Wissen Sie, was eine Familienaufstellung ist und wobei diese Psychotherapie tatsächlich hilft?

Manchmal können schwierige psychische Probleme mit gängigen Therapiemethoden leicht gelöst werden. Auch wenn die Arbeit zeitaufwendig ist, ist die Therapie erfolgreich und das Problem wird endgültig gelöst. Wenn aber das nicht Ihr Fall ist, dann fragen Sie sich wahrscheinlich, wieso die konventionellen Methoden der Psychotherapie bei Ihnen nicht so gut funktionieren. Vielleicht sollen Sie eine neue Technik ausprobieren, zum Beispiel die Familienaufstellung. Was wissen Sie eigentlich darüber?

Was ist eine Familienaufstellung?

Eine Familienaufstellung bietet einen anderen Ausgangspunkt und hilft in Situationen, bei denen nichts anderes geholfen hat. Lesen Sie weiter, um mehr über diese einzigartige Methode der Psychotherapie und ihre Geschichte zu erfahren.

Familienstellen helfen sowohl bei persönlichen als auch bei Familienproblemen

Was ist eine Familienaufstellung?

Die Familienaufstellung ist eine Therapieform, die auf der Idee beruht, dass sich Probleme über Generationen hinweg wiederholen. Wenn wir unsere Gefühle und Wahrnehmungen in einem „Feld des Wissens“ untersuchen, können wir aus familiären Mustern ausbrechen, die Leiden und Krankheiten verursachen. Die Arbeit durch eine Familienaufstellung hilft uns, die wahre Ursache unserer Probleme zu finden und zu lösen.

Das mag etwas komisch klingen, aber in Wirklichkeit geschehen in jeder Familie schwierige und stressige Situationen, die deren Mitglieder langfristig belasten.

Wenn Sie gerade in so einer Situation stecken, bedeutet das nicht, dass Ihre Familie „schlecht“ ist. Es bedeutet nur, dass die Familie ein großer Teil Ihres Lebens ist. Es ist wie einen guten Job zu haben oder auf eine gute Schule zu gehen. Das kann aber auch ganz viel Stress bereiten.

Die Therapie durch Familienaufstellung ist nicht für jedermann geeignet, aber sie kann besonders hilfreich sein für Menschen, die aufgrund ihres Familienlebens Stress oder Probleme haben.

Wie sieht Ihr Familienbaum aus?

Die Geschichte der Familienaufstellung 

Alfred Adler war der erste, der den Begriff „Familienaufstellung“ benutzte, um sich auf die Bindungen und das Zugehörigkeitsgefühl innerhalb einer Familie zu beziehen. Die Familienaufstellung als Therapie wurde aber vom deutschen Psychoanalytiker und Familientherapeuten namens Bert Hellinger entwickelt. Diese Therapieform entwickelte er, indem er seine früheren Arbeiten mit verwandten Therapien mit seinen eigenen Lebenserfahrungen verband.

Heute nutzen viele andere Therapeuten die Methode der Familienaufstellung, entweder als alleinige Praxis oder als alternative Therapie, um sowohl familiäre als auch individuelle Probleme zu behandeln.

Bert Hellinger selbst behauptet jedoch nicht, das Konzept der Familienstellen geschaffen zu haben. Seine Arbeit ist aber der Grundstein dieser Methode, nämlich Familienstellen, wie diese heute bekannt ist.

Bert Hellinger – 16. Dezember 1925 – 19. September 2019

Bert Hellinger stammt aus einer deutschen Familie, die den Zweiten Weltkrieg überstanden hat, ohne ihre moralischen Werte zu opfern. Als Jugendlicher sollte er zu Hitlerjugendtreffen gehen, aber stattdessen war er in einer katholischen Organisation beschäftigt.

Bald darauf wurde Hellinger katholischer Priester. Als Missionar in Afrika beobachtete er das südafrikanische Volk Zulu und wie diese andere Kultur Probleme löste, die ihren Ursprung in der Familie haben. Er bemerkte auch, dass die spirituellen Zulu-Zeremonien den Ritualen der Katholischen Messe sehr ähnlich sind. Diese Einflüsse flossen in seine späteren Untersuchungen  der Familienaufstellung ein.

Nach seiner Rückkehr nach Europa verließ Hellinger das Priestertum und wurde Psychotherapeut. Er studierte bei namhaften Psychotherapeuten verschiedener Therapieschulen. Während dieser Zeit, war seine Arbeit von verschiedenen Systemen der Familientherapie beeinflusst wie:

• Psychoanalytische Methoden
• Transaktionsanalyse
• Primärtherapie
• Psychodrama
• Familienbildhauerei
• Transgenerationspsychologie
• Programmierung der Neurolinguistik
• Provokative Therapie
• Halte-Therapie
• Lebensskripte
• Kurze Therapie

In den 90er Jahren, nach 50 Jahren Arbeit mit Familien auf der ganzen Welt, hat Bert Hellinger all diese vielfältigen Ideen zu einer neuen Art von Therapie und Heilung zusammengeführt. Sein Werk umfasst beeindruckende 83 Bücher und er hat auch unzählige Seminare durchgeführt.

Bert Hellinger bei einer Familienaufstellung

Konzepte in der Familienaufstellung

Folgende Konzepte können Ihnen dabei helfen, die Familienaufstellung besser zu verstehen.

Ein Trauma kann Wirkung auf mehrere Generationen haben

Familienaufstellungen gehen davon aus, dass alles, was in Ihrer Familienlinie passiert ist, die Art und Weise beeinflussen kann, wie Sie jetzt denken, fühlen und sich verhalten. Die Trauer, Angst oder Wut einer Person beeinflusst die ganze Familie. Weil Familienmitglieder im morphogenen Feld verbunden sind, spüren sie alle die Auswirkungen von Dingen, die jedem der Familienmitglieder passiert sind.

Morphogenes Feld

Das morphogene Feld ist ein Energiefeld, das die Erinnerungen und spezifischen Energien einer Gruppe enthält. Diese Gruppe kann eine Familie, eine Gemeinschaft, ein Land oder sogar die gesamte Bevölkerung der Welt sein. Da dieses Energiefeld das gesamte Wissen der Gruppe enthält, kann es uns helfen, die Quellen unserer Probleme zu verstehen, auch wenn uns niemand die Fakten mitgeteilt hat.

Wie funktionieren Familienstellen eigentlich?

Ordnungen der Liebe

Hellinger identifizierte mehrere Liebesordnungen, aus denen die Liebe folgt. Die beiden wichtigsten und grundlegenden Ordnungen der Liebe sind folgende:

• Jeder in der Gruppe hat das gleiche Recht auf Zugehörigkeit und gehört immer dazu.
• Jeder, der dazugehört, muss seinen spezifischen rechtmäßigen Platz erhalten.

Ausgeschlossene Familienmitglieder

Sie denken vielleicht, dass Ihre Familie ein Familienmitglied nie ausschließen würde, aber leider passiert es die ganze Zeit. In Familienaufstellungen wird angenommen, dass ausgeschlossene Familienmitglieder die ganze Familie betreffen, auch wenn die Familie keinen Kontakt mehr mit diesen hat. Einige Beispiele für ausgeschlossene Familienmitglieder sind:

• Babys, die eine Fehlgeburt hatten oder abortiert wurden.
• Babys oder Kinder, die zur Adoption freigegeben wurden.
• Familienmitglieder, die gestorben sind, besonders wenn sie jung gestorben sind.
• Ex-Ehepartner und Partner aus früheren Beziehungen
• Familienmitglieder, die aus verschiedenen Gründen keinen Kontakt mehr mit dem Rest der Familie haben.

Diese ausgeschlossenen Familienmitglieder betreffen weiterhin die gesamte Familie. Wenn ein anderes Familienmitglied seinen Platz einnimmt, kann dieses seine emotionalen Kämpfe, Süchte oder sogar körperlichen Krankheiten übernehmen.

Familienmitglieder werden von anderen Personen oder Gegenständen repräsentiert

Zugehörigkeitsbedürfnis

Die Familienaufstellung identifiziert den Zugehörigkeitsdrang als den größten Einflussfaktor in der Familie. Wenn jemand das Gefühl hat, dass er nicht dazugehört, wird er alles tun, um dieses Gefühl der Zugehörigkeit zu befriedigen.

Versteckte Loyalitäten

Innerhalb der Familie zeigen wir alle unsere Loyalität. Nach der Theorie der Familienaufstellung sind wir treu zu Familienmitgliedern, die schon gestorben sind. Diese verborgenen Loyalitäten können uns dazu bringen, Mustern zu folgen, Gewohnheiten zu entwickeln Entscheidungen zu treffen, die ungünstig für uns selbst sind. Die Therapie der Familienaufstellung kann uns helfen zu verstehen, wie diese Loyalitäten uns antreiben, damit wir eine bewusste Entscheidung treffen können.

Alle Familienmitglieder müssen anerkannt werden

Wann ist eine Familienaufstellung nötig?

Die Familienaufstellung kann für eine Vielzahl von Problemen eingesetzt werden, einschließlich körperlicher, geistiger, sozialer oder spiritueller Probleme. Diese therapeutische Methode kann dabei helfen, folgende Probleme zu lösen:

• Depressionen
• Angstzustände
• Suchterkrankungen
• Schlechte Gewohnheiten
• Versagen bei der Arbeit
• Negative Beziehungsmuster
• Familiäre Dysfunktion
• Trauma
• Trauer
• Obsessive Gedanken
• Körperliche Erkrankungen
• Finanzielle Probleme
• Phobien
• Übermäßige Schuldgefühle

Methode der Familienaufstellung

In einer typischen Familienaufstellung gibt es einen Suchenden/Kunden, einen Moderator und möglicherweise andere Teilnehmer. Der Suchende ist die Person, die ein Problem lösen will. Der Moderator ist der Therapeut, der die Familienaufstellung leitet. Die anderen Teilnehmer müssen nicht verwandte Personen sein.

Der Suchende hat ein Problem, das er überwinden will. Das Problem kann alles sein, von Nagelkauen oder Rauchen bis hin zu Beziehungsproblemen oder Depressionen. Er sagt dem Moderator sehr kurz, was sein Problem ist. Gewöhnlich erklärt man es aber nicht im Detail oder gibt irgendwelche Gründe für das Problem an.

Wenn andere Personen an der Sitzung beteiligt sind, wählt der Suchende verschiedene Personen aus, um bestimmte Mitglieder seiner Familie zu vertreten.

Alle bleiben eine Zeit lang still, um sich mit dem morphogenen Feld zu verbinden und festzustellen, ob die Anordnung für sie wahr klingt. Der Moderator leitet dann die Teilnehmer so, dass ihre Vorschläge für den Suchenden sinnvoll sind.

Eine Familienaufstellung beginnt immer mit einem Gespräch mit dem Therapeuten 

Auf diese Weise wird ein lebendiges Modell der ursprünglichen (oder gegenwärtigen) Familie des Kunden geschaffen. Es wird dabei festgestellt, dass die Gefühle und Gedanken der Personen, die die Familienmitglieder vertreten, denen der eigentlichen Familienmitglieder sehr ähnlich sind. Es gibt offensichtlich ein Energiefeld/ morphogenes Feld, das die Bewegungen der Repräsentanten steuert und ihnen den Zugang zu allen wesentlichen Informationen ermöglicht.

Solche Familienstellen werden in der Regel mit einer Gruppe von Personen durchgeführt, wobei die Mitglieder der Gruppe die Rolle von Repräsentanten spielen. Es funktioniert aber auch in Einzelsitzungen, in denen Kissen oder andere Symbole verwendet werden können, um die Positionen von Familienmitgliedern darzustellen.

Wie laufen Familienaufstellungen in der Praxis ab?

Diese Arbeit deckt auf einzigartige Weise jede destruktive Familiendynamik auf, die sich unter der Oberfläche verweilt. Aber das ist noch nicht alles: Wenn diejenigen, die für Familienmitglieder einspringen, ihren spontanen Bewegungen genau folgen, decken nicht nur familiäre Verstrickungen auf, sondern auch die Auflösung des Problems. Heilende Bewegungen werden durch die Interventionen des Therapeuten unterstützt. Vermisste oder ausgeschlossene Familienmitglieder werden in der Familie wieder angenommen. Neue und bewusstere Verhaltensweisen werden  durch heilende Sätze aufgebaut, die die Repräsentanten untereinander sagen. Schließlich kann ein neues, natürlicheres und heilenderes Gleichgewicht für das gesamte System gefunden werden, in dem die Liebe zwischen den wahren Familienmitgliedern auf eine neue und bewusstere Weise wieder fließen kann.

Liebe und Respekt sind die Basis für jede gesunde Beziehung