Englischer Wohnstil für dein Zuhause: So geht’s gemütlich, hochwertig & ohne Kitsch

von Mareike Brenner
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Ganz ehrlich? Wenn ich „englischer Wohnstil“ höre, zucke ich manchmal innerlich zusammen. Viele bei uns in Deutschland denken sofort an überladenen Kitsch und altmodische Blümchenmuster. Aber das ist nur die staubige Oberfläche. In Wahrheit steckt dahinter so viel mehr: echte Handwerksqualität, Langlebigkeit und eine Gemütlichkeit, die man fast greifen kann.

Ich hab in Häusern gearbeitet, da hat jede Diele eine Geschichte erzählt. Und ich hab gesehen, wie schnell der Versuch scheitert, diesen Stil aus dem Katalog nachzubauen. Es geht nicht um schnelle Trends, sondern um Substanz und Geduld. Deshalb will ich hier mal Klartext reden und dir zeigen, worauf es wirklich ankommt – mit Tipps direkt aus der Praxis, die du in keinem Hochglanzmagazin findest.

Das Fundament: Mehr als nur vier Wände

Alles fängt mit dem Raum selbst an. Die typisch deutsche Raufasertapete ist hier, sagen wir mal, der natürliche Feind. Der englische Stil braucht eine ruhige, glatte Basis, um seine Wirkung zu entfalten. Die Qualität spürst du hier sofort.

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Wandgestaltung: Die Seele des Raumes

Einfach eine dunkle Farbe an die Wand klatschen und auf Gemütlichkeit hoffen? Funktioniert selten. Das Geheimnis liegt in der Textur und der Gliederung.

Farben mit Charakter: Vergiss Standard-Latexfarbe. Der Look lebt von Kreidefarben. Bekannte britische Manufakturen sind nicht umsonst so beliebt – ihre matten Oberflächen schlucken das Licht sanft, anstatt es hart zu reflektieren. Das schafft diese unglaublich weiche, tiefe Atmosphäre. Denk an Töne, die von der Natur inspiriert sind, wie ein tiefes „Hague Blue“, ein sanftes Grau wie „Elephant’s Breath“ oder ein klassisches „Down Pipe“. Diese Farben verändern sich über den Tag mit dem Lichteinfall. Ein kleiner Tipp: Rechne für eine Dose guter Kreidefarbe (2,5 Liter) mit etwa 60 bis 90 Euro. Klingt viel, aber die Deckkraft und die samtige Tiefe sind mit Baumarktfarbe oft nicht zu vergleichen.

Struktur an die Wand: Eine hohe Wand wirkt oft erst durch eine Gliederung richtig edel. Eine Sockel- oder Paneelleiste (im Englischen „dado rail“) auf etwa 90-100 cm Höhe kann Wunder wirken. Sie schützte früher die Wand vor Stuhllehnen, heute gibt sie dem Raum eine klassische Ordnung. Darunter passt eine Vertäfelung oder eine robustere Tapete perfekt. Oben, kurz unter der Decke, macht sich eine Bilderleiste („picture rail“) super. Daran kannst du Bilder an Haken aufhängen, ohne ständig neue Löcher in die Wand bohren zu müssen.

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Wenn Tapete, dann richtig: Billige Papiertapeten wirken schnell flach und leblos. Wenn du dich für eine Mustertapete entscheidest, investiere in Qualität. Traditionelle Manufakturen verwenden oft alte Druckverfahren, die den Mustern eine unglaubliche Tiefe verleihen. Ob große florale Motive, Streifen oder komplexe Ornamente – die Qualität des Drucks ist entscheidend. Qualität hat ihren Preis: Rechne bei solchen Tapeten schnell mal mit 150 € oder mehr pro Rolle. Bestell dir UNBEDINGT ein großes Musterstück, um die Wirkung im Raum beurteilen zu können!

Der Boden: Eine Grundlage, die lebt

Der Boden muss Wärme und Solidität ausstrahlen. Breite, massive Holzdielen, am liebsten aus Eiche, sind der absolute Klassiker. Sie sind robust und bekommen mit den Jahren eine wunderschöne Patina. Ein leicht knarrender Boden ist hier kein Mangel, sondern ein Zeichen von Authentizität. Alternativ sind Fischgrätparkett oder hochwertige Teppichböden aus Schurwolle eine tolle Wahl. Große, schwere Orient- oder Perserteppiche auf Holzdielen sind perfekt, um Bereiche im Raum zu definieren, zum Beispiel die Sitzgruppe vor dem Kamin.

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Das Herz des Hauses: Der Kamin

Ein englisches Wohnzimmer ohne Kamin? Fast undenkbar. Er ist der soziale und optische Mittelpunkt. Aber nicht jeder hat einen Schornstein. Was also tun?

Kamin-Optionen im ehrlichen Check

Hier gibt es verschiedene Wege zum Ziel, mit ganz unterschiedlichen Kosten und Aufwänden:

  • Der echte Holzkamin: Das ist natürlich die Königsklasse der Gemütlichkeit. Aber sei gewarnt: Das ist ein Großprojekt. Du brauchst einen funktionierenden Schornstein, die Abnahme durch den Schornsteinfegermeister ist Pflicht und die Kosten für Installation und Kaminofen gehen schnell in die Tausende. Hier darf nur ein Profi ran, allein schon wegen der Brand- und Erstickungsgefahr durch Kohlenmonoxid!
  • Der Deko-Kaminsims: Meine absolute Empfehlung für die meisten Wohnungen! Du kaufst nur die Kaminumrandung und befestigst sie an der Wand. Tolle alte Stücke aus Holz oder Marmor findest du oft auf Kleinanzeigen oder in Antik-Läden, manchmal schon ab 200 Euro. Den leeren „Feuerraum“ kannst du dann genial dekorieren: mit großen Blockkerzen, schönen Holzscheiten oder sogar einer Sammlung alter Bücher. Der Effekt ist riesig, der Aufwand gering.
  • Der Bioethanol-Kamin: Er erzeugt eine echte Flamme ohne Schornstein. Klingt verlockend, oder? Aber Achtung! Diese Geräte verbrauchen Sauerstoff und stoßen Wasserdampf aus. Du musst also EXTREM gut und ständig lüften. Ehrlich gesagt, ich bin da skeptisch. Die Brandgefahr bei falscher Handhabung und die Auswirkungen auf die Raumluft sind nicht zu unterschätzen. Wenn schon, dann nur Geräte mit TÜV-Siegel und mit äußerster Vorsicht betreiben.
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Das Mobiliar: Für die Ewigkeit gebaut

Englische Möbel sind eine Investition. Sie sind oft schwer, aus massivem Holz und haben klassische Formen, die Trends überdauern.

Die Klassiker und worauf du achten musst

Ein Chesterfield-Sofa ist der Inbegriff des Stils. Ein echtes hat einen massiven Holzrahmen, der verzapft und verdübelt ist, nicht nur getackert. Die Polsterung sollte eine echte Federung haben. Sei misstrauisch bei Schnäppchen: Ein neues, gutes Chesterfield fängt selten unter 3.000 € an. Frag den Verkäufer direkt nach der Rahmenkonstruktion und der Federung! Ein ehrlicher Händler wird dir das genau erklären.

Ein häufiger Fehler, den ich sehe: Alle Möbel stehen brav an der Wand. Das lässt die Mitte leer und unpersönlich wirken. Rück das Sofa mal 20-30 cm von der Wand ab und gruppiere die Sessel um einen Couchtisch. Du wirst staunen, wie viel lebendiger und einladender der Raum sofort wirkt!

Textilien: Der Stoff, aus dem die Gemütlichkeit ist

Textilien sind das A und O. Hier geht es ums Schichten – verschiedene Materialien, Muster und Texturen.

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Gardinen, die mehr können als nur gut aussehen

Vergiss dünne, durchsichtige Stores. Echte englische Vorhänge sind schwer und opulent. Sie sind oft gefüttert, was nicht nur für einen satten Fall sorgt, sondern auch fantastisch gegen Kälte isoliert und den Schall dämpft. Klar, maßgefertigte, gefütterte Vorhänge sind eine Investition und können schnell mehrere hundert Euro pro Fenster kosten. Aber der Effekt auf die Raumakustik und Gemütlichkeit ist unbezahlbar.

Die Kunst, Muster zu mixen

Hier darfst du mutig sein! So klappt’s garantiert: Kombiniere drei Muster unterschiedlicher Größe, die durch eine gemeinsame Farbe verbunden sind. Stell dir vor: ein großes Blumenmuster für die Vorhänge, kombiniert mit einem breiten Streifen auf einem Sessel und einem kleinen Karomuster auf einem Kissen. Die farbliche Klammer könnte ein bestimmter Blauton sein, der in allen drei Mustern vorkommt. Das wirkt lebendig, aber trotzdem harmonisch.

Lust auf einen schnellen Erfolg? Dein Projekt für dieses Wochenende: Kauf vier neue Kissenbezüge für dein Sofa. Wähle verschiedene Muster und Materialien (z.B. Samt, Leinen, Wolle), aber achte darauf, dass sie eine gemeinsame Grundfarbe haben. Kosten: ca. 60-80 Euro. Effekt: riesig!

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Beleuchtung: Die Kunst der Lichtinseln

Eine einzelne, helle Deckenleuchte ist der Tod jeder Gemütlichkeit. Denk stattdessen in Lichtinseln. Du brauchst eine Mischung aus:

  1. Grundbeleuchtung: Ein zentraler Kronleuchter oder Wandleuchten, idealerweise dimmbar.
  2. Funktionslicht: Eine gute Leselampe (unbedingt warmweißes Licht, unter 3000 Kelvin!) neben dem Sessel.
  3. Akzentlicht: Viele kleine Tischlampen auf Beistelltischen und Kommoden. Sie schaffen Tiefe und eine warme, einladende Atmosphäre.

Achtung: Arbeiten an der Hauselektrik sind ein Job für den Fachmann. Sicherheit geht immer vor!

Der letzte Schliff: Dein Leben in den Regalen

Ein englischer Raum ist eine liebevoll kuratierte Sammlung, kein steriler Showroom. Bücherregale vom Boden bis zur Decke sind ein Muss. Kleiner Profi-Tipp: Bücher sind unglaublich schwer. Plane bei einem vollgepackten Regal mit einer Brettstärke von mindestens 2,5 cm, sonst biegen sich die Böden unschön durch.

Eine „Gallery Wall“ mit vielen verschiedenen Bildern in unterschiedlichen Rahmen ist ebenfalls typisch. Leg dein Arrangement erst auf dem Boden aus, bevor du den ersten Nagel in die Wand schlägst. Das erspart dir eine Menge Ärger und unnötige Löcher.

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Dein Plan: Wo investieren, wo sparen?

Niemand richtet so ein Zimmer über Nacht ein. Es muss wachsen. Hier ist mein ehrlicher Rat:

  • Investiere hier: In die Dinge, die du täglich nutzt und die was aushalten müssen. Ein gutes Sofa, hochwertige Vorhänge und ein massiver Esstisch. Hier zahlt sich Qualität über Jahre aus.
  • Spar hier: Bei den Accessoires! Ein Besuch auf dem Flohmarkt oder in einem Second-Hand-Laden kann wahre Schätze zutage fördern. Ein alter Spiegel mit blinden Flecken hat oft mehr Charakter als jedes neue Massenprodukt. Beistelltische lassen sich für 20 Euro finden und mit etwas Farbe aufarbeiten.

Dein Starter-Kit für sofortiges englisches Flair:

  1. Eine gute, stilvolle Leselampe mit warmweißem Licht.
  2. Ein schweres Woll-Plaid, lässig über die Sofalehne geworfen.
  3. Drei Stapel deiner Lieblingsbücher, die du als Deko auf einem Beistelltisch arrangierst.

Dieser Stil ist mehr als nur eine Einrichtung – er ist eine Haltung. Eine Entscheidung für das Beständige in einer schnelllebigen Zeit. Wenn du diesen Weg gehst, schaffst du dir ein Zuhause, das sich nicht nur gut anfühlt, sondern mit dir und deinen Geschichten wächst.

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Wussten Sie schon? Das charakteristische, tiefe Knopfheftung des Chesterfield-Sofas, die Kapitonierung, sollte ursprünglich verhindern, dass die Rosshaarfüllung verrutscht.

Heute ist es ein Symbol für Beständigkeit. Ein echtes Chesterfield ist kein Möbelstück, das man nach wenigen Jahren ersetzt. Es ist ein Erbstück, dessen Leder mit der Zeit nur schöner wird und Geschichten von gemütlichen Abenden am Kamin erzählt. Es ist der unerschütterliche Anker in jedem englisch inspirierten Wohnzimmer.

Die wahre Kunst des englischen Stils zeigt sich im souveränen Mix von Mustern. Es ist der schmale Grat zwischen genialem Layering und chaotischem Durcheinander. Der Trick liegt in ein paar einfachen Regeln, die Profis anwenden:

  • Skalierung ist alles: Kombinieren Sie ein großflächiges Muster, etwa einen klassischen William-Morris-Druck für die Vorhänge, mit einem kleinteiligen geometrischen Design oder feinen Streifen auf den Kissen.
  • Farbklammer setzen: Halten Sie sich an eine Palette von drei bis vier Hauptfarben, die sich in allen Mustern wiederfinden. Ein tiefes Blau, Salbeigrün und ein warmes Creme können die Basis bilden.
  • Texturen einbeziehen: Ein grober Tweed-Bezug auf dem Sessel neben einem glatten Baumwoll-Chintz auf dem Sofa sorgt für die nötige Tiefe und Haptik.
Mareike Brenner

Mareike ist 1991 in Bonn geboren und hat ihr Diplom in der Fachrichtung Journalistik an der TU Dortmund erworben. Sie hat einen Hintergrund im Bereich Design, da sie an der HAW Hamburg Illustration studiert hat. Mareike hat aber einen Sprung in die Welt des Journalismus gemacht, weil sie schon immer eine Leidenschaft für kreatives Schreiben hatte. Derzeit ist sie in der Redaktion von Freshideen tätig und schreibt gern Berichte über Schönheitstrends, Mode und Unterhaltung. Sie kennt übrigens alle Diäten und das Thema „Gesund abnehmen“ wird von ihr oft bevorzugt. In ihrer Freizeit kann man sie beim Kaffeetrinken mit Freunden antreffen oder sie bleibt zu Hause und zeichnet. Neulich hat sie eine neue Leidenschaft entdeckt, und das ist Online-Shopping.