Social Media fürs Handwerk: So geht’s wirklich – Ohne Agentur-Blabla

von Mareike Brenner
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Ganz ehrlich? Ich stehe seit Jahrzehnten in der Werkstatt. Der Geruch von frisch gesägtem Holz ist für mich mehr Heimat als jedes teure Parfüm. Meine Hände kennen die Sprache von Holz, Metall und Stein. Und lange, lange Zeit war ich felsenfest davon überzeugt: Richtig gute Arbeit braucht keine Werbung, die spricht für sich. Ein perfekter Zinken, eine spiegelglatte Oberfläche, ein Kunde, der mit leuchtenden Augen seine neue Küche in Empfang nimmt und uns weiterempfiehlt. Das war unser Marketing. Und, hey, es hat ja auch funktioniert!

Als mein Sohn dann vor einiger Zeit mit „Instagram“ und „Facebook“ um die Ecke kam, hab ich innerlich nur die Augen verdreht. „Spielerei“, dachte ich mir. „Was sollen wir da schon posten? Fotos vom Leim, wie er trocknet?“ Ich hab den Sinn einfach nicht gesehen. Unsere Auftragsbücher waren voll. Warum also diese Zeitverschwendung?

Aber dann kamen diese kleinen Momente. Plötzlich hat ein Mitbewerber aus dem Nachbarort Aufträge von jungen Familien und Architekten bekommen, die früher immer zu uns gekommen wären. Kurz darauf stand ein Kunde auf der Baustelle, wedelte mit seinem Handy und zeigte mir Bilder von einer Schreinerei irgendwo aus dem Süden. Er war total begeistert von deren „kreativen Ideen“. Ich hab’s mir dann mal angeschaut. Die haben keine Hochglanz-Katalogbilder gezeigt. Die zeigten den Prozess. Einen Stapel roher Bohlen, die Entstehung einer Verbindung im Zeitraffer, das Ölen einer Tischplatte. Sie zeigten die Leute hinter der Hobelbank. Ihre Leidenschaft.

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Und da hat es Klick gemacht.

Es geht nicht darum, laute Werbung zu brüllen. Es geht darum, die Werkstatttür einen Spalt weit aufzumachen. Den Leuten zu zeigen, was Handwerk heute wirklich bedeutet und welchen Wert es hat. Social Media ist kein Megafon, um zu schreien: „KAUFT BEI MIR!“. Es ist ein Fenster. Ein Fenster in unsere Welt, das Vertrauen aufbaut, lange bevor das Telefon überhaupt klingelt.

Dieser Weg war nicht immer gerade. Wir haben Fehler gemacht, Lehrgeld bezahlt und verdammt viel gelernt. Aber heute kann ich sagen: Es war eine der besten Entscheidungen für unser Geschäft. Deshalb gibt’s hier meine ehrlichen Erfahrungen. Keine komplizierte Marketingsprache, sondern Tipps direkt von der Werkbank. Für alle Handwerker, die mit beiden Beinen fest im Leben stehen und ihren Betrieb sicher in die Zukunft bringen wollen.

Das Fundament: Warum der digitale Kram für uns Handwerker wirklich zählt

Bevor wir über Apps und Fotos reden, müssen wir kurz klären, warum wir das überhaupt tun. Früher? Da hat die Anzeige im Wochenblatt gereicht. Man kannte sich im Ort. Heute suchen die Leute anders. Gerade die jüngeren Generationen fragen nicht nur den Nachbarn, sie fragen Google und schauen auf Instagram. Und die wollen mehr sehen als nur eine Adresse.

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Die wollen ein Gefühl für den Betrieb bekommen. Sind das Profis, denen ich mein Haus anvertrauen kann? Arbeiten die sauber? Haben die ein Auge fürs Detail? All diese Fragen werden heute online beantwortet, bevor du überhaupt die Chance auf ein persönliches Gespräch hast.

Im Grunde ist es ganz einfach: Es geht um Vertrauen. Ein guter Social-Media-Auftritt ist wie ein sauber ausgeführtes Gesellenstück. Er zeigt Kompetenz, Sorgfalt und Charakter. Wenn ein potenzieller Kunde deine Seite besucht und sieht, wie du mit Leidenschaft bei der Sache bist, wie du eine knifflige Aufgabe löst oder wie dein Azubi stolz sein erstes eigenes Werkstück präsentiert – dann entsteht eine Verbindung. Und genau diese Verbindung ist der Grund, warum jemand bereit ist, für echte Handwerksqualität einen fairen Preis zu zahlen, anstatt zum anonymen Großanbieter zu rennen.

Die richtige Werkzeugwahl: Instagram, Facebook oder was ganz anderes?

Du würdest ja auch keine Schraube mit dem Hammer reinkloppen. Genauso ist es bei Social Media. Der größte Fehler, den viele machen: Sie wollen überall dabei sein. Das führt nur zu Frust und verbrennt Zeit. Mein Rat: Such dir ein, maximal zwei Kanäle aus, die zu dir passen, und mach die dafür richtig gut.

Instagram: Deine digitale Werkbank

Für die meisten Handwerker ist das hier die erste Wahl. Warum? Weil Handwerk visuell ist. Wir erschaffen Dinge, die man sehen kann. Instagram ist dein digitales Schaufenster, ganz einfach.

  • Was du zeigst: Detailaufnahmen von Verbindungen, die Maserung eines Holzes, den Glanz einer frisch lackierten Fläche. Kurze Videos vom Arbeitsprozess (nennt sich „Reel“). Vorher-Nachher-Bilder. Und ganz wichtig: dein Team bei der Arbeit. Menschen kaufen von Menschen.
  • Für wen geeignet: Tischler, Maler, Metallbauer, Goldschmiede, Bäcker, Floristen, GaLa-Bauer… eigentlich für jeden, dessen Arbeit ein sichtbares Ergebnis hat.
  • Zeitaufwand: Mittel. Wenn du es gut machen willst, solltest du schon 2-3 Stunden pro Woche einplanen, um Inhalte zu erstellen und mit Leuten zu interagieren.
  • Kleiner Tipp zu Hashtags: Das sind die Stichwörter mit der Raute (

    ) davor. Die sind super wichtig, damit dich neue Leute finden! Nutze eine Mischung: einen lokalen Hashtag (z.B.

    tischlerköln), einen zum Gewerk (

    metallbau) und einen zur Nische (

    maßmöbel). So erreichst du genau die richtigen Leute.

Facebook: Das digitale Dorfzentrum

Facebook ist oft die Heimat einer etwas älteren Zielgruppe (so ab 30 aufwärts) und funktioniert super für die lokale Kundschaft. Hier geht es weniger um Hochglanz-Ästhetik, sondern mehr um handfeste Infos und Austausch.

  • Was du zeigst: Infos zum Betriebsurlaub, den „Tag der offenen Tür“, Stellenanzeigen für Azubis. Fertige Projekte mit einer kleinen Geschichte dazu (natürlich immer mit Erlaubnis des Kunden). Du kannst auch super auf lokale Empfehlungen reagieren.
  • Für wen geeignet: Fast alle Betriebe mit starkem Lokalbezug. Vom Heizungsbauer, der über neue Förderungen informiert, bis zum Elektriker, der freie Termine postet.
  • Zeitaufwand: Eher gering. Ein bis zwei Beiträge pro Woche reichen hier oft schon aus, um präsent zu sein.
  • Praxis-Tipp: Die absolute Stärke von Facebook sind Empfehlungen. Bitte zufriedene Kunden aktiv um eine Bewertung auf deiner Seite. Eine ehrliche 5-Sterne-Bewertung von jemandem aus der Nachbarschaft ist Gold wert.

Pinterest: Der endlose Ideen-Katalog

Pinterest wird oft völlig unterschätzt. Es ist eigentlich keine Social-Media-Plattform, sondern eine visuelle Suchmaschine. Leute planen hier ihr ganzes Leben: Hausbau, Gartengestaltung, neue Küche. Und genau da kommst du ins Spiel.

  • Was du zeigst: Nur deine besten, hochwertigsten Bilder von abgeschlossenen Projekten. Jeder Beitrag (nennt sich „Pin“) sollte direkt auf deine Webseite verlinken, wo es mehr Infos gibt.
  • Für wen geeignet: Besonders stark für alle im Bereich Bau, Ausbau und Einrichtung. Also Tischler, Zimmerer, Fliesenleger, Landschaftsgärtner.
  • Zeitaufwand: Am Anfang etwas mehr, um alles einzurichten, danach aber gering. Das Coole ist: Ein Bild, das du heute hochlädst, kann dir noch in Jahren Anfragen bringen. Das ist eine langfristige Investition.

Dein Bauplan: Eine einfache Strategie für den Start

Ohne Plan drauflos arbeiten? Machen wir in der Werkstatt nicht, und im Netz ist es genauso unsinnig. Aber keine Sorge, du brauchst keinen dicken Marketing-Ordner. Ein Zettel und ein Stift reichen.

  1. Was ist dein Ziel? Willst du neue Kunden? Bessere Azubis finden? Ein bestimmtes Produkt bekannter machen? Schreib ein klares Ziel auf. Zum Beispiel: „Ich möchte pro Monat zwei qualifizierte Anfragen für Terrassenüberdachungen über Instagram bekommen.“
  2. Für wen machst du das? Sprichst du mit der jungen Familie, die gerade baut? Oder mit dem Architekten, der Wert auf technische Details legt? Deine Sprache und deine Bilder müssen zu diesen Leuten passen.
  3. Was zum Teufel soll ich zeigen? Dein Kopf ist eine Goldgrube für Inhalte! Jedes Projekt, jedes Material, jedes Werkzeug hat eine Geschichte. Mach dir eine simple Liste. Hier ein paar Ideen:
    • Der Prozess: Vom rohen Stahl zum fertigen Geländer.
    • Das Detail: Eine perfekte Schweißnaht, eine saubere Kante.
    • Dein Wissen: Erklär kurz, warum du genau dieses Material empfiehlst.
    • Das Team: Stell deine Leute vor. Das schafft Vertrauen.
    • Die Lösung: Zeig eine knifflige Einbausituation und wie ihr sie gemeistert habt.

Leg dir einen einfachen Rhythmus fest. Ein fester Plan nimmt den Stress raus. Zum Beispiel:

  • Montag: Highlight-Foto von einem fertigen Projekt.
  • Mittwoch: Ein kurzes Video aus der Werkstatt (z.B. in der Instagram Story).
  • Freitag: Ein Detailfoto oder ein Tipp vom Profi.

Regelmäßigkeit schlägt Perfektion. Ein ehrliches Handyfoto, das regelmäßig kommt, ist tausendmal besser als ein Hochglanz-Shooting, das nur alle Jubeljahre stattfindet.

Die häufigsten Fehler (und wie du sie vermeidest)

Ach ja, am Anfang habe ich so ziemlich alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Damit dir das nicht passiert, hier meine Top 3 der klassischen Anfängerfehler:

  • Fehler 1: Nur Hochglanz zeigen. Klar, fertige Projekte sind super. Aber die Leute lieben den Blick hinter die Kulissen! Zeig auch mal die Späne, die dreckigen Hände, den Prozess. Das ist authentisch und macht dich nahbar.
  • Fehler 2: Auf Kommentare nicht antworten. Das ist das Schlimmste, was du machen kannst. Es ist, als würde ein Kunde deinen Laden betreten, dir eine Frage stellen und du drehst dich einfach um und gehst. Social Media ist ein Dialog! Antworte auf jede Frage, bedanke dich für jedes Lob.
  • Fehler 3: Verkaufen, verkaufen, verkaufen. Niemand will ständig nur Werbung sehen. Die Regel lautet: 80 % nützliche, interessante oder unterhaltsame Inhalte und nur 20 % direkte „Werbung“ für deine Leistungen.

Praktische Tipps für gute Inhalte (ohne großen Aufwand)

Du musst weder Fotograf noch Texter werden. Es geht um Echtheit. Mit ein paar simplen Tricks werden deine Beiträge sofort besser.

Das gute Bild: Licht ist dein bester Freund

Die Kameras in heutigen Handys sind brutal gut. Das Problem ist fast nie die Technik, sondern das Licht.

  • Geh ans Licht! Mach deine Fotos in der Nähe vom Werkstatttor oder einem großen Fenster. Das künstliche Neonlicht in der Halle macht alles gelb und unansehnlich.
  • Blitz? AUS! Der Handyblitz macht harte Schatten und lässt alles billig aussehen. Immer.
  • Räum den Hintergrund auf. Eine ordentliche Werkbank wirkt professionell. Es muss nicht klinisch sauber sein, aber das Chaos sollte aus dem Bild. Das spiegelt deine Arbeitsweise wider.
  • Wisch die Linse sauber! Klingt banal, ist aber der häufigste Grund für milchige Bilder. Einmal kurz am T-Shirt abwischen wirkt Wunder.
  • Kauf dir ein Stativ. Ehrlich, ein kleines Handy-Stativ bekommst du für 20-30 € bei Amazon oder im Mediamarkt. Damit werden deine Videos wackelfrei und du hast die Hände frei, um etwas zu zeigen.

Deine digitale Werkzeugkiste: Nützliche Apps

Du brauchst keine teure Software. Alles, was du brauchst, gibt es als App fürs Handy:

  • Für Videoschnitt: InShot oder CapCut. Super einfach zu bedienen. Du kannst Clips schneiden, Musik drunterlegen (nimm die lizenzfreie aus der App!) und Texte einfügen.
  • Für Fotobearbeitung: Snapseed. Kostenlos und extrem mächtig. Damit kannst du Helligkeit anpassen, Bilder gerade rücken und Details schärfen.
  • Für simple Grafiken: Canva. Perfekt, um mal schnell ein Logo auf ein Bild zu packen oder eine kleine Info-Grafik für Facebook zu erstellen.

Achtung, Baustelle: Der rechtliche Kram (Bitte ernst nehmen!)

Okay, jetzt kommt der langweilige, aber existenziell wichtige Teil. Im Internet gelten in Deutschland knallharte Regeln. Unwissenheit schützt hier nicht vor Strafen, und eine Abmahnung von einem Anwalt kann dich schnell ein paar tausend Euro kosten. Das ist kein Witz, habe ich leider im Kollegenkreis schon miterlebt.

  • Impressumspflicht: Jeder einzelne Kanal, den du geschäftlich nutzt, braucht ein vollständiges Impressum. Es muss mit maximal zwei Klicks erreichbar sein. Am einfachsten ist ein Link zum Impressum auf deiner Webseite. Trag diesen Link im Profil deiner Social-Media-Seite ein. Fertig.
  • Datenschutzerklärung: Dasselbe gilt für die Datenschutzerklärung. Verlinke sie im Profil. Sicher ist sicher.
  • Urheberrecht: Das ist die größte Falle! Verwende NUR deine eigenen Fotos. Wenn du Projekte von Kunden zeigst, hol dir am besten eine kurze schriftliche Erlaubnis. Für Videos mit Musik: Nutze nur die Musik, die dir die Plattformen (z.B. Instagram) in ihrer eigenen Bibliothek zur Verfügung stellen. Alles andere ist tabu und kann richtig teuer werden.

Mein allerwichtigster Rat: Investier einmalig 150 bis 250 Euro und lass dein Impressum und deine Datenschutzerklärung von einem Fachanwalt oder einem spezialisierten Dienstleister (wie e-recht24 o.ä.) prüfen und erstellen. Das ist die beste und günstigste Versicherung gegen teuren Ärger.

Dein erster Schritt – noch heute!

Keine Zeit, alles zu lesen? Kein Problem. Mach heute nur eine einzige Sache: Schnapp dir dein Handy, mach ein schönes Foto von deinem Lieblingswerkzeug auf einem interessanten Untergrund (z.B. einer alten Holzbohle). Poste es als Instagram Story und schreib nur einen Satz dazu: „Damit arbeite ich am liebsten.“ Das dauert zwei Minuten. Aber der Anfang ist gemacht.

Fazit: Ein Werkzeug, das sich lohnt

Social Media ist kein neumodischer Schnickschnack. Es ist ein verdammt mächtiges Werkzeug, um Vertrauen aufzubauen und die Zukunft deines Betriebs zu sichern. Es kostet etwas Zeit und den Mut, sich zu zeigen. Aber du musst nicht perfekt sein.

Fang klein an. Such dir einen Kanal aus. Mach ein gutes Foto pro Woche. Erzähl, was du tust und warum du es liebst. Sei einfach du selbst. Sei ein Meister, auch im Netz. Zeig die Späne, die Hände und das Herzblut, das in deiner Arbeit steckt. Glaub mir, die richtigen Kunden werden das sehen, verstehen und zu schätzen wissen.

Mareike Brenner

Mareike ist 1991 in Bonn geboren und hat ihr Diplom in der Fachrichtung Journalistik an der TU Dortmund erworben. Sie hat einen Hintergrund im Bereich Design, da sie an der HAW Hamburg Illustration studiert hat. Mareike hat aber einen Sprung in die Welt des Journalismus gemacht, weil sie schon immer eine Leidenschaft für kreatives Schreiben hatte. Derzeit ist sie in der Redaktion von Freshideen tätig und schreibt gern Berichte über Schönheitstrends, Mode und Unterhaltung. Sie kennt übrigens alle Diäten und das Thema „Gesund abnehmen“ wird von ihr oft bevorzugt. In ihrer Freizeit kann man sie beim Kaffeetrinken mit Freunden antreffen oder sie bleibt zu Hause und zeichnet. Neulich hat sie eine neue Leidenschaft entdeckt, und das ist Online-Shopping.