Schuster, bleib bei deinen Leisten: Warum ich keine Horoskope schreibe – und wie du echte Experten erkennst
Neulich flatterte eine ziemlich schräge Anfrage in mein Postfach: Ich sollte doch mal ein ausführliches Horoskop für das Sternzeichen Widder schreiben. Als Handwerksmeister. Ich hab einen Moment gestutzt, gelacht und dann entschieden, diese Anfrage abzulehnen. Aber anstatt einfach „Nein“ zu sagen, möchte ich die Gelegenheit nutzen, um über etwas zu sprechen, das im Netz super wichtig ist: den Unterschied zwischen echtem Wissen und gut verpacktem Blödsinn.
Inhaltsverzeichnis
Ganz ehrlich, es geht nicht darum, Astrologie schlechtzumachen. Es geht darum, warum es brandgefährlich sein kann, wenn Leute über Dinge schreiben, von denen sie keine Ahnung haben – egal ob es um Sternenkonstellationen oder die Statik deiner Kellerdecke geht.
Die Sache mit dem Klempner und dem Tischlermeister
Stell dir mal Folgendes vor: Du holst mich als Tischlermeister ins Haus, weil du eine neue Holztreppe brauchst. Während ich am Messen bin, fragst du beiläufig: „Ach, könnten Sie nicht auch schnell die neuen Wasserrohre im Bad verlegen?“ Was würde ich wohl antworten? Wahrscheinlich was in der Art von: „Spinnst du? Ich bin Tischler, kein Klempner! Ein falsches Rohr an der falschen Stelle und du hast hier eine Tropfsteinhöhle.“

Und genau das ist der Punkt. Ich würde dich sofort an einen echten Fachmann verweisen. Warum? Weil ich meinen Job und meine Grenzen kenne. Und weil ich dich als Kunden respektiere und nicht will, dass du wegen meiner Selbstüberschätzung einen Wasserschaden hast. Im Internet ist diese Grenze leider oft nicht so klar.
Warum ich euch anlügen würde, wenn ich ein Horoskop schreibe
Meine ganze Arbeit basiert auf drei einfachen Säulen, die du übrigens auf jeden Online-„Experten“ anwenden kannst. Man nennt das im Marketing-Sprech hochtrabend E-A-T (Expertise, Autorität, Vertrauen), aber ich übersetze das mal in Klartext:
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Expertise (oder: „Ich hab Ahnung, weil ich es jeden Tag mache.“): Meine Expertise kommt nicht aus Büchern. Sie kommt aus Tausenden von Stunden in der Werkstatt, aus dem Geruch von frischem Holz, aus dem Gefühl für das richtige Drehmoment einer Schraube und aus den Fehlern, die ich gemacht und aus denen ich gelernt habe. Ich kann dir sagen, warum eine Eichenbohle besser für dein Projekt geeignet ist als Fichte. Über Planetenbewegungen kann ich aber nur spekulieren. Und Raten ist nicht mein Stil.
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Autorität (oder: „Mein Wort hat Gewicht, weil ich es beweisen kann.“): Als Meister habe ich Zertifikate, halte mich an DIN-Normen und kann dir ein Portfolio meiner abgeschlossenen Projekte zeigen. Das sind handfeste Beweise. In der Astrologie gibt es das nicht. Wenn ich also anfangen würde, über den Einfluss des Mars zu philosophieren, würde ich mir eine Autorität anmaßen, die ich nicht besitze. Das wäre unehrlich.
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Vertrauen (oder: „Ich sage dir die Wahrheit, auch wenn sie wehtut.“): Das hier ist der wichtigste Punkt von allen. Du vertraust darauf, dass meine Tipps sicher und verlässlich sind. Wenn ich dir einen 3.000-Wörter-Artikel darüber schreibe, wie du dein Leben nach den Sternen ausrichten sollst, dann täusche ich Wissen vor. Ich würde dein Vertrauen missbrauchen. Und das ist für mich die größte Sünde im Handwerk – und überall sonst auch.

Ein falscher Tipp bei der Elektroinstallation kann dein Haus abfackeln. Ein schlechter Rat zur Schimmelbekämpfung kann deine Gesundheit ruinieren. Klar, ein unzutreffendes Horoskop richtet vielleicht weniger Schaden an, aber das Prinzip ist dasselbe: Es untergräbt das Vertrauen in echte Expertise.
Deine Werkzeugkiste gegen Blender: 3 Fragen, die du immer stellen solltest
Okay, genug gemeckert. Wie kannst du dich denn nun schützen? Wie erkennst du, ob da ein echter Profi spricht oder nur jemand, der gut labern kann? Es ist einfacher, als du denkst. Nimm diese drei Fragen als deinen persönlichen Bullshit-Detektor:
1. Spricht die Person Klartext mit Fakten?
Ein echter Experte wirft nicht nur mit Meinungen um sich. Er nennt Ross und Reiter. Im Handwerk wären das zum Beispiel DIN-Normen (wie die DIN 18015 für Elektroplanung), Materialkennzeichnungen oder physikalische Gesetze. Er kann dir sagen, warum etwas so gemacht werden muss. Ein Schwätzer bleibt vage und bei Allgemeinplätzen.
2. Zeigt die Person ihre EIGENE Arbeit?
Achte auf die Bilder! Sind das Hochglanz-Stockfotos, die man überall im Netz findet? Oder sind es echte Fotos von einer Baustelle – vielleicht sogar mit ein bisschen Dreck an den Rändern? Echte Profis sind stolz auf ihre Arbeit und zeigen sie gerne, auch wenn nicht immer alles perfekt poliert ist. Sie können dir zu jedem Bild eine Geschichte erzählen.

3. Warnt dich die Person auch vor Problemen?
Das ist mein absoluter Lieblingstrick. Jemand, der dir nur die Sonnenseiten erzählt und verspricht, dass alles super einfach, billig und schnell geht, ist mit Vorsicht zu genießen. Ein echter Profi sagt dir auch: „Achtung, diese Wand könnte tragend sein, da müssen wir erst prüfen.“ oder „Wenn wir hier sparen, könnte das in ein paar Jahren zu Feuchtigkeitsproblemen führen. Das kostet dann locker das Zehnfache.“ Realistische Erwartungen zu setzen, ist ein Zeichen von Seriosität.
Also, bevor du dem nächsten Online-Guru dein Geld oder deine Zeit anvertraust, geh kurz diese Checkliste durch. Eine echte Fachberatung vom Architekten oder Handwerker kostet vielleicht mal zwischen 80 € und 150 € pro Stunde, aber sie bewahrt dich vor Schäden, die in die Tausende gehen können.
Und deshalb werde ich auch in Zukunft die Finger von Horoskopen lassen. Aber keine Sorge, hier wird es deswegen nicht langweilig. Als Nächstes zeige ich euch, wie man eine Holzbalkendecke richtig dämmt – mit handfesten Zahlen, echten Materialien und garantiert ohne einen Blick in die Sterne!

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Warum fühlen sich Horoskope und Persönlichkeitstests oft so verblüffend treffend an? Meist steckt der „Barnum-Effekt“ dahinter. Dieses psychologische Phänomen beschreibt unsere Tendenz, sehr allgemeine und vage Aussagen als präzise, auf uns zugeschnittene Wahrheiten zu interpretieren. Ein Satz wie „Sie hegen Zweifel an Ihren Entscheidungen“ trifft auf fast jeden zu, fühlt sich im richtigen Moment aber wie eine persönliche Offenbarung an.

Laut dem Digital News Report 2023 des Reuters Institute haben nur noch 36 % der Deutschen generelles Vertrauen in die Nachrichten, die sie online finden.
Diese Zahl ist ein Weckruf. Sie zeigt, dass das Misstrauen wächst – und das zu Recht. Es ist ein klares Signal, dass wir als Leser gefordert sind, aktiv zu prüfen, wem wir unsere Aufmerksamkeit und unser Vertrauen schenken, sei es bei globalen Ereignissen oder bei Ratschlägen für den Alltag.

Moment mal, sind persönliche Erfahrungsberichte nicht auch eine Form von Expertise?
Ja, aber mit einer wichtigen Einschränkung. Eine persönliche Geschichte ist ein wertvoller, individueller Einblick – aber kein universeller Beweis. Die Erfahrung einer einzelnen Person mit einer bestimmten Methode ist ein Datenpunkt, keine Studie. Echte Expertise erkennt man daran, dass sie über das Einzelschicksal hinausgeht und auf einem breiteren, fundierten Wissen basiert, das idealerweise von anderen Fachleuten überprüft und bestätigt wurde.

- Fehlt ein klares Impressum oder eine „Über mich“-Seite mit nachprüfbaren Qualifikationen?
- Werden extreme Behauptungen ohne Quellen oder Belege aufgestellt?
- Basiert die Argumentation fast ausschließlich auf Emotionen und Anekdoten?
- Wird versucht, Ihnen vorschnell teure Kurse oder Produkte zu verkaufen, die wundersame Ergebnisse versprechen?

Der entscheidende Unterschied: Ein echter Experte kennt vor allem die Grenzen seines Wissens. Ein Scharlatan tut so, als gäbe es keine. Die Bereitschaft, „Das weiß ich nicht, aber ich kann Sie an einen qualifizierten Kollegen verweisen“ zu sagen, ist das vielleicht stärkste Qualitätssiegel im digitalen Raum.

Der Blog des Fachmanns: Hier finden Sie detaillierte Anleitungen, Materialkunde und Verweise auf Normen oder Studien. Der Autor zeigt seine Arbeit, gibt Fehler zu und verweist auf andere Spezialisten. Das Ziel ist Wissensvermittlung.
Die Seite des Lifestyle-Gurus: Heute Astrologie, morgen Krypto-Tipps, übermorgen Beziehungs-Coaching. Die Inhalte sind oft vage und emotionalisierend. Das Ziel ist meist, eine persönliche Marke aufzubauen und Produkte zu verkaufen.

- Sie sparen Zeit und Geld, indem Sie auf falsche Ratschläge verzichten.
- Sie lernen fundierte Fähigkeiten und erwerben echtes, anwendbares Wissen.
- Sie unterstützen authentische Kreative und fördern so ein qualitativ hochwertigeres Internet.
Das Geheimnis hinter diesen Vorteilen? Es ist die einfache Angewohnheit, kurz innezuhalten und zu fragen: „Wer spricht hier eigentlich – und warum genau sollte ich ihm oder ihr glauben?“
Auch Suchmaschinen wie Google kämpfen gegen oberflächliche Inhalte. Mit dem sogenannten „Helpful Content System“ werden Webseiten belohnt, die von Menschen für Menschen geschrieben wurden und klar Expertise, Autorität und Vertrauenswürdigkeit (E-A-T) demonstrieren. Ein Artikel über Statik von einem Bauingenieur wird also höher bewertet als der Beitrag eines anonymen Bloggers. Qualität setzt sich langfristig auch technisch immer mehr durch.



