Desinfektionsmittel selber machen: Die Werkstatt-Anleitung, die wirklich funktioniert

von Adele Voß
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Manchmal sind die Regale einfach leer. Was gestern noch selbstverständlich war, ist heute Mangelware – Händedesinfektionsmittel gehört da oft dazu. Und ganz ehrlich, ich kann total verstehen, dass man dann nach einer Lösung sucht, um sich und seine Familie zu schützen.

In meiner Werkstatt ist der Umgang mit Alkoholen und anderen Chemikalien tägliches Brot. Wir reinigen und entfetten damit, kennen uns also mit den Stoffen aus. Deshalb sehe ich auch viele Anleitungen im Netz mit einem kritischen Auge. Manche sind super, andere aber auch bestenfalls nutzlos oder sogar gefährlich. Wir mixen hier ja kein Putzmittel, es geht um unsere Gesundheit.

Deshalb will ich heute mal mein Wissen aus der Praxis mit dir teilen. Wir machen jetzt zusammen ein wirksames Desinfektionsmittel nach einer bewährten, wissenschaftlich fundierten Formel. Kein Hexenwerk, aber Präzision ist gefragt. Bevor wir loslegen, hier ein kurzer Überblick:

  • Zeitaufwand: Ungefähr 15 Minuten zum Mischen, danach muss es aber 3 Tage ruhen.
  • Schwierigkeit: Einfach, solange du dich exakt an die Mengenangaben hältst.
  • Kosten: Reche mal mit ca. 20-30 € für die Zutaten für einen Liter. Das ist oft günstiger als fertige Produkte, wenn sie denn verfügbar sind.
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Warum das Ganze überhaupt funktioniert: Ein kleiner Blick unter die Haube

Bevor wir loslegen, lass uns kurz verstehen, was wir hier eigentlich tun. Unser Hauptwerkzeug ist Alkohol, unser Gegner sind Viren und Bakterien. Viele Viren, auch die hartnäckigen, haben eine Hülle aus Fett und Eiweiß, die ihr empfindliches Inneres schützt.

Alkohol knackt diese Schutzhülle. Er löst die Fette auf und bringt die Eiweiße dazu, ihre Struktur zu verändern – man nennt das Denaturierung. Stell es dir wie bei einem rohen Ei vor: Gibst du hochprozentigen Alkohol drauf, wird das Eiklar weiß und fest. Genau das passiert mit der Virushülle. Ohne Hülle ist das Virus schutzlos und kann keine Zellen mehr befallen. Spiel, Satz und Sieg.

Die Sache mit der Konzentration: Warum 100 % nicht besser ist

Jetzt wird’s wichtig. Man könnte ja meinen, je mehr Alkohol, desto besser. Stimmt aber nicht ganz. Die Experten empfehlen eine Endkonzentration von circa 80 % bei Ethanol oder 75 % bei Isopropanol. Warum?

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Reiner, 100-prozentiger Alkohol verfliegt blitzschnell. Kaum auf der Hand, ist er schon wieder weg – viel zu schnell, um tief in die Keime einzudringen. Er würde die äußere Schicht der Viren nur schlagartig verhärten und so paradoxerweise deren Kern schützen. Das bisschen Wasser in der Mischung ist also Absicht: Es verlangsamt die Verdunstung und gibt dem Alkohol die nötige Zeit, seine Arbeit gründlich zu erledigen. Unter 60 % ist die Wirkung aber wiederum zu schwach.

Deshalb ist genaues Abmessen das A und O. Wie ich meinen Azubis immer sage: Präzision ist alles!

Zutaten und Werkzeug: Die Einkaufsliste für deine Mission

Bevor du loslegst, besorg dir alles Nötige. Die beste Anlaufstelle ist die Apotheke oder spezialisierte Online-Shops. So kannst du sicher sein, dass die Qualität stimmt. Finger weg von billigem Brennspiritus aus dem Baumarkt! Der enthält oft Zusätze, die deiner Haut gar nicht guttun.

Eine kurze Entscheidungshilfe: Ethanol oder Isopropanol? Isopropanol hat einen stärkeren, stechenden Eigengeruch, den manche als unangenehm empfinden. Ethanol riecht klassisch nach Alkohol. Preislich und in der Wirkung nehmen sie sich nicht viel, es ist also eher eine persönliche Präferenz.

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Rezept 1: Mit Ethanol (ergibt 1 Liter)

  • Ethanol 96 % (833 ml): Bekommst du in der Apotheke oder online. Rechne mit ca. 15-25 € pro Liter.
  • Wasserstoffperoxid 3 % (42 ml): Gibt’s ebenfalls in der Apotheke, oft in kleinen Fläschchen für wenige Euro. Wichtig, um die Lösung keimfrei zu halten.
  • Glycerin 98 % (15 ml): Der Hautschutz! Verhindert, dass deine Hände austrocknen. Kostet ebenfalls nur ein paar Euro.
  • Abgekochtes oder destilliertes Wasser (ca. 110 ml): Destilliertes Wasser kriegst du im Supermarkt oder Drogeriemarkt. Abkochen und abkühlen lassen geht aber auch.

Rezept 2: Mit Isopropanol (ergibt 1 Liter)

  • Isopropanol (IPA) 99,8 % (752 ml): Der „andere“ Alkohol. Online oft etwas günstiger zu finden als Ethanol.
  • Wasserstoffperoxid 3 % (42 ml)
  • Glycerin 98 % (15 ml)
  • Abgekochtes oder destilliertes Wasser (ca. 191 ml)

Benötigtes Werkzeug:

  • Ein sauberes, verschließbares Gefäß mit mindestens 1 Liter Fassungsvermögen (Glas ist ideal).
  • Präzise Messbecher – am besten aus Glas oder chemikalienbeständigem Kunststoff. Kleiner Tipp: Auf dem Boden von Kunststoffbehältern findest du oft ein Recycling-Symbol mit einer Abkürzung. PP (Polypropylen) oder HDPE (High-Density Polyethylen) sind super geeignet.
  • Ein Trichter zum sauberen Umfüllen.
  • Kleinere Flaschen (z.B. leere Seifenspender) für den täglichen Gebrauch. Unbedingt vorher gründlich ausspülen!
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Die Schritt-für-Schritt-Anleitung vom Profi

Alles bereit? Dann los. Such dir einen sauberen, gut gelüfteten Arbeitsplatz. Und jetzt kommt die wichtigste Regel: Alkohol ist LEICHT ENTZÜNDLICH. Also keine Kerzen, keine Zigaretten, keine offene Flamme in der Nähe. Sicherheit geht vor!

1. Alkohol vorlegen: Miss die exakte Menge Alkohol (833 ml Ethanol oder 752 ml Isopropanol) ab und fülle ihn in dein großes Mischgefäß.

2. Wasserstoffperoxid dazu: Jetzt kommen die 42 ml Wasserstoffperoxid rein.

3. Das klebrige Glycerin: Miss die 15 ml Glycerin ab. Du wirst merken, das Zeug ist zäh wie Sirup. Es wird immer ein Rest im Messbecher bleiben. Profi-Trick: Nimm einen kleinen Schluck von deinem vorbereiteten Wasser, spüle den Glycerin-Messbecher damit aus und kipp das Spülwasser mit in die große Mischung. So geht nichts verloren.

4. Auffüllen: Gib nun das restliche Wasser dazu, bis du genau bei der 1-Liter-Marke bist.

5. Mischen & Verschließen: Schraub den Deckel drauf und schwenke das Gefäß sanft, aber gründlich. Nicht wie einen Cocktail shaken, das schäumt nur unnötig.

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6. Geduld ist eine Tugend (72 Stunden warten!): Das ist der Schritt, den viele überspringen wollen – tu es nicht! Die Mischung muss jetzt für drei Tage ruhen. In dieser Zeit erledigt das Wasserstoffperoxid seinen Job und macht eventuelle Bakteriensporen unschädlich. Beschrifte das Gefäß gut leserlich mit Inhalt und Datum und stell es an einen kühlen, dunklen Ort.

7. Abfüllen: Nach 72 Stunden ist es so weit! Dein Desinfektionsmittel ist fertig. Fülle es mit dem Trichter in die kleinen, handlichen Flaschen um. Auch diese bitte klar beschriften.

Lagerung und Haltbarkeit: Gut zu wissen

Wie lange hält das selbstgemachte Wundermittel eigentlich? Wenn du es richtig lagerst – also immer gut verschlossen, kühl und vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt – ist es locker 6 Monate haltbar. Der Alkohol verfliegt mit der Zeit, wenn die Flasche oft offen steht, daher immer gut zumachen.

Sicherheitshinweise: Was du niemals vergessen darfst

Ich kann es nicht oft genug betonen: Wir hantieren hier mit Chemikalien. Das ist kein Grund zur Panik, aber für gesunden Respekt.

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  • Brandgefahr: Sorge für gute Lüftung. Alkoholdämpfe sind schwerer als Luft und können sich am Boden sammeln.
  • Augenschutz: Spritzer im Auge sind extrem unangenehm. Falls es passiert, sofort für mehrere Minuten mit klarem Wasser ausspülen. Bei anhaltenden Schmerzen ab zum Arzt.
  • Kinder und Haustiere: Bewahre alles – Zutaten und fertiges Mittel – absolut unerreichbar für Kinder auf.
  • Hautpflege: Auch mit Glycerin trocknet Alkohol die Haut aus. Gönn deinen Händen abends eine gute, fetthaltige Creme. Das beugt Rissen vor.

Häufige Pannen & Mythen aus der Praxis

Im Laufe der Zeit hört man so einiges. Hier mal die häufigsten Irrtümer und was du tun kannst, wenn was schiefgeht.

  • Mythos: „Ein guter Wodka tut’s auch!“
    Leider nein. Schnaps hat meist um die 40 % Alkohol. Das ist für Viren nur eine laue Brise. Du brauchst die volle Power von mindestens 60 % in der Endmischung.
  • Mythos: „Ätherische Öle machen es stärker.“
    Lavendel- oder Teebaumöl riechen gut, aber ihre Wirkung gegen diese Art von Viren ist nicht stark genug. Als Duft-Extra kannst du ein paar Tropfen zugeben, aber verlass dich nicht auf eine desinfizierende Wirkung.
  • Problem: „Meine Mischung klebt total!“
    Dann hast du es wahrscheinlich mit dem Glycerin zu gut gemeint. Die 15 ml sind ein Richtwert. Wenn du merkst, dass es dir zu klebrig ist, nimm beim nächsten Mal einfach etwas weniger, z.B. nur 10 ml.
  • Problem: „Ich habe nur 70%igen Alkohol bekommen.“
    Dann musst du die Rezeptur anpassen, was etwas Rechnerei erfordert. Du brauchst dann logischerweise mehr von dem Alkohol und weniger Wasser. Wenn du unsicher bist, suche online nach einem „Mischungskreuz Rechner“, der hilft dir dabei, die richtigen Mengen zu ermitteln.
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Ein letztes Wort aus der Werkstatt

So, jetzt weißt du, wie du dir im Notfall selbst helfen kannst. Denk aber immer dran: Das allerbeste Mittel ist und bleibt gründliches Händewaschen mit Seife für mindestens 20 Sekunden. Das Desinfektionsmittel ist die Lösung für unterwegs, wenn Wasser und Seife fehlen.

Diese Anleitung ist für den Eigenbedarf gedacht. Professionell hergestellte Produkte durchlaufen strenge Kontrollen, die wir zu Hause natürlich nicht leisten können. Aber mit dieser Formel und einer sauberen Arbeitsweise bist du schon verdammt nah dran.

Also, arbeite mit Verstand, bleib sicher und vor allem gesund!

Bildergalerie

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Die Rezeptur der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurde ursprünglich für den Einsatz in Regionen entwickelt, in denen sauberes Wasser und Seife nicht durchgehend verfügbar sind.

Das macht sie so genial robust und wirksam. Es geht nicht um Kosmetik, sondern um reine Funktionalität mit weltweit verfügbaren Grundstoffen. Wenn Sie also in Ihrer Küche Isopropanol und Wasserstoffperoxid mischen, nutzen Sie eine Formel, die ihre Effektivität unter den schwierigsten Bedingungen bewiesen hat – ein echtes Stück globaler Gesundheitsvorsorge für zu Hause.

Welchen Alkohol soll ich eigentlich nehmen?

Eine häufige Frage, denn beide empfohlenen Alkohole haben ihre Eigenheiten. Ethanol (auch Weingeist) ist oft etwas hautfreundlicher und geruchsärmer. Für die Desinfektion wird meist „vergällter“ Bio-Ethanol mit 96 % verwendet, der ungenießbar gemacht wurde. Isopropanol (IPA 99,9 %) ist der klassische Reinigungsalkohol. Er entfettet stärker, was die Haut mehr austrocknen kann, und riecht intensiver. Für die reine Desinfektionsleistung sind laut WHO beide exzellent geeignet – Ihre Wahl hängt also oft schlicht von der Verfügbarkeit und dem persönlichen Hautgefühl ab.

Adele Voß

Adele Voß ist 1979 in Wien geboren und hat dort Kunstgeschichte studiert. Deshalb sind ihre Interessen als Online-Autorin auf die Bereiche Kunst und Kultur gerichtet.  Ihrer Meinung nach muss man Mode und Design ebenso als Quellen kreativer Inspiration betrachtet und als Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit. Adele macht ihre Leser gerne aufmerksam auf die tiefere Bedeutung der Trends im Innendesign im Konkreten und auch in der modernen Lebensweise im Allgemeinen. Adele Voß schreibt darüber hinaus gerne übers Thema Gesundheit. Es umfasst Artikel über gesundes Abnehmen, gesunde Speisen und Getränke und auch über sportliche Aktivitäten in jedem Alter. In ihrer Freizeit kocht sie gern für die Familie und sie alle reisen oft zusammen.