Haare heller machen? Was wirklich klappt (und was dein Haar ruiniert) – Ein Profi packt aus

von Augustine Schneider
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Kaum blitzt die erste Frühlingssonne, höre ich diesen einen Satz in meinem Salon fast täglich: „Ich hätte meine Haare gern etwas heller. Aber so richtig natürlich, ohne viel Chemie.“ Und, ganz ehrlich? Ich verstehe das total. Die Vorstellung, sich mit einfachen Mitteln aus der Küche ein paar sonnengereifte Strähnen zu zaubern, klingt einfach verlockend.

Aber nach vielen Jahren mit der Schere in der Hand habe ich gelernt: „Natürlich“ bedeutet leider nicht automatisch „gut für dein Haar“. Jede Aufhellung, egal ob mit einem Hausmittel oder einer professionellen Blondierung, ist ein Eingriff in die Haarstruktur. Wir verändern die Pigmente. Der große Unterschied liegt in der Kontrolle – und genau da wird es heikel.

Bevor du also zu Zitrone oder Kamillentee greifst, lass uns mal Tacheles reden. Ich zeige dir, was hinter den Mythen steckt, was vielleicht ein bisschen funktioniert und wovon du definitiv die Finger lassen solltest. Sieh das hier als ehrlichen Rat von jemandem, der schon zu viele DIY-Experimente reparieren musste.

haare natürlich aufhellen mit kamille
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Erstmal ein Reality-Check: Ist dein Haar überhaupt bereit dafür?

Bevor wir über Methoden sprechen, musst du eine Sache wissen: Ist dein Haar überhaupt fit für eine Aufhellung, egal welcher Art? Ein ganz simpler Test, den du sofort machen kannst, ist der Elastizitätstest.

Nimm dir ein einzelnes nasses Haar (am besten eins, das sowieso in der Bürste gelandet ist), halte es zwischen Daumen und Zeigefinger beider Hände und ziehe es vorsichtig auseinander. Was passiert?

  • Es dehnt sich leicht und federt zurück? Super, dein Haar ist gesund und hat eine gute Grundsubstanz.
  • Es reißt fast sofort? Achtung! Das ist ein klares Zeichen, dass die Struktur bereits geschädigt ist. In diesem Fall solltest du die Finger von JEDER Art von Aufhellung lassen und deinem Haar erstmal eine ordentliche Portion Pflege gönnen.

Hausmittel im Praxistest: Was funktioniert und was ist ein Desaster?

Okay, jetzt geht’s ans Eingemachte. Wir nehmen uns die Klassiker aus Omas Trickkiste vor. Ich sag dir ganz unverblümt, was Sache ist.

kamillentee haare natürlich aufhellen
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Kamille: Der sanfte Schummelfaktor

Was es können soll: Haare sanft aufhellen und einen Goldglanz verleihen.

Die knallharte Wahrheit: Kamille ist eines der wenigen Mittel, bei denen ich nicht sofort „Stopp!“ rufe, aber mit einer riesigen Einschränkung. Kamille hellt nicht auf, sie bleicht keine Pigmente. Stattdessen lagern sich die gelben Farbstoffe aus den Blüten (das sogenannte Apigenin) auf dem Haar ab. Bei naturblondem Haar kann das einen wirklich hübschen, warmen Schimmer erzeugen. Auf dunklerem Haar? Passiert absolut nichts. Der Effekt ist minimal und wäscht sich auch wieder raus.

Profi-Tipp für die Anwendung: Vergiss Teebeutel. Hol dir lose Kamillenblüten aus der Apotheke (ca. 50g für unter 5€). Koche einen Liter Wasser auf, gib die Blüten hinein und lass das Ganze mindestens 30 Minuten ziehen. Nachdem der Sud abgekühlt ist, spülst du deine gewaschenen, handtuchtrockenen Haare mehrmals damit durch. Wichtig: Nicht ausspülen! Lass es an der Luft trocknen. Erwarte aber bitte keine Wunder, es ist eher eine Veredelung.

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Für wen? Nur für Naturblonde, die ihren Ton etwas auffrischen wollen.
Risiko: Quasi null. Pflegt sogar die Kopfhaut.

Zitrone & Essig: Die saure Abrechnung

Was es können soll: Die Säure bleicht die Haare, vor allem in der Sonne.

Die knallharte Wahrheit: Hier muss ich ganz laut WARNUNG rufen! Ja, die Säure in Kombination mit UV-Licht hat eine leicht bleichende Wirkung. Aber der Preis ist einfach zu hoch. Die extreme Säure (pH-Wert um 2-3) trocknet das Haar brutal aus und macht die Oberfläche porös und brüchig. Das Ergebnis ist meist ein ungleichmäßiges, fleckiges Strohblond mit einem fiesen Gelbstich. Ehrlich gesagt, die Reparatur eines solchen „Zitronen-Unfalls“ im Salon kann locker zwischen 150 € und 300 € kosten – für das Geld hättest du von Anfang an eine wunderschöne, professionelle Aufhellung bekommen.

Ein kleiner Schwenk aus der Praxis: Eine Kundin kam mal nach ihrem Urlaub mit Haaren zu mir, die sich anfühlten wie Zuckerwatte, die nass geworden ist. Sie hatte sich zwei Wochen lang die Haare mit Zitronensaft besprüht. Wir mussten radikal schneiden und die Farbe in einer langen Sitzung mühsam neutralisieren. Das war für sie eine teure Lektion.

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Für wen? Für niemanden. Bitte nicht.
Risiko: Extrem hoch. Führt zu Haarbruch, Trockenheit und fleckigen Ergebnissen.

Honig: Die klebrige Geduldsprobe

Was es können soll: Enthält ein Enzym, das Wasserstoffperoxid freisetzt und sanft aufhellt.

Die knallharte Wahrheit: Das stimmt tatsächlich! Honig enthält ein Enzym, das in Verbindung mit Wasser winzige Mengen Wasserstoffperoxid produziert – den gleichen Stoff, den wir Profis auch benutzen, nur in einer viel, viel schwächeren Konzentration. Der Vorteil: Honig pflegt gleichzeitig. Der Nachteil: Der Prozess ist quälend langsam. Du brauchst Dutzende Anwendungen über Monate, um vielleicht eine viertel Nuance heller zu werden.

Profi-Tipp für die Anwendung: Mische einen Teil rohen Honig mit vier Teilen destilliertem Wasser (wichtig, weil Mineralien aus Leitungswasser stören). Du kannst noch einen Teelöffel Zimt dazugeben, das regt die Reaktion etwas an. Die Pampe auf das feuchte Haar auftragen, Duschhaube drüber und das Ganze für mehrere Stunden (am besten über Nacht) einwirken lassen. Eine ziemliche Sauerei für einen minimalen Effekt.

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Für wen? Für sehr geduldige Menschen mit hellbraunem bis blondem Haar.
Risiko: Gering, abgesehen von der klebrigen Sauerei. Bei Allergien vorher testen!

Backpulver/Natron: Der absolute Haar-Killer

Was es können soll: Das Haar aufhellen und Farbstiche entfernen.

Die knallharte Wahrheit: Bitte, bitte, tu das niemals. Backpulver ist extrem alkalisch (pH-Wert um 9) und reißt die Schuppenschicht deines Haares förmlich auf. Es wirkt wie ein chemisches Schmirgelpapier. Ja, es entfernt Ablagerungen, aber es hellt nicht auf. Es beschädigt die Haarstruktur so stark, dass sie sich nicht mehr schließen kann. Das Haar wird spröde, trocken und bricht. Das ist das Schlimmste, was du deinem Haar antun kannst.

Für wen? Absolut niemanden. Tabu.
Risiko: Maximal. Führt garantiert zu schweren Haarschäden.

Kleiner Einschub für gefärbtes Haar: Bei Haaren, die schon chemisch behandelt wurden, ist die Sache noch heikler. Hausmittel wie Kamille oder Honig wirken hier oft gar nicht oder unvorhersehbar. Und die Kombination von Pflanzenfarben wie Henna mit chemischer Aufhellung kann zu einer absoluten Katastrophe führen – von grünen Strähnen bis hin zu Haarbruch ist alles drin.

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Was wir im Salon anders (und besser) machen

Wenn du dir eine sanfte, natürliche Aufhellung wünschst, haben wir heute zum Glück viel bessere Werkzeuge als noch vor ein paar Jahren. Es geht nicht immer nur ums knallharte Bleichen.

  • Glossing: Der Instagram-Filter für dein Haar. Oft willst du gar nicht heller werden, sondern nur einen unschönen Gelbstich loswerden. Ein Glossing ist eine sanfte Tönung, die den Farbton veredelt und mega Glanz gibt. Dein Haar wirkt sofort strahlender und heller, obwohl es chemisch gar nicht aufgehellt wurde. Kostenpunkt: ca. 50-80 €, muss alle 6-8 Wochen aufgefrischt werden.
  • Moderne Blondierung mit Schutzschild. Wenn wir doch aufhellen, dann mit Köpfchen. Wir nutzen sanftere Entwickler und mischen sogenannte „Bond-Builder“ (vielleicht kennst du den bekanntesten Markennamen) direkt in die Farbe. Diese Wirkstoffe schützen die Haarstruktur von innen, während die Pigmente aufgehellt werden. Ein echter Game-Changer!
  • Smarte Techniken wie Balayage. Statt Foliensträhnen vom Ansatz bis zur Spitze malen wir die Farbe freihändig nur dorthin, wo die Sonne sie küssen würde. Das Ergebnis ist super natürlich, weich und das Beste: Du hast keinen Stress mit einem harten Ansatz und kannst locker 4-6 Monate bis zum nächsten Termin warten. Eine größere Investition am Anfang (rechne mal mit 150-250 €), die sich aber langfristig auszahlt.
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Die richtige Pflege danach ist alles!

Egal wie du aufgehellt hast, dein Haar braucht danach extra Liebe. Die Schuppenschicht war geöffnet und ist durstiger als vorher.

Dein einfaches Pflege-ABC:

  1. pH-Wert ausgleichen: Nutze Produkte für coloriertes Haar. Die sind leicht sauer und helfen, die Haaroberfläche wieder zu glätten.
  2. Feuchtigkeit & Proteine im Wechsel: Gönn dir einmal pro Woche eine Kur. Eine Woche eine Feuchtigkeitsmaske (z.B. mit Aloe Vera), die nächste Woche eine aufbauende Kur (mit Keratin). Günstige und gute Optionen findest du schon in der Drogerie, aber auch professionelle Marken bieten hier tolle Produkte an.
  3. Hitzeschutz ist dein Bodyguard: Föhnen oder Glätten ohne Hitzeschutz ist bei aufgehelltem Haar ein No-Go. Punkt.

Mein Fazit, ganz ohne Filter

Ich verstehe den Reiz von DIY-Lösungen total. Aber dein Haar ist kein Küchenexperiment, es verzeiht Fehler nur sehr schwer. Eine minimale Gold-Auffrischung bei kerngesundem, naturbiondem Haar mit Kamille? Okay, kann man machen. Aber für alles, was darüber hinausgeht, ist der Gang zum Profi nicht nur die sicherere, sondern oft auch die günstigere Wahl, wenn man die möglichen Reparaturkosten mit einrechnet.

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Ein Beratungsgespräch im Salon kostet dich nichts. Lass dir einfach mal erklären, was bei deinem Haar möglich ist. Das kann dich vor einer Menge Ärger und kaputten Haaren bewahren. Und das ist es doch wert, oder?

Bildergalerie

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Warum ist selbst „sanftes“ Aufhellen so stressig fürs Haar?

Ganz einfach: Um die Haarfarbe zu verändern, muss die äußere Schutzschicht, die Schuppenschicht (Cuticula), geöffnet werden. Nur so kann man die natürlichen Farbpigmente im Inneren des Haares verändern oder entziehen. Dieser Prozess, selbst bei milden Hausmitteln wie Zitrone in der Sonne, macht das Haar porös und verletzlich. Professionelle Blondierungen enthalten oft schützende Wirkstoffe wie die von Olaplex, um die dabei entstehenden Schäden an den Haarbrücken zu minimieren – ein Puffer, der bei DIY-Methoden komplett fehlt.

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Aufgehelltes Haar ist durstiges Haar. Egal ob nur ein paar Strähnen oder der ganze Kopf – die Pflegeroutine danach ist entscheidend. Das sollte jetzt in Ihrem Bad nicht fehlen:

  • Sulfatfreies Shampoo: Es reinigt sanfter und schützt die empfindliche Haarstruktur sowie die neue Farbe.
  • Protein-Kur: Einmal pro Woche, um die durch das Aufhellen geschwächten Keratinketten wieder aufzubauen.
  • Feuchtigkeitsmaske: Im Wechsel mit der Protein-Kur, um die Elastizität wiederherzustellen. Produkte aus der Kérastase Blond Absolu Serie sind hier ein Klassiker.
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Vorsicht, Henna! Einige als „natürlich“ verkaufte Pflanzenhaarfarben enthalten Metallsalze, um die Farbintensität zu verstärken.

Das wird zur tickenden Zeitbombe, wenn Sie später doch einmal eine chemische Aufhellung beim Friseur wünschen. Trifft Blondierung auf diese Metallsalze, kann eine extreme chemische Reaktion entstehen, die das Haar im schlimmsten Fall buchstäblich überhitzen und schmelzen lässt. Wenn Sie Henna verwendet haben, müssen Sie dies Ihrem Friseur unbedingt mitteilen.

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Der Unterschied zwischen „selbstgemacht“ und „wie von der Sonne geküsst“ liegt oft in der Platzierung. Das Geheimnis der Profis ist das Spiel mit Licht und Schatten. Anstatt die Mixtur wahllos im Haar zu verteilen, konzentrieren sie sich auf die Partien, die auch von der Sonne natürlich aufgehellt würden: die vorderen Strähnen um das Gesicht (der sogenannte „Money Piece“) und feine Akzente in den Längen.

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Der Wunsch: Ein kühles, sanftes Sandblond, das natürlich und edel wirkt.

Die Realität bei DIY-Versuchen: Ein unerwünschter Orange- oder Gelbstich.

Der Grund liegt im Unterton Ihres Haares. Beim Aufhellen werden die darunterliegenden warmen Rot-, Orange- und Gelbpigmente freigelegt. Profis neutralisieren diesen Stich gezielt mit einer Abmattierung (Toner) – dem entscheidenden zweiten Schritt, der auf dem Prinzip des Farbkreises basiert und bei Hausmitteln fehlt.

  • Es reflektiert das Licht besser.
  • Es fühlt sich geschmeidiger an.
  • Die Farbe wirkt brillanter und satter.

Das Geheimnis? Eine abschließende „saure Rinse“. Nach dem Auswaschen von Kur oder Spülung das Haar kurz mit einer stark verdünnten sauren Lösung (z.B. ein Schuss Apfelessig auf einen Liter kaltes Wasser) spülen. Das schließt die durch das Aufhellen aufgeraute Schuppenschicht, was für sofort sichtbaren Glanz sorgt und die neue Farbe schützt.

Augustine Schneider

Augustine ist eine offene und wissenshungrige Person, die ständig nach neuen Herausforderungen sucht. Sie hat ihren ersten Studienabschluss in Journalistik an der Uni Berlin erfolgreich absolviert. Ihr Interesse und Leidenschaft für digitale Medien und Kommunikation haben sie motiviert und sie hat ihr Masterstudium im Bereich Media, Interkulturelle Kommunikation und Journalistik wieder an der Freien Universität Berlin abgeschlossen. Ihre Praktika in London und Brighton haben ihren beruflichen Werdegang sowie ihre Weltanschauung noch mehr bereichert und erweitert. Die nachfolgenden Jahre hat sie sich dem kreativen Schreiben als freiberufliche Online-Autorin sowie der Arbeit als PR-Referentin gewidmet. Zum Glück hat sie den Weg zu unserer Freshideen-Redation gefunden und ist zurzeit ein wertvolles Mitglied in unserem motivierten Team. Ihre Freizeit verbringt sie gerne auf Reisen oder beim Wandern in den Bergen. Ihre kreative Seele schöpft dadurch immer wieder neue Inspiration und findet die nötige Portion innerer Ruhe und Freiheit.