Dein Esszimmer einrichten: Worauf es wirklich ankommt – Tipps vom Profi

von Mareike Brenner
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Ich hab in meiner Laufbahn als Tischler schon unzählige Wohnungen und Häuser von innen gesehen. Küchen montiert, Schlafzimmer gestaltet, Wohnwände auf den Millimeter genau eingepasst. Aber ganz ehrlich? Kein Raum verrät so viel über uns wie das Esszimmer. Hier kommt die Familie zusammen, hier wird geredet, gelacht, gestritten und gefeiert. Es ist das wahre Herz eines Zuhauses.

Deshalb ist es auch so eine wichtige Aufgabe, diesen Raum einzurichten. Es geht nicht darum, schnell irgendwelche Möbel aus dem Katalog reinzustellen, die in zwei Jahren wieder out sind. Als Handwerker denke ich anders. Ich denke in Jahrzehnten, nicht in Saisons. Ein gutes Esszimmer braucht eine solide Basis, die funktioniert und Freude macht, auch wenn sich der Geschmack ändert. Ich will dir hier mein Wissen weitergeben – nicht als Verkäufer, sondern als jemand, der sein Handwerk liebt. Lass uns mal durchgehen, worauf es bei Tisch, Stühlen und dem ganzen Drumherum wirklich ankommt.

1. Die Grundlage: Erst messen, dann träumen!

Ganz ehrlich, der häufigste Fehler, den ich erlebe? Leute verlieben sich im Möbelhaus in einen riesigen, wunderschönen Tisch und kaufen ihn, ohne zu messen. Ich erinnere mich an einen Kunden, der so stolz auf sein neues Prachtstück war – bis er merkte, dass die Balkontür nicht mehr aufging. Das ist kein Witz! Die Planung beginnt nicht mit einem Katalog, sondern mit einem Zollstock in deinem eigenen, leeren Raum. Das ist das absolute A und O.

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Die Verkehrsflächen sind das Wichtigste:

  • Platz hinter dem Stuhl: Plane mindestens 90 cm Abstand von der Tischkante zur Wand oder zum nächsten Schrank ein. Das ist das absolute Minimum, damit jemand aufstehen und hinter einer sitzenden Person durchschlüpfen kann. Viel bequemer und alltagstauglicher sind 110 bis 120 cm. Dann kommt man auch mit einem vollen Tablett noch locker durch.
  • Platz pro Person am Tisch: Rechne mit 60 cm Breite für jedes Gedeck, damit man sich nicht ständig mit den Ellenbogen anrempelt. Wenn du oft Stühle mit Armlehnen nutzt, sind 70 cm noch besser. In der Tiefe braucht jeder etwa 40 cm für Teller, Besteck und Gläser.

Kleiner Tipp: Markier die Umrisse deines Wunschtisches einfach mal mit Malerkrepp auf dem Boden. Stell ein paar Stühle dran und mach eine Trockenübung. Wie fühlt es sich an, aufzustehen? Kommst du noch bequem zum Fenster? Diese simple Übung hat schon so manchen vor einem teuren Fehlkauf bewahrt.

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2. Das Herzstück: Der richtige Esstisch

Der Tisch ist der Star im Raum. Seine Wahl bestimmt die Atmosphäre und die Funktion. Hier solltest du wirklich nicht am falschen Ende sparen. Die wichtigste Entscheidung betrifft das Material und – ganz wichtig – seine Flexibilität.

Materialkunde: Was dein Tisch aushalten muss

Massivholz: Ein Freund fürs Leben
Ein Tisch aus massivem Holz ist eine Anschaffung, die dich überlebt. Holz lebt, es atmet und bekommt mit den Jahren Charakter. Kleine Kratzer? Sind keine Katastrophe, sondern erzählen eine Geschichte. Und das Beste: Man kann es abschleifen und neu behandeln, dann sieht es wieder aus wie neu.

  • Eiche: Der absolute Klassiker. Extrem hart, robust und zeitlos. Perfekt für den Familienalltag. Ein massiver Eichentisch (ca. 200 x 100 cm) liegt preislich meist zwischen 800 € und 2.500 €, je nach Plattenstärke und Gestell.
  • Buche: Ebenfalls sehr hart und widerstandsfähig, aber mit einer ruhigeren, feineren Maserung. Oft im skandinavischen Stil zu finden.
  • Nussbaum: Edel und ausdrucksstark. Das dunkle, oft wolkenartig gemaserte Holz schafft eine warme, luxuriöse Atmosphäre. Nussbaum ist teurer, da musst du eher ab 2.000 € aufwärts rechnen, aber die Wirkung ist unvergleichlich.
  • Kiefer/Fichte: Das sind Weichhölzer. Deutlich günstiger (ab ca. 300-600 €), aber eben auch empfindlicher. Hier entstehen schnell Dellen und Kratzer. Für den rustikalen Landhaus-Look kann das gewollt sein, für den täglichen Familien-Wahnsinn ist es aber weniger geeignet.

Wichtig bei Massivholz: Holz arbeitet! Das ist reine Physik. Es dehnt sich bei Feuchtigkeit aus und zieht sich bei Trockenheit zusammen. Ein gut gemachter Tisch berücksichtigt das. Die Platte darf niemals starr mit dem Gestell verschraubt sein, sonst kann sie reißen. Achte auf Langlöcher oder spezielle Halteklammern unter der Platte – ein verstecktes, aber entscheidendes Qualitätsmerkmal.

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Furnier: Besser als sein Ruf
Vergiss das Billig-Image. Hochwertiges Furnier ist eine Kunst. Hauchdünne Holzblätter werden auf eine stabile Trägerplatte geklebt. Das erlaubt wunderschöne, spiegelbildliche Maserungen, die mit Massivholz unmöglich wären. Außerdem ist es formstabil. Der Nachteil: Bei einer tiefen Macke ist die Reparatur was für den Profi.

Der Alltagsheld: Der ausziehbare Tisch

Was aber, wenn mal mehr Gäste kommen? Genau hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Ein Ausziehtisch ist für viele die perfekte Lösung. Aber achte auf den Mechanismus!

  • Einlegeplatten: Der Klassiker. Du ziehst den Tisch auseinander und legst eine oder mehrere Platten in die Mitte. Simpel und robust, aber du musst die Platten irgendwo lagern.
  • Butterfly-Auszug: Hier ist die Platte im Tisch integriert. Man zieht den Tisch auseinander, klappt die innenliegende Platte wie einen Schmetterling auf und schiebt alles wieder zusammen. Super praktisch, weil alles an Ort und Stelle bleibt.
  • Kopfauszug: Die Platten werden am Kopfende des Tisches ausgezogen. Das ist oft eleganter, da die Beine mitwandern und niemand am Tischbein sitzen muss.

Egal welches System: Teste es im Laden! Läuft es leichtgängig? Wirkt die Konstruktion stabil, auch im ausgezogenen Zustand? Ein wackeliger Auszug, der nach zwei Jahren klemmt, raubt dir den letzten Nerv.

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Geölt oder lackiert? Eine Glaubensfrage mit praktischen Folgen

Okay, lass uns das mal aufdröseln. Bei der Oberfläche gibt es zwei Lager:

Eine geölte Oberfläche fühlt sich einfach fantastisch an. Man spürt das echte Holz, es kann atmen und verbessert sogar das Raumklima. Kleine Kratzer? Kannst du oft selbst ausbessern. Der Nachteil: Ein geölter Tisch ist anfangs empfindlicher und braucht etwas Pflege. Du solltest ihn ein- bis zweimal im Jahr nachölen. Ein Rotweinfleck muss sofort weggewischt werden.

Eine lackierte Oberfläche ist quasi die pflegeleichte Rüstung für dein Holz. Der Lack bildet eine geschlossene Schicht, die super robust gegen Flüssigkeiten und Schmutz ist. Abwischen, fertig. Der Nachteil: Es fühlt sich halt nicht mehr ganz so natürlich an, fast ein bisschen wie Kunststoff. Und wenn du doch mal eine tiefe Schramme im Lack hast, ist die Reparatur aufwendig und ein Fall für den Fachmann.

Profi-Tipp: Erste Hilfe für geölte Tische
Panik! Ein Rotweinfleck! Was tun? SOFORT mit einem feuchten Tuch (nur Wasser!) abtupfen, nicht reiben. Ist der Fleck schon eingezogen, lass ihn komplett trocknen. Dann mit einem feinen Schleifpad (240er Körnung oder feiner) ganz sanft in Faserrichtung über die Stelle schleifen, bis der Fleck weg ist. Staub entfernen und einen Hauch Pflegeöl mit einem Tuch auftragen, kurz einwirken lassen, Überschuss abwischen. Fertig! Sieht aus wie neu.

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Noch ein Tipp: Achte darauf, dass die Oberflächenbehandlung für den Kontakt mit Lebensmitteln geeignet ist. Seriöse Hersteller geben das immer an (oft als „lebensmittelecht“ oder mit Verweis auf eine entsprechende Norm für Kinderspielzeug).

3. Die Sitzgelegenheiten: Bequemlichkeit ist Trumpf

Der schönste Stuhl nützt nichts, wenn dir nach einer halben Stunde der Rücken wehtut. Ein Stuhl muss bequem sein, Punkt.

Probesitzen ist Pflicht! Und zwar nicht nur für 30 Sekunden. Setz dich im Möbelhaus ruhig mal für 10-15 Minuten hin. Lehn dich zurück, rutsch nach vorne. Fühlt es sich gut an? Die Füße sollten flach auf dem Boden stehen können und zwischen Sitzfläche und Tischunterkante sollten etwa 30 cm Platz sein.

Achte auf die Konstruktion. Ein Massivholzstuhl sollte klassische Holzverbindungen haben (Zapfen, Dübel), nicht nur Schrauben, die sich ständig lockern. Wackle mal dran! Bei Polsterstühlen frag nach der Scheuerfestigkeit des Stoffes (angegeben in Martindale). Für den täglichen Gebrauch sollten es mindestens 20.000 sein.

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Ach ja, und trau dich ruhig, Stühle zu mischen! Ein alter Erbstuhl am Kopfende neben modernen Schalenstühlen? Sieht super aus und macht den Look persönlich. Achte nur darauf, dass die Sitzhöhen ungefähr zusammenpassen.

4. Das Licht: Mehr als nur eine Glühbirne

Licht macht Stimmung. Du brauchst eine flexible Lösung: hell genug zum Essen, aber auch gemütlich-gedimmt für den Wein danach. Die Pendelleuchte über dem Tisch ist dabei zentral. Häng sie etwa 60-70 cm über die Tischplatte – so blendet sie nicht und man kann sich noch ins Gesicht schauen.

Wichtig ist eine warmweiße Lichtfarbe (ca. 2.700 bis 3.000 Kelvin) und dass die Lampe dimmbar ist. Verlass dich aber nicht nur auf die Deckenleuchte. Zusätzliche Lichtinseln, wie eine kleine Lampe auf dem Sideboard oder eine Stehlampe in der Ecke, machen den Raum erst richtig wohnlich.

Achtung! Elektroinstallationen sind ein Fall für den Profi. Lass Lampen immer von einer qualifizierten Elektrofachkraft anschließen. Das dient deiner eigenen Sicherheit.

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5. Stauraum und die unsichtbaren Helfer

Ein Sideboard oder eine Anrichte sind Gold wert, um Geschirr, Gläser und Tischdecken zu verstauen. Achte auf Details wie sanft schließende Schubladen und Türen – das ist die Qualität, die man täglich spürt. Hohe Möbel wie Vitrinen oder Regale solltest du übrigens immer an der Wand befestigen, um ein Umkippen zu verhindern, besonders wenn Kinder im Haus sind.

Ein oft vergessener Aspekt ist die Akustik. In einem Raum mit harten Böden und kahlen Wänden hallt es schnell unangenehm. Die einfachste Lösung? Weiche Materialien! Ein Teppich unter dem Esstisch wirkt Wunder und definiert den Bereich optisch. Auch Vorhänge und Polsterstühle schlucken viel Schall.

Der Akustik-Schnelltest: Leg einfach mal eine große Wolldecke unter deinen Esstisch und hör auf den Unterschied beim Reden. Überzeugt? Dann ist ein Teppich die Investition definitiv wert!

Maßanfertigung: Wann lohnt sich der Gang zum Tischler?

Gerade in Altbauten mit schiefen Wänden oder bei speziellen Wünschen wie einer gemütlichen Eckbank, die den Platz perfekt ausnutzt, ist eine Maßanfertigung oft die beste Lösung. Ja, das kostet mehr als ein Möbel von der Stange, löst aber Probleme, die Standardmöbel nicht lösen können. Und du bekommst ein echtes Unikat.

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Wie findet man einen guten Tischler? Mundpropaganda ist immer gut. Ansonsten such online nach der „Tischler-Innung“ in deiner Stadt oder frag einfach mal im lokalen Holzfachhandel nach Empfehlungen. Die haben oft gute Kontakte.

Mein Fazit für dich

Ein Esszimmer einzurichten, ist eine Reise. Nimm dir Zeit dafür. Fass die Materialien an, sitz Probe und plane sorgfältig. Denk dran: Echte Qualität steckt oft im Verborgenen – in stabilen Verbindungen und durchdachten Details.

Ein gut geplantes Esszimmer ist so viel mehr als nur eine Ansammlung von Möbeln. Es ist eine Investition in dein Zuhause und in die unzähligen schönen Stunden, die du dort verbringen wirst. Wenn du auf solide Handwerksqualität achtest, schaffst du einen Ort, der nicht nur heute schön ist, sondern dir und deiner Familie über viele Jahre Freude bereiten wird. Und das ist es doch, worauf es am Ende ankommt.

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Kann man wirklich verschiedene Stühle am Esstisch kombinieren?

Unbedingt! Das ist der schnellste Weg, um Persönlichkeit zu zeigen und starre Sets aufzubrechen. Der Trick liegt darin, ein verbindendes Element zu finden. Kombinieren Sie zum Beispiel einen ikonischen Vitra Eames Plastic Chair mit einem rustikalen Schemel und einem klassischen Wiener Geflechtstuhl von Thonet. Was sie eint? Vielleicht ein ähnlicher Holzton oder eine gemeinsame Farbpalette (z.B. alles in Schwarz-, Weiß- und Grautönen). So entsteht ein lebendiges, aber harmonisches Bild, das Geschichten erzählt – genau wie die Abende, die Sie daran verbringen.

Wussten Sie, dass das richtige Licht die Geschmackswahrnehmung beeinflussen kann? Studien deuten darauf hin, dass warmes, gedämpftes Licht das Essenserlebnis als angenehmer und entspannter empfinden lässt.

Deshalb ist eine dimmbare Pendelleuchte über dem Esstisch keine Spielerei, sondern eine Investition in die Atmosphäre. Modelle wie die „PH 5“ von Louis Poulsen sind so konzipiert, dass sie den Tisch blendfrei ausleuchten und eine gemütliche Lichtinsel schaffen. So wird das Essen nicht nur zum Sattwerden, sondern zum echten Genussmoment.

Mareike Brenner

Mareike ist 1991 in Bonn geboren und hat ihr Diplom in der Fachrichtung Journalistik an der TU Dortmund erworben. Sie hat einen Hintergrund im Bereich Design, da sie an der HAW Hamburg Illustration studiert hat. Mareike hat aber einen Sprung in die Welt des Journalismus gemacht, weil sie schon immer eine Leidenschaft für kreatives Schreiben hatte. Derzeit ist sie in der Redaktion von Freshideen tätig und schreibt gern Berichte über Schönheitstrends, Mode und Unterhaltung. Sie kennt übrigens alle Diäten und das Thema „Gesund abnehmen“ wird von ihr oft bevorzugt. In ihrer Freizeit kann man sie beim Kaffeetrinken mit Freunden antreffen oder sie bleibt zu Hause und zeichnet. Neulich hat sie eine neue Leidenschaft entdeckt, und das ist Online-Shopping.