Die Kunst des Faltens: Wie du Geschenke machst, die wirklich im Gedächtnis bleiben
Jedes Jahr das gleiche Spiel, oder? Die Leute rennen durch überfüllte Städte, jagen nach Geschenken und kaufen am Ende oft irgendwas Teures, das nach den Feiertagen eh nur in der Schublade landet. Ganz ehrlich, in meiner Werkstatt habe ich über die Jahre eines gelernt: Der wahre Wert eines Geschenks hat absolut nichts mit dem Preisschild zu tun. Er steckt in der Zeit, der Ruhe und dem Gedanken, den man investiert.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Teil 1: Das Herzstück – Das richtige Papier finden
- 2 Teil 2: Deine Werkzeuge – Mehr als nur Finger
- 3 Teil 3: Die Grundgrammatik des Faltens
- 4 Teil 4: Das erste Projekt – Der Fröbelstern
- 5 Teil 5: Für Ambitionierte – Die Magie des Nassfaltens
- 6 Teil 6: Die Bühne für dein Werk – Die richtige Präsentation
- 7 Ein letztes Wort aus der Werkstatt
- 8 Bildergalerie
Ein von Hand gemachtes Geschenk ist wie ein persönlicher Brief in einer Welt voller E-Mails. Es zeigt, dass du dir wirklich Zeit für jemanden genommen hast.
Ich arbeite schon mein Leben lang mit den Händen. Ob Holz, Metall oder eben Papier – die Regeln sind immer die gleichen. Du musst dein Material verstehen, dein Werkzeug im Griff haben und vor allem Geduld mitbringen. Viele wollen immer sofort das Meisterstück erschaffen. Aber ich sage immer: Fang mit einem sauberen Schnitt an. Lerne, eine exakte Linie zu falten. Der Rest? Der kommt dann fast von allein.
Dieser Beitrag hier ist also keine schnelle Liste mit Bastelideen. Sieh es als Einladung in meine Welt. Ich zeig dir die Grundlagen so, wie ich sie jedem beibringe, der es ernst meint. Wir reden über das richtige Papier, die passenden Werkzeuge und die Techniken, die wirklich den Unterschied machen. Also, mach dir eine Tasse Tee oder Kaffee, und lass uns anfangen.
Teil 1: Das Herzstück – Das richtige Papier finden
Alles fängt beim Material an. Wer glaubt, mit billigem Kopierpapier weit zu kommen, wird schnell frustriert sein. Die Fasern brechen, die Kanten werden unsauber und die Farben wirken einfach nur flach. Ein gutes Papier ist die halbe Miete, das ist kein Spruch, das ist eine Tatsache. Es fühlt sich einfach anders an und benimmt sich beim Falten wie ein gut erzogener Partner.
Eine Frage des Gewichts und der Faser
Im Fachjargon spricht man von Grammatur (g/m²). Das ist im Grunde nur das Gewicht pro Quadratmeter und ein super Anhaltspunkt für den Anfang.
- 60-80 g/m² (Leichtgewichte): Perfekt für sehr komplexe Modelle mit unzähligen kleinen Faltungen. Japanisches „Kami“-Papier fällt oft in diese Kategorie. Du findest es meist mit einer farbigen und einer weißen Seite, was super praktisch für Anfänger ist, um den Überblick zu behalten. Aber Achtung: Dieses Papier verzeiht keine Fehler. Ein falscher Knick bleibt für immer sichtbar. Einen Block mit vielen Blättern bekommst du oft schon für 5 bis 10 Euro.
- 90-120 g/m² (Der Alleskönner): Das ist meine absolute Empfehlung für Einsteiger. Stabil genug für saubere, scharfe Kanten, aber noch flexibel genug für die meisten Projekte. Papiere wie „Tant“ fühlen sich mit ihrer leicht rauen Oberfläche einfach klasse an. Ideal für Tiere, Schachteln oder den berühmten Kranich. Damit machst du nichts falsch.
- 120-160 g/m² (Starkes Papier): Dieses Kaliber ist super für geometrische Formen, stabile Sterne oder Geschenkschachteln. Für filigrane Sachen ist es aber zu steif – die Falten werden schnell dick und ungenau. Es ist aber perfekt für die Nassfalt-Technik, auf die wir später noch kommen.
Kleiner Trick mit großer Wirkung: Die Laufrichtung
Das hier ist so ein Detail, das die Profis von den Amateuren trennt. Papierfasern liegen meist in einer bestimmten Richtung. Faltest du parallel dazu, wird der Falz superglatt. Faltest du quer dazu, können die Fasern leicht brechen und die Kante wird unschön.
Probier’s mal aus: Schnapp dir ein normales Blatt Druckerpapier. Biege es vorsichtig einmal längs und einmal quer, ohne es richtig zu knicken. Du wirst merken, dass es sich in eine Richtung viel leichter und runder biegt. Das ist die Laufrichtung! Dieses Wissen ist pures Handwerkergold.
Wo kriegt man das gute Zeug?
Vergiss den Supermarkt. Geh in einen Laden für Künstlerbedarf oder einen wirklich gut sortierten Schreibwarenladen. Online sind Shops wie Gerstaecker oder Modulor eine super Anlaufstelle. Dort kannst du nach speziellem Origami-Papier suchen. Schau nach Marken aus Japan, die haben eine jahrhundertealte Tradition und wissen, was sie tun.
Teil 2: Deine Werkzeuge – Mehr als nur Finger
Klar, theoretisch kannst du nur mit den Händen falten. Aber wenn du Ergebnisse willst, die sauber und präzise aussehen, sind ein paar simple Werkzeuge Gold wert. Es geht nicht darum, viel Geld auszugeben, sondern darum, es sich einfacher zu machen und die Qualität zu steigern.
Dein erstes richtiges Set kostet dich wahrscheinlich weniger als 30 Euro, und du hast ewig was davon.
- Das Falzbein (Dein bester Freund): Das ist kein Luxus, sondern pure Notwendigkeit für knackig scharfe Kanten. Es gibt sie aus Kunststoff, Teflon oder traditionell aus Knochen. So ein einfaches Kunststoff-Falzbein kostet vielleicht 8 bis 15 Euro und macht einen RIESEN Unterschied. Glaub mir, wer einmal damit gearbeitet hat, will nie wieder nur den Fingernagel benutzen, der das Papier nur fettig und die Kanten rund macht.
- Schneidematte & Stahllineal: Scheren sind der natürliche Feind des rechten Winkels. Wenn du dein Papier selbst zuschneiden musst, ist eine kleine, selbstheilende Schneidematte (um die 10-15 €) und ein einfaches Stahllineal plus ein scharfer Cutter (zusammen ca. 15 €) die beste Investition. Der Schnitt wird perfekt gerade, und du bist auf der sicheren Seite.
- Achtung, Sicherheit! Ein kleiner, aber ernster Hinweis: Wenn du mit einem Cutter oder Skalpell arbeitest, schneide IMMER vom Körper weg. Kein Stress, keine Hektik. Und nach getaner Arbeit: Klinge einfahren oder Schutzkappe drauf. Ich hab schon genug unschöne Schnitte in Werkstätten gesehen, die durch pure Unachtsamkeit passiert sind.
Teil 3: Die Grundgrammatik des Faltens
Jedes noch so verrückte Origami-Modell basiert auf einer Handvoll einfacher Grundfaltungen. Wenn du die im Schlaf beherrschst, kannst du quasi jede Anleitung der Welt lesen. Nimm dir am Anfang einfach ein paar Schmierblätter und übe sie ein paar Mal.
- Die Talfalte: Die einfachste Übung. Du faltest eine Kante zu einer anderen, sodass eine Vertiefung wie ein Tal entsteht. In Anleitungen ist das meist eine gestrichelte Linie. Der Trick ist, die Ecken und Kanten wirklich exakt aufeinanderzulegen, bevor du die Falte feststreichst.
- Die Bergfalte: Logisch, das genaue Gegenteil. Die Falte bildet einen Grat nach oben, wie ein Berg. Meistens entsteht sie, indem du eine Talfalte machst und das Papier einfach umdrehst.
- Die Quetschfalte: Klingt brutal, ist aber eine super nützliche Technik. Du öffnest eine gefaltete Spitze ein wenig und drückst sie von oben platt. So wird aus einer einfachen Spitze eine quadratische Form – fundamental für unzählige Tierköpfe oder Beine.
- Die Umkehrfalte: Brauchst du, um die Richtung einer Spitze zu ändern, zum Beispiel für einen Vogelschnabel. Du öffnest den Bereich ein bisschen, klappst die Spitze entlang der vorhandenen Falten nach innen und drückst alles wieder zu. Hier ist Geduld gefragt! Wer hier zu schnell ist, riskiert, dass das Papier reißt.
Deine erste kleine Hausaufgabe: Nimm ein quadratisches Schmierblatt und falte es nur mit Tal- und Bergfalten in 16 exakt gleich große, saubere Quadrate. Wenn das sitzt, bist du bereit für mehr!
Teil 4: Das erste Projekt – Der Fröbelstern
Bevor wir uns an wilde Tiere wagen, starten wir mit einem Klassiker, der tief in der hiesigen Weihnachtstradition verwurzelt ist: dem Fröbelstern. Technisch gesehen ist es kein reines Origami, weil er aus Streifen geflochten wird. Aber er ist die perfekte Übung für Geduld, räumliches Denken und den Umgang mit Papierspannung.
Material und Vorbereitung
Du brauchst vier Papierstreifen. Ein gutes Verhältnis von Breite zu Länge ist etwa 1:30. Für einen schönen Stern nimmst du am besten Streifen, die 1,5 cm breit und 45 cm lang sind. Du kannst fertige Sets kaufen (kosten meist nur ein paar Euro) oder sie selbst aus 120 g/m² Papier schneiden.
Schritt für Schritt zum Stern
Und jetzt mal ehrlich: Diese Anleitung nur zu lesen, kann einen anfangs ganz schön ins Schwitzen bringen. Mein Profi-Tipp: Lies dir einen Schritt durch, mach ihn nach, und schau dir zur Kontrolle ein kurzes Video dazu auf YouTube an. Die Kombination aus Lesen und Sehen ist unschlagbar, um den Dreh rauszukriegen.
- Die Basis flechten: Falte jeden der vier Streifen einmal in der Mitte und öffne ihn wieder. Lege sie dann nach und nach ineinander und ziehe sie zu einem kleinen, geflochtenen Quadrat in der Mitte fest. Das ist das Fundament.
- Die flachen Zacken falten: Nun faltest du reihum die oberen Streifen über die Mitte, sodass das Quadrat geschlossen und stabiler wird. Der letzte Streifen wird dabei unter den ersten geschoben.
- Die Dreiecksspitzen formen: Jetzt werden die flachen Zacken geformt. Du nimmst einen Streifen, faltest ihn zu einem Dreieck und schiebst das Ende unter das Mittelquadrat. Das wiederholst du für alle vier Seiten, drehst das Ganze um und machst das Gleiche auf der Rückseite.
- Die 3D-Spitzen ziehen: Das ist der magische Moment! Du nimmst einen der übrigen Streifen, biegst ihn in einer Schlaufe und schiebst ihn vorsichtig unter die nächste Lasche, bis sich eine dreidimensionale Spitze aufstellt. Hier brauchst du Fingerspitzengefühl. Du spürst ein leises Einrasten, wenn es perfekt sitzt. Wiederhole das für alle acht Spitzen.
- Der Abschluss: Die überstehenden Enden schneidest du sauber mit einer kleinen Schere ab. Fertig!
Ein Rat aus Erfahrung: Dein erster Stern wird wahrscheinlich nicht perfekt. Das ist VÖLLIG normal. Mach direkt noch einen. Und dann noch einen. Beim dritten Mal wissen deine Finger, was zu tun ist. Ein Set aus drei oder fünf Sternen in abgestuften Größen ist übrigens ein fantastisches Geschenk.
Typische Anfängerfehler: Zwei Dinge gehen oft schief. Erstens: Man zieht die 3D-Spitzen zu fest, wodurch das Papier reißt. Sei sanft! Zweitens: Die Streifen werden falsch herum geflochten, sodass die schöne Seite innen liegt. Achte von Anfang an darauf, dass die richtige Seite außen ist.
Teil 5: Für Ambitionierte – Die Magie des Nassfaltens
Wenn du die Grundlagen draufhast, wartet eine ganz neue Welt auf dich: das Nassfalten (Wet-Folding). Diese Technik, die von den großen Meistern in Japan perfektioniert wurde, erlaubt es dir, dem Papier weiche, organische Kurven zu geben. Statt scharfer Kanten erschaffst du kleine Skulpturen.
Das Prinzip ist einfach: Durch leichtes Anfeuchten werden die Papierfasern weich und formbar. Du kannst das Papier dann fast wie Ton modellieren. Wenn es trocknet, verhärten die Fasern wieder in der neuen Form. Das Ergebnis ist erstaunlich stabil und lebendig. Dafür brauchst du aber dickeres Papier (mindestens 140 g/m²) und viel Geduld beim Trocknen. Das ist die Königsklasse, aber schon ein einfaches, nass gefaltetes Blatt hat eine unglaubliche Wirkung.
Teil 6: Die Bühne für dein Werk – Die richtige Präsentation
Das schönste Kunstwerk verliert seine Wirkung, wenn du es einfach so überreichst. Die Verpackung ist der letzte Akt der Sorgfalt und zeigt, dass du dir bis zum Schluss Gedanken gemacht hast.
- Die passende Schachtel: Falte eine simple Masu-Box aus einem schönen Stück Karton. (Das ist super einfach: Nimm ein Quadrat, falte die Ecken zur Mitte, dann die Außenkanten zur Mittellinie, klappe zwei Seiten auf und zieh die Wände hoch. Dauert keine zwei Minuten!) Leg sie mit Seidenpapier aus und bette dein Werk hinein.
- Eine kleine Szene: Stell ein gefaltetes Tier auf ein Stück Moos oder ein schönes Stück Treibholz. So schaffst du ein kleines Diorama, eine eigene kleine Welt.
- Das Geschenk der Fähigkeit: Das hier ist die perfekte Last-Minute-Geschenkidee. Kauf einen Block schönes Papier (ca. 10 €), ein Falzbein (ca. 8 €) und druck eine schöne Anleitung für den Kranich aus. Fertig ist ein Geschenk für unter 20 €, das Kreativität und eine neue Fähigkeit verschenkt. Besser geht’s kaum!
Ein letztes Wort aus der Werkstatt
Sei bitte ehrlich zu dir selbst. Nicht jedes Projekt ist für den Anfang geeignet. Wenn eine Anleitung aussieht, als wäre sie für Raketenwissenschaftler geschrieben, leg sie weg. Such dir was Einfacheres. Nichts killt die Kreativität so sehr wie Frust. Der Stolz auf ein einfaches, aber perfekt gefaltetes Stück ist der beste Motor, den es gibt.
Am Ende geht es nicht darum, das komplizierteste Modell zu falten. Es geht darum, sich Zeit zu nehmen, sich zu konzentrieren und mit den eigenen Händen etwas Einzigartiges zu schaffen. In diesem Stück Papier stecken deine Aufmerksamkeit und deine Geduld. Und genau das macht ein Geschenk unbezahlbar.
So, und jetzt bist du dran. Nimm dir ein Blatt Papier. Mach die erste Falte. Und schau, was daraus entsteht.
Bildergalerie
Das wichtigste Werkzeug, das in keinem Anfänger-Set erwähnt wird? Ein Falzbein. Vergessen Sie das Nachziehen von Kanten mit dem Fingernagel, das die Papierfasern beschädigen und unschöne Glanzstellen hinterlassen kann. Ein echtes Bein- oder Teflon-Falzbein verdichtet das Papier für eine gestochen scharfe Kante, ohne es zu verletzen. Der Unterschied ist nicht nur sichtbar, sondern auch fühlbar.
„Beim Falten sollten die Hände nicht die einzige Kraft sein. Man muss sein ganzes Körpergewicht einsetzen… Man sollte das Papier mit seinem Geist falten.“ – Akira Yoshizawa, Großmeister des Origami
Mein Modell wirkt am Ende immer irgendwie schief. Woran liegt das?
Neun von zehn Mal liegt der Fehler in den allerersten Faltungen. Die Basis ist das Fundament. Ein Millimeter Abweichung bei der ersten diagonalen Faltung kann sich über 20 Schritte zu einem Zentimeter auswachsen. Nehmen Sie sich für die Grundfiguren – wie die „Vogel-“ oder „Wasserbomben-Basis“ – doppelt so viel Zeit. Perfektion hier ist der Schlüssel zu einem sauberen Endergebnis.
- Eine rutschfeste, selbstheilende Schneidematte (z.B. von Olfa).
- Ein Stahllineal mit Korkrückseite.
- Gute, indirekte Beleuchtung von oben.
- Saubere, trockene Hände.
Das Geheimnis? Ein Arbeitsplatz, an dem Präzision zur Selbstverständlichkeit wird.
Wichtiger Punkt: Nicht jedes Papier ist zum Nassfalten geeignet. Diese Technik, bei der das Papier leicht angefeuchtet wird, um organische Kurven zu formen, erfordert Material mit hoher Reißfestigkeit und langen Fasern. Suchen Sie nach Spezialpapieren wie „Elephant Hide“ von Zanders oder handgeschöpftem Lokta-Papier. Normales Origamipapier würde sich einfach auflösen.
Kami-Papier: Dünn und knackig, meist farbig auf einer und weiß auf der anderen Seite. Ideal für komplexe Modelle mit vielen übereinanderliegenden Schichten, da es wenig aufträgt.
Tant-Papier: Etwas dicker, durchgefärbt und mit einer feinen, kreppartigen Textur. Es ist robust, verzeiht auch mal ein Korrekturfalten und verleiht Modellen eine wunderbare Haptik und Stabilität.
Für den Anfang ist Tant oft die dankbarere Wahl.
Wussten Sie, dass der Weltrekord für die meisten Faltungen aus einem einzigen Blatt Papier bei einem 1200 Meter langen Toilettenpapier lag? Es wurde 13 Mal in die gleiche Richtung gefaltet.
Das illustriert die exponentielle Zunahme der Dicke. Bei komplexem Origami ist daher nicht die Größe des Papiers entscheidend, sondern seine Dünnheit und Stärke, um die Papiermasse im Zentrum des Modells zu bewältigen.
Die japanische Ästhetik des Wabi-Sabi feiert die Schönheit im Unvollkommenen. Übertragen auf Ihre Faltkunst bedeutet das: Ein leicht unregelmäßiges, handgeschöpftes Washi-Papier mit sichtbaren Fasern kann einem einfachen Modell mehr Seele einhauchen als ein makelloses, maschinell hergestelltes Blatt. Es geht um die Geschichte, die das Material erzählt.
Denken Sie über das einzelne Modell hinaus und entdecken Sie die Welt des modularen Origami. Hier werden mehrere, oft einfache Einheiten gefaltet und dann zu einem komplexen, dreidimensionalen Körper zusammengesteckt – ganz ohne Klebstoff. Der „Sonobe-Würfel“ ist ein klassisches Einsteigermodell, das süchtig machen kann.
Wie schütze ich meine fertigen Papierskulpturen?
Papier ist empfindlich gegenüber UV-Licht und Staub. Um Ihre Werke haltbar zu machen, können Sie sie mit einem matten Fixativ-Spray für Künstler (z.B. von Schmincke oder Marabu) aus ca. 30 cm Entfernung hauchdünn versiegeln. Für besonders wertvolle Stücke ist eine Präsentation unter einer Glasglocke oder in einem tiefen Bilderrahmen (Objektrahmen) der beste Schutz.
- Alte Landkarten für ein Geschenk an einen Reiselustigen.
- Notenblätter vom Lieblingslied des Beschenkten.
- Die Seiten eines aussortierten Lieblingsbuchs.
- Selbst marmoriertes oder bemaltes Papier.
Das Material selbst wird so Teil der persönlichen Botschaft.
Manchmal braucht es mehr als nur Faltung. Kirigami, die Kunst des Papierschneidens, ergänzt Origami perfekt. Mit einem präzisen Skalpell (z.B. ein X-Acto-Messer) können Sie feine Details hinzufügen, Flügelmuster ausschneiden oder faszinierende Pop-up-Karten gestalten, die Ihr gefaltetes Geschenk begleiten.
Der letzte Schliff ist die Präsentation. Ein einzelner, meisterhaft gefalteter Phönix aus schimmerndem Metallic-Papier, platziert in einer schlichten, mit dunklem Samt ausgelegten Schachtel, entfaltet eine immense Wirkung. Weniger ist oft mehr, wenn die Qualität stimmt.
„Die wahre Essenz des Origami liegt darin, dass aus einem einzigen Blatt Papier ohne den Einsatz von Schere oder Klebstoff eine Form entsteht.“
Dieser puristische Ansatz ist das Herz der traditionellen Lehre. Jede Faltung hat eine Funktion und trägt zur endgültigen Form bei. Es ist eine Übung in Effizienz und planerischem Denken.
Wenn Sie mit sehr feinem oder empfindlichem Papier arbeiten, kann statische Aufladung zum Problem werden. Ein einfacher Trick: Befeuchten Sie ein Tuch ganz leicht und wischen Sie über Ihre Arbeitsfläche, bevor Sie beginnen. Das reduziert die statische Anziehung und das Papier lässt sich leichter handhaben.
Fühlen Sie sich bei den Anleitungen manchmal verloren? Lernen Sie, die universelle Sprache der Origami-Symbole zu lesen. Eine gestrichelte Linie bedeutet immer eine Talfalte (Valley Fold), eine Strich-Punkt-Linie eine Bergfalte (Mountain Fold). Ein Pfeil mit einer Schlaufe symbolisiert das Wenden des Papiers. Wer diese „Vokabeln“ beherrscht, kann fast jedes Diagramm der Welt lesen.
Warum sollte ich Kleber verwenden, wenn es gegen die Regeln verstößt?
Im Purismus ja, in der Praxis nein. Bei komplexen, figürlichen Modellen, die dauerhaft in Form bleiben sollen, verwenden selbst Meister einen Hauch Klebstoff zur Fixierung. Der Trick ist, den richtigen zu wählen. Methylcellulose (ein Buchbinderleim) ist ideal: Er trocknet transparent, flexibel und ist reversibel, ohne das Papier zu verfärben.
- Ermöglicht sanfte, organische Kurven statt harter Kanten.
- Verleiht dem fertigen Modell eine beeindruckende Festigkeit.
- Ist die Technik hinter vielen hyperrealistischen Tiermodellen.
Das Geheimnis? Die Nassfalt-Technik, bei der das Papier mit einem feinen Sprühnebel oder Schwamm leicht angefeuchtet wird, um die Fasern formbar zu machen. Eine Technik für Fortgeschrittene, die das Spiel verändert.
Verleihen Sie Ihren Geschenken eine unsichtbare Dimension: Ein paar Tropfen ätherisches Öl auf einem Wattebausch, der über Nacht mit dem Papier in einer verschlossenen Tüte liegt, kann dem Geschenk eine subtile Duftnote verleihen. Zedernholz für einen Drachen, Lavendel für einen Schwan – eine kleine Geste mit großer Wirkung.
„Crease Pattern“ (Faltmuster): Wenn Sie online auf die Diagramme von Meistern wie Satoshi Kamiya stoßen, sehen Sie oft nur ein Netz aus Linien auf einem Quadrat. Dies ist kein Schritt-für-Schritt-Diagramm, sondern die „Blaupause“ des fertigen Modells. Das Entschlüsseln und Falten nach einem solchen CP ist die Königsdisziplin im modernen Origami.
Die Wahl der Farbe ist mehr als nur Geschmack. In der japanischen Kultur hat sie eine tiefe symbolische Bedeutung. Ein roter Kranich steht für Glück und langes Leben und ist ein klassisches Geschenk zur Hochzeit oder für einen Kranken. Gold symbolisiert Reichtum und Ansehen. Ihre Farbwahl kann die Botschaft Ihres Geschenks subtil verstärken.
Der häufigste Anfängerfehler: Ungeduld. Man sieht das fertige, komplexe Modell und will sofort dorthin. Aber Origami ist ein Prozess, fast eine Meditation. Genießen Sie jeden einzelnen Schritt. Die Freude liegt nicht nur im Ergebnis, sondern im ruhigen, konzentrierten Akt des Schaffens selbst. Ein hastiger Falz ist selten ein guter Falz.
Nach der Tsunami-Katastrophe 2011 wurde das Falten von 1000 Papierkranichen („Senbazuru“) weltweit zu einem Symbol der Hoffnung und des Mitgefühls für Japan.
Ein einzelner Kranich ist ein schönes Objekt. Tausend zusammen sind eine kraftvolle Botschaft. Das zeigt, wie diese alte Kunst auch heute noch Menschen verbinden und Emotionen transportieren kann.
Wie beginne ich mit einem sehr großen Blatt Papier?
Bei Formaten über 50×50 cm wird das Handling zur Herausforderung. Falten Sie nicht auf dem Schoß, sondern auf einem großen, sauberen Tisch oder dem Fußboden. Anstatt mit einem Falzbein können Sie für die ersten großen Faltungen eine saubere, gerade Holzkante oder ein langes Acryllineal verwenden, um eine durchgehend gerade und scharfe Kante über die gesamte Länge zu erzielen.
Lassen Sie Licht durchscheinen! Experimentieren Sie mit transluzenten Papieren wie Pergamyn oder Vellum. Sie sind zwar anspruchsvoller im Umgang, da sie leicht brechen, aber das Ergebnis ist magisch. Ein daraus gefalteter Stern, ins Fenster gehängt, oder ein Tier, vor eine Lichtquelle gestellt, entfaltet eine ganz besondere, ätherische Schönheit.
