Türkischen Kaffee selber machen: Dein Guide für den perfekten Mokka – ganz ohne Stress
In meiner Werkstatt riecht es oft nach frisch gerösteten Bohnen. Aber ehrlich gesagt, ein Duft schlägt alles: feingemahlener Kaffee, der mit Zucker und Wasser in einer kleinen Kupferkanne langsam aufsteigt. Das ist der Geruch von echtem türkischem Kaffee, den wir Kenner auch Mokka nennen. Es ist einfach mehr als nur ein Getränk; es ist ein kleines Ritual, das den Tag entschleunigt.
Inhaltsverzeichnis
Ich habe im Laufe der Zeit unzählige Kaffees zubereitet, vom schnellen Espresso bis zum aufwendigen Pour-Over. Aber der Mokka hat eine besondere Magie. Viele machen am Anfang aber typische Fehler: Der Kaffee wird bitter, der Schaum fällt in sich zusammen oder ist erst gar nicht da. Das muss aber absolut nicht sein!
Vergiss komplizierte Anleitungen. Ich zeige dir hier Schritt für Schritt, wie es richtig geht – und vor allem, warum es so gemacht wird. Das ist kein Geheimwissen, sondern pures Handwerk. Und gutes Handwerk klappt am besten, wenn man den Prozess versteht.

Das kleine 1×1 des Mokkas: Was in der Kanne passiert
Um einen guten Mokka zu kochen, müssen wir kurz verstehen, was da eigentlich vor sich geht. Das ist keine Zauberei, sondern simple Physik. Im Grunde kochen wir den Kaffee direkt im Wasser auf, eine Methode, die man Dekoktion nennt. Das ist komplett anders als bei Filterkaffee, wo das Wasser nur durch das Pulver läuft.
Warum das Pulver staubfein sein muss
Das A und O ist der Mahlgrad. Türkischer Kaffee ist feiner als Puderzucker, wirklich „staubfein“. Wenn du das Pulver zwischen den Fingern reibst, spürst du kaum noch einzelne Körnchen. Warum das so entscheidend ist? Ganz einfach: Diese winzigen Partikel haben eine riesige Oberfläche. Dadurch geben sie ihre Aromen und Öle blitzschnell ans Wasser ab. Mit einer gröberen Mahlung würde der Kaffee bei der kurzen Kochzeit einfach nur wässrig und langweilig schmecken.
Diese feine Mahlung sorgt übrigens auch für das samtige, dichte Mundgefühl. Die Kaffeepartikel schweben quasi im Getränk und setzen sich erst ganz am Ende am Tassenboden als der berühmte Kaffeesatz ab.

Das Geheimnis des Schaums (Kaymak)
Der Schaum, auf Türkisch „Kaymak“, ist das absolute Qualitätsmerkmal. Ein Mokka ohne Schaum ist wie ein Sommer ohne Sonne! Er entsteht, weil im frisch gerösteten Kaffeepulver Kohlendioxid (CO2) eingeschlossen ist. Beim Erhitzen dehnt sich dieses Gas aus und will raus. Die feinen Kaffeepartikel und Öle bilden dann eine stabile Hülle um diese Gasbläschen – voilà, ein dichter, cremiger Schaum entsteht.
Achtung! Bringst du den Kaffee richtig zum Kochen (also auf 100 °C), platzen diese Bläschen, der Schaum kollabiert und die besten Aromen verabschieden sich in die Luft. Deshalb ist das Timing hier alles.
Die Form der Kanne (Cezve) zählt
Die traditionelle Kanne, die „Cezve“ (sprich: Dschess-we), hat eine ganz clevere Form: unten bauchig, nach oben hin schmaler. Dieser Konus hilft dabei, den aufsteigenden Schaum zu sammeln und nach oben zu drücken, sodass er eine schöne, dicke Schicht bildet. In einem normalen Topf würde der Schaum viel breiter und dünner werden.

Das Material ist auch nicht unwichtig. Kupfer ist der Klassiker, weil es die Wärme extrem gut und gleichmäßig leitet. Das verhindert, dass der Kaffee an einer Stelle anbrennt. Eine Kanne aus Edelstahl funktioniert aber auch super, ist pflegeleichter und verzeiht vielleicht den ein oder anderen Fehler bei der Hitzeregulierung. Für den Anfang ist das eine Top-Wahl.
So geht’s: Dein Weg zum perfekten Mokka
So, genug Theorie, jetzt wird’s praktisch. Mit dem richtigen Werkzeug und den passenden Zutaten ist das Ganze ein Kinderspiel.
Deine kleine Einkaufsliste
- Die Cezve: Wähl die richtige Größe! Eine Kanne für vier Personen ist für eine einzelne Tasse ungeeignet. Als Faustregel gilt: Die Cezve sollte nur zu etwa zwei Dritteln gefüllt sein. Eine gute Edelstahl-Cezve für ein bis zwei Tassen bekommst du schon für 10-15 Euro. Schöne Kupferkannen gibt’s online oder im türkischen Laden ab ca. 25 Euro.
- Der Kaffee: Traditionell nimmt man helle bis mittlere Arabica-Röstungen. Zu dunkle Röstungen werden schnell bitter. Die einfachste Lösung: Kauf fertig gemahlenen türkischen Kaffee. Im türkischen Supermarkt ist die Dose von Kurukahveci Mehmet Efendi der absolute Klassiker – damit machst du nichts falsch. Achte auf ein möglichst frisches Verpackungsdatum.
- Das Wasser: Immer kaltes, frisches Wasser verwenden. Kaltes Wasser verlängert die Brühzeit ein wenig, was den Aromen Zeit gibt, sich voll zu entfalten.
- Zucker (optional): Der Zucker kommt immer am Anfang direkt in die Kanne, nicht erst in die Tasse. So löst er sich perfekt auf.
- Die Tassen: Kleine Mokkatassen (ca. 60–90 ml) sind ideal. Kleiner Tipp: Wärm sie kurz mit heißem Wasser vor, damit dein Mokka nicht sofort kalt wird und der Schaum schön stabil bleibt.

Die Zubereitung Schritt für Schritt (für eine Tasse)
Schritt 1: Richtig abmessen
Nimm die Mokkatasse, aus der du trinken willst, und fülle sie mit Wasser. Dieses Wasser gießt du direkt in die Cezve. So hast du immer die perfekte Menge.
Schritt 2: Kaffee und Zucker rein
Gib einen gut gehäuften Teelöffel Kaffeepulver (das sind ca. 6-7 Gramm) hinzu. Wenn du es süß magst, kommt jetzt der Zucker dazu. Die traditionellen Stufen sind: „sade“ (ohne Zucker), „az şekerli“ (wenig, ca. ein halber TL), „orta şekerli“ (mittel, ein TL) und „şekerli“ (süß, zwei TL).
Kleiner Tipp: Wieg die Kaffeemenge am Anfang ein- oder zweimal mit einer Küchenwaage ab. Dann bekommst du schnell ein Gefühl für den perfekten Löffel voll.
Schritt 3: Das einzige Mal umrühren
Jetzt rührst du die Mischung im kalten Wasser langsam um, bis sich alles gut verteilt hat. Und das ist das letzte Mal, dass der Löffel zum Einsatz kommt! Jedes weitere Rühren würde die Schaumbildung sabotieren.

Schritt 4: Langsam erhitzen
Stell die Cezve auf die niedrigste Stufe deines Herds. Geduld ist hier wirklich der Schlüssel zum Erfolg. Bei zu viel Hitze verbrennt der Kaffee. Der ganze Prozess sollte entspannte 3-4 Minuten dauern. Auf einem Gasherd lässt sich die Hitze am besten regulieren, bei einem E-Herd musst du vielleicht etwas mehr aufpassen.
Schritt 5: Den magischen Moment abwarten
Jetzt schau genau hin. Zuerst bildet sich ein dunkler Kranz am Rand. Dann schließt sich die Oberfläche langsam zu einem cremigen, hellbraunen Schaum. Und jetzt… volle Konzentration! Der Kaffee fängt an, ganz sanft zu steigen. Er klettert quasi die Wände der Kanne hoch. In dem Moment, kurz BEVOR er den Rand erreicht und überkochen würde, nimmst du ihn vom Herd. Siehst du große Blasen aufsteigen, warst du einen Tick zu spät.
Schritt 6: Servieren wie ein Profi
Nimm die Cezve vom Herd und gieße den Kaffee langsam und mit ruhiger Hand in die vorgewärmte Tasse. Wenn du für zwei Personen kochst, hier der Meister-Trick für gerechten Schaum: Gieß erst einen kleinen Schluck in jede Tasse, um den Schaum zu verteilen. Dann füllst du die Tassen langsam auf. So bekommt jeder die Krone, die er verdient!

Schritt 7: Kurz Geduld haben
Lass den Mokka in der Tasse noch eine knappe Minute stehen. So kann sich der Kaffeesatz am Boden sammeln. Trink ihn dann langsam und in kleinen Schlucken.
Kleine Kniffe und häufige Fehler
Wenn du die Grundlagen draufhast, kannst du ein bisschen experimentieren. Aber was, wenn es einfach nicht klappen will?
Problem: Kein oder zu wenig Schaum.
Das passiert jedem mal. Die häufigsten Gründe sind: Der Kaffee war schon zu alt und hatte kein CO2 mehr, die Hitze war viel zu hoch, oder du hast nochmal umgerührt (ein Kardinalfehler!).
Problem: Der Kaffee schmeckt bitter.
Der Klassiker! Wahrscheinlich hast du ihn richtig blubbern und kochen lassen. Denk dran: Er darf nur aufsteigen, nicht sieden. Eine andere Ursache könnte eine zu dunkle Kaffeeröstung sein.
Problem: Der Kaffee schmeckt wässrig.
Hier warst du entweder zu sparsam mit dem Kaffeepulver oder der Mahlgrad war doch nicht fein genug. Ein gehäufter Teelöffel pro Tasse ist ein guter Startpunkt.

Ganz ehrlich, ich habe am Anfang auch einige bittere Tassen produziert. Das gehört zum Lernprozess dazu. Einfach beim nächsten Mal anpassen, das ist echtes Handwerk.
Noch ein paar Tipps für den Alltag
Was, wenn ich keine Cezve habe?
Für den allerersten Versuch kannst du einen sehr kleinen Topf oder eine Stielkasserolle nehmen. Das Ergebnis wird nicht dasselbe sein, weil der Schaum sich nicht so gut aufbauen kann, aber zum Ausprobieren reicht es. Wenn du aber merkst, dass Mokka dein Ding ist, ist die kleine Investition in eine echte Cezve Gold wert.
Ach ja, die Reinigung!
Eine Edelstahlkanne ist super easy: einfach ausspülen, fertig. Bei einer schönen Kupferkanne solltest du auf Spülmittel und kratzige Schwämme verzichten. Nur mit warmem Wasser ausspülen und mit einem weichen Tuch trocknen, das reicht. Wenn sie mit der Zeit außen etwas anläuft (was völlig normal und ein Zeichen von echtem Kupfer ist), kannst du sie mit einer Paste aus Zitronensaft und Salz wieder zum Glänzen bringen.

Zum Schluss: Es geht um den Genuss
Bei all der Technik sollten wir das Wichtigste nicht vergessen: Kaffee soll Freude machen. Die Zubereitung eines Mokkas ist ein Moment der Ruhe. Nimm dir diese paar Minuten. Servier ihn mit einem Glas Wasser und vielleicht einem Stückchen Lokum oder dunkler Schokolade. Das Wichtigste ist, dass er dir schmeckt.
Und jetzt bist du dran: Was ist dein Geheimtipp für den perfekten Mokka? Oder welcher lustige Anfängerfehler ist dir schon passiert? Erzähl mal in den Kommentaren!
Bildergalerie


Wussten Sie schon? Die türkische Kaffeekultur und -tradition wurde 2013 von der UNESCO als Immaterielles Kulturerbe der Menschheit anerkannt.
Diese Auszeichnung würdigt nicht nur das Getränk selbst, sondern das gesamte soziale Ritual, das damit verbunden ist: die besondere Zubereitung, die kunstvollen Tassen und vor allem die Gespräche, die über einer Tasse Mokka entstehen. Es ist ein Symbol für Gastfreundschaft, Freundschaft und den Austausch von Geschichten.

Kupfer oder Edelstahl? Die Wahl der richtigen Kanne (Cezve)
Kupfer: Der Klassiker. Kupfer leitet die Wärme extrem gut und gleichmäßig, was eine präzise Kontrolle über den Brühvorgang ermöglicht. Viele Kenner schwören darauf für den besten Schaum. Achten Sie auf eine lebensmittelechte Verzinnung auf der Innenseite. Marken wie Soy oder Cezve/Ibrik sind hier der Goldstandard.
Edelstahl: Die moderne, pflegeleichte Alternative. Sie ist robuster, spülmaschinenfest und reagiert nicht mit dem Kaffee. Für den Einstieg eine absolut solide und unkomplizierte Wahl.

Der Zauber des Mokkas liegt im Detail. Eines der wichtigsten ist die Bohne. Während viele Kaffeesorten funktionieren, entfaltet eine hochwertige, hell bis mittel geröstete Arabica-Bohne die größte Aromenvielfalt. Traditionell werden Bohnen aus dem Jemen oder Äthiopien bevorzugt. Wer es authentisch mag, greift zu einer fertigen Mischung von Traditionsröstern wie Kurukahveci Mehmet Efendi aus Istanbul – der Duft allein ist eine Reise wert.

Welches Wasser ist das beste für türkischen Kaffee?
Die Antwort ist einfacher als gedacht: weiches, gefiltertes Wasser. Hartes, kalkhaltiges Leitungswasser kann die feinen Aromen des Kaffees überdecken und zu einem flachen Geschmack führen. Indem Sie gefiltertes oder stilles Mineralwasser mit niedrigem Mineralgehalt verwenden, geben Sie dem Kaffee die perfekte Leinwand, um seine nussigen, schokoladigen oder fruchtigen Noten voll zu entfalten.

- Süßegrad für jeden Gast parat haben
- Gespräche im Voraus anregen
- Zeigen, dass Sie ein Kenner sind
Das Geheimnis? Die richtige Terminologie beim Anbieten. Fragen Sie Ihre Gäste vor dem Aufbrühen, wie sie ihren Mokka mögen: „Sade“ (ohne Zucker), „az şekerli“ (wenig Zucker, ca. 1/2 TL), „orta“ (mittel, ca. 1 TL) oder „şekerli“ (süß, ca. 2 TL). Der Zucker wird immer direkt mit dem Pulver ins kalte Wasser gegeben!

Ein entscheidender Fauxpas: Den Kaffee nach dem Servieren in der Tasse umrühren. Widerstehen Sie unbedingt der Versuchung! Das Umrühren wirbelt den feinen Kaffeesatz vom Boden auf und zerstört nicht nur das samtige Mundgefühl, sondern macht die letzten Schlucke zu einer krümeligen Angelegenheit. Der Satz soll am Boden bleiben – er ist das Fundament des Erlebnisses (und für manche sogar der Schlüssel zur Zukunft).

Das Servieren ist die Krönung des Rituals. Ein perfekt zubereiteter Mokka verdient eine Bühne:
- Ein Glas Wasser: Wird immer dazu gereicht. Man trinkt es vorher, um den Gaumen zu neutralisieren und den Kaffeegeschmack rein zu genießen.
- Eine süße Kleinigkeit: Traditionell ist das ein Stück „Lokum“ (Türkischer Honig) oder eine kleine Schokolade.
- Das richtige Geschirr: Servieren Sie den Kaffee in kleinen Mokka-Tassen, den sogenannten „Fincan“, oft auf einem verzierten Tablett.

Der Mahlgrad für türkischen Kaffee ist mit 50-100 Mikrometern feiner als jedes andere Kaffeemehl der Welt – fast so fein wie Mehl.
Eine herkömmliche elektrische Mühle für Espresso oder Filterkaffee kann diese Feinheit oft nicht erreichen. Das Ergebnis wäre ein unterextrahierter, wässriger Kaffee. Für das authentische Erlebnis zu Hause sind spezielle Handmühlen aus Messing, wie die von Sozen, die beste Wahl. Sie sind darauf ausgelegt, die Bohnen zu diesem einzigartigen Puder zu zermahlen.

Lust auf eine aromatische Variante? Geben Sie dem klassischen Mokka einen raffinierten Twist, indem Sie eine Prise Gewürz direkt mit dem Kaffeepulver und Zucker ins kalte Wasser geben. Eine zerstoßene Kardamomkapsel ist der absolute Klassiker und verleiht dem Kaffee eine exotische, leicht blumige Note. Aber auch ein Hauch Zimt, ein winziges Stück Mastixharz oder eine Messerspitze Nelkenpulver harmonieren wunderbar mit den Röstaromen.
- Ein Blick in die Zukunft
- Ein unterhaltsamer Gesprächsstarter
- Ein Moment der Kontemplation
Was das alles kann? Ihr Kaffeesatz! Die Kunst des Kaffeesatzlesens, auch Tasseografie genannt, ist eine jahrhundertealte Tradition. Nach dem Genuss wird die Tasse auf die Untertasse gestürzt. Die zurückbleibenden Muster am Tassenrand werden dann von Freunden oder Familie gedeutet – eine spielerische und gesellige Art, das Kaffeeritual ausklingen zu lassen.




