Weiberfastnacht in Köln: Dein ehrlicher Survival-Guide für den jecken Auftakt

von Mareike Brenner
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Jedes Jahr am Mittwochabend vor Weiberfastnacht kribbelt es in Köln. Man spürt es einfach. Die Luft verändert sich, die Nachbarn sind aufgeregter als sonst und die Bäckereien biegen sich unter der Last von Berlinern und Mutzenmandeln. Ich stehe seit Ewigkeiten in meiner Werkstatt hier im Veedel und hab gelernt: Der Kölner Karneval ist keine simple Party. Er ist Teil unserer DNA, so wie der Dom und der Rhein. Und Weiberfastnacht, oder „Wieverfastelovend“, wie wir sagen, ist der Startschuss, der Tag, an dem die ganze Stadt den Schalter umlegt.

Ganz ehrlich? Ich hab alles gesehen. Junge Azubis, die ihren ersten Karneval feiern und am nächsten Tag mit winzigen Augen in der Werkstatt stehen. Touristen, die ahnungslos in teuren Anzügen aus dem Hauptbahnhof stolpern, nur um Minuten später eine Krawatte kürzer zu sein. Und natürlich uns Kölner, die mit einer ansteckenden Freude das Kommando übernehmen. Das hier ist kein Reiseführer. Das sind die gesammelten Weisheiten eines alten Hasen, der diesen Tag liebt, aber auch seine Tücken kennt. Ich will dir zeigen, wie du nicht nur überlebst, sondern den Tag wirklich verstehst und genießt.

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Der Geist des Tages: Mehr als nur Krawatten jagen

Klar, das Erste, woran viele denken, sind Frauen, die mit Scheren Jagd auf Männerschlipse machen. Das ist der sichtbarste Brauch, aber die Wurzeln liegen viel tiefer und haben einen ziemlich ernsten Hintergrund.

Die ganze Geschichte begann vor langer Zeit nicht mal in Köln, sondern auf der anderen Rheinseite in Beuel. Dort schufteten die Wäscherinnen in den Wäschereien, während ihre Männer feierten. Irgendwann hatten sie die Nase voll. Also taten sie sich zusammen, gründeten ihr eigenes „Damenkomitee“ und stürmten das Rathaus. Das war damals eine echte Rebellion! Sie haben sich symbolisch für einen Tag die Macht geholt. Diese Geste hat sich bis heute gehalten. Wenn die Frauen an Weiberfastnacht pünktlich um 11:11 Uhr die Rathäuser stürmen, ist das eine Hommage an diesen Mut. Die abgeschnittene Krawatte? Nichts anderes als ein spielerisches Symbol für die Entmachtung des Mannes an diesem Tag.

Warum ein „Bützchen“ so wichtig ist

Wenn deine Krawatte dran glauben musste, bekommst du als Entschädigung ein „Bützchen“, also ein kleines Küsschen auf die Wange. Das ist entscheidend, denn es zeigt: Alles nur ein Spiel! Es ist kein aggressiver Akt, sondern Teil des Rituals. Ein Bützchen ist freundschaftlich, ein Zeichen der Verbundenheit im Karneval und hat absolut nichts mit Anmache zu tun. Wer das verwechselt, hat den kölschen Karneval nicht verstanden.

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Ein Leitfaden für „Imis“: So kommst du gut durch den Tag

Wir Kölner nennen Zugezogene liebevoll „Imis“ (imitierte Kölner). Wenn du das erste Mal dabei bist, gibt es ein paar ungeschriebene Gesetze, die dir den Tag retten können. Sieh es als gut gemeinte Ratschläge aus der Praxis.

Die richtige Montur: Praktisch schlägt schick!

Dein Kostüm ist das A und O. Aber vergiss die dünnen Polyester-Lappen aus dem Internet. Es ist Februar. Es ist oft kalt, nass und windig. Funktionalität gewinnt, immer!

  • Zwiebellook ist dein bester Freund: Skiunterwäsche drunter, dann T-Shirt, Pulli und erst dann das Kostüm. So kannst du in überfüllten, heißen Kneipen auch mal eine Schicht ablegen.
  • Gutes Schuhwerk ist nicht verhandelbar: Du wirst Kilometer laufen. Trage bequeme, wasserdichte und warme Schuhe. Am besten welche, denen ein paar Bierspritzer nichts ausmachen. Weiße Sneaker sind, ehrlich gesagt, eine ganz dumme Idee.
  • Was du nicht tragen solltest: Sperrige Kostüme nerven im Gedränge. Echte Waffen oder alles, was so aussieht, sind tabu und werden dir an den Kontrollen abgenommen.

Ach ja, und das Wichtigste – dein persönliches Survival-Kit für die Bauch- oder Jackentasche:

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  • Bargeld: Unbedingt in kleinen Scheinen und Münzen! An den meisten Buden oder in kleinen Kneipen ist nix mit Karte. Ein Kölsch kostet dich zwischen 2,20 € und 2,80 €, eine Wurst auf die Hand um die 4-5 €.
  • KVB-Ticket: Kauf dein Tagesticket (kostet ca. 9 €) vorher über die App. Die Schlangen an den Automaten sind der Horror.
  • Handy & Powerbank: Dein Akku wird den Tag nicht überleben, garantiert! Der schlechte Empfang im Gedränge saugt ihn leer.
  • Leere Plastikflasche: In den großen Partyzonen herrscht Glasverbot. Mit einer Plastikflasche kannst du dir was umfüllen oder an den (wenigen) kostenlosen Wasserstellen auffüllen.
  • Taschentücher & Desinfektionsgel: Vertrau mir. Die mobilen Toiletten sind… eine Erfahrung.
  • Eine gute Grundlage: Ein Mettbrötchen von zu Hause wirkt Wunder und spart die ersten Euro.

Der Fahrplan: Wo geht die Post ab?

Offiziell startet alles um 11:11 Uhr, aber die Stadt ist schon ab 8 Uhr morgens im Ausnahmezustand. Wo du hingehst, bestimmt die Art deiner Feier.

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Der Alter Markt in der Altstadt ist die traditionelle Bühne mit den großen Kölner Bands. Ein tolles Erlebnis, aber das Gedränge ist brutal. Ich würde sagen, eine 11 von 10 auf der Enge-Skala. Wenn du das erleben willst, sei allerspätestens um 9 Uhr dort. Oft werden die Zugänge wegen Überfüllung gesperrt. Definitiv nichts für Leute mit Platzangst.

Die Zülpicher Straße im Studentenviertel ist die größte Open-Air-Party der Stadt. Hier feiert das junge Volk. Es ist laut, wild und unfassbar voll. Auch hier gilt: Strenges Glasverbot! Die Kontrollen sind konsequent.

Eine super Alternative ist die Südstadt. Die Eröffnung an der Severinstorburg ist viel familiärer und lokaler. Hier erlebst du eine entspanntere, oft authentischere Atmosphäre. Mein persönlicher Favorit für einen guten Start in den Tag.

Aber der wahre Karneval? Der findet oft in den Veedeln (Stadtteilen) statt. In den kleinen, urigen Kneipen in Ehrenfeld, Nippes oder Sülz. Dort triffst du die echten Kölner, kommst sofort ins Gespräch und erlebst das wahre „Jeföhl“.

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Sicherheit & Respekt: Die ungeschriebenen Gesetze

Karneval funktioniert nur mit Anstand und Respekt. Die wichtigsten Regeln stehen in keinem Gesetzbuch.

  • Der eine Fehler, der dich sofort entlarvt: In Köln „Helau“ rufen. Das ist der Schlachtruf aus Düsseldorf. Sag es nicht. Denk es nicht mal. Hier schreit, singt und flüstert man „Kölle Alaaf!“.
  • „Nein“ heißt „Nein“: Die allerwichtigste Regel. Ein Bützchen wird angeboten, nicht eingefordert. Auch wenn die Stimmung ausgelassen ist, sexuelle Belästigung hat hier null Platz. Respektiere die Grenzen anderer. Punkt.
  • Wildpinkeln ist teuer und respektlos: Es klingt banal, aber es ist ein riesiges Problem. Die Stadt stellt hunderte mobile Klos auf. Nutze sie! Das Ordnungsamt versteht da keinen Spaß und die Bußgelder sind saftig (oft über 100 €).
  • Bleibt als Gruppe zusammen: Der Handyempfang ist oft weg. Macht eine WhatsApp-Gruppe auf und teilt euren Live-Standort. Legt feste Treffpunkte zu festen Zeiten fest, z. B. „Jede volle Stunde am Eigelsteintor“ oder „Um 15 Uhr am Reiterstandbild auf dem Heumarkt“.
  • Trinken mit Verstand: Kölsch ist leicht, aber die Menge macht’s. Zwischendurch immer mal Wasser trinken. Wer zu betrunken ist, wird schnell zum Opfer oder zur Last.
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Für Fortgeschrittene: Der Karneval hinter den Kulissen

Wenn du dem größten Trubel entfliehen willst, entdecke den Kneipenkarneval. Such dir eine Kneipe in einem der Veedel, aus der laute, kölsche Musik schallt. Dort singt die ganze Bude mit. Die Musik ist der Kitt, der alles zusammenhält. Hör dir vorher auf YouTube mal „Et jit kei Wood“ von Cat Ballou oder „Viva Colonia“ von den Höhnern an. Wer den Refrain mitsingen kann, ist sofort Teil der Familie.

Und wie kommt man nachts wieder nach Hause? Puh, das ist die Endgegner-Frage. Die Bahnen fahren zwar oft, sind aber gefährlich voll. Taxis sind quasi nicht existent oder unbezahlbar. Mein Tipp: Checkt vorher die Routen der Nachtbusse oder tut euch für ein Großraumtaxi zusammen. Aber vor allem: Plant viel Zeit und Geduld ein.

Mein Fazit: Eine Liebeserklärung mit Beipackzettel

Weiberfastnacht in Köln ist ein Erlebnis. Es ist laut, bunt, chaotisch und voller purer Lebensfreude. Ein Tag, an dem alle gleich sind und die Stadt zu einer riesigen Familie wird. Aber es ist kein Disneyland. Es ist echt, mit all seinen anstrengenden Seiten.

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Also, mein Rat an dich: Sei vorbereitet. Zieh dich warm an, hab gute Schuhe und sei offen für die Menschen. Sing mit, auch wenn du den Text nicht kennst. Aber pass auf dich und deine Freunde auf und kenne deine Grenzen. Wenn du das beherzigst, wirst du nicht nur einen unvergesslichen Tag haben, sondern auch ein Stück der Kölner Seele mit nach Hause nehmen.

Vielleicht sehen wir uns ja im Gedränge. Und wenn eine Dame mit Schere auf mich zukommt, lächle ich. Denn dann weiß ich: Es ist wieder so weit. Kölle Alaaf!

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Klangwunder selber machen: Der ultimative Guide zum Rasseln bauen – sicher, kreativ und mit Geling-Garantie

„An Wieverfastelovend gehört die Stadt den Tönen: Ein Teppich aus Lachen, Bützen, Scherben und dem endlosen Echo von ‚Kölle Alaaf‘.“

Schließen Sie die Augen und hören Sie hin. Der Soundtrack des Tages ist eine wilde Mischung. Aus den Kneipen dröhnen die Klassiker von den Bläck Fööss oder Brings, auf der Straße singen kostümierte Gruppen ihre eigenen, oft schrägen Versionen. Dazwischen das ständige, leise Klirren der kleinen Kölsch-Stangen, das Rufen von Freunden, die sich in der Menge suchen, und das unverkennbare Geräusch, wenn eine Papierschlange aus der Spraydose zischt. Es ist ein fröhliches, einzigartiges Chaos für die Ohren.

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Das falsche Schuhwerk kann dir den ganzen Tag ruinieren. Aber was ist die richtige Wahl?

Ganz einfach: Komfort schlägt Optik, immer! Auch wenn sie perfekt zum Kostüm passen – hochhackige Stiefel, neue Lackschuhe oder leichte Stoffturnschuhe sind eine ganz schlechte Idee. Du wirst stundenlang stehen, tanzen und durch ein Meer von Menschen und leider auch Glasscherben navigieren. Die Veteranen schwören auf alte, gut eingelaufene und vor allem wasserfeste Schuhe. Dr. Martens oder ähnliche robuste Boots sind ideal. Deine Füße werden es dir am Ende des Tages danken.

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Faschingsdeko, die was aushält: Profi-Tipps aus der Werkstatt für deine Party

  • Du bist sofort als Gruppe erkennbar.
  • Es ist der beste Eisbrecher überhaupt.
  • Du verlierst deine Freunde auch im größten Gedränge nicht.

Das Geheimnis? Ein kreatives Gruppenkostüm! Während ein einzelnes, perfektes Kostüm toll sein kann, lieben die Kölner den gemeinsamen Witz. Statt als einsamer Superheld loszuziehen, verkleidet euch doch als eine Tüte voller bunter Gummibärchen, als menschliches „Mensch ärgere Dich nicht“-Spiel oder als wandelnde Kölner Skyline. Der Spaß liegt in der gemeinsamen Idee und der Interaktion, nicht in der Perfektion des Outfits.

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Straßenkarneval: Authentisch, kostenlos und herrlich chaotisch. Die Hotspots wie der Alter Markt oder die Zülpicher Straße sind das Epizentrum der Party. Der Nachteil: Man ist dem Wetter ausgesetzt und die Toilettensituation ist, sagen wir, prekär.

Kneipenkarneval: Warm, trocken und mit garantiert guter Musik. Hier zahlt man entweder Eintritt oder höhere Getränkepreise. Die Stimmung in den Traditionskneipen der Südstadt oder in Ehrenfeld ist oft noch ausgelassener und intimer als draußen.

Unser Tipp: Eine Mischung aus beidem macht den perfekten Tag aus. Startet draußen auf den Plätzen und sucht euch später eine gemütliche Kneipe zum Aufwärmen und Weiterschunkeln.

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Wichtiger Punkt: Das Glasverbot in den Partyzonen ist keine freundliche Bitte, sondern eine strikte Regel. An den Zugängen zur Altstadt und zum Kwartier Latäng gibt es Kontrollen. Mitgebrachte Glasflaschen müssen dort entsorgt oder umgefüllt werden. Viele Kioske verkaufen daher nur noch Dosenbier von Marken wie Früh, Gaffel oder Reissdorf. Die cleverste Lösung sind die speziellen, robusten Kunststoff-Becher mit Pfandsystem, die viele Gastronomen und die Stadt anbieten. Sicher für alle und besser für die Umwelt.

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Vergiss die große Handtasche. An Weiberfastnacht brauchst du die Hände frei – zum Schunkeln, für ein Kölsch und zum Bützen. Das ultimative Survival-Kit passt in die Jackentasche:

  • Bargeld in kleinen Scheinen und Münzen (Kartenzahlung ist oft unmöglich)
  • Ein Päckchen Taschentücher (vielseitig einsetzbar!)
  • Ein aufgeladener Akku oder eine kleine Powerbank
  • Ein einzelner Haustürschlüssel statt des ganzen Bundes
  • Dein Ausweis, aber lass unnötige Karten zu Hause

Laut einer Studie der Boston Consulting Group generiert der Kölner Karneval in einer normalen Session einen Wirtschaftsfaktor von über 600 Millionen Euro für die Region.

Diese Zahl zeigt: Die „fünfte Jahreszeit“ ist weit mehr als nur eine große Party. Sie ist ein entscheidender Wirtschaftsmotor für Köln. Von den Kostümgeschäften über die Brauereien und Hotels bis hin zu unzähligen Gastronomen und Taxifahrern – Tausende von Arbeitsplätzen hängen direkt an den „tollen Tagen“. Jeder Jeck, der feiert, trägt also auch zur wirtschaftlichen Gesundheit der Stadt bei.

Mareike Brenner

Mareike ist 1991 in Bonn geboren und hat ihr Diplom in der Fachrichtung Journalistik an der TU Dortmund erworben. Sie hat einen Hintergrund im Bereich Design, da sie an der HAW Hamburg Illustration studiert hat. Mareike hat aber einen Sprung in die Welt des Journalismus gemacht, weil sie schon immer eine Leidenschaft für kreatives Schreiben hatte. Derzeit ist sie in der Redaktion von Freshideen tätig und schreibt gern Berichte über Schönheitstrends, Mode und Unterhaltung. Sie kennt übrigens alle Diäten und das Thema „Gesund abnehmen“ wird von ihr oft bevorzugt. In ihrer Freizeit kann man sie beim Kaffeetrinken mit Freunden antreffen oder sie bleibt zu Hause und zeichnet. Neulich hat sie eine neue Leidenschaft entdeckt, und das ist Online-Shopping.