Der Meisterblick auf Reisen: Was Wände wirklich über ein Land verraten

von Julia Steinhoff
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Schon mal drüber nachgedacht, dass ein Handwerker auf Reisen völlig andere Dinge sieht als ein normaler Tourist? Ich mache meinen Job jetzt seit über drei Jahrzehnten, die meiste Zeit davon auf deutschen Baustellen. Aber es gab auch die Jahre „auf Montage“, wie wir so schön sagen – in Asien, Südamerika, im Nahen Osten. Und ganz ehrlich? Das hat meinen Blick auf die Welt für immer verändert.

Wo andere eine malerische Fassade bewundern, sehe ich den feinen Haarriss im Putz, der in zwei Wintern zum Problem wird. Wo Touristen ein imposantes Gebäude fotografieren, frage ich mich, wie zum Teufel das Fundament in diesem sandigen Boden hält. Das ist kein Zynismus, sondern einfach der Blick eines Praktikers, der Respekt vor ehrlicher, haltbarer Arbeit hat.

Für mich erzählt die Bausubstanz eines Ortes die ehrlichste Geschichte. Die Materialien, die Qualität der Fugen, der Zustand der Wasserrohre – all das verrät mehr über die Menschen, ihre Prioritäten und ihre Zukunft als jeder Hochglanz-Reiseführer. Dieser Artikel ist also keine Trendliste. Trends sind vergänglich. Echte Substanz, die bleibt. Kommt mit auf eine kleine Reise zu Orten, die mich nachdenklich gemacht haben. Eine Tour für Leute, die nicht nur schauen, sondern auch verstehen wollen.

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Mongolei: Zwischen der Perfektion der Jurte und dem Wahnsinn aus Stahlbeton

Meine erste Reise in die Mongolei war rein beruflich. Es ging um ein Bauprojekt in Ulaanbaatar, bei dem europäische Dämmstandards auf sibirische Kälte treffen sollten. Eine echte Herausforderung, denn die Temperaturen schwanken dort zwischen brutalen -40 Grad im Winter und über +30 Grad im Sommer. Das ist ein Härtetest für jedes Material und jede Konstruktion.

Die Genialität, die in einem Zelt steckt

Wer die Mongolei verstehen will, muss die Jurte – oder „Ger“, wie sie dort heißt – verstehen. Für mich als Handwerker ist dieses mobile Zuhause ein absolutes Meisterwerk. Jedes einzelne Teil hat eine klare Funktion. Das Scherengitter aus Holz lässt sich winzig zusammenfalten, bietet aufgestellt aber eine enorme Stabilität. Die Dachstangen sind perfekt abgewinkelt, um die Last des dicken Filzes zu tragen. Im Winter halten mehrere Lagen Filz die Wärme des kleinen Ofens, und im Sommer hebt man die untere Schicht einfach an für eine natürliche Klimaanlage. Alles ohne einen einzigen Nagel, nur mit Lederriemen verbunden. Genial.

Reiseziele 2019 Restauranttisch aus Stein neben dem Strand auf den Seychellen
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Ulaanbaatar: Ein Lehrstück in Sachen „schnell und billig“

Die Hauptstadt ist das genaue Gegenteil. Hier sieht man die Bausünden vergangener Jahrzehnte in Reinform. Zuerst die massenhaft hochgezogenen Plattenbauten aus der Sowjet-Ära. Funktional, ja, aber energetisch eine Vollkatastrophe. Die Wärmebrücken an den Betonfertigteilen (quasi Kälte-Autobahnen direkt durch die Wand) sind riesig. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie an den Innenwänden im Winter Eisblumen wuchsen, weil die Kälte ungehindert durch den Beton kroch.

Heute wachsen überall Glasfassaden und moderne Hochhäuser in den Himmel. Doch die Qualität… naja. Oft sieht man schon nach wenigen Jahren Risse im Beton oder undichte Fenster. Ein riesiges Problem ist der Permafrostboden, der im Sommer auftaut und sich bewegt. Das erfordert spezielle, teure Gründungen, die aus Kostengründen leider oft vernachlässigt werden.

Was man als Profi sofort erkennt: Viel Stahl und Zement müssen teuer aus Russland oder China importiert werden, was Abhängigkeiten schafft. Das Strom- und Wassernetz ächzt unter dem schnellen Wachstum, und ein Blick auf die chaotisch verlegten Oberleitungen sagt eigentlich schon alles. Während das traditionelle Handwerk mit Holz und Leder von höchster Qualität ist, fehlt es im modernen Baugewerbe oft an gut ausgebildeten Leuten. Das siehst du an schiefen Fliesen oder schlecht eingepassten Türen.

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Kleine Toolbox für Mongolei-Reisende: Packt immer eine Rolle gutes Panzertape und ein paar stabile Kabelbinder ein. Klingt banal, aber aus meiner Erfahrung lässt sich damit in der Pampa fast alles provisorisch flicken, vom gerissenen Kühlerschlauch bis zum Zeltgestänge. Und Achtung: Die Kälte im Winter ist kein Witz. Eine Autopanne kann lebensgefährlich werden. Respekt vor der Natur ist hier die oberste Regel.

Was denkt ihr? Ist dieser Spagat zwischen uralter Perfektion und modernem Bau-Chaos überhaupt zu schaffen?

Bhutan: Wenn Bauen ein spiritueller Akt ist

Nach Bhutan kommt man nicht einfach so. Das Land schützt sich vor Massentourismus durch eine Art Reisepauschale, die man pro Tag einplanen muss. Das liegt meist so zwischen 200 und 250 US-Dollar, deckt aber Guide, Unterkunft und Verpflegung ab. Was erst mal abschreckend klingt, ist ein Segen für die Kultur und Natur. Ich war mal für einen kleinen Handwerker-Austausch dort, und das hat meine Sicht aufs Bauen nachhaltig geprägt.

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Architektur als Ausdruck des Glücks

Hier gibt es strenge Bauvorschriften, die tief in der Tradition verwurzelt sind. Jedes neue Gebäude muss traditionelle Elemente haben: aufwendig geschnitzte und bemalte Holzelemente, eine spezielle Dachform, weiß gekalkte Wände. Architektur ist hier mehr als nur eine Hülle, sie ist Ausdruck der nationalen Identität.

Viele der alten Häuser und die mächtigen Klosterburgen, die „Dzongs“, wurden aus Stampflehm errichtet. Dabei werden Lehmschichten in einer Holzschalung verdichtet, bis Mauern entstehen, die locker 80 cm bis einen Meter dick sind. Die isolieren fantastisch – im Winter warm, im Sommer kühl. Man spürt das sofort, wenn man so einen Raum betritt. Es ist still, die Luft ist angenehm, und es riecht nach Holz.

Ein alter Baumeister hat mir mal erklärt, dass der Bau eines Hauses hier immer auch ein spiritueller Prozess ist. Man wählt den Ort sorgfältig, achtet auf die Himmelsrichtungen und führt kleine Rituale durch, um die Geister des Ortes um Erlaubnis zu bitten. Das schafft eine ganz andere Verbindung zum Projekt.

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Natürlich wird auch hier modern gebaut, aber selbst ein Betonbau bekommt ein traditionelles Holzdach und kunstvolle Fensterrahmen. Die Handwerkskunst ist unglaublich. Ich hab Zimmerleuten zugesehen, wie sie komplexe Zapfenverbindungen herstellten (eine Holzverbindung, die ganz ohne Metall auskommt und durch pures Ineinanderstecken bombenfest hält) – eine Technik, die bei uns fast ausgestorben ist.

Was der Fachmann sieht: Man denkt hier seit Jahrhunderten in Kreisläufen, indem man lokale Materialien wie Holz, Stein und Lehm verwendet. Außerdem liegt das Land in einer Erdbebenzone. Die traditionelle Holzrahmenbauweise ist erstaunlich flexibel und widerstandsfähig. Und die Qualität der Holzarbeiten ist eine Klasse für sich. Das ist noch echte Kunst.

Eine spannende Frage, oder? Wie viel Tradition muss man für den Fortschritt opfern – oder kann man beides verbinden?

Uruguay: Europäisches Flair mit Rissen in der Fassade

Uruguay, besonders Montevideo, fühlt sich auf den ersten Blick total vertraut an. Die Architektur erinnert stark an Paris oder Madrid – wunderschöne alte Gebäude mit Stuck und schmiedeeisernen Balkonen. Aber als Handwerker sehe ich eben auch die feinen Risse, den abblätternden Putz und die Spuren der feuchten, salzigen Atlantikluft.

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Die Substanz der Altstadt ist solide: dicke Ziegelmauern, hochwertige Hartholzböden, Marmor in den Eingangshallen. Gebaut von europäischen Einwanderern, die ihr Handwerk mitbrachten. Aber der Erhalt ist eine immense Herausforderung. Das Klima greift alles an. Eine fachgerechte Sanierung wäre extrem teuer, also wird oft nur kosmetisch ausgebessert.

Ein typisches Beispiel, das jeder versteht: Man sieht es oft an den Balkonen. Statt den rostigen Stahl der Brüstung mühsam bis aufs blanke Metall abzuschleifen, zu grundieren und neu zu versiegeln, wird einfach eine dicke Schicht Farbe drübergepinselt. Das sieht für eine Saison gut aus und platzt dann im feuchten Klima erst recht wieder ab. Ein Kampf gegen Windmühlen.

Übrigens, hier ist mir auch mal ein klassischer Fehler unterlaufen. Ich stand vor einem alten Haus in Montevideo und dachte: „Oh je, die Wände sind ja total schief, das ist doch einsturzgefährdet!“ Ein lokaler Kollege hat mich dann freundlich ausgelacht und erklärt, dass sich der Untergrund über die Jahrzehnte einfach gesetzt hat und die Struktur in sich stabil ist. Das Haus steht schon ewig so. Eine wichtige Lektion in Sachen Demut!

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Praktischer Tipp: Seid in älteren Gebäuden vorsichtig mit der Elektrik. Mehrfachsteckdosen an einer einzigen alten Dose sind keine gute Idee. Und schaut auf den Gehwegen ab und zu mal nach oben – es ist nicht ausgeschlossen, dass sich kleine Putzteile von einer Fassade lösen.

Was ist hier die richtige Strategie: der originalgetreue, aber teure Erhalt oder die schnelle, günstige Rettung vor dem endgültigen Verfall?

Oman: Ein Meisterkurs in Sachen Kühlung

Im Oman zu arbeiten war eine Lektion in Physik. Stell dir vor, du arbeitest bei über 45 Grad im Schatten. Da lernst du verdammt schnell, was funktioniert und was nicht. Der Kontrast zwischen traditioneller, an das Klima angepasster Architektur und modernen, energieintensiven Glaspalästen könnte nicht größer sein.

Die Weisheit der alten Baumeister

Ein Besuch in alten Lehmbausiedlungen ist wie ein Seminar über passives Kühlen. Die Häuser aus dicken Lehmziegeln stehen eng beieinander, spenden sich Schatten und erzeugen in den Gassen einen kühlenden Düseneffekt. Die Wände speichern tagsüber die Hitze außen, innen bleibt es kühl. Die Fenster sind klein und strategisch platziert. Das alles funktioniert ohne eine einzige Kilowattstunde Strom.

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Absolut genial ist der „Barjeel“, der Windturm. Stellt euch das so vor: Der Turm hat oben Öffnungen, die den Wind einfangen, egal aus welcher Richtung er kommt. Dieser Wind wird dann nach unten in die Wohnräume gedrückt. Oft steht unten noch ein Wasserbecken, über das die Luft streicht. Durch die Verdunstung kühlt die Luft nochmal um ein paar Grad ab. Eine Klimaanlage ohne Strom – genial einfach.

Der Kampf gegen die Sonne

Die moderne Architektur in Muscat erkauft sich ihren Komfort mit enormem Energieaufwand. Große Glasfassaden sind in diesem Klima eigentlich ein Unding. Ohne permanent laufende, riesige Klimaanlagen wären diese Gebäude unbewohnbar. Die gesamte Technik muss permanent gewartet werden, und der feine Wüstensand setzt sich in jede Ritze.

Wichtiger Sicherheitshinweis aus der Praxis: Die größte Gefahr für uns Europäer ist die Hitze. Ich habe erlebt, wie ein junger Kollege trotz aller Warnungen einen Hitzschlag erlitt. Trinkt ständig Wasser, auch wenn ihr keinen Durst habt. Das ist keine Empfehlung, das ist eine Überlebensregel. Macht es wie die Einheimischen: Das Leben findet in den kühlen Morgen- und Abendstunden statt.

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Fazit: Dein eigener Meisterblick für zu Hause

Reisen kann so viel mehr sein, wenn man anfängt, auf die Substanz zu achten. Man erkennt die Herausforderungen der Menschen, ihren Erfindungsreichtum und ihre Traditionen. Und das Beste ist: Diesen Blick kannst du auch zu Hause anwenden.

Hier ist ein kleiner Spickzettel, mit dem du deine eigene Wohnung oder dein Haus mal mit dem „Meisterblick“ untersuchen kannst:

  • Risse an Fenstern & Türen: Schau dir die Ecken der Fenster- und Türrahmen genau an. Laufen von dort feine, diagonale Risse weg? Das kann auf Spannungen im Mauerwerk hindeuten.
  • Wasserflecken & Geruch: Ein leicht muffiger Geruch, besonders in Kellern oder Bädern, ist oft das erste Anzeichen für Feuchtigkeit, noch bevor man Flecken sieht.
  • Der Klopf-Test: Klopfe mal sanft auf deine Fliesen im Bad oder in der Küche. Klingt eine hohl? Dann hat sie sich vom Untergrund gelöst und könnte bald Risse bekommen oder abfallen.
  • Fenster & Türen: Klemmen sie? Schließen sie dicht? Schleifen sie am Boden? Das verrät viel über die Setzung des Gebäudes und den Zustand der Bauteile.

Diese Art des Sehens macht demütig. Sie zeigt, dass es auf die gleichen Grundfragen des Lebens überall auf der Welt unterschiedliche, aber oft gleichwertige Antworten gibt. Und das ist vielleicht die wertvollste Erkenntnis, die man mit nach Hause bringen kann: Gute Arbeit und kluge Lösungen findet man überall, man muss nur genau hinschauen.

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„Die ehrlichste Sprache einer Stadt ist die, die in Stein und Mörtel geschrieben steht.“

Dieser alte Handwerkerspruch bringt es auf den Punkt. Während Hochglanzbroschüren von Wohlstand erzählen, verrät der Zustand der Kanaldeckel, die Qualität der Gehwegplatten und die Sauberkeit der Fugen in einer Ziegelmauer die wahre wirtschaftliche Lage und den Stolz der Bewohner. Achten Sie beim nächsten Spaziergang mal auf diese Details – sie lügen nie.

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Der kritische Blick auf den Putz: Was er über das Klima verrät

Glatter Zementputz: Oft ein Zeichen für schnelles, modernes Bauen. In feuchten Klimazonen (wie auf den Seychellen) kann er jedoch Feuchtigkeit einschließen und zu Schimmel oder Abplatzungen führen, wenn die Wand nicht atmen kann.

Rauer Kalkputz: Traditionell in heißen, trockenen Regionen (wie in Oman) verwendet. Er ist diffusionsoffen, das heißt, er nimmt Feuchtigkeit auf und gibt sie wieder ab. Das reguliert das Raumklima auf natürliche Weise und macht ihn extrem langlebig.

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  • Achten Sie auf die Ausrichtung der Fenster und die Tiefe der Laibungen.
  • Prüfen Sie, wie das Regenwasser vom Dach und von Balkonen abgeleitet wird.
  • Betrachten Sie die Sockelzone des Gebäudes auf Feuchtigkeitsspuren.

Das Geheimnis? Diese drei Punkte allein verraten Ihnen mehr über die durchdachte Planung eines Hauses und seine Anpassung an das lokale Klima als jede architektonische Stilbeschreibung.

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Schon mal von „Betonkrebs“ gehört?

Das ist kein Mythos, sondern ein Riesenproblem, besonders in Küstennähe. Salzhaltige Luft greift den Bewehrungsstahl im Beton an. Er rostet, dehnt sich aus und sprengt den Beton von innen. Das Ergebnis sind die unschönen Abplatzungen und Rostfahnen, die man an vielen Bauten in Meeresnähe sieht. Ein Zeichen dafür, dass entweder der falsche Stahl, eine zu dünne Betonüberdeckung oder eine ungeeignete Zementmischung verwendet wurde – oft eine Folge von Kostendruck bei Bauprojekten.

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Rund 40 % des weltweiten Energieverbrauchs und 36 % der CO2-Emissionen entfallen auf den Gebäudesektor.

Diese Zahl der Internationalen Energieagentur (IEA) zeigt, wie entscheidend kluges Bauen ist. Traditionelle Architekturen, wie die Lehmbauten in ariden Zonen oder Holzhäuser in Waldregionen, waren Meister der Nachhaltigkeit. Sie nutzten lokale Materialien und passive Klimatisierung. Eine Weisheit, die wir heute mit Hightech-Lösungen von Firmen wie Schüco oder Sto teuer wiederentdecken müssen.

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Das Dach: Die fünfte Fassade und der wahre Charakter eines Hauses. Es ist die direkteste Antwort auf das lokale Wetter. Ein weites, überstehendes Dach in den Tropen schützt vor sengender Sonne und Starkregen. Ein steiles Schindeldach in den Bergen lässt Schneelasten abrutschen. Eine flache Dachterrasse im Nahen Osten, oft aus einer soliden Betondecke gefertigt, erweitert den Lebensraum in die kühleren Abendstunden. Die Dachform ist nie ein Zufall, sondern pure, über Generationen erlernte Logik.

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Der Klang eines Ortes wird maßgeblich von seinen Baumaterialien geprägt. Betreten Sie eine alte Kirche aus massivem Stein – die Stille ist fast greifbar. Gehen Sie durch ein modernes Büro mit viel Glas und Stahl – jeder Schritt, jedes Wort hallt nach. Traditionelle Materialien wie Lehm, Holz und dicker Kalkputz absorbieren den Schall und schaffen eine ruhige, fast meditative Atmosphäre. Ein oft übersehener, aber entscheidender Aspekt der Lebensqualität.

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  • Risse im Mauerwerk: Feine Haarrisse sind oft nur oberflächlich. Diagonal verlaufende, klaffende Risse deuten auf Setzungen im Fundament hin – ein ernstes Problem.
  • Farbausblühungen: Weiße, pulvrige Stellen (Salpeter) an Wänden sind ein klares Indiz für aufsteigende Feuchtigkeit.
  • Flickwerk: Viele verschiedene Materialien und Reparaturstellen an einer Fassade erzählen Geschichten von Not, Pragmatismus oder einfach nur mangelnder Sorgfalt.
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Fugen sind die Handschrift des Handwerkers. Eine saubere, gleichmäßige Fuge in einer Natursteinmauer oder an einer gefliesten Fassade ist ein Zeichen von Stolz und Können. Eine unsaubere, mit zu viel Mörtel verschmierte Fuge hingegen schreit geradezu nach Akkordarbeit und Gleichgültigkeit. Es ist ein Detail, das sofort verrät, welcher Stellenwert der Qualität bei einem Bau beigemessen wurde.

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Was haben die Holzbalkone in den Alpen und die Fensterläden am Mittelmeer gemeinsam?

Sie sind Beispiele für „opferndes Material“. Das Holz ist so konstruiert, dass es den Elementen direkt ausgesetzt ist und über die Jahrzehnte verwittert. Es schützt aber die dahinterliegende, teurere Bausubstanz. Der entscheidende Punkt: Diese Teile wurden so gebaut, dass sie von einem lokalen Handwerker leicht und mit einfachen Mitteln ausgetauscht werden können. Ein genial nachhaltiges Konzept, das im Zeitalter verklebter und versiegelter Bauelemente fast verloren gegangen ist.

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In Japan gibt es den Begriff „Shakkei“ (借景), die „geborgte Landschaft“.

Dabei wird die Architektur so gestaltet, dass sie ferne Elemente wie einen Berg oder das Meer gezielt in die Gartengestaltung oder einen Raum einrahmt. Dies zeigt ein tiefes Verständnis für den Dialog zwischen Gebäude und Umgebung. Ein Prinzip, das man weltweit in meisterhafter traditioneller Architektur findet, wo ein Fenster nicht nur eine Öffnung, sondern ein bewusst komponiertes Bild ist.

Achten Sie auf die Metalle, die im Freien verwendet werden. In Küstenregionen ist Edelstahl V4A fast schon Pflicht für Geländer oder Verschraubungen, um Korrosion zu widerstehen. Sieht man stattdessen billigen, verzinkten Stahl, der bereits Rost ansetzt, ist das ein klares Indiz für kurzfristiges Denken. Echter, massiver Bronzeguss für Türgriffe oder Beschläge hingegen ist ein Statement für die Ewigkeit – teuer, aber ein Zeichen für kompromisslose Qualität, das Generationen überdauert.

Julia Steinhoff

Meine Interessen für Design haben im großen Teil meine berufliche Laufbahn bestimmt. Zuerst habe ich einen Hochschulabschluss in Journalistik (BJO) an der Universität Hannover erworben, wo ich anschließend ein Magisterstudium in Fernsehjournalismus und Dokumentarfilm (MTV) gemacht habe. Gleich nach diesem Studium habe ich meine Arbeitskarriere als Journalistin bei verschiedenen Medien begonnen. Im Jahr 2017 habe ich ein interessantes Arbeitsangebot von Freshideen.com erhalten und es sofort angenommen. So hat meine Karriere bei Freshideen begonnen. Als Online-Autorin schreibe ich seit Jahren spannende Artikel über Innendesign, Outdoor-Gestaltung, Dekoration, Mode und Lifestyle. Genau in diesen Themenbereichen liegen auch meine beruflichen Interessen. Ich bemühe mich ständig darum, unsere Leser/innen über die Neuigkeiten und die letzten Trends im Interieur und Exterieur zu informieren und sie zu neuen kreativen Projekten zu motivieren. In meiner Freizeit gehe ich gern schwimmen, jogge oder spiele Tennis. Natürlich finde ich auch Zeit für Bücher lesen und fernsehen.