Tsunami-Kuchen, der wirklich gelingt: Mein Profi-Guide gegen die Schoko-Flut

von Augustine Schneider
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Ganz ehrlich? Als ich das erste Mal diese Videos von „Tsunami Cakes“ gesehen habe, dachte ich nur: Was für eine riesige Sauerei. Eine flüssige Glasur, die unkontrolliert über eine Torte läuft? Das widerspricht so ziemlich allem, was man in der Pâtisserie über saubere, präzise Arbeit lernt. Ein Kuchen soll doch stabil sein, elegant eingestrichen und vor allem transportierbar.

Aber dann hat mich die Neugier gepackt. Hinter dem ganzen Spektakel steckt nämlich eine echt clevere Technik. Es ist ein Spiel mit Konsistenz, Temperatur und dem perfekten Timing. Klar, das ist kein Kuchen für Omas Kaffeekränzchen, sondern ein echtes Event. Ein Dessert, das erst direkt vor den Augen der Gäste seinen großen Auftritt hat. Ich hab mich also in meiner Backstube eingeschlossen, ein bisschen getüftelt und die typischen Anfängerfehler ausgemerzt. Heute zeige ich dir, wie dieser Show-Kuchen wirklich funktioniert – ohne leere Versprechen, dafür mit handfesten Tipps aus der Praxis.

Das Geheimnis der Welle: Ein bisschen Physik für Bäcker

Der Name „Tsunami“ ist natürlich Marketing, es ist eher eine sanfte Lavawelle. Damit diese Welle aber elegant fließt und nicht einfach vom Teller schießt, müssen wir ihre Zähflüssigkeit – die Viskosität – perfekt einstellen. Denk an den Unterschied zwischen Wasser (fließt sofort) und Honig (fließt langsam). Wir zielen auf etwas dazwischen ab.

bolo tsunami cake mit erdbeeren
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Stärke und Temperatur: Deine beiden Regler

Das Herzstück, die fließende Creme, wird meistens mit einfacher Maisstärke gebunden. Wenn du Stärke mit Flüssigkeit erhitzt, quellen die kleinen Körnchen auf und bilden ein Netz, das die Flüssigkeit bindet. Dein Pudding wird dick. Diesen simplen Vorgang müssen wir meistern.

Nimmst du zu wenig Stärke, ist die Creme wässrig und hinterlässt nur eine traurige, dünne Schicht. Nimmst du zu viel, bleibt ein dicker Klecks auf dem Kuchen liegen und der „Wow-Effekt“ verpufft. Es ist ein schmaler Grat.

Der zweite Regler ist die Temperatur. Jede Creme wird flüssiger, wenn sie warm ist, und fester, wenn sie abkühlt. Die Tsunami-Creme gießt du warm auf den eiskalten Kuchen. Im Moment, in dem du die Folie ziehst, ist sie noch fließfähig. Sobald sie aber auf die kalte Torte und den Teller trifft, kühlt sie schlagartig ab, wird zäher und kommt zum Stehen. Ein kontrollierter Fluss, kein unaufhaltsames Chaos. Das ist der ganze Trick!

bolo tsunami cake karamell
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Das Fundament: Ohne stabilen Boden geht gar nichts

Vergiss lockeren Biskuit. Der Kuchenboden muss einiges aushalten: das Gewicht der Buttercreme und vor allem die schwere Tsunami-Creme. Wir brauchen einen dichten, aber trotzdem saftigen Rührkuchen. Dieses Schoko-Rezept ist mein absoluter Favorit – gelingsicher und unglaublich lecker.

Ach ja, in der Konditorei wird alles grammgenau abgewogen. Das ist keine Schikane, sondern der einzige Weg zu zuverlässigen Ergebnissen. Also, Küchenwaage raus!

Rezept: Stabiler Schokoladenkuchen

  • 250 g Weizenmehl (Type 405 oder 550)
  • 350 g Zucker
  • 85 g gutes, ungesüßtes Kakaopulver
  • 2 TL (10 g) Natron
  • 1 TL (5 g) Backpulver
  • 1 TL (5 g) Salz
  • 2 Eier (Größe M), zimmerwarm
  • 240 ml Buttermilch, zimmerwarm
  • 120 ml neutrales Pflanzenöl (z.B. Rapsöl)
  • 2 TL Vanilleextrakt
  • 240 ml heißer, starker Kaffee (oder heißes Wasser)

So wird’s gemacht: Schritt für Schritt

1. Vorbereiten: Ofen auf 175°C (Ober-/Unterhitze) vorheizen. Zwei 20-cm-Springformen gut fetten und den Boden mit Backpapier auslegen. Kleiner Profi-Tipp für supergerade Böden: Wickle ein altes, nasses Geschirrtuch um die Außenseite der Form. Dafür das Tuch einfach in kaltes Wasser tauchen und so fest auswringen, dass es nur noch feucht ist, nicht mehr tropft. Das sorgt für eine gleichmäßige Hitzeverteilung.

bolo tsunami cake rezept

2. Trockene Zutaten: Mehl, Zucker, Kakao, Natron, Backpulver und Salz in eine große Schüssel sieben. Bitte nicht überspringen! Das Sieben verhindert Klumpen und macht den Teig luftiger.

3. Nasse Zutaten: In einer zweiten Schüssel Eier, Buttermilch, Öl und Vanille leicht verquirlen. Zimmerwarme Zutaten sind hier echt wichtig, damit sich alles gut verbindet.

4. Zusammenfügen: Die nassen Zutaten kurz unter die trockenen rühren. Wirklich nur so lange, bis alles gerade so vermischt ist. Zu langes Rühren macht den Kuchen zäh.

5. Der Kaffee-Trick: Jetzt den heißen Kaffee langsam unterrühren. Keine Panik, der Teig wird jetzt sehr flüssig, das muss so! Der Kaffee löst das Kakaopulver perfekt auf, intensiviert den Schokogeschmack und macht den Kuchen mega saftig.

6. Backen: Teig auf die beiden Formen verteilen und ca. 30-35 Minuten backen. Die Stäbchenprobe verrät dir, ob er durch ist.

7. Abkühlen: Die Böden erst 10 Minuten in der Form, dann auf einem Kuchengitter vollständig auskühlen lassen. Und mit vollständig meine ich mehrere Stunden. Ein auch nur lauwarmer Kuchen und deine Buttercreme verwandeln sich in eine Suppe.

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Der Damm: Eine Buttercreme, die was aushält

Die Buttercreme ist hier nicht nur Füllung, sondern auch der Damm, der die Flut aufhält. Sie muss stabil sein und sich gut glattstreichen lassen. Eine Schweizer Meringue-Buttercreme ist dafür ideal: superstabil, nicht zu süß und ein Traum in der Verarbeitung.

Rezept: Schweizer Meringue-Buttercreme

  • 5 Eiweiß (ca. 150 g)
  • 250 g feiner Zucker
  • 350 g weiche Butter, gewürfelt
  • 1 Prise Salz
  • 1 TL Vanilleextrakt

Anleitung für die perfekte Creme

1. Eiweiß erhitzen: Eiweiß, Zucker und Salz in eine hitzebeständige Schüssel über ein heißes Wasserbad stellen. Der Schüsselboden darf das Wasser nicht berühren.

2. Zucker auflösen: Die Masse unter ständigem Rühren erhitzen, bis sich die Zuckerkristalle komplett aufgelöst haben (teste das, indem du etwas zwischen den Fingern reibst). Das pasteurisiert gleichzeitig das Eiweiß.

3. Meringue aufschlagen: Nimm die Schüssel vom Wasserbad und schlage die Masse mit der Küchenmaschine auf höchster Stufe, bis sie steif und glänzend ist und die Schüssel außen wieder Raumtemperatur hat. Das kann 10-15 Minuten dauern, also hab Geduld!

bolo tsunami cake kuchentrend 2020
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Schokokuchen-Geheimnisse: So wird er endlich richtig saftig (und nicht trocken!)

4. Butter zugeben: Geschwindigkeit reduzieren und die weiche Butter Würfel für Würfel zugeben. Immer warten, bis ein Stück eingearbeitet ist.

5. DIE KRITISCHE PHASE: Achtung, jetzt kommt der Moment, wo 90% der Leute in Panik geraten! Die Creme wird jetzt wahrscheinlich grisselig oder sieht aus wie geronnen. DAS IST NORMAL! Bloß nicht aufgeben. Einfach stoisch auf mittlerer Stufe weiterschlagen. Nach ein paar Minuten passiert die Magie und alles verbindet sich zu einer glatten, seidigen Creme. Versprochen!

6. Abschmecken: Zum Schluss die Vanille unterrühren. Fertig ist der perfekte Damm.

Das Herzstück: Die Tsunami-Creme mit Geling-Garantie

So, jetzt wird’s ernst. Die Creme muss fließen wie warmer Honig. Dieses Rezept ist eine super Basis, aber sei bereit, am Ende eventuell noch ein bisschen nachzujustieren.

Grundrezept: Schokoladen-Tsunami-Creme

  • 400 ml gesüßte Kondensmilch (1 Dose)
  • 400 ml Sahne (mind. 30 % Fett)
  • 200 ml Vollmilch
  • 30 g Maisstärke
  • 150 g Zartbitterschokolade (mind. 60 %), gehackt

Zubereitung

1. Stärke anrühren: Die Maisstärke mit ca. 50 ml der kalten Vollmilch klümpchenfrei verrühren. Das ist der wichtigste Schritt gegen Klumpen.

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2. Erhitzen: Kondensmilch, Sahne und restliche Milch in einem Topf bei mittlerer Hitze erwärmen. Immer schön am Boden rühren!

3. Andicken: Sobald die Mischung warm ist, die angerührte Stärke mit einem Schneebesen einrühren. Jetzt aufkochen lassen und unter ständigem Rühren etwa eine Minute köcheln lassen, bis sie merklich dicker wird.

4. Schokolade schmelzen: Topf vom Herd nehmen, gehackte Schokolade rein und rühren, bis alles glatt und glänzend ist.

5. Der Temperatur-Check: Lass die Creme etwas abkühlen. Sie sollte spürbar warm sein, aber nicht mehr heiß. Nicht jeder hat ein Thermometer, also hier der Fühl-Test: Sie sollte sich deutlich wärmer als deine Hand anfühlen, aber so, dass du noch kurz den Finger reinhalten kannst, ohne dich zu verbrennen (ca. 40-45°C). Teste die Konsistenz mit einem Löffel: Sie sollte in einem dicken, aber stetigen Strahl zurück in den Topf fließen. Kleiner Tipp: Gieß die fertige Creme durch ein feines Sieb. So bist du absolut sicher, dass keine Klümpchen den Fluss stören.

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Vergiss die Backmischung: So gelingt dir der saftigste Schokokuchen deines Lebens

Der Zusammenbau: Dein Fahrplan zum Erfolg

Sorgfalt ist hier alles. Eine drehbare Tortenplatte ist eine riesige Hilfe und kostet im Backzubehörhandel nicht die Welt (ca. 15-25€).

Dein Zeitplan, um Stress zu vermeiden:

  • Tag 1: Back die Kuchenböden. Lass sie komplett auskühlen und wickle sie dann gut in Frischhaltefolie ein. So bleiben sie über Nacht saftig und sind am nächsten Tag perfekt vorbereitet.
  • Tag 2: Bereite die Buttercreme und die Tsunami-Creme zu. Dann geht’s an den Zusammenbau und den großen Moment. Insgesamt solltest du mit 4-5 Stunden reiner Arbeitszeit rechnen, verteilt auf die beiden Tage.

Die finalen Schritte:

1. Böden begradigen: Schneide eventuelle Kuppeln auf den Böden mit einem langen Messer gerade ab.

2. Schichten: Lege den ersten Boden auf die Tortenplatte (ein Klecks Buttercreme drunter wirkt wie Kleber). Bestreiche ihn mit ca. 1 cm Buttercreme, lege den zweiten Boden auf.

3. Krümelschicht: Streiche den ganzen Kuchen dünn mit Buttercreme ein, um alle Krümel zu binden. Ab damit für 30 Minuten in den Kühlschrank.

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4. Glattstreichen: Jetzt die restliche Buttercreme auftragen und mit einer Teigkarte oder langen Palette so glatt wie möglich abziehen.

5. Die Folie: Das ist der entscheidende Schritt. Du brauchst stabile Tortenrandfolie (Azetatfolie). Die bekommst du online oder im Fachhandel für etwa 5-10€ pro Rolle. Schneide sie so zu, dass sie eng um den Kuchen passt und ihn um mindestens 5-7 cm überragt. Mit Klebeband fixieren. Achtung: Die Folie muss unten bündig abschließen! Als Notlösung geht auch eine stabile, gereinigte Overheadfolie, aber das Original ist besser.

6. Kühlen, kühlen, kühlen: Der vorbereitete Kuchen muss jetzt für mindestens eine Stunde (besser zwei!) in den Kühlschrank. Die Buttercreme muss steinhart sein. Das ist deine Lebensversicherung.

7. Der große Moment: Hol den eiskalten Kuchen raus und stell ihn auf ein großes Backblech mit Rand. Vertrau mir, das willst du. Es wird eine Sauerei geben. Gieß die warme Tsunami-Creme in den Ring aus Folie. Jetzt langsam und gerade die Folie nach oben ziehen. Und… Action!

bolo tsunami cake trotentrend 2020
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Der saftigste Schokokuchen ohne Gluten – Mein Geheimrezept, das immer gelingt

Glaub mir, bei meinem ersten Versuch war die Creme zu dünn und die Buttercreme nicht kalt genug. Die Schokosoße ist unten aus der Folie rausgelaufen, bevor ich sie überhaupt ziehen konnte. Die Küche sah aus… naja, wie nach einem Tsunami eben. Lerne aus meinen Fehlern!

Erste Hilfe: Was tun, wenn…?

Auch Profis haben mal einen schlechten Tag. Hier ein kleiner Spickzettel:

  • …meine Tsunami-Creme zu dünn ist? Rühre löffelweise etwas warme Milch oder Sahne ein, um sie zu verdünnen. Ist sie zu flüssig, ist das Retten schwer. Lieber von Anfang an an die Stärkemenge halten.
  • …meine Buttercreme beim Einstreichen rausquillt? Dein Kuchen ist nicht kalt genug oder die Creme ist zu weich. Stell alles für 20 Minuten in den Kühlschrank und versuch es erneut.
  • …der Kuchen schief wird? Nutze eine Wasserwaage (ja, wirklich!) beim Schichten der Böden. Kleine Schräglagen kannst du mit der Buttercreme ausgleichen.

Lust auf mehr? Ideen für Fortgeschrittene

Wenn du die Technik draufhast, sind deiner Fantasie keine Grenzen gesetzt.

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  • Schwarzwälder Tsunami: Schokoboden, Kirsch-Sahne-Füllung und eine Schoko-Ganache als Welle, verfeinert mit einem Schuss Kirschwasser.
  • Karamell-Traum: Heller Rührkuchen, Karamell-Buttercreme und eine flüssige Karamellsoße als Tsunami, bestreut mit Mandelsplittern.
  • Frucht-Explosion: Zitronenkuchen mit Frischkäse-Creme und eine Welle aus pürierten Himbeeren, die mit Stärke angedickt wird. Ein Wahnsinns-Farbkontrast!

Ein ehrliches Wort zum Schluss

Ein paar Dinge, die in den Hochglanz-Videos gerne verschwiegen werden:

  • Hygiene ist alles: Der Kuchen enthält viele Milchprodukte und Ei. Halte die Kühlkette ein und verzehre ihn bald nach dem „Event“.
  • Nicht transportierbar: Sobald die Folie ab ist, bewegst du diesen Kuchen keinen Millimeter mehr. Er muss am Ort des Geschehens vollendet werden.
  • Erwartungsmanagement: Das Anschneiden ist eine klebrige Angelegenheit. Serviere die Stücke am besten in Schalen. Es ist ein leckeres Chaos, keine filigrane Pâtisserie.

Dieser Kuchen ist eine fantastische Spielerei, die für große Augen sorgt. Wenn du die Grundlagen beachtest und sorgfältig arbeitest, wird er dir gelingen. Und wenn beim ersten Mal etwas danebengeht – egal! Das Wichtigste ist, Spaß dabei zu haben und daraus zu lernen.

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Geschenke aus der Küche, die wirklich was können: Sicher, lecker & mit Liebe gemacht

Bildergalerie

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Profi-Wand: Acetatfolie. Die glasklare, stabile Folie (z.B. von Schneider oder Patisdécor) ist die erste Wahl für eine makellose Welle. Die Glasur gleitet widerstandslos herab und die Folie lässt sich sauber nach oben ziehen, ohne zu knittern.

DIY-Damm: Backpapier. Eine Notlösung, die Sorgfalt erfordert. Legen Sie das Papier doppelt und fixieren Sie es extrem straff mit Klebeband, um Falten zu vermeiden. Die raue Oberfläche kann den Fluss der Glasur jedoch leicht stören.

Unser Tipp: Für den garantierten

Augustine Schneider

Augustine ist eine offene und wissenshungrige Person, die ständig nach neuen Herausforderungen sucht. Sie hat ihren ersten Studienabschluss in Journalistik an der Uni Berlin erfolgreich absolviert. Ihr Interesse und Leidenschaft für digitale Medien und Kommunikation haben sie motiviert und sie hat ihr Masterstudium im Bereich Media, Interkulturelle Kommunikation und Journalistik wieder an der Freien Universität Berlin abgeschlossen. Ihre Praktika in London und Brighton haben ihren beruflichen Werdegang sowie ihre Weltanschauung noch mehr bereichert und erweitert. Die nachfolgenden Jahre hat sie sich dem kreativen Schreiben als freiberufliche Online-Autorin sowie der Arbeit als PR-Referentin gewidmet. Zum Glück hat sie den Weg zu unserer Freshideen-Redation gefunden und ist zurzeit ein wertvolles Mitglied in unserem motivierten Team. Ihre Freizeit verbringt sie gerne auf Reisen oder beim Wandern in den Bergen. Ihre kreative Seele schöpft dadurch immer wieder neue Inspiration und findet die nötige Portion innerer Ruhe und Freiheit.