Mehr als nur Blech: Was den Ur-Sportwagen wirklich so besonders macht

von Emma Wolf
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In unserer Werkstatt reden wir viel über Autos. Über Motoren, Blech und die Geschichten dahinter. Kürzlich kam ein junger Azubi auf mich zu, ganz aufgeregt. Er hatte online was über einen alten Porsche gelesen, der für eine irre Summe unter den Hammer kommen sollte – den Typ 64. Er fragte mich, was ein Auto so unfassbar teuer machen kann.

Meine Antwort? Der Preis ist was für Sammler und Spekulanten. Für uns, die mit den Händen am Metall arbeiten, ist das Nebensache. Der wahre Wert von diesem Wagen klebt nicht am Preisschild. Er steckt im Blech, in der cleveren Technik und in der revolutionären Idee dahinter. Dieses Auto ist der Ursprung, der genetische Code von allem, was später den berühmten Namen tragen sollte. Und um das zu verstehen, müssen wir uns die Hände schmutzig machen und mal unter die glänzende Aluminiumhaut schauen.

Ich bin seit Jahrzehnten Karosseriebaumeister und restauriere Oldtimer. Ich hatte schon so ziemlich alles auf der Bühne, vom frühen 356er bis zum modernen 911er. Aber der Typ 64 ist eine andere Liga. Das ist kein Serienauto. Es ist ein Prototyp, eine Studie in Sachen Leichtbau und Aerodynamik, gebaut in einer Zeit, als die Regeln der Technik neu geschrieben wurden. Ich will euch hier keine trockene Geschichtsstunde geben. Ich will euch zeigen, was ich als Handwerker in diesem Wagen sehe. Wir reden über die Physik seiner Form, die Kunst seiner Herstellung und die Herausforderungen, so ein Juwel heute am Leben zu erhalten.

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Die Basis: Ein Käfer im Rennanzug? Nicht ganz.

Oft hört man, der Typ 64 sei ja nur ein KdF-Wagen (der spätere Käfer) mit einer schicken Karosserie. Aber ganz ehrlich? Das ist viel zu einfach gedacht. Ja, die technische Grundlage kommt vom KdF-Wagen, was unheimlich pragmatisch und clever war. Die Designer nutzten, was da und erprobt war. Doch die Änderungen gehen viel, viel tiefer.

Stellt euch das mal im direkten Vergleich vor: Der normale KdF-Wagen war aus Stahlblech, brachte solide 750 kg auf die Waage und wurde von gemütlichen 23,5 PS angetrieben. Und der Typ 64? Die Karosserie wurde aus superleichtem Aluminium gefertigt, das Gesamtgewicht lag bei nur rund 540 kg, und am Ende kitzelten die Ingenieure bis zu 50 PS aus dem Motor. Das ist nicht nur ein Sportanzug, das ist eine komplett andere Welt!

Motor-Tuning wie aus dem Lehrbuch

Der Motor selbst, ein luftgekühlter Vierzylinder-Boxer, war im Grunde derselbe. Aber die Profis haben gezeigt, wie man aus wenig verdammt viel macht. Das war kein billiges Chiptuning, das war echtes, handfestes Engineering.

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  • Größere Ventile: Ganz klassisch, um mehr Luft-Sprit-Gemisch rein und mehr Abgase raus zu bekommen. Die Basis für jede Leistungssteigerung.
  • Höhere Verdichtung: Das Gemisch wurde stärker komprimiert, was für mehr Bums bei der Zündung sorgt. Eine heikle Sache bei der damaligen Benzinqualität!
  • Doppelvergaser: Statt einem zentralen Vergaser bekam jede Zylinderbank ihren eigenen. Das sorgt für kürzere Wege, eine bessere Füllung und ein viel spontaneres Ansprechverhalten.

Das Ergebnis war eine Höchstgeschwindigkeit von über 140 km/h. Klingt heute nicht wild, aber damals war das für einen Motor mit kaum einem Liter Hubraum eine absolute Sensation. Jedes PS musste nur etwa 11 kg bewegen – ein Wert, der zeigt, wie unglaublich effizient das ganze Konzept war.

Die Karosserie: Wo Handwerk zur Kunst wird

Und jetzt kommen wir zu dem Teil, bei dem mein Herz als Karosseriebauer höherschlägt. Die Hülle des Typ 64 ist das eigentliche Meisterwerk. Sie ist der Grund für die Geschwindigkeit und seine heutige Bedeutung.

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Aluminium – leicht und zickig

Die Karosserie besteht aus einer leichten Aluminiumlegierung, die man damals eher im Flugzeugbau fand. Extrem leicht, aber auch eine echte Diva in der Verarbeitung. Anders als Stahlblech, das man gut pressen und schweißen kann, ist Alu spröder. Es verhärtet beim Formen und muss immer wieder geglüht werden, damit es nicht reißt. Das Schweißen war damals eine Kunst für sich.

Übrigens, ein Riesenproblem bei dieser Mischbauweise aus Stahlrahmen und Aluhaut ist die Kontaktkorrosion. Wo die beiden Metalle sich berühren, frisst der edlere Stahl das unedlere Aluminium quasi auf. Ein Albtraum für jeden Restaurator! Damals hat man sich mit Filz- oder Bitumenstreifen beholfen. Heute haben wir zum Glück spezielle Isoliergrundierungen und Trennfolien aus dem Boots- oder Flugzeugbau, die das Problem viel besser in den Griff bekommen. Die kosten zwar ein paar Euro mehr, sind aber jeden Cent wert und in jedem guten Fachhandel für Restaurationsbedarf zu finden.

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Mit dem Hammer geformt

Diese fließenden Formen? Die kamen nicht aus einer Presse. Jedes einzelne Blechteil wurde von Hand über einem massiven Holzmodell in Form getrieben. Das ist eine Arbeit, die heute nur noch wenige Spezialisten beherrschen. Du brauchst Gefühl, ein gutes Gehör für das Metall und unendlich viel Geduld. Man hört am Klang des Hammers, ob sich das Blech streckt oder staucht.

Nur mal so als Hausnummer: Ein einziges Kotflügelteil für so ein Fahrzeug heute von Hand nachzubauen… da reden wir von Tagen, nicht von Stunden. Plane da mal locker 80-100 Arbeitsstunden und einen Preis im mittleren vierstelligen Bereich ein. Nur für ein Teil. Das macht klar, warum diese Handwerkskunst so wertvoll ist.

Die Form folgt der Funktion

Die Form des Wagens ist pure Physik. Damals erkannten die Pioniere der Aerodynamik, dass der Luftwiderstand der größte Feind der Geschwindigkeit ist. Die Tropfenform ist die strömungsgünstigste, die es gibt. Alles ist rund, es gibt keine Kanten, die den Luftstrom stören. Sogar die Räder waren verkleidet, um Luftverwirbelungen zu vermeiden. Effizienz in Reinform: nicht nur die Leistung hochschrauben, sondern auch den Widerstand senken. Eine Philosophie, die bis heute im Sportwagenbau gilt.

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Der Meister-Check: Worauf es wirklich ankommt

Stellen wir uns mal vor, so ein Wagen stünde bei mir zur Begutachtung. Da schaue ich auf ganz andere Dinge als ein Auktionator. Man muss die Sprache des Materials verstehen. Hier ist meine kleine Checkliste, die du übrigens bei jedem Oldtimer anwenden kannst:

  1. Der Klopf-Test: Gehe um das Auto und klopfe mit deinem Fingerknöchel sanft auf verschiedene Stellen des Blechs. Klingt es hell, klar und metallisch? Super, wahrscheinlich nur Blech mit Lack. Klingt es aber dumpf, kurz und irgendwie „tot“? Achtung! Das ist ein typisches Zeichen für eine dicke Schicht Spachtelmasse darunter, die eine alte Reparatur kaschiert.
  2. Spaltmaße prüfen: Schau dir die Abstände zwischen Türen, Hauben und Karosserie an. Bei einem handgefertigten Auto sind die nie 100% perfekt wie bei einem Roboter-gebauten Neuwagen. Aber sie sollten gleichmäßig sein. Große Unterschiede oder ein seltsamer Verlauf deuten auf einen schlecht reparierten Unfallschaden oder eine verzogene Karosserie hin.
  3. Die kritischen Zonen: Lege dich (wenn möglich) unters Auto und leuchte mit einer Taschenlampe auf die Verbindungsstellen zwischen Rahmen und Karosserie, die Radkästen und die Schweller. Suchst du nach Rost? Ja, aber bei Alu-Karossen vor allem nach Rissen und Korrosionsspuren an den Kontaktpunkten zum Stahl. Das sind die teuersten Baustellen.
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Ein wichtiger Hinweis zur Sicherheit!

Ganz ehrlich: So ein Auto ist nach heutigen Maßstäben nicht sicher. Keine Gurte, keine Airbags, keine Knautschzone. Die Trommelbremsen brauchen viel mehr Kraft und haben einen längeren Bremsweg. Wer so ein Fahrzeug bewegt, braucht Respekt und muss vorausschauend fahren. Man muss die Technik verstehen.

Ach ja, das unsynchronisierte Getriebe! Herunterschalten geht nur mit der fast vergessenen Technik des „Zwischengasgebens“. Das ist aber keine Hexerei. Kleiner Tipp: So geht’s: 1. Kupplung treten, Gang rausnehmen. 2. Kupplung loslassen und einen kurzen, beherzten Gasstoß geben, um die Motordrehzahl anzupassen. 3. Schnell wieder kuppeln und den kleineren Gang einlegen. Mit etwas Übung auf einem freien Parkplatz geht das bald in Fleisch und Blut über und schont das Getriebe ungemein.

Restaurieren: Bewahren statt Blenden

Die Frage, wie man so ein Auto restauriert, ist fast schon philosophisch. Für ein historisches Dokument wie den Typ 64 gibt es nur einen Weg: die Konservierung. Jede Delle, jeder Kratzer erzählt eine Geschichte. Man würde technische Defekte beheben, aber die Spuren der Zeit erhalten. Ein Riss im Blech würde nicht durch ein Neuteil ersetzt, sondern von einem Spezialisten mit den Techniken von damals geschweißt.

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Unter seriösen Restauratoren gibt es da eine Art Ehrenkodex, der auf internationalen Richtlinien beruht. Die Kernidee ist einfach: Erhalte die Geschichte, nicht nur das Auto. Es geht darum, ein technisches Kulturgut für die Nachwelt zu bewahren, und nicht darum, ein blitzblankes Spielzeug für eine Ausstellung zu erschaffen. Das ist die hohe Schule unseres Handwerks.

Das Erbe: Die DNA aller späteren Sportwagen

Wenn man den Typ 64 neben einen frühen 356er stellt, sieht man die direkte Blutlinie. Die Grundprinzipien sind identisch:

  • Leichtbau: So wenig Gewicht wie möglich.
  • Aerodynamik: Eine windschlüpfrige Form für hohe Geschwindigkeiten.
  • Heckmotor: Der Boxer im Heck für beste Traktion.
  • Evolution: Eine gute Idee immer weiter verbessern.

Dieser Wagen ist mehr als nur das erste Auto, das einen berühmten Namen trug. Er ist die Blaupause, die Verkörperung einer Philosophie. Er ist der Beweis, dass man mit cleverem Engineering und exzellentem Handwerk Großes schaffen kann. Wenn ihr also das nächste Mal ein Bild vom Typ 64 seht, denkt nicht an den Auktionspreis. Denkt an die Handwerker, die das Aluminium mit Gefühl formten. Denkt an die Ingenieure, die aus einem kleinen Motor eine Legende machten. In diesem alten Blech steckt die Seele von allem, was danach kam. Und dieser Wert ist wirklich unbezahlbar.

Emma Wolf

Ich liebe es, unseren Lesern und Leserinnen praktische und einzigartige Informationen, Tipps und Life Hacks über allmögliche Themen zu geben, die sie in ihrem Alltag auch tatsächlich anwenden können. Ich bin immer auf der Suche nach etwas Neuem – neuen Trends, neuen Techniken, Projekten und Technologien.