Italienische Möbel verstehen: Ein ehrlicher Blick aus der Werkstatt
Was „italienische Möbel“ wirklich bedeuten – jenseits der Hochglanzmagazine
Seit über 30 Jahren stehe ich jetzt in der Werkstatt. Und ehrlich gesagt, der Geruch von frisch gesägtem Nussbaumholz, gemischt mit dem herben Duft von Knochenleim und Schellack, ist für mich mehr Heimat als alles andere. In meiner Ausbildung zum Tischlermeister habe ich gelernt, Holz zu „lesen“, seine Spannungen zu fühlen und seine natürliche Schönheit herauszuarbeiten. Immer wieder kommen Leute zu mir und schwärmen von „italienischen Stilmöbeln“. Sie haben diese Bilder im Kopf: sonnige Villen in der Toskana oder schicke Wohnungen in Mailand. Aber was bedeutet das eigentlich aus handwerklicher Sicht?
Inhaltsverzeichnis
- 1 Was „italienische Möbel“ wirklich bedeuten – jenseits der Hochglanzmagazine
- 2 Das Fundament: Holz und Konstruktion
- 3 Wo findet man solche Stücke und woran erkennt man Blender?
- 4 Techniken aus der Meisterwerkstatt: Oberfläche und Polsterung
- 5 Ein kleiner Exkurs: Warum nicht alles gleich „italienisch“ ist
- 6 Pflege und ein letzter Rat aus der Werkstatt
- 7 Bildergalerie
Ich hatte schon unzählige dieser Stücke unter den Händen, von der schweren, dunklen Truhe aus alten Zeiten bis zum filigranen Sessel aus der Mitte des letzten Jahrhunderts. Und dabei lernt man schnell, die Spreu vom Weizen zu trennen. Es gibt die echten, meisterhaft gefertigten Möbel. Und dann gibt es die, die nur so tun als ob.

Dieser Artikel hier ist kein typischer Design-Ratgeber. Er ist ein unverblümter Blick aus meiner Werkstatt. Ich will dir zeigen, worauf es wirklich ankommt: das Holz, die Verbindungen und die Seele, die in so einem Möbelstück steckt.
Das Fundament: Holz und Konstruktion
Ein Möbelstück ist immer nur so gut wie sein Material und wie es zusammengefügt wurde. Klingt logisch, oder? Bei klassischen Möbeln aus Italien sind das die entscheidenden Merkmale, die den Preis und die Langlebigkeit bestimmen.
Die Sprache des Holzes
Die alten Meister wussten genau, welches Holz sie wofür nehmen. Das war keine Willkür, sondern eine Mischung aus Funktion, regionaler Verfügbarkeit und cleverem Ressourceneinsatz.
- Nussbaum (Noce): Das ist der absolute Klassiker für hochwertige Möbel, besonders bei repräsentativen Stücken. Vor allem der lombardische Nussbaum ist berühmt für seine satte, dunkle Farbe und die fast schon dramatische Maserung. Er ist hart, langlebig und lässt sich fantastisch schnitzen. Siehst du ein altes, schweres Möbel, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es aus massivem Nussbaum ist.
- Pappel (Pioppo): Ein viel weicheres und helleres Holz. Man hat es oft für die Korpusse von Schränken verwendet, die dann bemalt oder mit edlerem Holz furniert wurden. Auch für die einfachen, ländlichen Möbel der sogenannten „Arte Povera“ war Pappel ideal – günstig und leicht zu bearbeiten.
- Olivenholz (Olivo): Ein extrem hartes Holz mit einer spektakulären, wilden Maserung. Da Olivenbäume langsam und knorrig wachsen, gibt es selten große Bretter davon. Deshalb findet man es meist für wunderschöne Intarsienarbeiten oder kleinere Deko-Objekte.
- Fruchtbaumhölzer (z. B. Kirsche, Birne): Diese Hölzer haben einen warmen, rötlichen Ton und eine sehr feine, ruhige Struktur. Perfekt für die eleganten, etwas schlichteren Möbel, die in einer bestimmten Phase sehr beliebt waren.
Ein gutes Zeichen für Qualität ist, wenn du siehst, dass verschiedene Hölzer gezielt eingesetzt wurden: Nussbaum für die prunkvolle Front, Pappel für die unsichtbaren Seitenteile. Das ist kein Betrug, sondern pures Handwerkswissen.

Die Kunst, Holz zusammenzuhalten
Wie die Teile verbunden sind, verrät mehr über die Qualität als jede Hochglanzpolitur. Hier trennen sich die Meister von den Fabriken.
- Schwalbenschwanzzinkung: Jetzt mal ehrlich: Geh doch mal zu einer alten Kommode bei dir zu Hause oder bei den Großeltern. Zieh eine Schublade ganz raus und schau dir die Ecken an. Siehst du diese keilförmigen Verbindungen, die aussehen wie kleine Schwalbenschwänze? Herzlichen Glückwunsch, du hältst echte Handwerksqualität in den Händen. Diese Verbindung ist bombenfest und braucht keine einzige Schraube.
- Gratleisten: Große Massivholzplatten, wie bei einem Tisch, arbeiten ständig und würden sich ohne Hilfe verziehen. Eine quer zur Faser eingelassene Holzleiste – die Gratleiste – verhindert das. Eine simple, aber geniale Technik.
- Rahmen und Füllung: Der Klassiker für Schranktüren. Ein stabiler Holzrahmen fasst eine dünnere Holzplatte (die Füllung). Diese Füllung ist nicht festgeleimt, sondern liegt locker in einer Nut. Warum? Damit das Holz bei Feuchtigkeitsschwankungen „atmen“, also quellen und schwinden kann, ohne dass die ganze Tür reißt.
Moderne Möbel aus der Massenproduktion setzen meist auf Dübel, Schrauben und Leim. Das geht schnell und ist billig. Aber so eine Verbindung lockert sich oft schon nach ein paar Jahren. Eine gute Zinkenverbindung? Die hält ein Leben lang. Oder länger.

Wo findet man solche Stücke und woran erkennt man Blender?
Okay, du weißt jetzt, wie so ein Möbel aufgebaut sein sollte. Aber wo zur Hölle fängt man die Suche an? Und wie vermeidet man, überteuerten Schrott zu kaufen?
Die Jagdgründe: Von Flohmarkt bis Fachhändler
- Flohmärkte & Kleinanzeigen: Hier kannst du echte Schätze für kleines Geld finden. Ich spreche von einer Kommode für vielleicht 150 bis 400 €, die aber oft Zuwendung braucht. Der Nachteil: Du musst Ahnung haben, denn hier gibt es keine Garantie.
- Antiquitätenhändler: Der sichere Weg. Die Stücke sind oft schon fachmännisch restauriert, und du bekommst eine Expertise. Dafür zahlst du aber auch deutlich mehr. Die gleiche Kommode kostet hier schnell 1.200 € und aufwärts.
- Spezialisierte Online-Portale: Eine gute Mischung. Die Auswahl ist riesig, die Preise sind oft fairer als beim Händler, aber man muss die Beschreibungen sehr genau lesen und auf gute Fotos achten.
Achtung, Falle! Rote Flaggen beim Möbelkauf
Lass dich nicht blenden! Hier eine kleine Checkliste mit Dingen, bei denen bei mir die Alarmglocken schrillen:

- Der Geruchstest: Riecht das Möbel stark nach Chemie, Lack oder Leim statt nach altem Holz und Wachs? Das ist oft ein Zeichen für eine billige, moderne Produktion oder eine unsachgemäße „Auffrischung“.
- Die Kantenprüfung: Fühlen sich die Kanten scharf und perfekt an, fast wie Plastik? Oft ist das eine billige Folie, die Echtholzfurnier imitiert. Echtes Furnier hat eine viel natürlichere Haptik.
- Der Schrauben-Check: Siehst du lauter glänzende, neue Kreuzschlitzschrauben vom selben Typ? Alte Möbel haben geschlitzte Schrauben, oft von unterschiedlicher Art, oder eben gar keine sichtbaren Schrauben.
- Wackelt’s? Ein gut gebautes, altes Möbelstück steht wie eine Eins. Wenn es stark wackelt, sind die Leimverbindungen hinüber. Das ist reparabel, aber es kostet.
Techniken aus der Meisterwerkstatt: Oberfläche und Polsterung
Ein Möbel wird erst durch die Oberfläche und die Details wirklich lebendig. Hier zeigt sich die wahre Geduld und das Können des Handwerkers.
Die Seele der Oberfläche: Schellackpolitur
„Wie kriegt man diesen tiefen, warmen Glanz hin?“, werde ich oft gefragt. Die Antwort ist fast immer: Schellack. Das ist kein Lack aus der Dose, sondern ein Naturharz, das in Alkohol gelöst wird.

Eine echte Schellack-Handpolitur ist eine Wissenschaft für sich. Man trägt unzählige, hauchdünne Schichten mit einem Ballen auf. Das kann Tage, sogar Wochen dauern. Die Oberfläche wird dabei nicht versiegelt, das Holz kann atmen. Der Glanz kommt quasi von innen. Ich hatte mal einen Kunden, der seine Kommode mit einem „Möbel-Auffrischer“ aus dem Baumarkt behandelt hat. Eine Katastrophe! Das Silikonöl darin hat die Politur angelöst und einen milchigen Schleier hinterlassen. Die Reparatur hat ihn am Ende fast 800 Euro gekostet. Eine professionelle Reinigung und Auffrischung beim Fachmann wäre mit rund 150 Euro erledigt gewesen. Ein teures Lehrgeld, das zeigt, wie wichtig das Wissen um die Materialien ist.
Der große Unterschied: Traditioneller Sessel vs. Moderner Sessel
Bei Polstermöbeln liegt die Qualität im Verborgenen. Stell dir einen modernen Sessel vor: Im Kern ist da meist ein großer Block Formschaumstoff. Anfangs super bequem, klar. Aber nach 5-10 Jahren ist der Schaumstoff müde, bröselig und sitzt sich durch. Ein Austausch des ganzen Blocks ist die einzige Lösung.

Ein klassisch gebauter Sessel ist eine ganz andere Welt. Das ist ein komplexes System: Unten spannen sich starke Jute-Gurte. Darauf werden Stahlfedern von Hand angenäht und in acht Richtungen verspannt – das allein ist schon eine Kunst. Darüber kommen Schichten aus Leinen, afrikanischem Gras und edlem Rosshaar, die in Form genäht und abgesteppt werden. Das fühlt sich fester, stützender an und hält bei guter Pflege ein Leben lang. Klar, eine solche traditionelle Neu-Polsterung ist eine Investition und kann je nach Stoff und Aufwand zwischen 1.500 € und 2.500 € kosten. Aber dafür hast du einen Sessel, der seinen Wert behält und den du vererben kannst.
Ein kleiner Exkurs: Warum nicht alles gleich „italienisch“ ist
Italien war lange Zeit ein Flickenteppich aus verschiedenen Regionen mit eigenem Geschmack. Das sieht man den Möbeln bis heute an.
- Der reiche Norden: In Städten wie Mailand oder Venedig liebte man die große Geste. Die Möbel sind oft schwer, aus dunklem Nussbaum und reich verziert. In Venedig wurde es auch mal bunter und verspielter, mit bemalten Oberflächen, die asiatische Motive imitierten.
- Die Mitte mit Charme: In der Toskana findet man beides: Einerseits die eleganten, an der Antike orientierten Möbel aus Florenz mit unfassbar kunstvollen Intarsienarbeiten. Andererseits die „Arte Povera“, die ehrlichen, einfachen Möbel der Landbevölkerung aus Pappelholz, oft schlicht bemalt.
- Der opulente Süden: Hier spürt man die Einflüsse aus Spanien und der arabischen Welt. Die Formen sind üppiger, geschwungener und oft mit Perlmutt oder anderen Materialien verziert.
Übrigens, ein kleiner Tipp für die Online-Suche: Wenn du tiefer graben willst, versuch es mal mit Fachbegriffen. Such nach „Cassone“ (eine Truhe), „Credenza“ (eine Anrichte) oder „Stipo“ (ein Kabinettschrank). So findest du oft spezifischere und interessantere Ergebnisse.

Pflege und ein letzter Rat aus der Werkstatt
Echte Handwerkskunst will gepflegt werden, aber bitte richtig! Weniger ist hier definitiv mehr.
Zum Staubwischen nimm ein weiches, trockenes Baumwolltuch. Mikrofasertücher können auf alten Polituren feine Kratzer hinterlassen. Wenn es mal schmutziger ist: Besprüh das Tuch ganz leicht mit Wasser (niemals das Möbel direkt!) und wringe es aus, bis es sich fast wieder trocken anfühlt. Und bitte, bitte: Finger weg von Möbelpolituren aus der Sprühdose! Das darin enthaltene Silikon ist Gift für alte Oberflächen.
Ein wichtiges Wort zur Sicherheit
Gerade hohe, schmale Möbel wie Vitrinen oder Bücherregale entsprechen oft nicht den heutigen Normen für Kippsicherheit. Besonders wenn Kinder im Haus sind, rate ich dringend dazu, solche Stücke mit einem einfachen Winkel an der Wand zu sichern. Das ist eine unsichtbare Kleinigkeit mit riesiger Wirkung.
Und wenn du kleine, runde Löcher im Holz entdeckst und frisches Holzmehl darunterliegt, hast du es mit dem Holzwurm zu tun. Da experimentiere bitte nicht selbst herum, sondern frag einen Restaurator. Bei wirklich wertvollen Erbstücken gilt sowieso: Jeder laienhafte Versuch kann den Wert dramatisch mindern. Manchmal ist der Gang zum Profi der günstigste Weg.

Ein altes Möbelstück ist eben mehr als nur ein Ding zum Abstellen. Es ist ein Stück Kultur, ein Zeugnis von Können und ein Begleiter mit Seele. Wenn man weiß, wie viel Arbeit und Wissen darin steckt, schätzt man es gleich doppelt. Ich hoffe, dieser kleine Einblick hilft dir dabei.
Bildergalerie


Der Stempel der Qualität: Ein echtes „Made in Italy“-Siegel ist mehr als nur ein Herkunftsnachweis. Es steht für eine ganze Kette von Handwerkskunst, die oft in einer spezifischen Region verwurzelt ist. Suchen Sie nach dem Namen der Manufaktur, nicht nur nach dem des Designers. Ein Stuhl von Cassina oder ein Sofa von Poltrona Frau trägt die Geschichte seiner Werkstatt in sich – von der Holzauswahl bis zur letzten Naht.


- Fühlt sich die Schublade beim Herausziehen solide an oder wackelt sie?
- Sind die Verbindungen an den Ecken sauber verzahnt (Schwalbenschwanz) oder nur stumpf verleimt und getackert?
- Besteht der Schubladenboden aus dünnem Sperrholz, das sich durchbiegt, oder aus massivem Holz?
Das Geheimnis? Eine gute Schublade ist ein Möbelstück im Möbelstück.


„Die Maserung von Olivenholz ist wie ein wildes Gedicht, das die Natur über Jahrzehnte geschrieben hat. Kein Stück gleicht dem anderen.“
Genau diese Einzigartigkeit macht Olivenholz so begehrt für besondere Akzente wie Intarsien oder kleine, exklusive Beistelltische. Aufgrund seiner Härte und des langsamen Wachstums wird es selten für große Flächen verwendet, aber wo es erscheint, stiehlt es allen anderen die Show.


Achten Sie auf die Patina. Ein echtes, altes Möbelstück erzählt seine Geschichte nicht durch perfekte Oberflächen, sondern durch feine Gebrauchsspuren. Leicht abgerundete Kanten, eine sanfte Verdunkelung des Holzes an Stellen, die oft berührt wurden, oder winzige Kratzer im Lack sind keine Mängel. Sie sind der Beweis für ein langes, gelebtes Leben und können nicht künstlich in dieser Authentizität reproduziert werden.


Ist ein „italienisches Stilmöbel“ dasselbe wie eine Antiquität?
Nein, und hier ist die Unterscheidung entscheidend. Ein „Stilmöbel“ (mobile in stile) ist eine Reproduktion, die den Stil einer vergangenen Epoche nachahmt. Eine echte Antiquität stammt tatsächlich aus dieser Zeit. Während hochwertige Stilmöbel, wie die von Manufakturen in der Brianza, exzellent verarbeitet sein können, fehlt ihnen die historische Patina und der Sammlerwert eines Originals. Der Preisunterschied sollte dies widerspiegeln.

Massivholz: Ein Möbelstück, das komplett aus massivem Holz besteht, ist schwer, extrem langlebig und kann immer wieder abgeschliffen und restauriert werden. Es „arbeitet“ jedoch bei Feuchtigkeitsschwankungen.
Furnier: Hier wird eine dünne Schicht Edelholz auf ein Trägermaterial (oft Pappel oder Tischlerplatte) geleimt. Dies ermöglicht spektakuläre Maserungen (wie bei Wurzelholz) und ist formstabiler. Die Qualität hängt von der Dicke des Furniers und der Verarbeitung der Kanten ab.


„Ein Möbelstück zu entwerfen bedeutet nicht, eine Form zu erfinden, sondern eine Geste zu interpretieren.“ – Vico Magistretti


Die Brianza, eine Region zwischen Mailand und dem Comer See, gilt als das Herz der italienischen Möbelproduktion. Hier sitzen traditionsreiche Familienunternehmen wie B&B Italia, Cassina oder Flexform seit Generationen. Es ist kein Zufall: Die Kombination aus handwerklichem Erbe, der Nähe zur Designmetropole Mailand und einem unbändigen Streben nach Innovation hat diesen Landstrich zum weltweiten Synonym für exzellentes Möbeldesign gemacht.


Warum ist das Leder auf einem Sofa von Poltrona Frau so unglaublich weich?
Das Geheimnis liegt im „Pelle Frau®“-Leder, einem exklusiven Material, das in einem komplexen Prozess mit 21 Arbeitsschritten gegerbt wird. Im Gegensatz zu vielen industriell bearbeiteten Ledern, bei denen die Oberfläche mit einer dicken Farbschicht versiegelt wird, bleibt hier die natürliche Porenstruktur erhalten. Das macht das Leder atmungsaktiv, warm und unvergleichlich geschmeidig im Griff – eine Qualität, die man mehr fühlt als sieht.


Die sogenannte „Arte Povera“ war ursprünglich keine Designbewegung, sondern eine Notwendigkeit. Ländliche Handwerker nutzten einfache, lokal verfügbare Hölzer wie Pappel, Fichte oder Kastanie. Die Schönheit lag in der Funktion, den klaren Linien und der soliden, schnörkellosen Konstruktion. Heute verkörpert dieser Stil eine Sehnsucht nach Authentizität und schlichter Eleganz, die einen wunderbaren Kontrast zu opulenten Designs bildet.

Ein Detail, das Kenner verrät: die Kantenverarbeitung. Bei einem billigen Möbelstück sehen Sie oft eine aufgeklebte Kunststoffkante, die sich mit der Zeit lösen kann. Ein hochwertiges furniertes Stück hat entweder eine Kante aus massivem Anleimer oder das Furnier wird perfekt „um die Ecke“ gezogen. Bei modernen Designs, wie denen von Minotti, sind die Kanten oft präzise gefast oder abgerundet, was eine hohe maschinelle und handwerkliche Präzision erfordert.


- Sofort mit einem weichen, feuchten Tuch (keine Mikrofaser!) abwischen.
- Niemals aggressive Reiniger, Alkohol oder Lösungsmittel verwenden.
- Für die Politur nur spezielle Produkte für Hochglanzoberflächen nutzen.
Moderne italienische Möbel von Marken wie Poliform oder Lema nutzen oft makellose Hochglanzlacke. Ihre spiegelglatte Oberfläche ist empfindlich, aber bei richtiger Pflege behält sie ihren brillanten Tiefeneffekt über Jahre.


Warum sind die Lieferzeiten für Designermöbel aus Italien oft so lang?
Weil es sich meist nicht um Lagerware handelt. Ein Sofa von B&B Italia oder ein Schrank von Molteni&C wird oft erst nach Bestellung für Sie gefertigt („produzione su commessa“). Sie wählen den Stoff, die Farbe, die Konfiguration. Dieser Prozess – von der Materialbeschaffung bis zur sorgfältigen Endkontrolle durch einen Meister – braucht Zeit und ist ein klares Zeichen für Exklusivität und gegen die Mentalität der Massenproduktion.


Radica di Noce: Das ist die italienische Bezeichnung für Nussbaum-Wurzelholzfurnier. Es stammt vom Wurzelballen des Baumes, wo die Maserung unregelmäßig, fast chaotisch und voller „Augen“ verläuft. Jedes Furnierblatt ist ein absolutes Unikat der Natur. Es zu verarbeiten, erfordert höchstes Geschick, da die Blätter oft gespiegelt oder in Mustern („vierfach gespiegelt“) zusammengesetzt werden, um symmetrische, ornamentale Flächen auf Schranktüren oder Tischplatten zu schaffen.


- Es bietet eine unvergleichliche Haptik und Kühle.
- Jede Platte ist ein von der Natur geschaffenes Unikat.
- Es ist extrem hitzebeständig und langlebig.
Der Trick für ein langes Leben? Die richtige Imprägnierung. Sie schützt die poröse Oberfläche vor Flecken durch Säuren wie Wein oder Zitrone.

Laut einer Studie des Centro Studi FederlegnoArredo macht der Möbelsektor über 4% des gesamten italienischen Fertigungssektors aus.
Diese Zahl verdeutlicht, dass Möbel in Italien nicht nur ein Kulturgut, sondern auch ein entscheidender Wirtschaftsmotor sind. Die Branche ist geprägt von Tausenden kleiner und mittlerer, oft familiengeführter Unternehmen, die zusammen das Rückgrat des weltberühmten „Made in Italy“-Designs bilden.


Der Zeitlose: Gio Ponti (1891-1979) war Architekt, Designer und Visionär. Sein Stuhl „Superleggera“ (Superleicht) für Cassina aus dem Jahr 1957 ist eine Ikone. Mit einem Gewicht von nur 1,7 kg ist er ein Meisterwerk der Reduktion und Stabilität. Ponti bewies, dass italienisches Design nicht schwer und opulent sein muss, sondern auch leicht, intelligent und unglaublich elegant sein kann.


Ein klassisches Erbstück mit modernen Möbeln zu kombinieren, erfordert Fingerspitzengefühl. So gelingt’s:
- Kontrast schaffen: Stellen Sie eine antike, dunkle Nussbaum-Kommode neben ein minimalistisches, helles Sofa.
- Verbindung herstellen: Greifen Sie eine Farbe oder ein Material des alten Stücks in einem modernen Accessoire (z.B. einem Kissen oder einer Vase) wieder auf.
- Raum geben: Drängen Sie das alte Stück nicht in eine Ecke. Geben Sie ihm eine Bühne, damit seine besondere Qualität wirken kann.


Carrara Statuario: Gilt als der edelste. Er hat einen strahlend weißen bis elfenbeinfarbenen Hintergrund und wenige, aber dramatische, dicke und dunkle Adern.
Carrara Calacatta: Ebenfalls sehr weiß, aber mit einem komplexeren, feineren Adernetz in verschiedenen Grau- und manchmal auch Goldtönen. Er wirkt oft „lebhafter“.
Für Tischplatten oder Kücheninseln von Marken wie Salvatori ist diese Unterscheidung fundamental für die ästhetische Wirkung.

Wussten Sie schon? Olivenholz ist so dicht und ölhaltig, dass es von Natur aus antibakterielle Eigenschaften besitzt und kaum Gerüche annimmt.


Wenn ein Möbelstück aus massivem Holz gebaut ist, sind die Verbindungstechniken das A und O. Eine Schwalbenschwanzverbindung ist nicht nur wunderschön, sondern auch extrem stabil, da sich die keilförmigen Zinken und Schwalben ineinander verkeilen. Eine einfache, stumpf verleimte oder geschraubte Verbindung, wie man sie bei Billigmöbeln findet, kann unter Belastung leicht brechen. Schauen Sie in die Schubladen – dort offenbart sich die wahre Handwerkskunst!


Einführung in die Welt des Glanzes. Die Tradition der Glasherstellung auf der Insel Murano bei Venedig findet sich auch im Möbeldesign wieder. Es geht nicht nur um Lampen.
- Handwerkskunst: Jeder Murano-Glasknopf an einer Kommode oder jedes Tischbein ist mundgeblasen und handgeformt.
- Farbigkeit: Die intensive, leuchtende Farbe entsteht durch die Beimischung von Metalloxiden direkt in die Glasschmelze und ist daher unvergänglich.
- Einzigartigkeit: Winzige Luftbläschen oder leichte Unregelmäßigkeiten sind keine Fehler, sondern ein Zeichen der authentischen Handarbeit.


Kann man eine schwere, dunkle italienische Truhe modernisieren?
Absolut, aber mit Respekt! Anstatt sie deckend weiß zu lackieren und ihre Geschichte auszulöschen, konzentrieren Sie sich auf den Kontext. Platzieren Sie die Truhe in einem ansonsten minimalistischen, hellen Raum. Stellen Sie eine moderne Lampe darauf oder legen Sie ein Kissen aus einem zeitgenössischen Stoff daneben. Der Kontrast zwischen Alt und Neu, Dunkel und Hell, Ornament und Schlichtheit erzeugt eine Spannung, die weitaus interessanter ist als eine komplette Umgestaltung.


Cassina: Oft avantgardistischer und intellektueller. Cassina ist bekannt für die Neuauflage von Meisterwerken großer Designer wie Le Corbusier, Mackintosh oder Ponti. Der Fokus liegt auf der kulturellen Bedeutung des Designs.
Poliform: Steht für ein komplettes, elegantes Wohnkonzept. Poliform ist berühmt für seine hochfunktionalen, modularen Schranksysteme und Küchen, die sich nahtlos in eine moderne, anspruchsvolle Architektur einfügen. Der Fokus liegt auf dem Systemgedanken und Lebensstil.
„Il design non è quello che vedi, ma quello che devi far capire.“ – Achille Castiglioni
(„Design ist nicht das, was du siehst, sondern das, was du verständlich machen musst.“) Dieses Zitat des legendären Mailänder Designers fasst die italienische Herangehensweise perfekt zusammen: Ein gutes Möbelstück ist nicht nur schön, sondern löst ein Problem auf eine intelligente, oft überraschend einfache und immer elegante Weise.




