3€). Eine beliebte Apotheken-Alternative ist die La Roche-Posay Effaclar schäumende Reinigung.
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Klären & Vorbereiten: Weg mit dem Alkohol-Gesichtswasser! Ein moderner Toner spendet Feuchtigkeit und beruhigt. Ein echter Held für ölige Haut ist Niacinamid (Vitamin B3). Es reguliert die Talgproduktion und lässt Poren feiner wirken.
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Leichte Feuchtigkeitspflege: Ja, auch fettige Haut braucht Feuchtigkeit! Eine Haut, der Wasser fehlt (dehydriert), produziert oft mehr Öl. Greif zu leichten Fluiden oder Gel-Cremes, die Hyaluronsäure enthalten. Die spenden Feuchtigkeit, ohne einen schweren Film zu hinterlassen.
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Sonnenschutz (ABSOLUT UNVERZICHTBAR): Das ist dein wichtigster Schritt, jeden einzelnen Tag! UV-Strahlung verschlimmert Entzündungen und führt zu dunklen Pickelmalen. Die Ausrede „aber Sonnencreme ist so klebrig“ zählt nicht mehr! Es gibt fantastische, leichte Texturen. Meine Favoriten für ölige Haut sind das Garnier Ambre Solaire Super UV Fluid oder die Eucerin Oil Control Sun Gel-Creme. Die ziehen schnell ein und mattieren sogar leicht.

Abends: Gründliche Reinigung & Regeneration
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Doppelte Reinigung (Double Cleansing): Wenn du Make-up oder Sonnenschutz getragen hast, ist das die beste Methode. Klingt aufwendig, ist aber in zwei Minuten erledigt. Schritt 1: Ein Reinigungsöl oder -balsam. Ja, wirklich, Öl auf ölige Haut! Gleiches löst Gleiches. Das Öl bricht Talg, Make-up und Sonnencreme super sanft auf. So geht’s: Eine kleine Menge auf die TROCKENE Haut geben, eine Minute lang sanft einmassieren. Dann die Hände nass machen und weiter massieren, bis alles milchig wird. Danach abwaschen. Schritt 2: Mit deinem milden Waschgel (wie am Morgen) hinterher, um alle Reste zu entfernen.
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Klären: Wie am Morgen, um die Haut auf die Wirkstoffe vorzubereiten.
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Wirkstoffpflege (Peeling 2-3 Mal pro Woche): Bitte wirf deine groben Rubbel-Peelings weg. Sie reizen die Haut nur. Besser sind chemische Peelings. Für fettige Haut ist Salicylsäure (BHA) der Star. Sie ist fettlöslich und kann tief in die Poren eindringen, um sie von innen zu reinigen. Fang mit einer niedrigen Konzentration von 1-2% an und nutze es nur 2-3 Mal pro Woche abends. Ein leichtes Kribbeln ist okay, brennen sollte es aber nicht!
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Leichte Nachtpflege: Wie am Morgen eine leichte Creme, um die Hautbarriere über Nacht zu stärken.

Eine gute Einsteiger-Routine aus der Drogerie bekommst du übrigens schon für unter 50 € komplett zusammengestellt. Es muss also nicht teuer sein!
Die richtigen Wirkstoffe für deine Probleme
Manchmal braucht es gezielte Helfer. Statt wahllos Produkte zu kaufen, schau lieber, welcher Wirkstoff zu deinem Problem passt:
- Problem: Mitesser & verstopfte Poren? Dein Helfer ist Salicylsäure (BHA). Sie reinigt die Poren von innen. Fang mit 1-2% an, 2-3 Mal pro Woche abends.
- Problem: Ständiger Glanz & große Poren? Dein Helfer ist Niacinamid. Es reguliert den Talg und stärkt die Hautbarriere. Seren mit 5-10% sind ideal und können täglich verwendet werden.
- Problem: Rote Pickelmale nach der Entzündung? Deine Helfer sind Niacinamid und Azelainsäure. Sie beruhigen die Haut und helfen, die Rötungen schneller abklingen zu lassen.
- Problem: Braune Pickelmale? Deine Helfer sind Vitamin C (am Morgen) und vor allem: TÄGLICHER Sonnenschutz! Ohne den geht gar nichts.
Was Profis im Studio anders machen
Eine gute Heimpflege ist die Basis. Aber manchmal braucht die Haut einfach einen „Reset“ vom Profi. Eine professionelle Ausreinigung ist viel mehr als nur Pickel ausdrücken. Wir nutzen eine Lupenleuchte zur genauen Analyse, weichen die Haut mit einem speziellen Bedampfer auf und entfernen Unreinheiten dann mit sterilen Instrumenten und einer gelernten Technik. Das verhindert Entzündungen und Narben, die beim Selbst-Herumdrücken schnell entstehen.

Anschließend kommt oft ein Hochfrequenzstab zum Einsatz, der die Haut desinfiziert, gefolgt von einer beruhigenden Maske mit Heilerde oder Zink. So eine Behandlung ist eine echte Wohltat und kostet je nach Studio und Umfang meist zwischen 60 und 90 Euro. Ein bis zwei Stunden solltest du dafür einplanen.
Hautpflege kommt auch von innen
Was wir essen und wie wir leben, spiegelt sich auf unserer Haut wider. Ich bin keine Ernährungsberaterin, aber über die Jahre haben sich Muster gezeigt. Lebensmittel, die den Blutzuckerspiegel schnell in die Höhe treiben (viel Zucker, Weißmehl), können die Talgproduktion anfeuern. Auch Milchprodukte stehen bei manchen im Verdacht. Mein Rat: Führe ein Haut-Tagebuch. Wenn du einen Verdacht hast, lass ein Lebensmittel für 4-6 Wochen weg und schau, was passiert. Radikale Diäten sind aber Quatsch.
Wann muss ich zum Arzt?
Ganz wichtig: Ich bin Kosmetikerin, keine Ärztin. Es gibt Grenzen. Bitte geh zu einem Dermatologen, wenn:
- du unter schwerer, zystischer Akne mit tiefen, schmerzhaften Knoten leidest.
- sich deine Haut plötzlich stark verändert.
- du einen hormonellen Auslöser vermutest.
- frei verkäufliche Produkte nach Monaten keine Besserung bringen.
Oft ist die Kombination aus ärztlicher Behandlung und professioneller kosmetischer Begleitung der goldene Weg zum Erfolg.

Ein letztes Wort…
Fettige Haut ist kein Makel. Sie ist ein Hauttyp mit besonderen Bedürfnissen. Mit dem richtigen Wissen und einer sanften, konsequenten Pflege kannst du sie wunderbar in den Griff bekommen. Und hier kommt die gute Nachricht: Fettige Haut altert langsamer! Der Talg hält sie länger prall und geschmeidig. Falten kommen oft viel später als bei trockenen Hauttypen. Also, sieh es als Vorteil!
Der wichtigste Wirkstoff ist und bleibt aber Geduld. Gib deiner Haut Zeit, sich an die neue Routine zu gewöhnen – mindestens zwei bis drei Monate. Beobachte sie, lerne ihre Signale zu verstehen und arbeite mit ihr. Du schaffst das!
Bildergalerie


Braucht fettige Haut wirklich Feuchtigkeitspflege?
Unbedingt! Es ist einer der größten Mythen, dass ölige Haut keine Creme benötigt. Das Gegenteil ist der Fall: Wenn Sie ihr durch aggressive Produkte Feuchtigkeit entziehen, schaltet die Haut in den Panikmodus und produziert sogar noch mehr Talg, um die Trockenheit auszugleichen. Der Schlüssel liegt in der richtigen Textur. Suchen Sie nach leichten, ölfreien Gel-Cremes oder Fluiden, die als „nicht komedogen“ gekennzeichnet sind. Produkte wie das La Roche-Posay Effaclar Matt oder das Neutrogena Hydro Boost Aqua Gel spenden intensiv Feuchtigkeit, ohne die Poren zu verstopfen oder einen fettigen Film zu hinterlassen.

Wussten Sie, dass Studien einen Zusammenhang zwischen einer Ernährung mit hohem glykämischen Index und einer erhöhten Talgproduktion nahelegen?
Das bedeutet, dass zuckerreiche Lebensmittel und einfache Kohlenhydrate (wie Weißbrot oder Süßigkeiten) Ihren Hautzustand beeinflussen können. Es geht nicht darum, alles zu verbieten, aber das Bewusstsein dafür kann einen Unterschied machen. Versuchen Sie, öfter zu Vollkornprodukten, viel Gemüse und Lebensmitteln mit Zink (z.B. Linsen, Haferflocken) zu greifen – Zink wirkt entzündungshemmend und kann die Talgproduktion regulieren.

Der Star-Wirkstoff für ölige Haut: Niacinamid, auch bekannt als Vitamin B3, ist ein echtes Multitalent. Es hilft nicht nur nachweislich, die Talgproduktion zu regulieren und die Porengröße sichtbar zu verfeinern, sondern stärkt auch die Hautbarriere und wirkt Rötungen entgegen. Suchen Sie nach Seren mit einer Konzentration zwischen 5 und 10 Prozent, wie zum Beispiel dem Bestseller Niacinamide 10% + Zinc 1% von The Ordinary. Einfach morgens nach der Reinigung und vor der Feuchtigkeitspflege auftragen.

Für eine tiefgehende, aber sanfte Reinigung hat sich eine Methode aus Asien bewährt: das Double Cleansing.
- Schritt 1 (Öl-Reiniger): Massieren Sie ein Reinigungsöl oder einen Balsam (z.B. von Balea oder Clinique) auf die trockene Haut. Öl löst Öl – so werden Make-up, Sonnenschutz und überschüssiger Talg effektiv gebunden.
- Schritt 2 (Wasser-Reiniger): Waschen Sie das Öl mit einem milden, schäumenden Waschgel ab, um alle Rückstände zu entfernen und die Haut porentief zu klären.
Das Ergebnis? Eine perfekt saubere Haut, die nicht spannt.
Löschpapier: Diese dünnen Blättchen (Blotting Papers) sind der Geheimtipp für unterwegs. Sie werden sanft auf die glänzenden Stellen im Gesicht gedrückt und saugen überschüssiges Öl auf, ohne das Make-up zu ruinieren.
Transparentpuder: Mattiert sofort und fixiert das Make-up, kann aber bei mehrmaliger Anwendung über den Tag zu einem „pudrigen“ Gefühl führen.
Für einen schnellen Frischekick ohne Produktansammlung sind Löschpapiere, etwa von NYX oder Shiseido, oft die bessere Wahl.



