Altreifen-Upcycling: Dein Guide aus der Werkstatt – Ehrlich, praktisch, ohne Blödsinn
Hey, schön, dass du hier bist! In meiner Werkstatt hab ich schon so ziemlich alles in den Händen gehabt: Holz, Metall, Kunststoffe. Jedes Material hat seine Seele. Aber Altreifen? Ehrlich gesagt, die sind eine ganz andere Hausnummer. Jahrelang waren sie für mich einfach nur Müll – schwarze, sperrige Gummiklötze, die man teuer entsorgen muss.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Mehr als nur Gummi: Was in so einem Reifen steckt
- 2 Die Vorbereitung: Der unbeliebteste, aber wichtigste Schritt
- 3 Werkzeug & Technik: Wie man Gummi zähmt
- 4 Oberfläche: Wie du Farbe zum Halten bringst
- 5 Praxis-Projekte: Vom Hocker zur Gartenbank
- 6 Der letzte Schliff: Komfort und Optik
- 7 Sicherheit geht vor! (Das ist nicht verhandelbar)
- 8 Ein ehrliches Fazit
- 9 Bildergalerie
Doch irgendwann fängt man an, auch im Hässlichen das Potenzial zu sehen. Genau das ist doch der Kern von echtem Handwerk, oder? Nicht nur edle Hölzer zu polieren, sondern auch dem, was andere wegwerfen, einen neuen Sinn zu geben.
Dieser Guide hier ist keine Hochglanz-Bildergalerie mit Projekten, die am Ende eh keiner nachbaut. Ich will dir ganz direkt und ohne Filter aus meiner Werkstatterfahrung erzählen. Wir reden darüber, wie man einen Autoreifen wirklich bändigt. Denn, und das muss klar sein: Das ist keine Kleinigkeit. Das Material ist unfassbar zäh, dreckig und hat so seine Tücken. Aber mit dem richtigen Wissen, dem passenden Werkzeug und einer guten Portion Respekt kannst du daraus Dinge bauen, die ewig halten. Und ich sag dir auch, wann du besser die Finger davon lässt.

Mehr als nur Gummi: Was in so einem Reifen steckt
Bevor wir auch nur eine Säge anwerfen, müssen wir das Material kapieren. Ein Autoreifen ist ein kleines technisches Wunderwerk, gebaut, um jahrelang brutalsten Belastungen standzuhalten. Das macht ihn für uns so spannend, aber eben auch so schwierig.
Der innere Aufbau – Dein Feind und Freund
So ein Reifen ist nicht nur Gummi. Innen drin steckt eine komplexe Rüstung. Die Lauffläche, die auf der Straße rollt, ist extrem abriebfest. Darunter liegen mehrere Gürtellagen aus Stahlcord. Jap, du hast richtig gehört: feine, aber bärenstarke Stahldrähte. Genau die sind es, die dir jedes normale Sägeblatt in Sekunden ruinieren. Ich erinnere mich noch gut an meinen ersten Versuch… das war ein teurer Spaß, kann ich dir sagen!
Die Seitenwände sind flexibler, aber auch hier ist reißfestes Gewebe aus Nylon oder Ähnlichem drin. Der Wulst, der auf der Felge sitzt, hat einen dicken Drahtkern. Den zu durchtrennen, ist quasi unmöglich und brauchst du für die meisten Projekte zum Glück auch nicht.

Gut zu wissen: Es gibt kleine Unterschiede zwischen Sommer- und Winterreifen. Winterreifen haben oft eine weichere Gummimischung. Das macht sie manchmal einen Tick einfacher zu schneiden, aber sie sind eventuell auch etwas weniger formstabil für tragende Teile. Und unterschätz das Gewicht nicht! Ein einzelner PKW-Reifen wiegt locker 8 bis 12 Kilo. Das summiert sich bei einer Bank schnell.
Die Chemie und deine Gesundheit – Kein Grund zur Panik, aber zur Vorsicht
Jetzt mal im Ernst: Altreifen dünsten über lange Zeit Stoffe aus, darunter Weichmacher und andere chemische Verbindungen. Einige davon sind nicht gerade gesundheitsfördernd. Deshalb mein ganz klarer Rat als Handwerker mit Verantwortung: Bau daraus keine Möbel fürs Kinderzimmer und nutze sie NICHT für Pflanzbeete, in denen du Kräuter oder Gemüse anbauen willst. Das ist einfach keine gute Idee.
Im Garten als Hocker oder als Kübel für Zierpflanzen ist das aber eine andere Sache. An der frischen Luft verflüchtigen sich die Ausdünstungen schnell und die Konzentrationen sind unbedenklich. Direkter, ständiger Hautkontakt oder der Weg in die Nahrungskette sollte aber tabu sein.

Die Vorbereitung: Der unbeliebteste, aber wichtigste Schritt
Ein Reifen, der tausende Kilometer Asphalt gefressen hat, ist voll mit Dreck. Bremsstaub, Teer, Öl… dieser Schmutz sitzt tief in jeder Rille. Wer hier schludert, wird nie eine haltbare Lackierung hinbekommen und versaut sich die ganze Werkstatt.
So wird er WIRKLICH sauber
Vergiss den Gartenschlauch. Das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Am besten geht’s mit einem Hochdruckreiniger. Halte dabei etwa 20-30 cm Abstand, um das Gummi nicht zu zerfetzen.
Kleiner Tipp für alle ohne Profi-Equipment: Fahr zur nächsten SB-Waschanlage! Für 2-3 Euro kriegst du den Reifen mit Hochdruck porentief sauber. Ein unschlagbarer Trick.
Nach der ersten Runde mit Wasser kommt der entscheidende Schritt: der Entfetter. Ein simpler Kaltreiniger oder Felgenreiniger aus dem Autozubehör (kostet ca. 5-10 Euro die Flasche) wirkt Wunder. Satt einsprühen, ein paar Minuten wirken lassen und dann mit einer groben Bürste schrubben. Du wirst staunen, was da für eine schwarze Brühe runterkommt. Danach noch mal gründlich mit klarem Wasser abspülen, bis alles sauber ist.

Trocknen und Check-up
Danach muss der Reifen komplett durchtrocknen. Ein Tag in der Sonne ist ideal. Wasser, das drin bleibt, sorgt später nur für Ärger. Wenn er trocken ist, schau ihn dir genau an. Hat er tiefe Risse? Stehen irgendwo Stahldrähte raus? Solche Kandidaten sortiere ich sofort aus. Zu hohes Verletzungsrisiko, zu wenig Stabilität.
Werkzeug & Technik: Wie man Gummi zähmt
Gummi schneiden ist nicht wie Holz sägen. Es ist weich, aber gleichzeitig brutal zäh. Mit dem falschen Werkzeug gibt’s nur Frust und unsaubere Kanten.
Die Stichsäge ist dein bester Freund
Das Werkzeug der Wahl ist für mich klar die Stichsäge. Aber Achtung! Nicht mit einem Holzsägeblatt. Das verhakt sich, reißt und wird am Stahlcord sofort stumpf. Ich nehme am liebsten:
- Sägeblätter für weiche Materialien: Die sehen oft aus wie ein Brotmesser mit gewellter Schneide. Sie schneiden den Gummi, statt ihn zu zerreißen.
- Metall-Sägeblätter (Bimetall): Eine feine Zahnung ist hier der Schlüssel. Die packen auch den Stahlcord, ohne direkt aufzugeben.
Der wichtigste Trick, den ich jedem zeige: Schmieren! Ein Tropfen Spülmittel oder etwas Schneidöl auf dem Sägeblatt reduziert die Reibung enorm. Plötzlich gleitet die Säge fast wie von selbst. Arbeite immer mit niedriger Hubzahl und schalte den Pendelhub aus. Geduld ist hier alles.

Was ist mit anderen Werkzeugen? Eine Säbelsäge (Fuchsschwanz) geht auch, ist aber oft ein ziemliches Biest und schwer präzise zu führen. Vom Winkelschleifer (Flex) rate ich ab. Der erzeugt extreme Hitze, der Gummi schmilzt, stinkt und raucht wie die Hölle – das Ergebnis ist meist eine unsaubere, verschmorte Kante.
Bohren und bombenfest verschrauben
Zum Bohren nimmst du einen scharfen Holz- oder Metallbohrer bei niedriger Drehzahl. Bist du zu schnell, schmilzt das Loch, anstatt sauber gebohrt zu werden.
Und jetzt zum Verbinden: Normale Holzschrauben kannst du vergessen, die haben im weichen Gummi null Halt. Die Profi-Lösung sind durchgehende Schrauben. Ich benutze ausschließlich Schlossschrauben (DIN 603) aus Edelstahl V2A. Auf der Innenseite sind riesige Karosseriescheiben (DIN 9021) absolute Pflicht! Sie verteilen den Druck und verhindern, dass die Mutter durchs Gummi reißt. Gesichert wird mit einer selbstsichernden Mutter. Kostet ein paar Cent mehr, aber nur so hält es auch wirklich.
Oberfläche: Wie du Farbe zum Halten bringst
Ein schwarzer Reifen ist cool, aber manchmal will man Farbe. Hier scheitern die meisten, weil normaler Lack einfach abplatzt.

Der richtige Schichtaufbau ist alles
Eine haltbare Lackierung ist ein System. Wenn du einen Schritt auslässt, war alles umsonst.
- Reinigung: Haben wir schon geklärt. Absolut fett- und silikonfrei muss es sein. Zur Sicherheit wische ich die Fläche vor dem Lackieren nochmal mit Silikonentferner ab.
- Grundierung: Du brauchst eine Brücke zwischen Gummi und Lack. Das Zauberwort heißt „Plastic Primer“ (Kunststoff-Haftvermittler). Gibt’s als Spraydose im Baumarkt oder Autozubehör. Dünn aufnebeln, das reicht.
- Lackierung: Nimm keinen starren Lack. Du brauchst etwas mit Restelastizität. Hochwertige Außenlacke auf Acrylbasis, Bootslacke oder spezielle Lacke für LKW-Planen funktionieren gut. Lieber zwei bis drei dünne Schichten als eine dicke. Plane mal eine Dose Primer und zwei Dosen Farblack für ein oder zwei Reifen ein.
Ganz ehrlich: Selbst die beste Lackierung ist auf einem Reifen, der draußen steht, eine Wartungsarbeit. Nach ein paar Jahren in Sonne und Frost wirst du vielleicht kleine Risse sehen. Das ist normal und lässt sich mit wenig Aufwand ausbessern.

Troubleshooting: Wenn die Farbe doch mal abblättert, lag es zu 99 % an der Vorbereitung. Dann heißt es: leicht anschleifen und an der Stelle mit dem Plastic Primer nochmal neu aufbauen.
Praxis-Projekte: Vom Hocker zur Gartenbank
So, genug Theorie. Lass uns was bauen!
Projekt 1: Der einfache Hocker (Anfänger)
Der perfekte Einstieg. Simpel, schnell und superstabil.
- Material & Kosten: 1 Altreifen (kostenlos von der Werkstatt um die Ecke), 1 runde Holzplatte (18 mm Multiplex, ca. 15 € im Baumarkt), 4 Schlossschrauben M6x50 mit Scheiben/Muttern (ca. 5 €), Schleifpapier, Lack/Öl (Restbestand oder ca. 10 €). Gesamtkosten: ca. 30 €.
- Anleitung: Reifen säubern. Innendurchmesser oben messen, Holzplatte 2-3 mm kleiner zusägen. Kanten schleifen, Holz wetterfest behandeln. Platte in den Reifen legen, seitlich durch Reifen und Holzkante bohren und mit den Schlossschrauben festziehen. Fertig.
- Zeitaufwand: Etwa 2 Stunden (ohne Trocknungszeiten).
Projekt 2: Der Pflanzkübel (Anfänger)
Ein Klassiker, aber mit einem entscheidenden Detail.
- Material & Kosten: 1 Altreifen (kostenlos), optional eine Dose Farbe (ca. 10 €).
- Anleitung: Reifen säubern. Umdrehen und mit einem 10-mm-Bohrer zahlreiche Löcher durch die Lauffläche bohren. Das ist der wichtigste Schritt gegen Staunässe! Wieder umdrehen. Jetzt kannst du ihn lackieren. Ein Stück Unkrautvlies reinlegen, eine Schicht Kies als Drainage, dann Erde drauf.
- Wichtiger Hinweis: Wie gesagt, nur für Zierpflanzen! In der prallen Sonne kann ein schwarzer Reifen sehr heiß werden. Ein heller Anstrich schützt die Wurzeln deiner Pflanzen.
- Zeitaufwand: Etwa 1 Stunde (plus Trocknungszeit für die Farbe).

Projekt 3: Die stabile Gartenbank (Fortgeschrittene)
Hier geht’s um Stabilität. Bitte arbeite sorgfältig.
- Material & Kosten: 3 Altreifen (kostenlos), 4-6 stabile Holzbohlen (z.B. Lärche, ca. 40-80 € je nach Länge und Qualität), lange Schlossschrauben M8 (ca. 10-15 €), Holzlasur. Gesamtkosten: ca. 50-100 €.
- Anleitung: Reifen reinigen. Zwei Reifen als einen Fuß stapeln, den dritten als anderen Fuß. Bohlen als Sitzfläche auflegen. Jetzt kommt’s: Bohre von oben durch die äußersten Bohlen und den kompletten Reifenstapel darunter. Lange M8-Schlossschrauben durchstecken und unten mit riesigen Scheiben und Muttern fest anziehen. Das verbindet alles und presst die Reifen zusammen.
- Sicherheitscheck: Wenn alles montiert ist, setz dich drauf, wackle dran. Da darf absolut nichts kippen oder nachgeben. Die Verantwortung für eine sichere Konstruktion liegt bei dir.
- Zeitaufwand: Ca. 3-4 Stunden.
Der letzte Schliff: Komfort und Optik
Purer Gummi ist nicht immer bequem. Mit ein paar Tricks wird’s aber richtig schick.
Umwickeln mit Seil
Ein mit Seil umwickelter Reifen sieht wahnsinnig edel aus. Dickes Sisal- oder Juteseil ist super, für draußen ist ein Kunstfaserseil (Polypropylen) aber haltbarer, weil es nicht verrottet. Plane für einen normalen PKW-Reifen mal grob 50 Meter Seil mit 10 mm Durchmesser ein. Das kann je nach Seilart 20-40 € kosten.

Trag einen starken, wasserfesten Montagekleber (z.B. von Pattex oder UHU) auf und wickle das Seil Windung für Windung ganz eng drumherum. Das ist eine meditative, aber langwierige Arbeit. Die Enden musst du extrem gut verkleben.
Polsterauflagen für Sitzmöbel
Die einfachste Lösung für Komfort. Schneide eine 5-10 cm dicke Schaumstoffplatte zu und beziehe sie mit einem robusten Outdoor-Stoff oder LKW-Plane. Das Polster kannst du lose auflegen oder mit Klettband fixieren.
Sicherheit geht vor! (Das ist nicht verhandelbar)
Ein guter Handwerker denkt immer an seine Sicherheit. Immer.
- Schutzbrille: Gummipartikel und Metallsplitter vom Stahlcord willst du nicht im Auge haben.
- Arbeitshandschuhe: Schützen vor Dreck und scharfen Kanten.
- Staubmaske: Der feine Gummistaub beim Sägen ist nichts für deine Lunge.
Achtung, Brandschutz! Reifen brennen wie Zunder und entwickeln hochgiftigen Rauch. Stell deine neuen Möbel also niemals in die Nähe vom Grill, einer Feuerschale oder einem Heizstrahler.
Ein ehrliches Fazit
Möbel aus Altreifen zu bauen, ist mehr als nur ein DIY-Projekt. Es ist eine echte Auseinandersetzung mit einem widerspenstigen, aber am Ende dankbaren Material. Jedes Stück, das du fertigstellst, hat Charakter und erzählt eine Geschichte.

Dein Lohn ist nicht nur ein individuelles und fast unzerstörbares Möbelstück. Es ist das unbezahlbare Gefühl, einem Abfallprodukt mit deinen eigenen Händen einen neuen Wert gegeben zu haben. Und genau das, mein Freund, ist die pure Essenz des Handwerks. Geh mit Respekt, Geduld und dem Wissen von hier an die Sache ran. Dann wirst du verdammt lange Freude daran haben.
Bildergalerie




Bevor du auch nur daran denkst, Farbe aufzutragen, muss der Reifen klinisch rein sein. Wir reden hier nicht von „mal kurz abwischen“. Nimm einen Hochdruckreiniger, wenn du einen hast. Ansonsten ist eine harte Wurzelbürste und ein starker Entfetter dein bester Freund. Bremsenreiniger aus der Sprühdose wirkt Wunder, um die silikonhaltigen Trennmittel zu entfernen, sonst perlt dir später jede Farbe einfach ab.



Wusstest du schon? Jährlich fallen allein in Deutschland rund 600.000 Tonnen Altreifen an. Nur ein Teil davon wird stofflich wiederverwertet – jedes Upcycling-Projekt hilft also, diesen riesigen Berg ein kleines bisschen abzutragen.




Der richtige Schnitt – eine Frage der Ehre?
Vergiss deine feine Holzsäge. Für gerade Schnitte durch die Lauffläche ist ein Winkelschleifer mit einer dünnen Metalltrennscheibe die brutalste, aber effektivste Methode. Achtung: Das raucht, stinkt und wirft Funken, wenn du auf den Stahlcord triffst! Für feinere Arbeiten oder Kurven in der Seitenwand hat sich eine Stichsäge mit einem groben Metallsägeblatt bewährt. Und immer gilt: Schutzbrille auf, egal was kommt!



- Pflanzkübel für robuste Gewächse wie Bambus oder Gräser
- Eine stabile Schaukel für den Garten (Seitenwände verstärken!)
- Individueller Fahrradständer vor der Garage
- Ein kleiner Sandkasten für die Kids (unbedingt die Kanten abschleifen!)
Manchmal sind die einfachsten Ideen die besten. Ein Reifen ist mehr als nur ein Hocker.




Die Farbwahl entscheidet alles: Ein mattschwarzer Reifen wirkt industriell und chic. Ein knallig lackierter Reifen, zum Beispiel mit Lacken von Hammerite, die direkt auf schwierigen Untergründen haften, wird zum echten Hingucker im Garten. Für einen natürlicheren Look kannst du den Reifen auch komplett mit dickem Sisal- oder Juteseil umwickeln. Das schafft eine warme, organische Textur, die den Gummi komplett verschwinden lässt.



„Das Problem ist nicht das Problem. Das Problem ist deine Einstellung zum Problem.“ – Captain Jack Sparrow
Das gilt nirgendwo mehr als beim Reifen-Upcycling. Das Material wird sich wehren. Es ist widerspenstig, schmutzig und anstrengend. Aber genau darin liegt der Reiz. Wenn du die Herausforderung annimmst, statt dich über den Dreck zu ärgern, wird das Ergebnis umso befriedigender.




Stahlcord: Denk daran, dass du nach dem Schneiden der Lauffläche scharfkantige Stahldrähte freilegst. Die sind eine echte Verletzungsgefahr, besonders bei Projekten für Kinder. Mein Tipp: Entweder mit einer Zange herausziehen oder – noch besser – die Schnittkante mit einem dicken Gummikleber wie Sikaflex 221 oder einem aufgeschnittenen Gartenschlauch sicher abdecken.



Stinkt das nicht furchtbar nach Gummi?
Ja, am Anfang schon. Der typische Gummigeruch ist hartnäckig. Eine extrem gründliche Reinigung (siehe Tipp 1) ist die halbe Miete. Wenn das Projekt für drinnen gedacht ist, hilft eine Versiegelung mit mehreren Schichten Klarlack auf Acrylbasis. Für draußen ist das weniger ein Problem, da der Geruch an der frischen Luft schnell verfliegt. Gib dem Ganzen einfach ein paar Tage Zeit zum Auslüften.




Option A – Der rustikale Look: Den Reifen nur grob reinigen und seine Gebrauchsspuren, kleinen Risse und das Profil bewusst als Designelement nutzen. Perfekt für den Werkstatt-Hocker oder robuste Pflanzkübel.
Option B – Der edle Look: Die Oberfläche mehrmals spachteln und schleifen, bis sie glatt ist. Anschließend mit hochwertigem Autolack lackieren. So wird der Reifen als Material kaum noch wiedererkannt und kann sogar in modernen Wohnräumen bestehen.



- Absolut wetterfest und verrottungsfrei
- Stoßfest und nahezu unzerstörbar
- Eine einzigartige, skulpturale Form
Das Geheimnis? Die Kombination! Ein roher Reifen allein kann plump wirken. Kombiniert mit einer edlen Holzplatte als Tisch oder einem weichen Stoffkissen als Sitzgelegenheit entsteht ein spannender Materialkontrast, der jedes Designerherz höherschlagen lässt.




Vergiss nicht die Drainage! Wenn du einen Reifen als Pflanzkübel nutzt, bohre unbedingt mehrere großzügige Löcher in die untere Seitenwand. Nichts hassen Pflanzenwurzeln mehr als Staunässe. Ein paar alte Tonscherben oder eine Schicht Kies am Boden helfen zusätzlich, das Wasser abzuleiten und Wurzelfäule zu verhindern.



Für die Verbindung von Reifen untereinander oder mit anderen Materialien sind normale Schrauben oft ungeeignet. Besser sind durchgehende Schlossschrauben mit großen Unterlegscheiben auf beiden Seiten. So verteilt sich der Druck auf eine größere Fläche und der Gummi reißt auch bei Belastung nicht aus. Zum Kleben brauchst du einen echten Kraftprotz: Polyurethan-Klebstoffe (oft als Montagekleber verkauft) bleiben flexibel und halten bombenfest.




Reifen sind dafür gebaut, jahrelang tausende Kilos bei 200 km/h zu tragen. Dein Blumenbeet werden sie also locker überleben.
Diese extreme Haltbarkeit ist der größte Vorteil. Einmal im Garten platziert, überdauert ein Reifen-Pflanzkübel oder eine Beetbegrenzung Jahrzehnte, ohne von Frost, Regen oder Sonne beeindruckt zu sein. Das ist Nachhaltigkeit, die man anfassen kann.



Ein echter Profi-Trick für Pflanzkübel ist das „Urempeln“ des Reifens. Dabei wird der Reifen quasi auf links gedreht. Das erfordert Kraft und die richtige Technik (am besten mal auf YouTube suchen!), aber das Ergebnis ist genial: Die glatte Innenseite kommt nach außen und das grobe Profil verschwindet. Das sieht viel eleganter aus und bietet Schmutz weniger Angriffsfläche.




Woher bekomme ich überhaupt Reifen, ohne sie zu klauen?
Ganz einfach: Frag bei deiner lokalen Autowerkstatt oder einem Reifenhändler nach. Die meisten sind froh, wenn sie ein paar Altreifen loswerden, da die Entsorgung für sie Geld kostet. Oft bekommst du sie umsonst oder für einen kleinen Obolus in die Kaffeekasse. Wähle Reifen mit noch gutem Profil, die sehen interessanter aus.



- Schutzbrille gegen Gummisplitter und Funken
- Robuste Arbeitshandschuhe (Schnittschutz!)
- Atemschutzmaske (mind. FFP2) beim Schneiden und Lackieren
Das ist keine Empfehlung, sondern Pflicht. Gummistaub und Lackdämpfe willst du nicht in der Lunge haben und ein abrutschender Winkelschleifer verzeiht keine Fehler. Sicherheit geht immer vor, auch in der eigenen Werkstatt.




Häufiger Fehler: Die falsche Farbe verwenden. Normaler Wand- oder Holzlack wird auf dem flexiblen Gummi schnell spröde, reißt und blättert ab. Du brauchst eine Farbe, die elastisch bleibt. Fassadenfarbe ist eine gute, günstige Option für draußen. Für ein perfektes Finish sind spezielle Gummilacke oder hochwertige Metallschutzlacke wie die von Alpina oder Schöner Wohnen die beste Wahl.



Der Maßstab macht den Unterschied. Ein einzelner Autoreifen als Hocker ist ein Klassiker. Aber denke größer: Ein riesiger Traktorreifen wird im Garten zur dominanten Skulptur, zu einer ganzen Kräuterspirale oder einem Mini-Teich. Oft findest du solche Ungetüme bei Landmaschinen-Werkstätten. Der Transport ist eine Herausforderung, aber der visuelle Effekt ist unschlagbar.




Tischplatte aus Holz: Sorgt für einen warmen, natürlichen Kontrast zum kühlen Gummi. Einfach eine runde MDF- oder Leimholzplatte im Baumarkt zuschneiden lassen.
Sitzfläche aus Stoff: Nähe oder kaufe ein rundes Kissen, das genau in die obere Öffnung passt. Das macht den Hocker bequem und wohnlich.
Fazit: Der Reifen ist nur die Basis. Die wahre Kreativität liegt in der Kombination der Materialien.



„Gutes Design kann man sehen. Großartiges Design ist unsichtbar.“ – Joe Sparano
Übertragen auf unsere Reifen-Projekte heißt das: Das beste Ergebnis erzielst du oft, wenn die Funktion perfekt umgesetzt ist. Ein Hocker muss stabil sein, ein Pflanzkübel muss entwässern, eine Schaukel muss sicher sein. Wenn die handwerkliche Basis stimmt, kommt die gute Optik fast von allein.




Die Innenseite eines Reifens ist oft mit einer dünnen, glatten Gummischicht ausgekleidet, die die Luft hält. Diese ist meist sauberer und lässt sich leichter lackieren als die rußige Außenseite. Für Projekte, bei denen die Innenseite sichtbar ist (z.B. aufgeschnittene Pflanzschalen), lohnt es sich, diese Fläche als Haupt-Sichtseite zu nutzen.



Ist das für Kinderspielzeug nicht bedenklich?
Eine berechtigte Frage. Altreifen können Spuren von Schwermetallen und anderen Stoffen enthalten. Für Spielgeräte wie eine Schaukel oder eine Kletterraupe im Garten gilt: Reinige den Reifen extrem gründlich und versiegle ihn mit einer robusten, zertifiziert kindersicheren Farbe (EN 71-3 Norm, oft bei „Sabberlack“ zu finden). So verhinderst du direkten Hautkontakt mit dem rohen Gummi und minimierst jedes Risiko.




- Der Bohrer verhakt sich und reißt
- Das Loch franst aus und sieht unsauber aus
Der Trick für saubere Löcher in Gummi? Verwende einen Holz-Flachfräsbohrer (auch Spatenbohrer genannt) bei niedriger Drehzahl. Die scharfen Schneidkanten schneiden eine saubere Kante, bevor der Rest des Materials entfernt wird. Ein Tropfen Spülmittel als Schmiermittel hilft zusätzlich.



Denk auch an die Akustik! Ein leerer Reifen kann als Resonanzkörper wirken. Füllst du einen Reifen-Hocker zum Beispiel mit alten Stoffresten oder Dämmwolle, bevor du den Deckel auflegst, verbessert das nicht nur die Stabilität, sondern dämpft auch Geräusche und sorgt für ein satteres, hochwertigeres Gefühl beim Abstellen eines Glases.


Industrial-Chic vs. Boho-Style: Lass den Reifen roh und kombiniere ihn mit blankem Stahl und Beton für einen Loft-Charakter. Oder umwickle ihn mit Makramee-Garn, füge Federn und Holzperlen hinzu und stelle ihn neben Pampasgras und Rattanmöbel für einen entspannten Bohemian-Look. Der Reifen ist eine leere Leinwand – dein Stil entscheidet, was daraus wird.




