Kerzenreste verwerten: Dein Guide für selbstgemachte Kerzen, die wirklich was können

von Romilda Müller
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Kennst du das auch? Überall sammeln sich diese kleinen, traurigen Kerzenstummel an. Zu schade zum Wegwerfen, aber anzünden kann man sie auch nicht mehr. Bei mir in der Werkstatt haben wir dafür eine alte Blechdose, und die ist eigentlich immer voll. Anstatt das alles wegzuschmeißen, machen wir daraus im Winter neue Kerzen. Das spart nicht nur Geld, sondern ist auch ein unglaublich entspannendes und schönes Handwerk.

Im Netz findest du tausend Anleitungen, die das als 5-Minuten-Bastelei verkaufen. Klar, irgendwie geht das schon. Aber wenn du eine Kerze haben willst, die sauber, sicher und richtig lange brennt, dann steckt da ein bisschen mehr dahinter. Es geht um die richtige Temperatur, das passende Material und ein paar kleine Tricks, die den großen Unterschied machen. Und genau die zeige ich dir heute – ganz ohne Fachchinesisch, versprochen.

Bevor es losgeht: Was du wirklich brauchst

Wenn du nicht gerade eine Kiste voller Reste hast, brauchst du ein kleines Starter-Set. Keine Sorge, das reißt kein Loch in den Geldbeutel.

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Deine Einkaufsliste für den Start:

  • Wachs: Für den Anfang ist Sojawachs super. Es ist anfängerfreundlich und umweltbewusst. Rechne mal mit 10 bis 15 Euro für ein Kilo, damit kommst du schon eine ganze Weile hin. Du findest es in Bastelläden oder online, zum Beispiel bei spezialisierten Shops für Kerzenbedarf.
  • Dochte: Kauf dir am besten ein kleines Test-Set mit verschiedenen Stärken und Metallfüßchen. Das kostet meist unter 10 Euro und du kannst ein bisschen experimentieren.
  • Kerzengläser: Alte Marmeladen- oder Weckgläser sind perfekt! Wichtig ist nur, dass sie dickwandig und hitzebeständig sind.
  • Optional: Duftöl & Farbe: Wenn du es duftend magst, besorg dir spezielles Kerzenduftöl (ca. 5-10 € pro Fläschchen). Normale ätherische Öle gehen auch, aber der Duft ist oft nicht so intensiv.

Für dein allererstes Setup, um mal 3-4 Kerzen zu gießen, solltest du mit einer Investition von etwa 30 bis 40 Euro rechnen. Das meiste davon hast du dann aber für viele weitere Projekte.

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Das A und O: Ein bisschen Materialkunde (wird nicht langweilig!)

Eine Kerze ist mehr als nur Wachs mit einem Faden drin. Die Wahl der Zutaten entscheidet, ob du am Ende Freude oder Frust hast.

Die Seele der Kerze: Das Wachs

Wenn du Kerzenreste mischst, bekommst du eine Art „Überraschungswachs“. Das ist für rustikale Werkstattkerzen total okay. Ach ja, kleiner Tipp: Bevor du die Reste einschmilzt, fisch die alten, verkohlten Dochtstücke und die kleinen Metallfüßchen raus!

Für gezielte Projekte ist es aber gut, die Unterschiede zu kennen:

  • Paraffin: Der Klassiker. Günstig, einfach zu verarbeiten und super für Farben und Düfte. Der Nachteil ist, dass es aus Erdöl hergestellt wird.
  • Stearin: Meist aus pflanzlichen Fetten. Es macht Kerzen härter und lässt sie länger brennen. Oft wird es Paraffin beigemischt, um die Qualität zu verbessern.
  • Bienenwachs: Das ist die Königsklasse. Es riecht von Natur aus himmlisch nach Honig, brennt ewig und sehr sauber. Allerdings ist es auch die teuerste Variante und beim Abkühlen etwas zickig, weil es stark schrumpft.
  • Sojawachs: Mein persönlicher Favorit für Anfänger. Es ist pflanzlich, brennt sauber und ist perfekt für Duftkerzen in Gläsern. Manchmal bekommt es kleine Schönheitsfehler (sieht aus wie Raureif am Glas), aber das beeinträchtigt die Funktion überhaupt nicht.
  • Rapswachs: Die europäische Alternative zu Sojawachs. Hat sehr ähnliche, tolle Eigenschaften und ist eine super regionale Option.
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Das Herzstück: Der Docht

Der Docht ist der Motor deiner Kerze. Ist er zu dünn, brennt die Kerze nur einen Tunnel in die Mitte und der ganze Rand bleibt stehen. Ist er zu dick, bekommst du eine riesige, rußende Flamme, die das Glas überhitzen kann. Eine gute Faustregel für ein normales Marmeladenglas (ca. 7-8 cm Durchmesser) ist ein gewachster Flachdocht. Die Stärke hängt aber stark von der Wachsart ab. Bienenwachs braucht zum Beispiel einen kräftigeren Docht als Sojawachs.

Die Werkstatt einrichten: Sicher und sauber arbeiten

Du brauchst keine Profi-Ausrüstung, aber ein paar Dinge sind unerlässlich. Und bitte, nimm das Thema Sicherheit ernst. Heißes Wachs ist kein Spaß.

Was du bereitlegen solltest:

  • Ein Wasserbad: Nimm einen alten Kochtopf mit etwas Wasser und stell eine leere, saubere Konservendose oder einen speziellen Schmelztopf hinein. Niemals, wirklich NIEMALS Wachs direkt auf der Herdplatte schmelzen! Es kann sich überhitzen und Feuer fangen.
  • Ein Thermometer: Ein einfaches digitales Küchenthermometer ist Gold wert. Die richtige Temperatur ist entscheidend.
  • Dochthalter: Zwei Essstäbchen und eine Wäscheklammer tun’s auch.
  • Unterlage: Zeitung oder eine abwischbare Matte. Wachsflecken sind hartnäckig.

Achtung, Feuergefahr! Falls Wachs doch mal Feuer fängt: NIEMALS mit Wasser löschen! Das gibt eine riesige Stichflamme. Immer mit einem Deckel oder einer Löschdecke ersticken.

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Jetzt wird’s heiß: Deine Schritt-für-Schritt-Anleitung

So, genug Theorie. Lass uns eine Kerze gießen! Nimm dir Zeit, Hektik ist der größte Feind.

Schritt 0: Wie viel Wachs brauche ich eigentlich?

Ein super einfacher Trick, um die richtige Menge zu ermitteln: Nimm dein leeres Glas, stell es auf die Küchenwaage und tariere sie auf null. Fülle das Glas jetzt mit Wasser bis zu der Höhe, wo später das Wachs sein soll. Das Gewicht, das die Waage anzeigt, ist ungefähr die Menge an Wachs in Gramm, die du brauchst. (Technisch gesehen ist es etwas weniger, weil Wachs eine geringere Dichte hat, aber als Faustregel für den Start ist das perfekt).

Schritt 1: Docht und Glas vorbereiten

Der Docht muss bombenfest und exakt in der Mitte am Glasboden kleben. Dafür gibt es Klebepunkte, aber ein Tropfen geschmolzenes Wachs tut es auch. Drück den Metallfuß fest an und lass es kurz aushärten. Oben klemmst du den Docht dann mit deiner Wäscheklammer-Konstruktion schön straff und mittig fest. Übrigens: Ich wärme die Gläser oft kurz bei 50 °C im Ofen vor. Das reduziert den Temperaturschock und verhindert Risse.

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Schritt 2: Wachs schmelzen

Gib dein Wachs ins Schmelzgefäß im Wasserbad und erhitze es langsam bei mittlerer Stufe. Rühr ab und zu um. Die meisten Wachse schmelzen so bei 60-70 °C. Lass die Temperatur nicht über 90 °C klettern, das ist unnötig und kann die Qualität beeinträchtigen.

Schritt 3: Farbe und Duft rein! (oder auch nicht)

Wenn du Farbe oder Duft möchtest, nimm den Topf von der Platte. Die ideale Temperatur dafür liegt bei etwa 80-85 °C. Gib das Duftöl hinzu (meist 6-10 % des Wachsgewichts) und rühre langsam und gründlich für zwei Minuten. So verbindet es sich optimal.

Wichtiger Anfängerfehler: Bitte nimm keine Wachsmalstifte zum Färben! Die enthaltenen Pigmente sind nicht zum Verbrennen gemacht, sie verstopfen den Docht und die Kerze geht einfach aus. Nimm lieber spezielle Wachsfarbpellets.

Schritt 4: Der Guss

Lass das Wachs auf etwa 70-80 °C abkühlen. Gieße es dann langsam und gleichmäßig in dein vorbereitetes Glas. Wenn du zu heiß gießt, bekommst du später unschöne Risse oder Löcher. Lass oben etwa 1-2 cm Rand frei.

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Schritt 5: Abkühlen und der zweite Guss

Stell die Kerze an einen zugfreien Ort und lass sie in Ruhe. Und nein, der Kühlschrank ist keine gute Idee – zu schnelles Abkühlen führt zu Rissen. Du wirst sehen, dass sich beim Aushärten in der Mitte um den Docht ein kleiner Krater bildet. Das ist völlig normal!

Um eine glatte Oberfläche zu bekommen, erwärmst du einfach den Rest deines Wachses nochmal und gießt eine dünne Schicht darüber, um das Loch aufzufüllen. Piek vorher mit einem Holzspieß ein paar mal um den Docht herum, damit eingeschlossene Luft entweichen kann.

Schritt 6: Geduld! Die Reifezeit

Deine Kerze ist nach ein paar Stunden (ca. 4-6) fest, aber noch nicht fertig. Besonders Duftkerzen sollten mindestens eine Woche „reifen“. In dieser Zeit entfaltet sich der Duft erst richtig und die Kerze brennt besser. Vor dem ersten Anzünden den Docht immer auf ca. 5-6 mm kürzen!

Dein erstes Projekt: Eine Duftkerze im Marmeladenglas

Keine Angst, hier ist ein ganz konkretes Rezept für den Anfang:

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  • Du brauchst: Ein sauberes Marmeladenglas (ca. 220 ml)
  • Zutaten: ca. 180 g Sojawachs, 15 g Kerzenduftöl (z.B. Vanille), ein passender Docht (frag beim Kauf nach der richtigen Stärke für 7 cm Durchmesser).
  • Anleitung: Befolge einfach die Schritte von oben. Schmelze das Wachs, rühre bei ca. 80 °C das Duftöl ein, lass es auf 75 °C abkühlen und gieße es ins vorbereitete Glas. Nachguss nicht vergessen, eine Woche warten, fertig!

Hilfe, es hat nicht geklappt! (Typische Fehler & Lösungen)

  • Problem: Meine Kerze hat einen Krater!
    Lösung: Das ist normal. Mach immer einen zweiten Guss (Nachguss), dann ist die Oberfläche perfekt glatt.
  • Problem: Die Kerze brennt nur einen Tunnel in die Mitte.
    Lösung: Dein Docht ist zu dünn. Oder: Du hast sie beim ersten Mal zu kurz brennen lassen. Ganz wichtig: Eine Kerze muss beim allerersten Anzünden so lange brennen, bis die gesamte Oberfläche flüssig ist (dauert 2-4 Stunden). Das nennt man den „Memory Pool“.
  • Problem: Das Wachs löst sich vom Glasrand.
    Lösung: Das ist ein typischer Schönheitsfehler bei Naturwachsen wie Sojawachs. Das Vorwärmen der Gläser hilft oft. Aber ehrlich gesagt: Das beeinträchtigt die Funktion null. Sieh es als Zeichen für handgemachte Qualität.
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Die Kunst des Aufräumens: So kriegst du das Wachs wieder weg

Das ist vielleicht der wichtigste Tipp überhaupt. Wachsreste im Abfluss sind der absolute Super-Gau, weil sie erstarren und alles verstopfen.

So geht’s richtig: Stell dein leeres Schmelzgefäß nochmal kurz ins warme Wasserbad, bis das restliche Wachs an den Wänden wieder flüssig wird. Dann wischst du es einfach mit ein paar Blättern Küchenpapier komplett sauber aus. Das Papier kommt in den Restmüll. Fertig! Löffel und andere Werkzeuge kannst du genauso reinigen.

Ein letztes, wichtiges Wort zur Sicherheit

Ich kann es nicht oft genug sagen: Lass eine brennende Kerze niemals unbeaufsichtigt. Stell sie immer auf eine feuerfeste Unterlage und halte Abstand zu Vorhängen oder Büchern. Das ist die goldene Regel.

Wenn du nur für dich selbst Kerzen machst, ist alles super. Solltest du aber mal überlegen, sie auf dem Weihnachtsmarkt zu verkaufen, musst du dich mit den rechtlichen Vorschriften beschäftigen (Kennzeichnungspflicht, Allergene etc.). Aber das ist ein Thema für sich.

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So, und jetzt wünsche ich dir ganz viel Spaß beim Ausprobieren. Es ist ein wunderbares Handwerk, das entschleunigt und am Ende hast du etwas Wunderschönes selbst geschaffen. Gutes Gelingen!

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Meine selbstgemachte Kerze duftet kaum. Was mache ich falsch?

Das ist der häufigste Fehler und liegt fast immer an der Temperatur. Fügst du das Duftöl hinzu, wenn das Wachs noch zu heiß ist (über 85-90°C), „verbrennt“ der Duft und verfliegt, bevor er sich binden kann. Der ideale Moment ist, wenn das Wachs leicht abgekühlt ist, etwa auf 80°C. Rühre das Öl dann sanft, aber gründlich für etwa zwei Minuten ein. Für intensive, hochwertige Düfte, die den Raum wirklich füllen, sind spezielle Kerzenduftöle von Anbietern wie ManiFactory oder CandleCraft normalen ätherischen Ölen oft überlegen.

Wusstest du, dass die Wahl des Dochtes über 70% der Brennqualität deiner Kerze ausmacht?

Es geht nicht nur darum, dass er brennt, sondern wie. Ein zu dünner Docht führt zum gefürchteten „Tunneling“, bei dem nur ein kleiner Krater in der Mitte schmilzt und viel Wachs am Rand ungenutzt bleibt. Ein zu dicker Docht hingegen erzeugt eine unruhige, hohe Flamme, die rußt und das Wachs viel zu schnell verbraucht. Die goldene Regel: Der Docht muss stark genug sein, um das gesamte Wachs bis zum Rand des Glases flüssig zu halten.

Romilda Müller

Mein Beruf macht mir echt viel Spaß! Selbst indem ich jeden Tag Beiträge über Themen aus den Bereichen Gartengestaltung, Dekoration, Innendesign, Mode und Lifestyle schreibe, entdecke ich viele interessante Tatsachen. Auch für mich selbst. Zudem schöpfe ich Inspiration für meine eigene Freizeit. Mein Ziel ist es, unserer Leserschaft nützliche Information und unendliche Anregung anzubieten und damit behilflich zu sein. Es freut mich, durch meine Artikel eine große Anzahl von Lesern für unterschiedliche Themen zu begeistern und zu neuen Projekten im Haus und Garten zu ermutigen. Außerdem will ich ihnen gleichzeitig damit Optionen für eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung bieten.