Pralinen selber machen: Der ehrliche Guide, der wirklich funktioniert

von Angela Schmidt
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Ich weiß noch genau, wie ich das erste Mal als Azubi vor einer Schüssel geschmolzener Schokolade stand. Meine Hände haben gezittert, und mein Meister sagte nur: „Gefühl, Junge. Du brauchst Gefühl für die Schokolade.“ Damals dachte ich mir nur: Ja, toll. Aber was meint er damit?

Heute, viele Jahre und unzählige Kilo Kuvertüre später, weiß ich es. Pralinen sind kein Hexenwerk, aber sie sind auch kein „5-Minuten-Rezept“ aus dem Internet. Ganz ehrlich? Die meisten dieser Anleitungen verschweigen die wichtigen Details, bei denen alles schiefgehen kann. Aber keine Sorge, das hier ist anders. Ich zeige dir die soliden Grundlagen, die wirklich zählen, damit deine Pralinen nicht nur gut aussehen, sondern auch dieses umwerfende „Wow“-Erlebnis im Mund haben. Wir reden über die richtigen Zutaten, die perfekte Füllung und die Königsdisziplin: das Temperieren. Also, krempeln wir die Ärmel hoch!

Teil 1: Die Seele der Praline – Was du wirklich brauchst

Das A und O sind die Zutaten. Wer hier am falschen Ende spart, spart am Geschmack. Das ist wie beim Kochen: Aus welken Tomaten wird keine geniale Tomatensauce. Bei Pralinen ist es die Schokolade, die den Ton angibt.

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Kuvertüre, nicht Schokolade – der kleine, aber feine Unterschied

Ein typischer Anfängerfehler ist, einfach zur normalen Backschokolade oder Tafelschokolade zu greifen. Für Pralinen brauchen wir aber Kuvertüre. Warum? Weil sie per Definition mehr Kakaobutter enthält. Das macht sie im geschmolzenen Zustand viel flüssiger und geschmeidiger. Das Ergebnis: ein hauchdünner, knackiger Überzug mit einem wunderschönen, seidigen Glanz, statt einer dicken, matten Hülle.

  • Dunkle Kuvertüre: Perfekt für intensive Füllungen. Ein Kakaogehalt zwischen 60 % und 75 % ist ideal. Alles darunter ist oft zu süß, viel mehr wird schnell extrem herb.
  • Vollmilch-Kuvertüre: Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Gute Vollmilch-Kuvertüre (um die 35-45 % Kakao) schmeckt tatsächlich nach Kakao, nicht nur nach Zucker.
  • Weiße Kuvertüre: Besteht hauptsächlich aus Kakaobutter, Zucker und Milchpulver. Sie ist süß und bei der Verarbeitung eine kleine Diva, da sie Hitze hasst.

Kleiner Tipp: Kauf die Kuvertüre am besten in Form kleiner Linsen, auch „Callets“ genannt. Die schmelzen viel gleichmäßiger als ein grob gehackter Block und lassen sich super dosieren. Gute Marken wie Callebaut oder Valrhona findest du online in kleineren Abpackungen. Rechne mal mit 15-25 € für ein Kilo, das reicht aber für mehrere Versuche.

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Die Ganache: Das cremige Herzstück

Die Füllung, das Herz jeder Praline, ist meist eine Ganache – eine simple Mischung aus Schokolade und Sahne. Klingt einfach, aber die richtige Balance entscheidet über himmlisch cremig oder bröselig-enttäuschend.

Das Geheimnis liegt im richtigen Verhältnis. Als Faustregel kannst du dir merken:

  • Für eine schnittfeste dunkle Ganache: Nimm 2 Teile dunkle Kuvertüre auf 1 Teil Sahne (z.B. 200 g Kuvertüre, 100 g Sahne).
  • Für eine schnittfeste Vollmilch-Ganache: Hier brauchst du etwas mehr, also ca. 2,5 Teile Kuvertüre auf 1 Teil Sahne.
  • Für eine schnittfeste weiße Ganache: Die ist am weichsten, also nimm 3 Teile Kuvertüre auf 1 Teil Sahne.

So geht’s Schritt für Schritt:

  1. Hacke die Kuvertüre superfein und gib sie in eine Schüssel.
  2. Koche die Sahne einmal kurz auf und nimm sie sofort vom Herd.
  3. Gieße die heiße Sahne über die Schokolade und – ganz wichtig – lass das Ganze jetzt 2-3 Minuten einfach in Ruhe stehen. Nicht rühren!
  4. Jetzt nimmst du einen Teigschaber und rührst langsam von der Mitte aus in kleinen Kreisen. Du wirst sehen, wie sich eine glänzende, geschmeidige Masse bildet. Nicht wie wild schlagen, sonst arbeitest du Luft ein.
  5. Fertig! Decke die Ganache direkt auf der Oberfläche mit Frischhaltefolie ab (damit sich keine Haut bildet) und lass sie bei Raumtemperatur über Nacht fest werden. Bitte, bitte nicht in den Kühlschrank stellen!

Und wenn die Ganache doch mal gerinnt? Keine Panik! Das passiert selbst Profis. Wenn die Masse ölig und grisselig aussieht, hat sie sich getrennt. Glaub mir, mir ist mal kurz vor Feierabend eine riesige Schüssel für einen wichtigen Auftrag geronnen. Das Herz rutscht dir in die Hose! Aber es gibt einen Trick: Gib löffelweise ein klein wenig warme Milch dazu und rühre kräftig. Meistens fängt sich die Emulsion dann wieder. Puh, gerettet!

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Übrigens: Wenn du deine Ganache aufpeppen willst, ist jetzt der richtige Moment! Ein Schuss Rum oder Likör kommt am besten in die leicht abgekühlte Masse. Für eine Kaffee-Note kannst du einfach etwas Instant-Espressopulver in der heißen Sahne auflösen.

Deine erste Grundausstattung: Was du wirklich brauchst

Bevor wir zur Königsdisziplin kommen, kurz zum Werkzeug. Du brauchst keine Profi-Küche, aber drei Dinge sind, ehrlich gesagt, unverzichtbar:

  1. Ein digitales Thermometer: Das ist dein wichtigstes Werkzeug. Temperieren nach Gefühl geht schief, immer. Ein gutes digitales Küchenthermometer bekommst du schon für 10-15 Euro.
  2. Ein Teigschaber aus Silikon: Perfekt, um die Schüssel restlos sauber zu kratzen und die Ganache zu rühren.
  3. Pralinengabeln: Zwei Zinken sind ideal zum Tauchen. Zur Not geht am Anfang auch eine normale Kuchengabel, aber mit den speziellen Gabeln (ca. 5-10 € im Set) wird es deutlich sauberer.

Rechne also mit etwa 20-30 Euro an einmaligen Kosten für die Grundausstattung. Eine Investition, die sich absolut lohnt.

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Teil 2: Die Königsdisziplin – Schokolade richtig temperieren

Hier entscheidet sich, ob deine Pralinen knackig und glänzend werden oder matt, grau und weich bleiben. Beim Temperieren bringen wir die Kakaobutterkristalle in eine stabile Form. Klingt nach Chemieunterricht, ist aber mit Thermometer und Geduld gut machbar.

Für zu Hause ist die „Impfmethode“ am einfachsten:

  1. Teile deine gehackte Kuvertüre auf: 2/3 zum Schmelzen, 1/3 behältst du als „Impfkristalle“ zurück.
  2. Schmelze die 2/3 langsam über einem Wasserbad. Achtung, kleiner Profi-Tipp: Die Schüssel darf das Wasser im Topf nicht berühren! Nur der sanfte Dampf soll die Arbeit machen, sonst wird’s zu heiß und die Schokolade verbrennt. Und um Himmels willen, kein einziger Tropfen Wasser darf in die Schokolade gelangen, sonst klumpt sie sofort!
  3. Erhitze die Kuvertüre auf die richtige Temperatur. Für dunkle Kuvertüre sind das 45-50 °C. Bei Vollmilch oder weißer Kuvertüre reichen 40-45 °C.
  4. Nimm die Schüssel vom Wasserbad und gib das restliche Drittel der Kuvertüre dazu. Rühre jetzt geduldig, bis sich alles aufgelöst hat.
  5. Dabei kühlt die Masse ab. Rühre weiter, bis sie bei dunkler Kuvertüre etwa 27-28 °C erreicht hat. Für Vollmilch und weiße Kuvertüre sind es 26-27 °C.
  6. Jetzt kommt der letzte Schritt: Erwärme die Schüssel für ein paar Sekunden wieder über dem Wasserbad, bis die perfekte Verarbeitungstemperatur erreicht ist. Das sind 31-32 °C für dunkle, 29-30 °C für Vollmilch und 28-29 °C für weiße Kuvertüre.

Mach den Test: Tunk eine Messerspitze ein. Wenn die Schokolade bei Raumtemperatur innerhalb von 3-5 Minuten fest und glänzend wird, hast du alles richtig gemacht!

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Teil 3: Vom Block zur fertigen Praline

Mit perfekter Ganache und temperierter Kuvertüre kann es losgehen. Für den Anfang sind Schnittpralinen ideal.

Gieße deine Ganache einfach in eine flache, mit Backpapier ausgelegte Form (ca. 1-1,5 cm hoch) und lass sie über Nacht bei Raumtemperatur fest werden. Am nächsten Tag stürzt du die Platte und schneidest sie in Würfel. Profi-Tipp: Tauch ein langes, dünnes Messer kurz in heißes Wasser, trockne es blitzschnell ab und schneide dann. Die Kanten werden spiegelglatt!

Jetzt werden die Würfel nur noch mit der Pralinengabel in deine temperierte Kuvertüre getaucht, kurz abgeklopft und auf Backpapier zum Aushärten abgesetzt. Fertig!

Die 3 größten Pralinen-Killer (und wie du sie vermeidest)

Aus meiner Erfahrung gibt es drei Dinge, die Anfängern immer wieder das Genick brechen. Wenn du die kennst, bist du schon auf der sicheren Seite.

  1. Der Erzfeind: Wasser. Ein einziger Tropfen im Wasserbad oder von einem nassen Löffel ruiniert deine Schokolade. Sie wird sofort zu einem dicken, unbrauchbaren Klumpen. Also: Immer alles penibel trocken halten!
  2. Die Kühlschrank-Falle. Pralinen gehören NIEMALS in den Kühlschrank. Die Feuchtigkeit führt zu Zuckerreif (eine hässliche weiße Schicht) und die Kakaobutter nimmt jeden Geruch von Käse bis Zwiebel an. Lagere sie kühl (15-18 °C) und trocken in einer Dose. Ein kühler Keller oder die Speisekammer sind perfekt.
  3. Überhitzte Schokolade. Vor allem weiße Kuvertüre verbrennt extrem schnell. Sie wird dann krümelig und schmeckt bitter. Immer langsam und bei niedriger Hitze schmelzen!
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Ein letztes Wort…

Sei nicht frustriert, wenn der erste Versuch nicht perfekt ist. Meine ersten Pralinen sahen auch aus, als hätte ein Kleinkind mit Schokolade gespielt. Das ist ein Handwerk, das Übung braucht.

Also, was kostet der Spaß und wie lange dauert’s? Rechne für deine erste gute Ladung Pralinen mit Materialkosten von ca. 15-25 Euro. Plane dir am besten einen ganzen Nachmittag ein, denn die Ganache muss ja auch noch abkühlen. Sagen wir mal 3-4 Stunden aktive Zeit plus die Wartezeit über Nacht. Der Moment, wenn du dann aber in deine eigene, perfekt knackige Praline beißt und die cremige Füllung auf der Zunge schmilzt… unbezahlbar. Das ist das Gefühl, von dem mein Meister damals sprach.

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  • Ein digitales Zuckerthermometer ist kein Luxus, sondern dein bester Freund. Die Temperatur entscheidet über Knack und Glanz. Modelle von TFA Dostmann sind präzise und erschwinglich.
  • Pralinengabeln aus Edelstahl, nicht die Küchengabel. Sie halten die Praline sicher, ohne unschöne Abdrücke zu hinterlassen, und lassen überschüssige Kuvertüre perfekt abtropfen.
  • Hochwertige Polycarbonat-Formen: Sie sorgen für diesen spiegelnden Glanz, den man von Profis kennt. Silikon ist praktisch, aber für den ultimativen „Wow-Effekt“ ist festes Polycarbonat unschlagbar.
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Der letzte Schliff macht den Unterschied: Wenn die Praline perfekt temperiert ist, beginnt die Kür. Ein Hauch von essbarem Gold- oder Kupferpuder (z.B. von Rainbow Dust), aufgetragen mit einem weichen Pinsel, verleiht sofort eine luxuriöse Note. Auch feine Kakaonibs, Meersalzflocken oder gefriergetrocknete Beerenstücke, auf die noch feuchte Hülle gestreut, sorgen für eine spannende Textur und ein professionelles Finish.

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Die erste Praline wurde angeblich im 17. Jahrhundert für den französischen Marschall du Plessis-Praslin kreiert. Sein Koch karamellisierte Mandeln und schuf damit unwissentlich den Vorläufer dessen, was wir heute als süße Verführung kennen.

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Das perfekte Pralinenerlebnis ist eine Symphonie der Texturen. Es beginnt mit dem sauberen, klaren „Knack“ der dünnen Kuvertürehülle – ein Geräusch, das Qualität verspricht. Unmittelbar danach gibt die Hülle nach und macht den Weg frei für die Füllung, die weich und cremig die Zunge umschmeichelt. Erst in diesem Zusammenspiel aus fest und zart entfaltet sich die wahre Magie einer handgemachten Praline.

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Wie finde ich mutige, aber harmonische Geschmackskombinationen?

Der Trick liegt im Ausbalancieren von Gegensätzen. Kombinieren Sie die Süße weißer Schokolade mit der Säure von Passionsfrucht oder Limette. Die kräftigen Röstaromen einer dunklen Kuvertüre (z.B. Cacao Barry „Extra-Bitter Guayaquil“ 64%) harmonieren fantastisch mit einer Prise grobem Meersalz oder einem Hauch Chili. Und Vollmilchschokolade? Sie liebt nussige Noten, wird aber durch eine Spur Tonkabohne oder Kardamom erst richtig aufregend.

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Ganache: Die samtige Seele vieler Pralinen. Eine Emulsion aus Kuvertüre und Sahne, oft verfeinert mit Likör oder Fruchtpüree. Sie ist cremig, schmilzt zart auf der Zunge und bietet unendliche Geschmacksvariationen.

Nougat (Gianduja): Nicht zu verwechseln mit der weichen, weißen Masse. Wir meinen den nussigen, schnittfesten Pralinen-Nougat aus gerösteten Nüssen, Zucker und Kakaobutter. Er ist intensiver, süßer und hat einen wunderbaren Schmelz.

Für Einsteiger ist eine klassische Sahne-Ganache oft einfacher zu meistern.

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  • Eine glatte, fließende Schokoladenmasse, die sich mühelos verarbeiten lässt.
  • Ein makelloser, seidiger Glanz auf der fertigen Praline.
  • Keine Klümpchen, keine körnige Textur.

Das Geheimnis? Die absolute Vermeidung von Wasser! Schon ein einziger Tropfen, der in die geschmolzene Kuvertüre gelangt, lässt sie sofort verklumpen. Diesen Zustand nennt man „Anziehen“ – und er ist leider unumkehrbar. Also: Immer mit absolut trockenen Werkzeugen arbeiten!

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Laut einer Umfrage von Barry Callebaut wünschen sich 62% der Konsumenten Schokolade mit überraschenden Texturen.

Dieser Trend spiegelt sich auch in der Pralinenwelt wider. Statt nur cremiger Ganache experimentieren Chocolatiers mit „Inclusions“. Das können knusprige Waffelstückchen (Pailleté Feuilletine), karamellisierte Kakaobohnensplitter (Nibs) oder gepuffter Quinoa sein. Diese kleinen Textur-Explosionen sorgen für ein unerwartetes und modernes Mundgefühl.

Handgemachte Pralinen sind kleine Diven, was ihre Lagerung angeht. Um Aroma und Knack zu bewahren, gibt es ein paar einfache Regeln.

  • Niemals im Kühlschrank! Die Feuchtigkeit führt zu unschönem Zucker- oder Fettreif.
  • Kühl, trocken und dunkel: Ein Keller oder eine Speisekammer bei 15-18°C ist ideal.
  • Luftdicht verpacken: Eine Blechdose schützt am besten vor fremden Gerüchen.
Angela Schmidt

Nach dem Abschluss meines Studiums für Journalismus an der Uni- München, arbeite ich freiberuflich für diverse Formate und Produktionen. Freshideen ist für mich ein gegenseitiges Langzeitprojekt, mit dem ich meinen Alltag viel schöner gestalte. Die Themen der Nachhaltigkeit und der Umwelt bewegen mich am meisten, aber auch die kreativen DIY Ideen finden Platz in meinem Herzen.