Vom Schrott zum Charakterkopf: So erweckst du alte Dinge zum Leben
Kennst du das? Du sitzt in deiner Werkstatt oder am Küchentisch, das Licht fällt genau richtig auf eine alte Zange und plötzlich ist es kein Werkzeug mehr. Es ist ein Gesicht. Die Gelenke sind die Augen, die Griffe ein langer Hals. Dieser Moment, in dem ein toter Gegenstand plötzlich einen Charakter bekommt, ist einfach magisch.
Inhaltsverzeichnis
- 0.1 Teil 1: Die Basis – Ohne gute Vorbereitung wird das nix!
- 0.2 Teil 2: Die Verwandlung – Formen, Fügen und Gestalten
- 0.3 Teil 3: Das Finish – Farbe bringt den Charakter zum Vorschein
- 0.4 Dein erstes Projekt für unter 50 €: Vom Türscharnier zur Kreatur
- 0.5 Das Wichtigste zum Schluss: Sicherheit geht vor!
- 1 Bildergalerie
Stopp! Schau dich mal kurz um, genau jetzt. Greif dir den nächsten Gegenstand in deiner Nähe. Ein Tacker? Ein Korkenzieher? Ein alter Schlüssel? Blinzle ein paarmal und ignorier die Funktion. Was siehst du? Ein grimmiges Gesicht? Eine lustige Figur, die tanzt? Genau das ist der Anfang von allem.
Es gibt Profis, die diese Kunst, die Seele von Alltagsgegenständen sichtbar zu machen, zur Perfektion getrieben haben. Sie verwandeln einen Wasserhahn nicht einfach nur, sie erfassen seine Haltung, seine Bewegung. Das ist mehr als nur ein bisschen Farbe draufpinseln – das ist echtes Handwerk. Und genau darum geht es hier. Das ist keine abgehobene Kunsttheorie, sondern eine knallharte Anleitung aus der Praxis. Ich zeig dir, wie du mit den richtigen Techniken und Respekt vor dem Material selbst solche kleinen Charakterköpfe erschaffst.

Teil 1: Die Basis – Ohne gute Vorbereitung wird das nix!
Bevor du auch nur an Farbe denkst, beginnt die eigentliche Arbeit. Und zwar im Kopf und mit den Händen. Es geht darum, das Potenzial in einem Stück Metall oder Holz zu erkennen. Das kann man üben, genau wie Sägen oder Feilen. Nimm dir ein Objekt, dreh es, wende es. Wo könnten Augen sein? Was könnte zu Armen oder Beinen werden? Meistens sind es die mechanischen Teile, die Gelenke und Schrauben, die die spannendsten Ansatzpunkte liefern.
Kleine Materialkunde für Macher
Jedes Material hat seinen eigenen Kopf und will anders behandelt werden. Das zu wissen, ist die halbe Miete. Einfach Farbe draufklatschen ist Pfusch und hält von zwölf bis mittags.
- Stahl (Werkzeuge): Eine ehrliche Haut. Robust, aber er rostet dir unter den Fingern weg, wenn du nicht aufpasst. Ölige Schutzschichten müssen runter, bevor du auch nur ans Schleifen denkst.
- Zinkdruckguss (Wasserhähne): Oft verchromt und spiegelglatt. Farbe hasst glatte Oberflächen. Hier musst du die Oberfläche anrauen und einen speziellen Haftgrund verwenden, sonst kannst du die Farbe später wie einen Aufkleber abziehen.
- Messing (alte Scharniere): Wunderschönes, weiches Metall. Die grüne Patina, die es mit der Zeit ansetzt, kann man entweder erhalten oder für einen glänzenden Look wegpolieren.
- Kunststoff (Lichtschalter, Gehäuse): Die Diva unter den Materialien. Viele Kunststoffe sind von Natur aus leicht ölig und abweisend. Ohne einen speziellen Kunststoff-Primer blättert dir die Farbe garantiert nach kurzer Zeit ab.
- Holz (Pinselstiele): Ein dankbarer Kollege. Holz saugt Farbe gut auf. Aber genau deshalb solltest du es grundieren, sonst wird das Ergebnis fleckig.

Das ungeschriebene Gesetz: 90 % der Arbeit ist die Vorbereitung
Ich kann es nicht oft genug sagen: Ein perfektes Finish hängt fast ausschließlich von der Vorbereitung ab. Wenn der Untergrund Mist ist, hilft dir auch die teuerste Farbe nichts.
1. Saubermachen und Entfetten: Jedes Teil hat einen unsichtbaren Fettfilm aus Fingerabdrücken, Öl oder Silikon. Der muss weg! Bei Metall nehme ich Bremsenreiniger oder Silikonentferner aus dem Autozubehör. Achtung, das Zeug ist aggressiv – also immer für gute Lüftung sorgen und Handschuhe tragen! Bei empfindlicheren Sachen reicht Isopropanol-Alkohol aus der Apotheke (kostet nur ein paar Euro). Danach: Finger weg von der Fläche!
2. Anschleifen: Farbe braucht was, woran sie sich festkrallen kann. Also muss der Glanz weg. Für Metall nehme ich Schleifpapier mit 180er oder 240er Körnung. Bei Kunststoff reicht ein feines Schleifvlies. Es geht nur darum, die Oberfläche minimal aufzurauen, nicht Material abzutragen.
3. Grundieren: Das ist die Brücke zwischen Material und Farbe. Unverzichtbar! Es gibt für jedes Material den passenden Haftgrund, meist als Spraydose für ca. 10-15 € im Baumarkt. Für Stahl eine Rostschutzgrundierung, für Zink oder Alu einen NE-Metall-Primer und für Plastik eben den Kunststoff-Haftvermittler. Ganz ehrlich, ich dachte früher auch, das sei was für übertriebene Perfektionisten. Ende vom Lied? Die ganze Farbe ist mir nach einer Woche von einer teuer bemalten Zange geplatzt. Seitdem ist Grundieren für mich heilig.

Teil 2: Die Verwandlung – Formen, Fügen und Gestalten
So, jetzt wird’s kreativ! Wenn das Objekt sauber und grundiert ist, bekommt es seine neuen Teile. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen, denn mit Bastelkleber aus der Schule kommen wir nicht weit.
Der richtige Halt: Kleben, Schrauben oder Löten?
Wie du Teile verbindest, ist eine Frage der Haltbarkeit und des Stils. Hier meine Favoriten:
- 2-Komponenten-Epoxidharzkleber: Das ist der Panzer unter den Klebern. Wenn etwas bombenfest halten muss, ist das deine Wahl. Marken wie UHU Plus Endfest 300 oder die Produkte von J-B Weld sind super. Man mischt zwei Pasten, trägt sie auf und fixiert die Teile. Der Kleber wird steinhart und füllt sogar kleine Spalten. Gib ihm aber seine 24 Stunden zum Aushärten!
- Sekundenkleber (Cyanacrylat): Gut für den schnellen Flirt, nicht für die ewige Liebe. Ideal für kleine, leichte Teile ohne Belastung. Aber er ist spröde und bricht bei Stößen schnell.
- Schrauben und Nieten: Manchmal soll man die Verbindung sehen! Kleine Schrauben sehen super technisch aus und halten was aus. Wichtig: Bei Metall immer mit einem Körner vorbohren, damit der Bohrer nicht wegläuft. Und langsam bohren, damit Kunststoff nicht schmilzt.
Für filigrane Metallverbindungen, wie dünne Drähte als Arme, ist Löten eine Option, aber das ist schon eher was für Fortgeschrittene. Schweißen ist für diese Art von Projekt meistens Overkill und erfordert eine professionelle Ausrüstung.

Zusätzliche Teile formen
Deine Figur braucht vielleicht noch eine Nase oder Ohren. Dafür ist Zweikomponenten-Modelliermasse (z.B. Milliput) genial. Die knetest du wie Knete, formst, was du brauchst, und nach ein paar Stunden ist sie steinhart. Du kannst sie dann bohren, schleifen und bemalen. Kleiner Tipp: Mit einem feuchten Finger kannst du die Masse superglatt streichen.
Teil 3: Das Finish – Farbe bringt den Charakter zum Vorschein
Jetzt kommt der Moment, in dem deine Figur endlich zum Leben erwacht. Die Wahl der Farbe und die Technik entscheiden, ob es nach „Profi“ oder nach „Kindergarten“ aussieht.
Die richtige Farbe für deinen Plan
Meine erste Wahl für Details sind fast immer die kleinen Acrylfarben aus dem Modellbau (z.B. von Revell oder Tamiya). Sie sind auf Wasserbasis, trocknen schnell und du kannst sie super mit dem Pinsel auftragen. Wohnst du in einer Mietwohnung ohne Balkon? Perfekt! Diese Farben riechen kaum, du kannst also auch am Küchentisch arbeiten.

Für größere Flächen sind Sprühfarben aus der Dose praktisch. Aber bitte nur draußen oder bei weit geöffnetem Fenster und immer mit einer Atemschutzmaske (mindestens FFP2, besser mit Aktivkohlefilter). Sprüh in mehreren dünnen Schichten aus ca. 25 cm Abstand, sonst gibt es hässliche Farbnasen.
Zum Schluss kommt immer eine Schicht Klarlack drüber. Er schützt die Farbe vor Kratzern und Schmutz. Ein matter Lack wirkt meistens hochwertiger als ein glänzender.
Die 3 größten Anfängerfehler (und wie du sie locker vermeidest)
- Die Farbnase: Du sprühst zu nah oder zu viel auf einmal. Die Farbe läuft und bildet unschöne Tropfen. Lösung: Mehrere hauchdünne Schichten mit Abstand sprühen und zwischendurch trocknen lassen.
- Der Abblätter-Frust: Die Farbe hält nicht und platzt ab. Lösung: Du hast die Vorbereitung geschwänzt! Die Oberfläche war noch fettig oder nicht angeschliffen. Zurück auf Los, gründlich reinigen und grundieren!
- Der Detail-Matsch: Alle feinen Gravuren und Kanten sind verschwunden. Lösung: Du hast die Grundierung oder Farbe zu dick aufgetragen. Weniger ist mehr! Dünne Schichten erhalten die Details.

Dein erstes Projekt für unter 50 €: Vom Türscharnier zur Kreatur
Keine Zeit für ein Riesenprojekt? Hier ein Quick-Win: Nimm einen alten Schlüssel, male mit zwei Farbtupfern Augen drauf. Fertig ist dein erster Charakter. Siehst du? Geht schnell! Wenn du jetzt Blut geleckt hast, versuchen wir uns an etwas Größerem.
Wir nehmen ein altes Türscharnier. Das Gelenk ist der Kopf, die Flügel sind das Maul. Ein perfektes kleines Monster!
Einkaufsliste für Einsteiger: – Altes Stahlscharnier (Flohmarkt oder Opas Werkzeugkiste: oft kostenlos!) – Isopropanol-Alkohol (Apotheke/Online: ca. 5-8 €) – Ein Bogen Schleifpapier (Baumarkt: ca. 2 €) – Dose Metall-Haftgrund (Baumarkt: ca. 10-15 €) – Kleines Set Acrylfarben (Modellbauladen/Online: ca. 15 €) – Ein feiner Pinsel (ca. 3 €) – Dose matter Klarlack (Baumarkt: ca. 10-15 €) – Gesamtkosten: Du landest also locker unter 50 € und hast Material für viele weitere Projekte!
Die Schritte im Schnelldurchlauf: 1. Reinigen & Schleifen: Scharnier mit Alkohol putzen, dann leicht anschleifen, bis es matt ist. 2. Grundieren: Draußen oder am offenen Fenster eine dünne Schicht Haftgrund aufsprühen. Gut trocknen lassen! (ca. 1 Stunde). 3. Bemalen: Mit einem feinen Pinsel Augen, Zähne oder Muster malen. Lass jede Farbschicht trocknen. 4. Versiegeln: Nach 24 Stunden Trockenzeit eine dünne Schicht matten Klarlack drüber. Fertig!

Plan für die reine Arbeitszeit etwa 30-45 Minuten ein. Der Rest ist Warten, während die Sachen trocknen. Ein perfektes Projekt für einen entspannten Nachmittag.
Das Wichtigste zum Schluss: Sicherheit geht vor!
Ganz ehrlich, einen echten Profi erkennt man nicht nur am Ergebnis, sondern auch daran, dass er am Ende des Tages noch alle Finger und seine Gesundheit hat. Nimm das bitte ernst.
Deine persönliche Schutzausrüstung ist keine Option, sie ist Pflicht. Eine Schutzbrille ist dein bester Freund. Ein Metallsplitter im Auge ist kein Spaß. Beim Sprühen von Lacken ist eine Atemschutzmaske mit Aktivkohlefilter (A2P2) Pflicht, deine Lunge wird es dir danken. Und Handschuhe schützen dich vor fiesen Chemikalien.
Lies immer die Warnhinweise auf den Dosen und sorge für massive Belüftung. Es ist keine Schande, für große oder gefährliche Arbeiten einen Fachmann zu fragen. Das ist ein Zeichen von Professionalität, nicht von Schwäche. Also, ran an die Werkzeuge, hab Respekt vor dem Material und erschaffe was Einzigartiges!

Bildergalerie


Der richtige Start für störrische Oberflächen?
Vergiss das Anschleifen von spiegelglattem Chrom oder Zink nicht! Doch selbst dann braucht es den richtigen Vermittler zwischen Metall und Farbe. Für Nichteisenmetalle wie Zink, Kupfer oder Aluminium ist ein spezieller Haftgrund (auch „Primer“ genannt) unerlässlich. Produkte wie der „Hammerite Spezial Haftgrund“ oder „DUPLI-COLOR Zink-Alu-Spray“ schaffen eine raue, mikroporöse Schicht, an der sich die eigentliche Lackierung festkrallen kann. Das ist der Profi-Trick gegen abblätternde Farbträume.

„Der Zufall ist der größte Künstler.“ – Friedrich Schiller
Manchmal ist es nicht der Plan, sondern der rostige Nagel, der zufällig neben die alte Zange fällt und plötzlich zum perfekten Schnurrbart wird. Halte die Augen offen für solche glücklichen Unfälle – sie verleihen deinen Charakteren oft die authentischste Persönlichkeit.

Der Blickfänger: Egal, ob du eine grimmige Schraubzwinge oder einen fröhlichen Trichter erschaffst – die Augen entscheiden über den Erfolg. Kleine Kugellager, Unterlegscheiben oder die Köpfe von Polsternägeln sind ein guter Anfang. Für einen lebendigeren Ausdruck sorgt ein winziger, dezentral gesetzter Lichtpunkt aus weißer Acrylfarbe. Dieser kleine Trick verleiht dem starren Blick sofort Tiefe und eine Richtung.


- Verbindet fast alles dauerhaft.
- Füllt kleine Spalten und Unebenheiten aus.
- Ist nach dem Aushärten schleif- und überlackierbar.
Das Geheimnis? Ein guter 2-Komponenten-Epoxidharzkleber. Für schwere Metallteile, die wirklich halten müssen, ist er die beste Wahl. Marken wie UHU Plus Endfest 300 oder Pattex Kraft-Mix Extrem Fest sind hier die verlässlichen Partner in deiner Werkstatt. Einfacher Sekundenkleber ist nur für leichte Anbauteile geeignet.

Die Jagd nach Material ist die halbe Miete. Ein verregneter Sonntagmorgen auf dem Flohmarkt, das Wühlen in der „Ramschkiste“ eines alten Eisenwarenladens oder der Gang zum örtlichen Schrottplatz sind Goldgruben. Suche nicht nach bestimmten Objekten, sondern nach Formen, Gelenken und Texturen. Eine verbogene Gabel, ein einzelner alter Türklopfer, ein verrostetes Zahnrad – das sind die wahren Schätze.

Mattlack: Er schluckt das Licht und betont die Form und Silhouette deiner Figur. Ideal für einen rauen, industriellen Look oder um die Materialität von altem Holz und verrostetem Metall hervorzuheben. Er wirkt subtil und modern.
Glanzlack: Er reflektiert das Licht und lässt Farben leuchten. Perfekt für verspielte, comichafte Charaktere oder um Details wie Augen oder „nasse“ Nasen hervorzuheben. Kann bei falschem Einsatz aber auch billig wirken.
Oft ist die Kombination aus beidem der Schlüssel zum Erfolg.


Wusstest du, dass das menschliche Gehirn so darauf getrimmt ist, Gesichter zu erkennen, dass es sie überall sieht? Dieses Phänomen nennt sich Pareidolie.
Genau diese neurologische Eigenheit ist das Herzstück deiner Kunst. Du erfindest die Gesichter nicht, du entdeckst sie nur. Deine Aufgabe ist es, sie für andere sichtbar zu machen. Du arbeitest also direkt mit der menschlichen Wahrnehmung – ziemlich cool, oder?

Manchmal braucht ein Charakter mehr als nur Farbe. Kleine Accessoires definieren seine Geschichte erst richtig. Denk an:
- Feinen Draht (z.B. von Floristen), um wilde Haare oder eine Brille zu formen.
- Kleine Federn für einen Kopfschmuck.
- Stoffreste oder Lederstücke für einen Schal oder eine Weste.
- Alte Uhrenzahnräder für einen Steampunk-Look.

Du bist nicht der Einzige, der die Seele der Dinge sieht. Wenn dir die Inspiration von Gilbert Legrand gefällt, dann google mal den französischen Künstler Edouard Martinet. Er erschafft unglaublich filigrane Insekten-Skulpturen aus Teilen von alten Fahrrädern, Schreibmaschinen und Mopeds – ganz ohne zu schweißen oder zu löten. Eine Meisterklasse in Passform und Geduld.


- Winzige Schleifstifte zum Entrosten schwer zugänglicher Ecken.
- Eine kleine Trennscheibe, um überflüssige Teile sauber zu entfernen.
- Ein Polierfilz-Aufsatz, um bestimmten Partien wieder zu altem Glanz zu verhelfen.
Ein Multifunktionswerkzeug wie ein Dremel ist kein Muss, aber er hebt deine Möglichkeiten auf ein neues Level. Er ist das Skalpell des Schrott-Künstlers.

Hilfe, meine Farbe hält nicht auf dem alten Werkzeug!
Das ist der häufigste Fehler und liegt fast immer an der Vorbereitung. Alte Werkzeuge sind oft mit einem hauchdünnen Öl- oder Fettfilm überzogen, um sie vor Rost zu schützen. Selbst wenn du ihn nicht siehst, ist er da. Eine gründliche Reinigung mit Bremsenreiniger oder Silikonentferner aus dem KFZ-Bedarf wirkt Wunder. Erst danach wird geschliffen und grundiert. Diesen Schritt zu überspringen, rächt sich immer.

Achtung bei alten Farben und Beschichtungen: Sei vorsichtig beim Schleifen von Objekten, die vor den 1970er Jahren hergestellt wurden. Alte Lacke können Blei enthalten und bestimmte verchromte Teile (besonders die mit gelblichem Schimmer) könnten mit gesundheitsschädlichem Chromat behandelt sein. Arbeite immer in gut belüfteten Bereichen und trage bei Schleifarbeiten eine FFP2-Maske und eine Schutzbrille. Sicherheit geht vor Charakter!


Manchmal ist weniger mehr. Statt ein Objekt komplett bunt anzumalen, versuche doch mal, nur ein einziges, entscheidendes Detail farblich hervorzuheben – die Augen, den „Mund“ oder eine Geste. So bleibt der ursprüngliche Charakter des Fundstücks erhalten und die Verwandlung wirkt umso überraschender und eleganter.

Pro Kopf und Jahr fallen in Deutschland rund 40 kg Metallschrott im Haushalt an. Das reicht für eine ganze Armee von Charakterköpfen!
Jedes Mal, wenn du ein altes Werkzeug oder einen kaputten Wasserhahn vor der Mülltonne rettest, gibst du nicht nur einem Gegenstand eine zweite Chance. Du praktizierst die kreativste Form des Recyclings und schaffst etwas Einzigartiges, das eine Geschichte erzählt – die vom Wegwerfen und Wiederfinden.

Die grünliche oder dunkle Patina auf altem Messing oder Kupfer ist kein Schmutz, sondern das Ergebnis von Jahrzehnten der Oxidation. Sie ist wie die Falten in einem Gesicht – sie erzählt eine Geschichte. Überlege dir gut, ob du sie wegpolierst. Oft wirkt ein Charakter viel authentischer, wenn man diese Spuren der Zeit gezielt in das neue Design integriert, anstatt sie unter einer dicken Farbschicht zu verstecken.


Welche Farben für die Details?
Für die feinen Linien der Augen, Münder oder Zierelemente sind klassische Enamel-Farben für den Modellbau unschlagbar. Marken wie Revell oder Humbrol bieten eine riesige Palette und haften exzellent auf grundiertem Metall. Mit einem feinen Pinsel der Größe 0 oder 00 kannst du damit Details malen, die mit normalen Acrylfarben kaum möglich sind. Ihr langsames Trocknen erlaubt zudem Korrekturen.

Der Moment der Erkenntnis: Manchmal starrt man stundenlang auf einen Haufen Schrott und nichts passiert. Leg das Zeug weg, mach einen Kaffee, geh eine Runde spazieren. Der kreative Funke lässt sich nicht erzwingen. Oft springt er erst über, wenn du den Gegenstand Tage später aus dem Augenwinkel siehst, während du eigentlich nach etwas ganz anderem suchst. Lass den Objekten Zeit, mit dir zu sprechen.

Ein alter, rostiger Schlosserhammer. Die gespaltene Finne (das spitze Ende) sah aus wie ein zornig aufgerissener Mund. Ich habe ihn nur gereinigt, nicht entrostet. Zwei kleine, polierte Schraubenköpfe wurden zu funkelnden Augen, direkt über der „Nase“ des Hammerkopfs. Ich nannte ihn „Der Vorarbeiter“. Er brauchte keine Farbe, keine weiteren Teile. Er war schon perfekt. Seine Geschichte war der Rost, seine Persönlichkeit der Zorn.


- Der Flohmarkt am frühen Morgen.
- Die Werkstatt deines Großvaters (mit Erlaubnis!).
- Der Container eines Entrümpelungsdienstes.
Dies sind die besten Jagdgründe. Hier findest du die authentischsten Stücke mit echter Geschichte, oft für wenige Cent.

Ein einfacher Trick für mehr Lebendigkeit ist die Andeutung von Bewegung. Biege eine alte Gabel so, als würde sie tanzen. Montiere einen alten Wasserhahn leicht schräg, als würde er neugierig um die Ecke schauen. Eine starre, frontale Ausrichtung wirkt oft leblos. Eine leichte Neigung oder Drehung kann den Unterschied zwischen einem toten Gegenstand und einer lebendigen Figur ausmachen.

Echter Rost: Er hat eine unnachahmliche, raue Textur und eine Farbvielfalt von leuchtendem Orange bis zu tiefem Braun. Er ist authentisch, aber unkontrollierbar und muss am Ende gut versiegelt werden, um nicht abzufärben.
Künstlicher Rost: Produkte wie „Rosteffekt-Farbe“ (z.B. von Modern Masters oder Viva Decor) bestehen oft aus zwei Komponenten – einer Grundierung mit Metallpartikeln und einem Oxidationsmittel. Das Ergebnis ist echter, steuerbarer Rost in wenigen Stunden.
Die Wahl hängt davon ab, ob du ein Archäologe oder ein Schöpfer sein willst.


Wie schaffe ich eine interessante Oberfläche?
Eine glatte Lackierung ist nur eine von vielen Möglichkeiten. Experimentiere mit Techniken, um Textur und Tiefe zu erzeugen:
- Tupfen: Mit einem groben Schwamm oder einem Stück Schaumstoff aufgetupfte Farbe erzeugt eine körnige, fast sandsteinartige Oberfläche.
- Trockenbürsten: Nimm sehr wenig Farbe auf einen alten, trockenen Pinsel und streiche leicht über die erhabenen Kanten deines Objekts. Das hebt die Details plastisch hervor.

„Kreativität ist Intelligenz, die Spaß hat.“ – Albert Einstein

Dein Charakter ist fertig, versiegelt und steht vor dir. Die Arbeit ist aber noch nicht ganz getan. Der letzte, magische Schritt ist die Taufe. Gib ihm einen Namen! Vielleicht sogar einen Beruf oder eine kleine Hintergrundgeschichte. „Gisbert, der mürrische Kellner-Korkenzieher“ oder „Frau Schmidt, die neugierige Gartenschere“. Das vollendet die Transformation vom Objekt zur Persönlichkeit.
Manchmal sind die besten Figuren die, die eine Interaktion andeuten. Denk an die Scheren, die sich küssen, oder eine Zange, die nach einer Nuss greift. Wenn du zwei oder mehr Objekte kombinierst, um eine kleine Szene zu erschaffen, entsteht eine ganz neue narrative Ebene. Plötzlich hast du kein einzelnes Porträt mehr, sondern den Anfang einer Geschichte auf deinem Regal.




