Dein perfektes Lesekissen selber nähen: Die Profi-Anleitung für bombenfesten Halt

von Mareike Brenner
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Ganz ehrlich? Es gibt so Projekte, die machen den Alltag einfach besser. Ein stabiles Lesekissen ist genau so ein Ding. Ich hab schon unzählige genäht, weil mich eine Kundin mal bat, eins für ihre Mutter im Seniorenheim zu machen. Die gekauften Dinger waren ihr alle zu wackelig und aus billigem Stoff. Kennst du, oder? Seitdem hab ich das Design immer weiter getüftelt und zeige dir hier die Version, die wirklich funktioniert.

Ein Lesekissen, manche nennen es auch Leselotte, entlastet Nacken und Arme ungemein. Aber nur, wenn es richtig gemacht ist. Ein schnell zusammengeschustertes Kissen kippt um oder wird platt. Wir bauen heute ein Lesekissen, das auch schwere Wälzer hält und dir jahrelang Freude macht.

Kurze Einschätzung vorab:

  • Schwierigkeit: Ambitionierte Anfänger bis Fortgeschrittene. Wenn du schon mal eine Tasche genäht hast, schaffst du das locker. Für absolute Neulinge gibt’s ein paar Kniffe, aber keine Sorge, die erklär ich dir.
  • Zeitaufwand: Plane mal einen gemütlichen Nachmittag ein, so ca. 3-4 Stunden, wenn du konzentriert arbeitest.
  • Kosten: Das ist das Schöne! Mit Upcycling, zum Beispiel einer alten Jeans, und günstiger Füllung bist du mit 10-15 € dabei. Wenn du dir neue, schicke Stoffe gönnst, rechne eher mit 30-50 € für alles.
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Das richtige Material ist alles – hier trennt sich die Spreu vom Weizen

Die Materialwahl ist entscheidend, also lass uns hier kurz überlegen. Billiger Stoff rächt sich schnell, denn das Kissen wird ja ständig hin- und hergeschoben. Wir brauchen was Robustes!

Der Stoff für die Hülle: Was wirklich was aushält

Wir brauchen feste Webware, die nicht nachgibt. Elastische Stoffe wie Jersey sind hier ein absolutes No-Go, das Kissen würde einfach in sich zusammenfallen.

Meine Favoriten aus der Praxis:

  • Canvas oder Segeltuch: Das ist der Klassiker und meine erste Wahl. Super strapazierfähig, hat einen tollen Griff und gibt dem Kissen schon von allein Stabilität. Ein Gewicht um die 250-350 g/m² ist perfekt. Kriegst du in jedem gut sortierten Stoffladen oder online.
  • Köperstoffe (Twill): Denk an Jeans oder Chino-Stoff. Die diagonale Webstruktur macht sie extrem robust. Eine alte, ausrangierte Jeans ist hier Gold wert! Kleiner Profi-Tipp: Wenn du eine alte Jeans nutzt, schneide die Teile aus den Hosenbeinen zu und meide die superdicken Kappnähte. Das schont deine Nähmaschine und die Nadeln.
  • Möbelstoffe: Die sind natürlich dafür gemacht, was auszuhalten. Sie sind oft etwas teurer, aber die Auswahl an Mustern ist riesig. Achte mal auf den Begriff „Martindale“ – alles ab 15.000 Scheuertouren ist mehr als genug.
  • Cordstoff: Fühlt sich super an, ist aber ein kleiner Fusselmagnet. Achtung: Unbedingt auf die Strichrichtung achten! Alle Teile müssen in die gleiche Richtung zugeschnitten werden, sonst sieht’s später fleckig aus.
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Die Buchauflage: Dein Geheimnis für Stabilität

Damit das Buch nicht einfach einsinkt, braucht die Auflagefläche eine Verstärkung. Pappe, wie man es manchmal liest, ist keine gute Idee. Die knickt und wird bei Feuchtigkeit weich.

Wir greifen zu professionellen Einlagen. Meine Empfehlung ist Decovil I Light. Das ist eine aufbügelbare Einlage mit einem Griff wie Leder – fest, aber trotzdem biegsam. Die steifere Variante, Decovil I, geht auch. Eine Alternative sind feste Schabrackeneinlagen wie S 520. Diese Bügeleinlagen findest du in Kreativ-Shops oder online, zum Beispiel bei Stoff & Stil oder Snaply. Die Investition von ein paar Euro lohnt sich hier wirklich!

Die Füllung: Das Herzstück des Kissens

Hier gibt es im Grunde zwei Philosophien, die über Gewicht und Gefühl entscheiden:

  • EPS-Perlen (Styroporkügelchen): Superleicht und formbar. Das Kissen wiegt damit fast nichts. Kostenpunkt: ca. 10-15 € für einen 10-Liter-Sack. Der Nachteil: Es kann etwas rascheln und die Kügelchen laden sich statisch auf. Beim Einfüllen brauchst du Geduld und einen Trichter, sonst tanzen die Dinger durchs ganze Zimmer. Wichtiger Sicherheitshinweis: EPS-Perlen sind eine Erstickungsgefahr für Kleinkinder und Haustiere! Die Nähte müssen absolut bombenfest sein.
  • Dinkel- oder Hirsespelz: Das ist mein persönlicher Favorit. Das Kissen wird dadurch deutlich schwerer (rechne mit ca. 1,5 kg Füllung), was ihm eine unschlagbare Standfestigkeit gibt. Es ist ein Naturprodukt, atmungsaktiv und das leise Rascheln ist eher beruhigend. Kosten: ca. 5-8 € pro Kilo. Achte auf Bio-Qualität. Der einzige Nachteil: Ein mit Spelz gefülltes Kissen ist nicht waschbar, nur lüften ist drin.

Wovon ich abrate, ist normale Füllwatte. Die ist zu weich und dein Buch würde einfach versinken.

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Der Schlachtplan: Zuschnitt und Vorbereitung

Präzision beim Zuschnitt ist die halbe Miete. Am besten geht das mit Rollschneider und Schneidematte. Achte auf den Fadenlauf – das ist die Richtung der Längsfäden im Stoff. Deine Teile sollten immer parallel dazu zugeschnitten werden, damit sich nichts verzieht.

Materialliste für ein Standard-Kissen:

  • Außenstoff (z.B. Canvas): 110 cm x 30 cm
  • Futterstoff (z.B. einfache Baumwolle): 45 cm x 30 cm
  • Stabile Einlage (z.B. Decovil I Light): 43 cm x 28 cm (wird ohne Nahtzugabe zugeschnitten)
  • Stabiles Gummiband (ca. 1,5-2 cm breit): 2 Stück, je 15 cm lang
  • Klettband (2 cm breit): ca. 28 cm
  • Füllmaterial: ca. 5-7 Liter EPS-Perlen (das sind nur ca. 200g) oder ca. 1,5 kg Dinkelspelz.
  • Passendes Garn: Reißfestes Polyestergarn ist besser als Baumwolle.
  • Nadel: Eine 90er Universalnadel für normale Stoffe, für Jeans oder Canvas eine 100er oder 110er Jeansnadel.

Zuschnitt (inkl. 1 cm Nahtzugabe):

  1. Kissenteil (aus Außenstoff): 1x Rechteck 65 cm x 30 cm
  2. Buchhülle außen (aus Außenstoff): 1x Rechteck 45 cm x 30 cm
  3. Buchhülle innen (aus Futterstoff): 1x Rechteck 45 cm x 30 cm
  4. Buchstopper (aus Außenstoff): 1x Rechteck 10 cm x 8 cm
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Bügle jetzt alle Stoffteile sorgfältig. Falten sind der Feind jeder sauberen Naht! Wenn du Decovil I Light verwendest, bügle es jetzt mittig auf die linke Stoffseite der „Buchhülle innen“. Lass an allen Seiten 1 cm Rand frei – das ist deine Nahtzugabe.

Ab an die Maschine: Die Schritt-für-Schritt-Anleitung

Stell deine Nähmaschine auf eine Stichlänge von ca. 2,5-3 mm ein. Und denk dran: Jede Naht am Anfang und Ende kurz verriegeln!

Kleiner Quick-Win für die Motivation: Näh als Allererstes den kleinen Buchstopper! Das dauert nur 10 Minuten und du hast sofort ein Erfolgserlebnis. Einfach das 10×8 cm Teil rechts auf rechts zur Hälfte falten, die beiden kurzen Seiten zunähen, wenden, fertig. Leg ihn beiseite, den brauchen wir später.

Schritt 1: Die Buchhülle vorbereiten

  1. Gummibänder anbringen: Nimm die „Buchhülle außen“ (schöne Seite oben). Miss von den kurzen Seiten je 5 cm nach innen und nähe dort die Gummibänder senkrecht fest – aber nur oben und unten innerhalb der Nahtzugabe.
  2. Klettband aufnähen: Näh die weiche Flauschseite des Klettbands mittig auf die rechte Seite der „Buchhülle innen“ (dein Futterstoff mit der aufgebügelten Einlage). Die harte Hakenseite kommt später auf das Kissenteil, damit nichts am Buch kratzt.
  3. Hülle zusammennähen: Leg die äußere und innere Buchhülle rechts auf rechts aufeinander (also die schönen Seiten zueinander). Die Gummibänder liegen jetzt innen. Näht die beiden langen Seiten zusammen. Eine kurze Seite lässt du komplett offen zum Wenden.
  4. Wenden & Bügeln: Schneide die Ecken der Nahtzugabe schräg ab, damit sie schön spitz werden. Wende die Hülle durch die Öffnung, forme die Ecken mit einem Stäbchen sauber aus und bügle alles schön flach. Die offene Kante bügelst du dabei nach innen.
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Schritt 2: Das Kissen formen (Der Pyramiden-Trick)

Jetzt wird’s dreidimensional. Klingt kompliziert? Ist es aber nicht, wenn du es dir genau vorstellst.

  1. Klettband anbringen: Nimm das große Kissenteil (65×30 cm) und näh die harte Hakenseite des Klettbands ca. 2 cm von einer kurzen Kante entfernt mittig auf die rechte Stoffseite.
  2. Schlauch nähen: Falte das große Teil der Länge nach rechts auf rechts, sodass du einen 65×15 cm großen Streifen hast. Nähe die lange, offene Kante zu. Jetzt hast du einen langen Schlauch.
  3. Spitze formen: Wende den Schlauch. Leg ihn flach hin, sodass die Naht, die du gerade genäht hast, mittig auf der Unterseite liegt. Greif eine der offenen Ecken und falte sie so, dass eine Dreiecksspitze entsteht. Der Trick dabei ist, dass die untere Längsnaht jetzt genau auf der Querlinie der Öffnung liegt. Miss von der Spitze 14 cm nach unten und näh einmal quer drüber. Das schließt die Spitze und bildet die typische Pyramidenform.
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Schritt 3: Hochzeit – Hülle und Kissen verbinden

Das ist der wichtigste Moment, hier entscheidet sich die Stabilität. Langsam und genau arbeiten! Ich erinnere mich an einen Lehrling, der das mal schnell-schnell machen wollte. Das Ergebnis war eine schiefe Naht und das ganze Kissen stand krumm.

Schieb die vorbereitete Buchhülle mit der offenen Kante ca. 2-3 cm tief in die offene Seite des Kissenschlauchs. Richte alles schön mittig aus und stecke es extrem gut fest. Nähe jetzt einmal rundherum durch alle Lagen. Mein Tipp: Nähe die Naht zweimal, einmal normal und einmal mit einem Dreifach-Geradstich. Das hält bombenfest!

Schritt 4: Füllen und der letzte Schliff

Fast geschafft! Jetzt kommt Volumen rein.

  1. Buchstopper positionieren: Bevor du füllst, steck den kleinen Buchstopper, den du am Anfang genäht hast, mittig an die vordere Kante, genau auf die Naht zwischen Hülle und Kissen. Der wird gleich mit der letzten Naht fixiert.
  2. Füllen: Fülle das Kissen durch die letzte offene Ecke der Pyramide. Bei EPS-Perlen nimm einen Trichter! Füll es schön prall, aber nicht so, dass es platzt. Es muss noch formbar bleiben.
  3. Die unsichtbare Naht: Die letzte Öffnung schließt du am besten von Hand mit einem Matratzen- oder Leiterstich. Das ist der saubere Abschluss eines Profis und sorgt dafür, dass man keine Naht sieht. Nimm dafür reißfestes Garn, dann hält das auch.
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Lust auf mehr? Ideen für die Profi-Version

  • Paspeln einnähen: Eine Paspel an den Kanten der Buchhülle sieht super edel aus. Dafür brauchst du einen Reißverschlussfuß für deine Maschine.
  • Seitentasche: Näh eine simple aufgesetzte Tasche an die Seite des Kissens – perfekt für die Lesebrille oder ein Smartphone.
  • Abnehmbarer Bezug: Das ist die Königsklasse! Nähe ein einfaches Innenkissen (Inlett) für die Füllung und einen etwas größeren Außenbezug mit einem langen, verdeckten Reißverschluss. So kannst du den Bezug einfach waschen – besonders bei Spelzfüllung eine geniale Sache.

Hilfe! Was tun, wenn’s hakt?

  • Problem: Die Nadel bricht ständig.
    Lösung: Du hast die falsche Nadel. Wechsel zu einer stärkeren Jeansnadel (100/110). Nähe über dicke Stellen ganz langsam und hilf notfalls mit dem Handrad nach.
  • Problem: Die Ecken sind wulstig.
    Lösung: Du hast die Nahtzugabe nicht genug zurückgeschnitten. Knips die Ecken schräg ab und schneide bei dicken Stoffen die verschiedenen Lagen der Nahtzugabe unterschiedlich breit zurück. Das nennt man „Stufen“.
  • Problem: Das Kissen kippt um.
    Lösung: Entweder ist zu wenig Füllung drin oder das Material ist zu leicht. Stopf noch mehr rein oder nimm eine schwerere Füllung wie Dinkelspelz.

Und das war’s auch schon! Du hast jetzt ein megastabiles und praktisches Lesekissen, das nicht nur gut aussieht, sondern dir viele gemütliche Lesestunden bescheren wird. Das ist doch die wahre Freude am Selbermachen, oder?

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Welche Füllung für welchen Lesetyp?

Die Wahl des Füllmaterials ist fast so wichtig wie der Stoff selbst und entscheidet über Standfestigkeit und Haptik. Für maximale Stabilität, gerade bei schweren Büchern, sind Dinkel- oder Hirsespelz unschlagbar. Sie geben dem Kissen ein sattes Gewicht und eine feste Struktur, die nicht nachgibt. Ein weiterer Vorteil ist ihre Atmungsaktivität. Wer es hingegen federleicht und flexibel mag, greift zu EPS-Perlen (Styroporkügelchen). Sie sind ideal für ein leichteres Kissen, das oft transportiert wird. Bedenke aber, dass sie mit der Zeit etwas an Volumen verlieren können und beim Bewegen leise rascheln.

Mareike Brenner

Mareike ist 1991 in Bonn geboren und hat ihr Diplom in der Fachrichtung Journalistik an der TU Dortmund erworben. Sie hat einen Hintergrund im Bereich Design, da sie an der HAW Hamburg Illustration studiert hat. Mareike hat aber einen Sprung in die Welt des Journalismus gemacht, weil sie schon immer eine Leidenschaft für kreatives Schreiben hatte. Derzeit ist sie in der Redaktion von Freshideen tätig und schreibt gern Berichte über Schönheitstrends, Mode und Unterhaltung. Sie kennt übrigens alle Diäten und das Thema „Gesund abnehmen“ wird von ihr oft bevorzugt. In ihrer Freizeit kann man sie beim Kaffeetrinken mit Freunden antreffen oder sie bleibt zu Hause und zeichnet. Neulich hat sie eine neue Leidenschaft entdeckt, und das ist Online-Shopping.