Tapezieren wie ein Profi: Dein ehrlicher Guide für perfekte Wände (ganz ohne Frust)
Eine saubere Wand ist mehr als nur Deko
In meiner Werkstatt hängt ein alter Spruch: „Die Wand verzeiht nichts.“ Und ganz ehrlich? Nach unzähligen Baustellen stimmt das bis heute zu 100 %. Viele sehen im Tapezieren ja nur das Anbringen einer schicken Tapete. Für mich ist es aber das absolute Fundament für ein gutes Raumgefühl. Es geht um Sorgfalt, das richtige Material und vor allem darum, zu verstehen, warum man was tut.
Inhaltsverzeichnis
- 0.1 Eine saubere Wand ist mehr als nur Deko
- 0.2 Teil 1: Die Vorbereitung – Wichtiger als die Tapete selbst
- 0.3 Teil 2: Material, Kosten & Planung – Dein Schlachtplan fürs Wochenende
- 0.4 Teil 3: Ab an die Wand – Jetzt wird’s ernst!
- 0.5 Teil 4: Hilfe, Pannen! Was tun, wenn…?
- 0.6 Ein letztes Wort vom Profi
- 1 Bildergalerie
Ich habe schon alles gesehen. Wände, die nach zwei Wochen aussahen wie eine Kraterlandschaft. Muster, die an der Ecke plötzlich auf dem Kopf standen. Und die pure Enttäuschung in den Augen von Leuten, die ein kleines Vermögen für eine Designertapete ausgegeben hatten, nur um am Ende ein Ergebnis zu haben, das sie jeden Tag ärgert.
Dieser Text hier ist keine super-schnelle Anleitung für ein Wochenende. Er ist eine ehrliche Erklärung des Handwerks, vollgepackt mit den Tipps und Tricks, die man sonst nur auf der Baustelle lernt. Damit du verstehst, worauf es WIRKLICH ankommt. Vom Prüfen der Wand bis zum letzten, sauberen Schnitt an der Fußleiste. Denn eine top tapezierte Wand ist kein Zufall, sondern das Ergebnis von guter Planung und sauberer Arbeit.
Teil 1: Die Vorbereitung – Wichtiger als die Tapete selbst
Der häufigste Fehler, den ich sehe? Ungeduld. Die neue, schicke Tapete liegt bereit und man will am liebsten sofort loslegen. Aber Stopp! Die eigentliche Arbeit beginnt nicht an der Tapetenrolle, sondern an der Wand. Ein mieser Untergrund ist die Garantie für spätere Probleme wie Blasen oder sich lösende Nähte. Nimm dir für diesen Schritt die meiste Zeit, denn er entscheidet über 90 % deines Erfolgs.
Die Wandprüfung: Was dein Untergrund dir verrät
Eine Wand muss fünf Dinge sein: fest, trocken, sauber, glatt und gleichmäßig saugfähig. Das ist das Mantra für jeden Profi. So findest du ganz einfach selbst heraus, wie es um deine Wand bestellt ist:
- Wischtest (Sauberkeit): Fahr mal mit deiner flachen Hand über die Wand. Bleibt ein weißer, kreidiger Staub hängen? Das ist oft bei alten Wandfarben der Fall. Diese Schicht muss runter, sonst klebt der Kleister auf dem Staub und nicht an der Wand. Meist reicht dafür klares Wasser und ein Schwamm.
- Kratztest (Festigkeit): Kratz mit einem Spachtel oder einem Schraubendreher leicht über den Putz. Bröckelt es oder rieselt Sand herunter? Dann ist der Untergrund nicht tragfähig. Hier muss alles Lose runter und neu verspachtelt werden.
- Klopftest (Haftung): Klopf die Wand an verschiedenen Stellen mit dem Fingerknöchel ab. Klingt es irgendwo hohl? Das deutet auf lose Putzstellen hin, die du entfernen und ausbessern musst.
- Benetzungstest (Saugfähigkeit): Spritz mit einer Sprühflasche etwas Wasser an die Wand. Jetzt genau beobachten: Zieht das Wasser sofort ein und die Stelle wird dunkel? Dann ist die Wand stark saugfähig. Perlt das Wasser einfach ab? Dann ist sie nicht saugfähig. Beides ist Mist. Der Kleister trocknet entweder zu schnell oder gar nicht.
So, und jetzt du! Geh mal zu einer Wand bei dir zu Hause und mach den Wischtest. Bleibt Staub an der Hand? Zack, schon was gelernt!
Alte Tapeten entfernen: Eine Lektion in Geduld
Tapete auf Tapete kleben? Das ist Pfusch, mach das bitte niemals. Die alte Schicht kann sich durch die Feuchtigkeit des neuen Kleisters lösen und dann hast du den Salat. Das Entfernen hängt ganz vom alten Material ab.
- Papiertapeten und Raufaser: Weiche die Tapete ordentlich mit warmem Wasser und einem Schuss Spüli ein. Eine Gartenspritze ist dafür Gold wert. Lass das Ganze gut 15 Minuten einwirken, oft sind mehrere Durchgänge nötig. Bei störrischen Tapeten hilft eine Igelwalze (Stachelwalze), um die Oberfläche zu perforieren. So dringt das Wasser besser ein.
- Vinyl- oder wasserfeste Tapeten: Hier musst du zuerst die obere, wasserdichte Kunststoffschicht abziehen. Such dir eine Ecke und zieh sie trocken ab. Übrig bleibt eine dünne Papierschicht, die du dann wie eine normale Papiertapete einweichst.
- Dampfgeräte: Für ganz harte Fälle kann ein Dampftapetenablöser, den du im Baumarkt für ca. 20 € pro Tag leihen kannst, eine echte Hilfe sein. Aber Achtung bei Gipskartonwänden! Zu viel Dampf kann den Karton aufweichen.
Wichtiger Sicherheitshinweis: In älteren Gebäuden kann sich unter den Tapetenschichten im Spachtel oder Kleber Asbest verbergen. Wenn du unsicher bist oder auf brüchige, faserige Materialien stößt, hör sofort auf und hol dir einen Fachmann für eine Analyse. Deine Gesundheit geht immer vor!
Spachteln und Schleifen: Der Weg zur Baby-Popo-glatten Wand
Jedes noch so kleine Loch und jede Unebenheit wirst du später unter der Tapete sehen, besonders bei dünnen Vliestapeten oder solchen mit Glanzeffekten. Nimm dir also Zeit für eine perfekt glatte Oberfläche.
- Materialwahl: Für kleine Löcher reicht Fertigspachtel aus der Tube. Für größere Flächen empfehle ich dir, einen Gipsspachtel selbst anzurühren, z.B. von Knauf oder Pufas. Der wird schön hart. Rühr aber nur so viel an, wie du in 15-20 Minuten verarbeiten kannst, sonst wird er im Eimer fest.
- Technik: Zieh die Spachtelmasse mit einem sauberen Spachtel satt über die Stelle. Trag ruhig minimal dicker auf, denn die Masse schrumpft beim Trocknen ein wenig. Tiefe Löcher besser in mehreren dünnen Schichten füllen.
- Schleifen: Nach der Trocknung (Herstellerangaben beachten!) wird die Stelle mit einem Schleifklotz und 120er Schleifpapier glatt geschliffen. Fahr danach mit der Hand drüber. Spürst du keinen Übergang mehr? Perfekt!
Grundieren: Der unsichtbare Held
Viele sparen sich diesen Schritt, um Zeit zu sparen. Ein riesiger Fehler! Die Grundierung, oft Tiefengrund genannt, ist dein bester Freund. Sie verfestigt leicht sandige Untergründe und sorgt vor allem dafür, dass die Wand dem Kleister das Wasser gleichmäßig entzieht. Das ist die beste Versicherung gegen offene Nähte. Auf neuem Putz oder Gipskarton ist Tiefengrund absolute Pflicht. Lass die Grundierung komplett durchtrocknen. Jetzt ist deine Wand bereit für den großen Auftritt.
Teil 2: Material, Kosten & Planung – Dein Schlachtplan fürs Wochenende
Okay, die Drecksarbeit ist erledigt. Bevor wir zur Tapete greifen, lass uns kurz über Geld und Zeit reden. Damit du weißt, worauf du dich einlässt.
Was kostet der Spaß? Nur damit du ein Gefühl bekommst: Für ein 15-Quadratmeter-Zimmer mit einer ordentlichen Vliestapete musst du für ALLES – also Tapete, Kleister, Werkzeug, Grundierung etc. – ungefähr mit 150 bis 300 Euro rechnen. Ein Profi würde für denselben Raum, je nach Aufwand, zwischen 400 und 800 Euro verlangen. Daran siehst du, was du sparen kannst!
Dein Zeitplan als Anfänger: Plane für ein Zimmer realistisch ein ganzes Wochenende ein.
- Samstag Vormittag (ca. 4h): Möbel rücken, Boden abdecken, alte Tapete runterreißen (das kann dauern und nerven!).
- Samstag Nachmittag (ca. 2h): Löcher zuspachteln und alles in Ruhe trocknen lassen.
- Sonntag Vormittag (ca. 2h): Die gespachtelten Stellen schleifen, Staub abfegen und die Wände grundieren. Wieder trocknen lassen.
- Sonntag Nachmittag (ca. 4h): Endlich! Jetzt wird tapeziert.
Vliestapete vs. Papiertapete: Was ist das Richtige für dich?
Die Auswahl ist riesig, aber für dich als Einsteiger gibt es eigentlich nur zwei relevante Kategorien. Hier mal ein ehrlicher Vergleich:
Papiertapete (der Klassiker):
- Preis: Günstig, oft schon ab 8-15 € pro Rolle zu haben.
- Verarbeitung: Eher was für Fortgeschrittene. Du musst die Tapete einkleistern und eine exakte „Weichzeit“ einhalten. Hängt sie zu kurz, wirft sie Blasen. Hängt sie zu lang, dehnt sie sich wie ein Kaugummi.
- Vorteil: Preiswert und in unzähligen Designs verfügbar.
- Nachteil: Fehleranfällig bei der Verarbeitung und später mühsam zu entfernen.
Vliestapete (die Moderne):
- Preis: Etwas teurer, rechne mit 20-50 € pro Rolle, nach oben offen.
- Verarbeitung: Absolut anfängerfreundlich! Der Kleister kommt direkt an die Wand, und du legst die trockene Tapetenbahn ins Kleisterbett. Kein Tapeziertisch, kein Geklecker.
- Vorteil: Super einfach, verzeiht kleine Fehler, und du kannst sie später meist in ganzen Bahnen trocken wieder abziehen.
- Nachteil: Der höhere Preis. Aber glaub mir, die gesparten Nerven sind es wert!
Die Geheimsprache auf der Rolle verstehen
Jede Tapetenrolle hat ein Etikett mit europaweit einheitlichen Symbolen. Die verraten dir alles Wichtige. Die wichtigsten sind:
- Wellen (Wasserbeständigkeit): Zwei Wellen (waschbeständig) sind für Wohnräume super, drei Wellen (scheuerbeständig) für Küche oder Flur.
- Sonne (Lichtbeständigkeit): Eine doppelte Sonne bedeutet „sehr gut lichtbeständig“, wichtig für Wände mit viel Sonneneinstrahlung.
- Pfeile (Musteransatz/Rapport): Der Pfeil bei Null heißt „ansatzfrei“ – super einfach. Pfeile auf gleicher Höhe bedeuten „gerader Ansatz“. Sind die Pfeile versetzt, hast du einen „versetzten Ansatz“, was mehr Verschnitt bedeutet.
- Kleister-Symbol: Ein Pinsel an der Wand heißt „Wand einkleistern“ (typisch Vlies!). Ein Pinsel auf der Tapete heißt „Tapete einkleistern“ (typisch Papier).
Bedarf berechnen – und mein teuerster Fehler
Nichts ist ärgerlicher, als wenn am Ende eine halbe Bahn fehlt. Kauf IMMER eine Rolle mehr, als du berechnet hast. Eine Faustregel lautet: (Raumumfang in m × Raumhöhe in m) / 5 = Anzahl der benötigten Rollen. Bei Mustertapeten mit großem Versatz plane lieber noch eine Rolle extra ein.
Und hier kommt meine persönliche Beichte: Glaub nicht, dass mir nie was danebengeht. Ich hab mal bei einer sauteuren Mustertapete die Chargennummer nicht beachtet, eine Rolle nachkaufen müssen und hatte am Ende einen minimal anderen Farbton an der Wand. Sah furchtbar aus! Musste alles neu machen. Seitdem predige ich: Kauft immer eine Rolle extra und achtet darauf, dass alle Rollen dieselbe Chargen- bzw. Anfertigungsnummer haben!
Teil 3: Ab an die Wand – Jetzt wird’s ernst!
So, die Wand ist vorbereitet, das Material liegt bereit. Jetzt geht’s ans Eingemachte. Gutes Werkzeug ist hier die halbe Miete und erspart dir eine Menge Frust.
Das richtige Werkzeug
Du brauchst nicht viel, aber das Richtige: Einen Tapeziertisch (nur für Papiertapeten), eine Kleisterbürste (Quast) oder eine Farbrolle für den Kleister, ein scharfes Cutter-Messer mit Abbrechklingen, eine lange Wasserwaage oder ein Senklot, eine Tapezierbürste oder einen Andrückspachtel aus Kunststoff, einen kleinen Nahtroller aus Gummi, einen Eimer, einen Rührstab und einen Schwamm.
Kleister anrühren ohne Klumpen
Mein Tipp aus der Praxis: Füll den Eimer mit der angegebenen Menge kaltem Wasser. Erzeuge mit dem Rührstab einen kräftigen Strudel und lass das Pulver zügig hineinrieseln. Dann kurz weiterrühren, die angegebene Zeit quellen lassen und danach nochmals kräftig durchrühren. Fertig ist der perfekte, klumpenfreie Kleister.
Mein wichtigster Profi-Tipp: Der Eimer mit Wasser!
Bevor du auch nur eine Bahn an die Wand bringst, stell dir einen Eimer mit klarem Wasser und einen sauberen Schwamm griffbereit hin. JEDEN Kleisterfleck – egal ob auf der Tapete, der Decke oder der Fußleiste – SOFORT wegwischen. Wenn der Kleister erstmal trocknet, hinterlässt er oft glänzende Flecken, die du nie wieder wegbekommst. Das ist der Unterschied zwischen „selbst gemacht“ und „sieht aus wie vom Profi“.
Die alles entscheidende erste Bahn
Diese Bahn bestimmt den Verlauf des gesamten Raumes. Verlass dich NIEMALS auf eine Raumecke oder einen Fensterrahmen, die sind fast nie perfekt senkrecht. Miss von einer Ecke 52 cm (eine Tapetenbreite minus 1 cm) in den Raum, mach eine Markierung und zeichne mit der Wasserwaage eine perfekte senkrechte Linie an die Wand. Das ist deine Startlinie. An dieser Linie legst du die erste Bahn an.
Hindernisse meistern: Steckdosen, Ecken & Co.
Sicherheit zuerst: Schalte vor Arbeiten an Steckdosen die Sicherung aus und prüfe mit einem Spannungsprüfer nach! Schraub die Abdeckungen ab, tapezier einfach drüber und schneide die Tapete dann kreuzweise ein und sauber aus. Abdeckung wieder drauf, fertig.
Innenecken: Tapeziere nie eine ganze Bahn um die Ecke. Lass die Bahn 1-2 cm auf die Nebenwand überstehen. Die nächste Bahn klebst du dann sauber Stoß an Stoß in der Ecke an.
Außenecken: Hier machen Profis einen „Doppelschnitt“. Das klingt kompliziert, ist aber super einfach, wenn man weiß, wie:
- Lass beide Bahnen, die an der Ecke zusammentreffen, ca. 5 cm überlappen.
- Drück eine Metallschiene (oder einen langen Spachtel) fest auf die Mitte der Überlappung.
- Nimm eine FRISCHE, SCHARFE Klinge und schneide in EINEM sauberen Zug durch beide Tapetenschichten.
- Zieh die beiden abgeschnittenen Streifen (den oberen und den unteren) heraus. Jetzt passen die Kanten perfekt aneinander. Kurz mit dem Nahtroller drüber – fertig ist die perfekte Ecke!
Teil 4: Hilfe, Pannen! Was tun, wenn…?
Auch bei bester Vorbereitung kann mal was schiefgehen. Keine Panik, für fast alles gibt es eine Lösung.
- Problem: Blasen unter der Tapete. Oft sind das nur Lufteinschlüsse. Kleine Blasen verschwinden meist von selbst beim Trocknen. Warte 24 Stunden. Sind sie noch da? Stich sie mit einer feinen Nadel auf oder spritze mit einer dünnen Kanüle (aus der Apotheke) etwas Kleister hinein und drück die Stelle vorsichtig an.
- Problem: Nähte öffnen sich. Passiert oft bei Zugluft. Halte Fenster und Türen beim Tapezieren und Trocknen geschlossen! Wenn eine Naht aufgeht, kannst du mit einem kleinen Pinsel etwas Nahtkleber (gibt’s in der Tube) drunter geben und mit dem Nahtroller andrücken.
- Problem: Das Muster passt nicht. Das ist der Super-GAU. Meist liegt es daran, dass die erste Bahn nicht im Lot war. Ehrlich gesagt, hier hilft oft nur: Bahn ab und neu machen. Deshalb ist die eine Rolle extra so verdammt wichtig.
Ein letztes Wort vom Profi
Tapezieren ist ein ehrliches Handwerk. Es belohnt Geduld und Sorgfalt mit einem Ergebnis, das du jeden Tag siehst und genießen kannst. Nimm dir die Zeit für die Vorbereitung, sei ehrlich zu dir selbst, was deine Fähigkeiten angeht, und hab keine Angst, bei wirklich kniffligen Dingen wie Treppenhäusern oder extrem teuren Tapeten (z.B. Seide oder Gras) doch einen Fachmann zu rufen.
Aber für ein normales Zimmer gilt: Trau dich! Wenn du fertig bist, tritt einen Schritt zurück und sei stolz auf deine Arbeit. Eine saubere Wand, geschaffen mit den eigenen Händen – das ist ein verdammt gutes Gefühl.
Bildergalerie
„Eine Tapete ist mehr als nur ein Muster; sie ist die Haut eines Raumes.“
Diese Erkenntnis ist der Schlüssel zu einer gelungenen Gestaltung. Bevor Sie sich für ein Design entscheiden, halten Sie ein Muster in dem betreffenden Raum ins Licht – morgens, mittags und abends. Beobachten Sie, wie die Farben und Texturen mit dem natürlichen und künstlichen Licht interagieren. Eine Tapete, die im Baumarkt perfekt aussah, kann an Ihrer Wand plötzlich ganz anders wirken.
Der Rapport: Das geheime Puzzle der Muster-Tapeten. Auf jeder Tapetenrolle finden Sie ein Symbol für den „Rapport“. Dieser Wert gibt an, nach wie vielen Zentimetern sich das Muster wiederholt. Ein großer Rapport (z.B. 64 cm) bedeutet mehr Verschnitt, da Sie die Bahnen passgenau zuschneiden müssen. Planen Sie daher immer mindestens eine Rolle mehr ein, als Ihre reine Flächenberechnung ergibt.
Hilfe, meine erste Bahn hängt schief! Was nun?
Keine Panik, das ist der häufigste Anfängerfehler. Der erste Impuls ist, sich an einer Raumecke oder dem Fensterrahmen zu orientieren. Falsch! Kaum eine Wand ist perfekt gerade. Die goldene Regel: Loten Sie die erste Bahn immer mit einer Wasserwaage oder einem Senklot aus. Diese erste, absolut senkrechte Bahn ist Ihre Referenz für den gesamten Raum. An Ecken und Kanten wird am Ende kaschiert.
- Verhindert unschöne, dunkle Blitzer an den Nähten
- Sorgt für eine einheitliche Saugfähigkeit des Untergrunds
- Verbessert die Haftung des Kleisters enorm
Das Geheimnis? Ein pigmentierter Tapetengrund. Gerade bei dunklen oder sehr hochwertigen Vliestapeten lohnt sich der Mehraufwand, die Wand in einem ähnlichen Farbton vorzustreichen. Marken wie Brillux oder Sto bieten spezielle Grundierungen an, die das Endergebnis auf ein neues Level heben.
Vliestapete: Der moderne Alleskönner. Die Wand wird eingekleistert, die trockene Tapetenbahn eingelegt. Fehler lassen sich leicht korrigieren und später ist sie restlos trocken abziehbar.
Papiertapete: Der Klassiker. Hier wird die Tapete eingekleistert und muss eine bestimmte Zeit „weiche“. Das erfordert mehr Gefühl und Präzision, belohnt aber oft mit besonders authentischen, matten Oberflächen.
Für Einsteiger ist die Vliestapete aufgrund ihrer unkomplizierten Verarbeitung die deutlich sicherere Wahl.
Laut einer Studie der Universität Surrey kann allein der Anblick von floralen Mustern oder Naturszenen den Cortisolspiegel (Stresshormon) im Körper senken.
Das bedeutet, dass Ihre Tapetenwahl eine messbare Auswirkung auf Ihr Wohlbefinden haben kann. In Schlaf- oder Wohnzimmern können Designs mit botanischen Elementen, wie die von Farrow & Ball oder Cole & Son, eine Oase der Ruhe schaffen und aktiv zur Entspannung beitragen.
Der Teufel steckt im Detail – und oft in den Ecken. Für eine perfekte Innenecke schneiden Sie die Tapetenbahn so zu, dass sie ca. 1-2 cm um die Ecke auf die angrenzende Wand ragt. Die neue Bahn kleben Sie dann leicht überlappend direkt in die Ecke. Bei Außenecken gilt dasselbe Prinzip, aber achten Sie darauf, die Kante mit einem Kantenroller oder einem weichen Tuch besonders fest anzudrücken, um sie vor Stößen zu schützen.
- Cutter mit Abbrechklingen: Ein Muss. Verwenden Sie für jeden Schnitt eine neue, scharfe Klinge. Ein Favorit unter Profis ist der Tajima DC560 Cutter.
- Andrückspachtel aus Kunststoff: Besser als eine Bürste, um Luftblasen von der Mitte nach außen zu schieben, ohne die Tapete zu beschädigen.
- Nahtroller: Ein kleines, aber mächtiges Werkzeug. Er presst die Nähte sanft aneinander und macht sie fast unsichtbar. Bei Prägetapeten einen weichen Schaumstoffroller verwenden!
Der Kleister-Check: Nicht jeder Kleister passt zu jeder Tapete. Ein schwerer Vinyl- oder Textilbelag benötigt eine viel stärkere Klebkraft als eine leichte Papiertapete. Achten Sie genau auf die Herstellerangaben auf der Tapetenrolle und dem Kleisterpaket. Oft empfiehlt der Tapetenhersteller ein spezifisches Produkt, z.B. Metylan Spezial für schwere Tapeten. Falscher Kleister ist eine der Hauptursachen für sich lösende Nähte.
Was mache ich mit den Tapetenresten?
Viel zu schade für die Tonne! Übrig gebliebene Stücke sind perfekt, um Schubladen auszukleiden, die Rückwand eines Bücherregals zu verschönern oder Bilderrahmen ein einzigartiges Passepartout zu geben. Besonders edel: Bekleben Sie schlichte Lampenschirme oder sogar eine Tischplatte (anschließend mit Klarlack versiegeln) und schaffen Sie so Design-Unikate, die perfekt zum Raum passen.
Wussten Sie schon? Die ersten europäischen Tapeten im 16. Jahrhundert imitierten teure Wandteppiche und wurden „Dominoteriepapiere“ genannt. Sie waren kleinformatig und wurden von Hand bedruckt und koloriert.
Lichtschalter und Steckdosen sind kein Hindernis, sondern eine Routineaufgabe. Wichtig: Schalten Sie vorher unbedingt die Sicherung aus! Tapezieren Sie einfach über die Öffnung hinweg. Drücken Sie die Tapete sanft an, sodass sich die Umrisse der Dose abzeichnen. Schneiden Sie dann mit dem Cutter von der Mitte aus ein „X“ und klappen Sie die vier Dreiecke nach außen. Anschließend schneiden Sie die Tapete sauber entlang der Kante der Unterputzdose ab. Nach dem Trocknen wird die Abdeckung wieder montiert – perfekt!
Eine einzelne Akzentwand ist ein starkes Statement, aber haben Sie schon mal an die „fünfte Wand“ gedacht? Eine gemusterte Tapete an der Decke kann einen Raum dramatisch verändern. In hohen Altbauten kann ein dunkles Muster die Decke optisch absenken und für Gemütlichkeit sorgen. In kleinen Räumen kann ein Himmel-Motiv oder ein helles, feines Muster den Raum nach oben öffnen und ihm eine unerwartete Tiefe verleihen.
Ein kleiner Trick für perfekte Nähte: Nachdem Sie zwei Bahnen Stoß an Stoß geklebt und angedrückt haben, kann es vorkommen, dass minimal Kleister austritt. Warten Sie nicht, bis er trocknet! Nehmen Sie sofort einen sauberen, leicht feuchten Schwamm (kein nasses Tuch!) und tupfen Sie den überschüssigen Kleister vorsichtig ab. Nicht reiben, das könnte die Farbe oder die Struktur beschädigen.
- Blasenbildung während des Trocknens: Meist kein Grund zur Sorge. Kleine Blasen verschwinden oft von selbst, wenn die Tapete vollständig durchgetrocknet ist. Das kann bis zu 48 Stunden dauern.
- Hartnäckige Blasen: Wenn eine Blase bleibt, stechen Sie sie seitlich mit einer feinen Nadel oder einem Cutter an. Drücken Sie dann mit einer kleinen Spritze etwas Kleister hinein und rollen Sie die Stelle mit dem Nahtroller fest.
Muss ich wirklich grundieren?
Ein klares Ja vom Profi. Besonders auf Gipskartonplatten oder frisch gespachtelten Flächen ist eine Grundierung (Tiefengrund) unerlässlich. Sie verfestigt den Untergrund und reguliert die Saugfähigkeit. Ohne Grundierung „saugt“ die Wand dem Kleister das Wasser weg, er trocknet zu schnell und die Tapete haftet nicht richtig. Zudem erleichtert eine Grundierung das spätere Entfernen der Tapete ungemein.
Der deutsche Tapetenmarkt verbraucht jährlich rund 60 Millionen Rollen Tapete. Das entspricht einer Bahn, die mehr als 75-mal um den Äquator reichen würde.
Diese enorme Menge zeigt die ungebrochene Beliebtheit der Wandbekleidung. Gleichzeitig wächst das Bewusstsein für Nachhaltigkeit. Achten Sie auf Gütesiegel wie den „Blauen Engel“ oder das „RAL-Gütezeichen“, die für emissionsarme und umweltfreundlich hergestellte Tapeten stehen.
Glattvlies – die Maler-Geheimwaffe. Sie mögen keine Muster, aber Ihre Wand ist uneben und hat kleine Risse? Anstatt aufwendig zu spachteln und zu schleifen, können Sie ein ungemustertes Glattvlies (auch Renoviervlies genannt) tapezieren. Es überbrückt kleine Unebenheiten perfekt und schafft eine ideale, strapazierfähige Oberfläche, die Sie anschließend in Ihrer Wunschfarbe streichen können. Das Ergebnis ist weitaus glatter und edler als ein direkter Anstrich auf Putz.
Textile Tapeten aus Leinen, Seide oder Filz sind der Inbegriff von Luxus und Wohnlichkeit. Sie verbessern nicht nur die Raumakustik, indem sie Schall schlucken, sondern verleihen Wänden auch eine unvergleichliche haptische Tiefe. Aufgrund ihrer Empfindlichkeit gegenüber Feuchtigkeit und Kleisterflecken ist ihre Anbringung jedoch eine Aufgabe für geübte Hände oder den Profi. Marken wie Élitis oder Rasch Textil sind hier führend.
Der richtige Startpunkt ist entscheidend. Beginnen Sie nicht in einer unauffälligen Ecke! Die erste Bahn sollte an der dominantesten Lichtquelle, also meist am größten Fenster, angesetzt werden. Von dort arbeiten Sie sich vom Licht weg in den Raum hinein. So fallen eventuelle leichte Schatten an den Nähten am wenigsten auf und das Gesamtbild wirkt harmonischer.
- Das Muster wirkt an der Wand plötzlich unruhig und kleiner.
- Die Farbe „schluckt“ zu viel Licht und der Raum wirkt düster.
- Die Qualität des Papiers ist so dünn, dass jeder Makel der Wand durchscheint.
Der Fehler? Am Musterstück gespart. Bestellen Sie immer ein oder zwei Probestücke in Originalgröße (oft ca. A3 oder größer). Pinnen Sie diese für ein paar Tage an die Wand und leben Sie damit. So vermeiden Sie eine teure und ärgerliche Fehlentscheidung.
Makulatur unterlegen: Eine alte Technik für edle Wände. Besonders bei hochwertigen Papiertapeten oder wenn der Untergrund nicht 100% perfekt ist, lohnt sich das Vorkleben mit Makulaturpapier. Diese dünne Papierschicht gleicht die Saugfähigkeit der Wand final aus, kaschiert kleinste Unebenheiten und sorgt dafür, dass die Nähte der edlen Tapete sich beim Trocknen nicht zusammenziehen und Fugen bilden. Ein Schritt extra, der für ein makelloses Finish sorgt.
Kann ich eine gestrichene Raufasertapete übertapezieren?
Davon ist dringend abzuraten. Die Struktur der Raufaser wird sich unschön durch die neue Tapete drücken. Zudem wissen Sie nie, wie gut die alte Tapete noch an der Wand haftet. Die neue, feuchte Tapete bringt Spannung auf den Untergrund, was dazu führen kann, dass sich beides zusammen von der Wand löst. Der ehrliche, aber einzig richtige Weg: Die alte Raufaser muss runter.
„Have nothing in your house that you do not know to be useful, or believe to be beautiful.“ – William Morris
Dieser Leitsatz des berühmten britischen Designers und Tapetenpioniers aus dem 19. Jahrhundert ist heute relevanter denn je. Eine Tapete ist eine Investition in Ihre tägliche Lebensqualität. Wählen Sie ein Design, das Ihnen wirklich Freude bereitet, anstatt nur einem kurzlebigen Trend zu folgen. Die Motive von William Morris & Co. sind dafür das beste Beispiel – sie sind auch nach 150 Jahren noch zeitlos schön.
Temperatur und Zugluft sind entscheidend. Tapezieren Sie niemals bei geöffnetem Fenster oder voll aufgedrehter Heizung! Die ideale Raumtemperatur liegt bei 18-20°C. Wenn die Tapete zu schnell trocknet (durch Zugluft oder Hitze), zieht sie sich an den Nähten zusammen und es entstehen unschöne Fugen. Lässt man ihr Zeit, kann der Kleister in Ruhe abbinden und das Ergebnis wird perfekt und dauerhaft haltbar.
