Vom Dachboden an die Wand: So holst du dir ein echtes Stück Geschichte nach Hause – ohne teure Fehler
Ich steh seit über 30 Jahren in der Werkstatt. Metall, Holz, alte Baustoffe – ich hab so ziemlich alles in den Händen gehabt. Aber ganz ehrlich? Nichts hat mich je so gepackt wie alte Werbeschilder. Das ist kein schnöder Deko-Kram. Das sind Zeitzeugen.
Inhaltsverzeichnis
- 0.1 Teil 1: Die Jagd – Wo du Originale findest und Fakes erkennst
- 0.2 Teil 2: Der Check vor dem Kauf – Augen auf, Geldbeutel zu!
- 0.3 Teil 3: Die Restauration – Bewahren, nicht zerstören
- 0.4 Teil 4: Die Montage – Damit das gute Stück auch hängen bleibt
- 0.5 Teil 5: Die Integration – Wie das alte Stück im neuen Zuhause wirkt
- 0.6 Ein letztes Wort vom Meister
- 1 Bildergalerie
Stell dir das mal vor: Jedes dieser Emailleschilder oder jede Leuchtreklame hing jahrzehntelang an irgendeiner Fassade, hat Stürme und Sonnenstrahlen überlebt und das Bild unserer Städte geprägt. So ein Stück in die eigene Wohnung zu holen, ist etwas Besonderes. Es geht darum, ein Stück Geschichte zu bewahren und ihm einen neuen Ehrenplatz zu geben. Aber Vorsicht! Der Weg von der Idee bis zum fertigen Hingucker an der Wand ist voller Fallstricke.
Man sieht immer nur die coolen Fotos in Wohnmagazinen, aber ein falscher Handgriff beim Kauf, bei der Reinigung oder bei der Montage kann so ein wertvolles Original für immer ruinieren. Oder schlimmer noch, zu einem echten Sicherheitsrisiko werden. Ich hab genug Murks gesehen, um ein Buch darüber zu schreiben. Deshalb gibt’s hier von mir einen ehrlichen Leitfaden aus der Praxis. Damit am Ende alles nicht nur super aussieht, sondern auch sicher und authentisch ist.

Teil 1: Die Jagd – Wo du Originale findest und Fakes erkennst
Okay, los geht’s mit der Suche. Und hier trennt sich schon die Spreu vom Weizen. Der Markt ist überschwemmt mit billigen Nachdrucken aus Fernost. Die sehen auf den ersten Blick vielleicht ganz nett aus, aber ihnen fehlt die Seele. Ein echtes Schild hat Charakter, eine Patina, die über Jahrzehnte gewachsen ist.
Was suchst du eigentlich? Ein kleiner Material-Check
Bevor du losziehst, solltest du wissen, was die Unterschiede sind. Jedes Material hat seine Tücken und seinen Preis.
- Emailleschilder: Das sind die Könige der Werbeschilder. Hier wird bei irrsinnigen Temperaturen Emaille-Pulver auf Stahlblech gebrannt, Schicht für Schicht, Farbe für Farbe. Das Ergebnis ist eine glasartige, extrem robuste Oberfläche, deren Farben quasi nie verblassen. Preislich geht’s hier für gängige Motive bekannter Marken (z.B. für Waschmittel oder Suppenwürze) bei Händlern so bei 150 € bis 400 € los, je nach Zustand. Seltene Motive oder Top-Zustand? Da können es auch mal vierstellige Beträge werden.
- Blechschilder: Die sind meistens bedruckt und deutlich anfälliger für Rost und Kratzer. Aber genau das macht oft ihren Charme aus! Ein altes Schild für Kakaopulver mit ein paar Macken erzählt einfach eine Geschichte. Auf dem Flohmarkt kannst du hier schon mit 20 € bis 80 € fündig werden.
- Leuchtreklame: Hier wird’s technisch und teuer. Entweder hast du die klassischen Glasröhren, die mit Gas gefüllt sind, oder große Buchstabenkästen, die von innen beleuchtet werden. Die sind oft riesig, schwer und die Elektrik ist ein eigenes, heikles Kapitel. Unter ein paar hundert Euro für das reine Objekt geht da selten was.
- Holzschilder: Oft handgemalte Unikate von alten Gasthöfen oder kleinen Läden. Das verwitterte Holz und die rissige Farbe sind hier das, was zählt.

Wo die echten Schätze lauern
Gute Stücke findest du nicht an jeder Ecke. Geduld ist dein bester Freund.
Spezialisierte Händler sind eine sichere Bank. Da bekommst du geprüfte, oft schon restaurierte Ware. Das kostet mehr, aber du kaufst auch Sicherheit. Auf Floh- und Antikmärkten kannst du dagegen noch echte Schnäppchen machen, musst aber ganz genau hinschauen. Online-Plattformen sind ebenfalls eine gute Quelle, aber hier ist Vorsicht geboten. Lass dir immer hochauflösende Fotos von vorne UND hinten schicken. Manchmal hat man auch bei Haushaltsauflösungen oder bei Abrissfirmen Glück. Einfach mal nett fragen, oft wissen die Leute gar nicht, was für ein Schätzchen da an der Wand hängt.
Teil 2: Der Check vor dem Kauf – Augen auf, Geldbeutel zu!
Ich kann es nicht oft genug wiederholen: Kauf niemals blind! Ich hatte mal einen Kunden, der kam stolz mit einem riesigen Emailleschild einer Brauerei an. Super günstig vom Bauernhof. Die Vorderseite war top. Die Rückseite? Eine einzige rostige Katastrophe. Das Ding hing Jahrzehnte an einer feuchten Stallwand und war an manchen Stellen dünn wie Papier. Strukturell instabil und nicht mehr zu retten.

Deine Checkliste, damit dir das nicht passiert
Bei Emailleschildern:
- Abplatzer: Kleine Macken an den Rändern oder Schraublöchern sind normal, das ist Patina. Große Abplatzer mitten im Motiv ziehen den Wert aber ordentlich runter.
- Rost: Schau dir die Ränder der Abplatzer genau an. Kriecht der Rost schon unter die Emailleschicht? Das ist ein schlechtes Zeichen. Klopf auch mal ganz vorsichtig drauf. Klingt es hohl oder dumpf, löst sich die Emaille vielleicht schon vom Blech.
- Der Fühl-Test: Ein super Trick, um Originale von Fakes zu unterscheiden. Mach die Augen zu und fahre mit dem Finger über ein normales Trinkglas und dann über ein lackiertes Stück Blech. Spürst du den Unterschied? Ein echtes Emailleschild fühlt sich kühl, glatt und fast wie Glas an. Reproduktionen sind oft nur lackiert und fühlen sich „wärmer“ und „weicher“ an.
- Fälschungen erkennen: Achte auf zu perfekte, künstlich aussehende Rostflecken. Fühlen sich die Kanten unnatürlich scharfkantig an? Echte alte Schilder sind durch den Herstellungsprozess und die Nutzung oft etwas „runder“ und weicher an den Kanten.
Bei Leuchtreklame:

- Glasröhren: Sind alle Röhren ganz? Ein Haarriss ist schnell übersehen, aber eine Reparatur ist extrem teuer und braucht einen echten Profi.
- Verkabelung & Trafo: Geh IMMER davon aus, dass die gesamte Elektrik Schrott und lebensgefährlich ist. Alte Stoffkabel, brüchige Isolierungen… Fass das bloß nicht an! Ein neuer, sicherer Trafo und eine neue Verkabelung sind keine Option, sondern ein absolutes Muss.
Teil 3: Die Restauration – Bewahren, nicht zerstören
Restaurieren heißt nicht, das Schild wieder wie neu aussehen zu lassen. Das wäre ein Verbrechen an der Geschichte des Stücks! Es geht darum, den Verfall zu stoppen und die Schönheit der Spuren der Zeit zu erhalten.
Die sanfte Reinigung: Weniger ist hier absolut mehr
Einem Lehrling hätte ich mal fast den Kopf abgerissen, als er ein wunderschönes Emailleschild mit Badreiniger und Kratzschwamm „sauber“ machen wollte. Damit hätte er die Oberfläche für immer zerkratzt.
Die richtige Methode ist pure Sanftheit: Ein weiches Tuch, lauwarmes Wasser und ein Tropfen pH-neutrales Spülmittel. Mehr nicht. Hartnäckigen Dreck lieber einweichen lassen, anstatt zu schrubben.

Pro-Tipp für rostige Blechschilder: Leichten Flugrost lasse ich meistens so, wie er ist. Wenn der Rost aber richtig frisst, muss man ihn stoppen. Dafür schwöre ich auf Kriechöl, zum Beispiel Owatrol. Das ist kein Hexenwerk:
1. Losen Dreck und Roststaub vorsichtig mit einer weichen Bürste entfernen.
2. Das Öl mit einem Pinsel dünn auftragen. Du siehst richtig, wie es in den Rost einzieht und die Feuchtigkeit verdrängt.
3. 24 Stunden trocknen lassen, dann den Überschuss mit einem Lappen abwischen. Fertig. Der coole Rost-Look bleibt, aber der Verfall ist gestoppt.
Die Elektrik: Ein Fall für den Profi – OHNE AUSNAHME!
Lies das hier bitte ganz genau. Das ist der wichtigste Abschnitt!
Fass niemals, wirklich NIEMALS, die alte Elektrik einer Leuchtreklame an. Die Dinger laufen mit Spannungen bis zu 15.000 Volt. Das ist absolut tödlich. Da gibt es keine Diskussion.
Der einzig richtige und sichere Weg ist, das Schild zu einem Elektromeister oder einem Fachbetrieb für Lichtwerbung zu bringen. Der wird die komplette alte Technik rausreißen und fachgerecht entsorgen. Dann baut er einen modernen, sicheren elektronischen Trafo und eine neue, hochspannungsfeste Verkabelung ein. Am Ende bekommst du ein geprüftes, sicheres Objekt, das du ohne Angst in deiner Wohnung betreiben kannst.

Ja, das kostet Geld. Rechne hier mal mit 250 € bis 600 €, je nach Größe und Aufwand. Aber das ist der Preis für deine Sicherheit und die deiner Familie. Wer hier spart, spielt mit dem Feuer. Buchstäblich.
Teil 4: Die Montage – Damit das gute Stück auch hängen bleibt
So ein großes Schild wiegt schnell mal 20, 30 oder sogar 50 Kilo. Wenn das von der Wand kommt, gute Nacht. Die richtige Befestigung ist also keine Nebensache.
Kenne deine Wand!
Du musst wissen, woraus deine Wand besteht. Das entscheidet über Leben und Tod des Schildes.
- Beton oder Vollziegel: Jackpot! Das ist der einfachste Fall. Nimm hochwertige Spreizdübel und ausreichend lange Schrauben. Fertig.
- Hohlblockziegel: Achtung, die haben Hohlräume. Normale Dübel drehen hier durch. Du brauchst spezielle Hohlraumdübel, die sich im Stein verknoten.
- Gipskarton (Rigips): Der Endgegner. Befestige niemals ein schweres Schild nur in der Platte! Du musst mit einem Leitungssucher die Unterkonstruktion aus Holz oder Metall finden und dort bohren. Deine Einkaufsliste für den Baumarkt: Ein digitaler Leitungssucher (kostet ca. 25 €), Metall-Hohlraumdübel (sog. Kippdübel), passende Schrauben und Filz-Unterlegscheiben. Das Set kostet dich vielleicht 20-30 €, aber die sind verdammt gut investiert.
Bevor du den Bohrer ansetzt: Scanne die Wand IMMER auf Strom- und Wasserleitungen. Ein angebohrtes Kabel ist kein Spaß. Und benutz eine Wasserwaage. Nichts ist schlimmer als ein schiefes Schild, das dich jeden Tag anschreit.

Teil 5: Die Integration – Wie das alte Stück im neuen Zuhause wirkt
Jetzt hängt es. Perfekt. Aber wie fügt es sich in den Raum ein? Ein Werbeschild ist ein Statement. Es kann den Raum rocken oder komplett erschlagen.
Du kannst entweder auf bewussten Kontrast setzen – ein rostiges Industrieschild in einem cleanen, weißen Wohnzimmer. Das hat was und erfordert Mut. Oder du gehst den Weg der Harmonie und greifst Farben oder Themen des Schildes im Raum wieder auf. Ein altes Schild für Schokolade passt zum Beispiel super in eine Küche im Landhausstil.
Kleiner Tipp für Fortgeschrittene: Setz das Schild mit einem Spot von der Decke gezielt in Szene. Das hebt die Farben und die Textur richtig hervor. Und bei Leuchtreklamen empfehle ich fast immer einen Dimmer. Die volle Power ist im Wohnzimmer oft zu grell. Gedimmtes Licht schafft eine mega gemütliche Atmosphäre. Und wenn du es richtig modern magst, häng eine smarte Steckdose dazwischen. Dann kannst du deine Reklame per App oder zur Feierabendzeit steuern!

Ein letztes Wort vom Meister
Ein altes Werbeschild ist mehr als Deko. Es ist ein Stück gelebte Geschichte. Behandle es mit dem Respekt, den es verdient. Wenn du die Tipps hier beherzigst, wirst du am Ende mit einem einzigartigen Schmuckstück belohnt, das dein Zuhause bereichert und für jede Menge Gesprächsstoff sorgt.
Aber denk dran: Das hier sind Ratschläge aus meiner Werkstatt-Praxis. Jedes Schild und jede Wand ist anders. Diese Anleitung ersetzt keine fachmännische Prüfung vor Ort. Besonders bei der Elektrik und bei der Statik für schwere Brocken ist der Rat eines Profis Gold wert. Geh bei deiner Sicherheit keine Kompromisse ein. Dann hast du auch in 20 Jahren noch Freude an deinem Stück Geschichte.
Bildergalerie


Soll ich den Rost entfernen und die Kratzer ausbessern?
Eine heikle Frage, die Sammler spaltet! Die goldene Regel lautet: Weniger ist mehr. Die Patina – also die Spuren von Alter, Wetter und Gebrauch – ist genau das, was den Charme und den Wert eines Originals ausmacht. Eine aggressive Reinigung mit Stahlwolle oder scharfen Reinigern zerstört diese Geschichte unwiederbringlich. Für eine sanfte Pflege genügt oft ein weiches, nebelfeuchtes Tuch mit etwas pH-neutraler Seife. Hartnäckiger Schmutz? Ein sogenannter „Schmutzradierer“ kann Wunder wirken. Finger weg von Lackstiften oder Rostumwandlern, es sei denn, Sie sind ein Profi-Restaurator!
Eine alte Leuchtreklame ist der unbestrittene Star in jedem Raum. Doch während ein Emailleschild nur einen Nagel braucht, ist bei Neon-Objekten höchste Vorsicht geboten. Die alte Technik birgt Risiken. Bevor Sie den Stecker einstecken, sollten Sie unbedingt diese Punkte prüfen:
- Der Transformator: Alte, schwere Eisenkerntrafos können überhitzen und sind oft nicht mehr normgerecht. Ein Austausch gegen einen modernen, elektronischen Streufeldtransformator (speziell für Neon) ist eine Investition in Ihre Sicherheit.
- Die Verkabelung: Ist die Isolierung porös oder brüchig? Liegen Kabel frei? Im Zweifel immer einen Elektriker oder einen spezialisierten Lichtwerbetechniker zu Rate ziehen.
- Die Glasröhren: Suchen Sie nach feinen Rissen, besonders an den Biegungen oder Elektroden. Eine beschädigte Röhre kann implodieren oder verliert ihr Gasgemisch.


