Ein Palast aus Eis: Was du wirklich wissen musst, bevor du hinfährst

von Augustine Schneider
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Als jemand, der sein Leben lang mit Materialien wie Holz, Stein und Metall gearbeitet hat, dachte ich, ich kenne mich aus. Jedes Material hat seinen eigenen Charakter, seine Tücken. Man lernt, wie es auf Werkzeug und Wetter reagiert. Aber Eis? Ehrlich gesagt, Eis ist eine ganz andere Hausnummer. Es ist nicht einfach nur ein Baustoff, es ist ein vergänglicher Zustand. Es lebt und atmet mit den Jahreszeiten. Genau deshalb hat mich das berühmte Eishotel in Schweden schon immer fasziniert – nicht als reine Touristenattraktion, sondern als ein Meisterwerk des temporären Bauens.

Die Bausteine: Mehr als nur gefrorenes Wasser

Viele stellen sich vor, man würde einfach Wasser gefrieren lassen und losbauen. Ein riesiges Missverständnis! Die Qualität des Eises ist das A und O für die Stabilität und vor allem für diese glasklare, fast magische Ästhetik. Würde man einfach irgendein Wasser nehmen, wäre das Ergebnis trüb, voller Lufteinschlüsse und strukturell unbrauchbar.

Das eigentliche Geheimnis liegt im Torne-Fluss. Im tiefsten Winter, wenn das Eis dort seine maximale Stärke von fast einem Meter erreicht hat, beginnt die „Ernte“. Dieses Natureis ist von einer unglaublichen Qualität. Weil es so langsam über Monate gefriert, haben Luftblasen und Verunreinigungen alle Zeit der Welt, nach oben zu entweichen. Was übrig bleibt, ist kristallklares, dichtes und extrem tragfähiges Eis. Ein einzelner dieser Blöcke, der fast zwei Tonnen wiegt, ist stärker, als man es sich je vorstellen könnte.

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Ach ja, und dann gibt es da noch den zweiten, heimlichen Star: „Snice“. Der Name ist eine simple, aber treffende Mischung aus den englischen Wörtern für Schnee („Snow“) und Eis („Ice“). Stellt es euch wie sehr nassen, schweren Schnee vor. Dieses Zeug ist der Klebstoff und das Fundament zugleich. Die großen Bögen und Wände werden aus Snice geformt, das auf riesige Stahlformen gesprüht wird und sofort gefriert. Gleichzeitig isoliert es genial. Eine dicke Wand aus Snice sorgt dafür, dass es drinnen konstant bei etwa -5 °C bleibt, selbst wenn es draußen auf -30 °C runtergeht. Und es ist der „Mörtel“, mit dem die großen Eisblöcke miteinander verklebt werden.

Der große Plan: Ein Wettlauf gegen die Zeit

Die Logistik hinter dem Ganzen ist, ehrlich gesagt, der Wahnsinn. Ein Projekt, das fast das ganze Jahr über Planung braucht, nur um für ein paar Monate zu existieren.

Im Frühling werden die riesigen Eisblöcke mit speziellen Sägen aus dem Fluss geschnitten und in einer gigantischen Eisscheune eingelagert. Dort warten dann rund 5.000 Tonnen perfektes Baumaterial bei konstanten -5 °C auf ihren Einsatz im Herbst. Ein tolles Beispiel für Voraussicht, das ich jedem Handwerker predige: Bereite dein Material vor, lange bevor du es brauchst!

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Sobald im Spätherbst der Dauerfrost einsetzt, geht es los. Und so perfekt wie der Bau sollte auch eure Anreise geplant sein! Meistens fliegt man nach Kiruna und nimmt von dort einen Bus oder ein Shuttle. Kleiner Tipp: Bucht das Hotel am besten schon im Sommer. Gerade die Wochenenden und besonderen Termine sind oft Monate im Voraus ausgebucht.

Wenn die Struktur dann steht, übernehmen die Künstler und Designer. Ein Team aus Profis aus der ganzen Welt verwandelt die leeren Suiten in einzigartige Kunstwerke. Dafür kommen kleine Kettensägen für die grobe Form und eine ganze Reihe feiner japanischer Sägen und spezieller Eismeißel zum Einsatz. Eis verzeiht absolut keine Fehler. Ein falscher Schlag, und eine ganze Ecke bricht ab. Man muss das Material lesen und seine Spannung spüren. Respekt vor dem Material ist hier alles.

Ein wenig bekannter Trick der Profis ist der Umgang mit Licht. Licht ist hier nicht nur Beleuchtung, sondern ein eigener Baustoff. Oft werden LED-Lichter direkt ins Eis eingefroren, wodurch die Skulpturen von innen zu leuchten scheinen. Ein absolut magischer Anblick.

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Dein Abenteuer: So überlebst du die Nacht (und liebst es!)

Okay, kommen wir zum Eingemachten. Ein Besuch ist ein echtes Erlebnis, aber man sollte wissen, worauf man sich einlässt. Vor allem, was den Geldbeutel angeht.

Ganz ehrlich: Das ist kein günstiger Wochenendtrip. Für eine Nacht in einer der aufwendig gestalteten „Art Suites“ solltet ihr je nach Saison und Design mit 500 € bis über 900 € rechnen. Die etwas schlichteren „Ice Rooms“ sind günstiger, liegen aber immer noch bei etwa 300 € bis 500 €. Seht es als eine „Einmal-im-Leben“-Investition in eine unvergessliche Erinnerung.

Damit die Nacht auch wirklich unvergesslich gut wird, hier mein kleiner Masterplan für dich:

  1. Ankunft & Basis aufschlagen: Dein großes Gepäck lagerst du sicher in einem Gepäckraum im warmen Servicegebäude. In die kalte Suite nimmst du nur einen kleinen Rucksack mit dem Nötigsten für die Nacht.
  2. Die richtige Ausrüstung: Jetzt kommt der wichtigste Teil – die Kleidung. Das Zwiebelprinzip ist dein bester Freund. Was du unbedingt brauchst, ist eine Basisschicht aus Wolle oder hochwertiger Funktionsfaser. Niemals Baumwolle! Darüber ein Fleece-Pulli und dann die warme Outdoor-Kleidung.
  3. Der letzte Drink: Bevor es ins Bett geht, gönn dir noch einen Drink an der berühmten Eisbar. Die Gläser sind natürlich auch aus Eis. Wusstest du übrigens, dass diese danach nicht weggeworfen, sondern gesammelt und wieder eingeschmolzen werden? Das Wasser fließt dann zurück in den Fluss. Ein perfekter Kreislauf!
  4. Ab ins Nest: Dein Bett besteht aus einem Eisrahmen, auf dem dicke Rentierfelle als Isolierung liegen. Du schlüpfst in einen extrem hochwertigen Polarschlafsack. Kleiner Pro-Tipp: Zieh für die Nacht nur die dünne Wollunterwäsche an. Im Schlafsack wird es erstaunlich warm!
  5. Der Akku-Trick: Dein Handy-Akku wird die Kälte hassen und blitzschnell leer sein. Trage es immer in einer Innentasche nah am Körper und nimm eine Powerbank mit, die du ebenfalls warm hältst (z.B. mit in den Schlafsack nehmen).
  6. Der Morgen danach: Morgens wirst du liebevoll mit einem Glas heißen Preiselbeersaft geweckt. Und dann: nichts wie ab in die Sauna! Ein absoluter Segen nach der kalten Nacht.

Die ultimative Meister-Packliste:

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  • Was in den Koffer MUSS: Wollsocken (mindestens 2 Paar!), lange Wollunterwäsche (Ober- und Unterteil), ein dicker Fleece-Pulli, eine Mütze, die gut über die Ohren geht, und warme Handschuhe. Glaubt mir, ich habe einmal den Fehler gemacht, mit normalen Socken loszuziehen. Nach zehn Minuten dachte ich, mir fallen die Zehen ab. Lektion gelernt!
  • Was du ZUHAUSE LASSEN KANNST: Baumwoll-T-Shirts und Jeans für draußen. Baumwolle speichert Feuchtigkeit und kühlt dich gnadenlos aus.

Und was macht man da tagsüber?

Außer das Kunstwerk zu bestaunen, gibt es natürlich noch mehr zu erleben. Die Gegend ist ein Paradies für Winteraktivitäten. Denk an Hundeschlittenfahrten durch verschneite Wälder, rasante Touren mit dem Schneemobil oder geführte Jagden nach den magischen Nordlichtern. Diese Touren bucht man am besten im Voraus, sie sind nicht im Hotelpreis inbegriffen, aber jeden Cent wert.

Ein Hotel für die Ewigkeit? Die nachhaltige Zukunft

Traditionell war die Vergänglichkeit ja immer Teil des Konzepts. Doch die Nachfrage und neue Technologien haben zu einer ziemlich genialen Entwicklung geführt: einer permanenten Eishalle, die das ganze Jahr über offen ist.

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Wie das geht, vor allem im Sommer, wenn die Mitternachtssonne scheint? Die Lösung ist eine Kombination aus perfekter Isolation und einer Kühlanlage, die komplett durch Solarenergie betrieben wird. Richtig gelesen: Die arktische Sonne, die eigentlich alles schmelzen würde, liefert die Energie, um das Eis zu kühlen. Das ist ein Kreislauf, der so clever ist, dass man als Handwerker nur den Hut ziehen kann. Hier wurde nicht einfach eine Gefrierhalle hingestellt, sondern ein nachhaltiges Konzept umgesetzt, das die Grenzen des Möglichen verschiebt.

Letzte Worte

Das Eishotel ist so viel mehr als nur eine coole Übernachtungsmöglichkeit. Es ist ein lebendiges Denkmal für außergewöhnliches Handwerk, clevere Ingenieurskunst und einen tiefen Respekt vor der Natur. Jedes Frühjahr schmilzt der saisonale Teil und fließt zurück in den Fluss. Das ist nicht traurig, sondern der natürliche Lauf der Dinge. Es lehrt uns Demut vor der Kraft der Natur und der Vergänglichkeit unserer eigenen Schöpfungen. Und genau das ist eine Lektion, die jeder zu schätzen weiß, der schon einmal mit seinen eigenen Händen etwas erschaffen hat.

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Jedes Jahr werden rund 30.000 Kubikmeter „Snice“ – eine Mischung aus Schnee und Eis – für den Bau der tragenden Strukturen wie Wände und Bögen verwendet.

Diese enorme Menge entspricht dem Volumen von etwa 12 olympischen Schwimmbecken. Der „Snice“ fungiert nicht nur als stabiler Baustoff, sondern auch als perfekter Isolator, der die Innentemperatur konstant bei etwa -5 °C hält, selbst wenn es draußen stürmt und die Temperaturen auf -30 °C fallen.

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Was genau ist eine „Art Suite“?

Stellen Sie sich ein Museum vor, in dem Sie schlafen können. Jedes Jahr werden Künstler aus aller Welt eingeladen, um aus Tausenden Tonnen Eis und Schnee einzigartige Suiten zu gestalten. Keine Suite gleicht der anderen, jede erzählt eine eigene, vergängliche Geschichte. Da die Kunstwerke im Frühling schmelzen und zurück in den Torne-Fluss fließen, ist jede Saison eine völlig neue Ausstellung. Ein Aufenthalt in einer Art Suite ist daher eine nicht wiederholbare Erfahrung.

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Die vielleicht wichtigste Regel für eine Nacht im Eis: Weniger ist mehr. Um im bereitgestellten Thermo-Schlafsack warm zu bleiben, ist die richtige Kleidung entscheidend.

  • Tragen Sie nur eine Schicht, idealerweise lange Unterwäsche aus Merinowolle (z.B. von Marken wie *Icebreaker* oder *Smartwool*).
  • Vermeiden Sie Baumwolle, da sie Feuchtigkeit speichert und den Körper auskühlt.
  • Eine Mütze ist unerlässlich, da der Körper die meiste Wärme über den Kopf verliert.

Das Ziel? Trocken bleiben. So kann Ihr Körper die Luft im Schlafsack effizient erwärmen.

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Der Drink im Eis: Ein Signature-Erlebnis ist der Besuch in der ICEBAR. Das Besondere sind nicht nur die Skulpturen und die Theke, sondern die Gläser selbst – handgefertigt aus dem kristallklaren Eis des Torne-Flusses. Einen farbenfrohen Cocktail in der Hand zu halten, der langsam mit der Wärme Ihrer Hände zu interagieren beginnt, ist ein Moment purer Magie. Keine Sorge, die Gläser werden nach Gebrauch gesammelt und dem Naturkreislauf wieder zugeführt.

Kaltes Zimmer vs. Warmes Zimmer: Das Hotel bietet beides an. Die „kalten Zimmer“ (die Eis-Suiten) sind das eigentliche Abenteuer. Gepäck und persönliche Gegenstände lagert man in einem beheizten Servicegebäude mit Schließfächern und Bädern. Viele Gäste buchen eine Nacht im Eis für das Erlebnis und die restlichen Nächte in den „warmen Zimmern“ – gemütlichen Holzhütten im skandinavischen Stil. Dies kombiniert das einmalige Abenteuer mit dem Komfort eines traditionellen Hotels.

Augustine Schneider

Augustine ist eine offene und wissenshungrige Person, die ständig nach neuen Herausforderungen sucht. Sie hat ihren ersten Studienabschluss in Journalistik an der Uni Berlin erfolgreich absolviert. Ihr Interesse und Leidenschaft für digitale Medien und Kommunikation haben sie motiviert und sie hat ihr Masterstudium im Bereich Media, Interkulturelle Kommunikation und Journalistik wieder an der Freien Universität Berlin abgeschlossen. Ihre Praktika in London und Brighton haben ihren beruflichen Werdegang sowie ihre Weltanschauung noch mehr bereichert und erweitert. Die nachfolgenden Jahre hat sie sich dem kreativen Schreiben als freiberufliche Online-Autorin sowie der Arbeit als PR-Referentin gewidmet. Zum Glück hat sie den Weg zu unserer Freshideen-Redation gefunden und ist zurzeit ein wertvolles Mitglied in unserem motivierten Team. Ihre Freizeit verbringt sie gerne auf Reisen oder beim Wandern in den Bergen. Ihre kreative Seele schöpft dadurch immer wieder neue Inspiration und findet die nötige Portion innerer Ruhe und Freiheit.