Brille kaufen? Dein ehrlicher Guide aus der Werkstatt – Worauf es wirklich ankommt

von Augustine Schneider
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Eine neue Brille ist so viel mehr als nur ein Gestell. Ganz ehrlich? In all den Jahren in der Werkstatt habe ich gelernt: Eine Brille hat genau zwei Jobs. Erstens, sie muss dir zu glasklarer Sicht verhelfen. Zweitens, sie muss sich so anfühlen, als wäre sie schon immer ein Teil von dir gewesen. Das ist die ganze Magie.

Viele kommen rein und wollen sofort wissen, was gerade im Trend ist. Trends sind super, aber sie sind auch vergänglich. Deine Augen und dein Komfort sind es nicht. Denk mal drüber nach: Das Ding sitzt jeden Tag stundenlang auf deiner Nase. Es ist ein hochpräzises Werkzeug für deine Augen und gleichzeitig das Erste, was Leute in deinem Gesicht sehen. Es geht also nicht um Fast Fashion, sondern um Handwerk, Physik und vor allem um ein gutes Bauchgefühl.

Vergiss mal kurz die Hochglanzmagazine. Komm mit mir gedanklich in die Werkstatt. Ich zeig dir, worauf wir Profis achten, damit du nicht nur eine Brille, sondern DEINE Brille findest.

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Erst die Pflicht, dann die Kür: Deine Augen geben den Ton an

Bevor wir über coole Formen und Farben philosophieren, reden wir über das, was wirklich zählt: deine Augen. Eine Brille ohne die perfekten Gläser ist wie ein Auto ohne Motor – sieht vielleicht gut aus, bringt dich aber nirgendwo hin. Alles fängt mit präzisen Messungen an.

Der Sehtest: Mehr als nur Buchstaben erraten

Ein gründlicher Sehtest ist das A und O. Den kannst du beim Augenarzt oder einem guten Augenoptiker machen. Wichtig ist: Ein echter Profi-Sehtest dauert locker 20-30 Minuten. Alles, was schneller geht, ist verdächtig. Wir checken nicht nur, ob du kurz- oder weitsichtig bist, sondern auch das Zusammenspiel beider Augen, eine mögliche Hornhautverkrümmung und ob du vielleicht schon eine kleine Unterstützung beim Lesen brauchst.

Diese Werte sind heilig. Schon ein winziger Fehler kann zu Kopfschmerzen oder müden Augen führen. Nimm dir also die Zeit dafür!

Die stillen Helden: Pupillendistanz und Zentrierung

Jetzt kommt ein Punkt, der oft sträflich vernachlässigt wird, besonders bei Online-Käufen. Jedes Brillenglas hat einen optischen Mittelpunkt, den einen Punkt, durch den du perfekt scharf siehst. Und dieser Punkt muss exakt, also wirklich MILLIMETERGENAU, vor deiner Pupille sitzen.

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Dafür messen wir die Pupillendistanz (PD). Das selbst mit einem Lineal im Spiegel zu versuchen, ist, ehrlich gesagt, Harakiri. Wir nutzen dafür spezielle Geräte, die auch die Höhe der Pupille im ausgewählten Gestell berücksichtigen. Ist das falsch zentriert, kann das zu Schwindel und Unwohlsein führen, weil dein Gehirn ständig versucht, das schiefe Bild gerade zu rücken. Ein absolutes No-Go!

Das richtige Glas: Eine Frage des Materials (und des Geldes)

Die meisten Gläser sind heute aus leichtem, bruchsicherem Kunststoff. Aber Kunststoff ist nicht gleich Kunststoff.

  • Der Brechungsindex: Klingt technisch, ist aber einfach. Je höher der Index (z.B. 1.6 oder 1.67), desto dünner kann das Glas bei gleicher Stärke geschliffen werden. Bei hohen Werten ab 3 oder 4 Dioptrien ist das ein Muss! Die Brille wird dadurch viel leichter und ästhetischer. Klar, das kostet auch mehr. Rechne hier mit einem Aufpreis von ca. 40 € bis über 100 € pro Glas, je nach Stärke. Aber es lohnt sich.
  • Asphärische Gläser: Ein weiterer Profi-Tipp bei stärkeren Werten. Diese Gläser sind flacher geschliffen und reduzieren den unschönen „Flaschenboden“-Effekt. Deine Augen wirken dahinter viel natürlicher.
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Die Veredelungen: Deine unsichtbaren Bodyguards

Auf das Rohglas kommen hauchdünne Schichten, die im Alltag den entscheidenden Unterschied machen.

  • Hartschicht: Absoluter Standard. Schützt vor kleinen Kratzern. Ohne geht gar nicht.
  • Entspiegelung: Verhindert nervige Reflexionen. Du siehst klarer und dein Gegenüber sieht deine Augen statt seiner eigenen Spiegelung. Mein Tipp: Investiere in eine Super-Entspiegelung. Der Aufpreis von vielleicht 30 € auf 60-90 € pro Glas ist jeden Cent wert. Der Unterschied ist wie Tag und Nacht.
  • UV-Schutz: Genauso wichtig wie Sonnencreme für die Haut! Ein guter UV-Schutz sollte bei jeder Brille dabei sein, auch bei klaren Gläsern.
  • Blaulichtfilter: Da wird viel diskutiert. Wissenschaftlich ist der Nutzen umstritten, aber viele Leute, die den ganzen Tag am Bildschirm arbeiten, finden es angenehmer. Wenn es sich für dich besser anfühlt, ist es eine gute Sache. Ein Wundermittel gegen müde Augen ist es aber nicht.

Das Gestell: Dein neues Zuhause für die Gläser

So, die Technik steht. Jetzt kommt der spaßige Teil: die Fassung. Und vergiss bitte diese alten, starren Regeln wie „rundes Gesicht braucht eckige Brille“. Das ist viel zu simpel. Es kommt auf die Harmonie an.

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Die drei wichtigsten Punkte für den perfekten Sitz sind:

  1. Die Breite: Die Fassung sollte nicht breiter als dein Gesicht sein. An den Schläfen darf nichts drücken.
  2. Der Nasensteg: Der kritischste Punkt! Bei einer Kunststofffassung muss der Steg satt und ohne Lücken auf deiner Nase aufliegen. Hier wird das meiste Gewicht getragen. Passt das nicht, passt die ganze Brille nicht. Bei Metallfassungen mit Nasenpads können wir Profis viel justieren.
  3. Die Bügellänge: Die Bügel müssen sanft hinter dem Ohr anliegen, nicht darauf drücken oder in der Luft schweben.

Ach ja, und achte auf deine Augenbrauen! Sie sind super wichtig für deine Mimik. Die obere Linie der Brille sollte idealerweise unter den Brauen verlaufen oder deren Schwung aufnehmen, aber sie niemals durchschneiden.

Was trägst du auf der Haut? Ein kleiner Material-Check

Das Material entscheidet über Gefühl, Gewicht und Haltbarkeit. Und natürlich auch über den Preis.

  • Acetat: Das ist ein hochwertiger Kunststoff, der sich warm und geschmeidig auf der Haut anfühlt. Er ist in unzähligen Farben zu haben und lässt sich von uns in der Werkstatt super anpassen. Gute Acetat-Fassungen starten so bei 80-100 € und gehen bis in den hohen dreistelligen Bereich.
  • Metall: Edelstahl ist der robuste Klassiker. Aber die Königsklasse ist Titan. Es ist federleicht, extrem stabil und vor allem antiallergen. Wenn du empfindliche Haut oder eine Nickelallergie hast, ist Titan die beste Wahl. Plane hier aber mindestens 150-200 € für die Fassung ein.
  • Naturhorn: Das ist was für Liebhaber. Jede Hornbrille ist ein Unikat, superleicht und passt sich der Körpertemperatur an. Sie braucht aber etwas mehr Pflege und ist preislich im oberen Segment angesiedelt.
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Wo spare ich clever – und wo auf keinen Fall?

Jeder fragt sich das, also reden wir Klartext. Man kann definitiv sparen, aber man muss wissen, wo.

Hier kannst du sparen: Beim Gestell. Es muss keine große Designermarke sein. Eine perfekt sitzende, qualitativ gute No-Name-Fassung vom Optiker ist tausendmal besser als ein teures Markengestell, das dir von der Nase rutscht. Die Passform ist der König!

Hier darfst du NIEMALS sparen: Bei den Gläsern und der Anpassung. Die Entspiegelung, der Sehtest, die Zentrierung – das ist das Fundament für gutes Sehen. Wer hier knausert, zahlt später mit Kopfschmerzen und Frust drauf. Versprochen.

Zeitlose Formen, die immer gehen

Trends sind cool, aber eine gute Form ist eine Investition. Hier sind ein paar Klassiker, die immer wieder neu interpretiert werden:

  • Die Panto-Brille: Oben leicht abgeflacht, unten rund. Wirkt intellektuell, kreativ und passt zu erstaunlich vielen Gesichtern. Mein persönlicher Favorit für Leute, die smart und unaufgeregt wirken wollen.
  • Die Eckige: Verleiht dem Gesicht Kontur und wirkt selbstbewusst. Übrigens oft super für Gleitsichtgläser geeignet, weil sie genug Höhe für alle Sehbereiche bieten.
  • Die Browline: Oben betont, unten dezent. Lenkt den Blick auf die Augenpartie und hat einen coolen Retro-Charme.
  • Die Cat-Eye: Die nach oben gezogenen Ecken wirken feminin und dynamisch. Ein echtes Statement, das aber bei hohen Stärken eine exakte Anpassung erfordert.
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Sonderfälle aus der Praxis: Gleitsicht & hohe Stärken

Eine Gleitsichtbrille online zu kaufen? Ganz ehrlich: Lass es. Der Erfolg hängt zu 90 % von Messungen ab, die nur ein Optiker vor Ort machen kann: Wie ist deine natürliche Kopfhaltung? Wie ist der Abstand der Augen zum Glas? Das ist Millimeterarbeit und entscheidet darüber, ob du mit der Brille glücklich wirst oder sie in der Schublade landet.

Hast du hohe Werte, sagen wir über -4 Dioptrien? Dann wird die Fassungswahl noch wichtiger. Ich hatte mal eine junge Frau mit -10 Dioptrien im Laden, die unbedingt eine riesige, eckige Metallfassung wollte. Ich habe ihr an einem Demoglas gezeigt, wie unfassbar dick und schwer das Glas werden würde. Wir haben dann zusammen eine wunderschöne, etwas kleinere Panto-Fassung aus Acetat gefunden. Mit superdünnen Gläsern sah das Ergebnis fantastisch aus und war federleicht. Sie war überglücklich. Das ist ehrliche Beratung.

Was passiert eigentlich beim Optiker? (Keine Angst!)

Viele sind unsicher, was sie erwartet. Dabei ist es ganz entspannt:

  1. Das Gespräch: Zuerst quatschen wir. Was machst du beruflich? Was sind deine Hobbies? Sitzt du viel am PC? Das hilft uns, die perfekte Lösung für DICH zu finden.
  2. Der Sehtest: Dann geht’s ans Eingemachte. Wir nehmen uns Zeit (ca. 20-30 Min.), um deine exakten Werte zu bestimmen.
  3. Die Fassungswahl: Der spaßige Teil! Du probierst, wir beraten – ganz ohne Druck.
  4. Die Zentrierung: Wenn du dich entschieden hast, kommt die Millimeterarbeit. Wir messen mit modernen Geräten ganz genau, wo die Gläser für deine Augen zentriert werden müssen.
  5. Die Abholung: Nach etwa ein bis zwei Wochen ist es so weit! Wir passen die Brille perfekt an deinem Kopf an, damit nichts drückt oder rutscht.

Dein Spickzettel: 5 Fragen, die du deinem Optiker stellen solltest

Geh vorbereitet ins Gespräch! Das hier solltest du immer fragen:

  • Ist diese Fassung für meine Glasstärke (und ggf. für Gleitsicht) gut geeignet?
  • Welches Glasmaterial empfehlen Sie für mich und warum?
  • Welche Veredelungen sind für meinen Alltag (z.B. viel Autofahren, PC-Arbeit) wirklich sinnvoll?
  • Wie hoch ist der Preisunterschied zwischen einer Standard- und einer Super-Entspiegelung?
  • Können wir das Gestell perfekt an meine Nase und meine Ohren anpassen?

Zum Schluss: Ein bisschen Pflege und ein letzter Tipp

Dein T-Shirt ist der Erzfeind deiner Brillengläser! Ernsthaft. Reinige sie unter lauwarmem Wasser mit einem Tropfen Spüli und trockne sie mit einem Mikrofasertuch. Und wenn die Brille rutscht: Als Notfall-Fix für zu Hause kannst du ein winziges Haushaltsgummi um die Bügelenden wickeln. Aber komm trotzdem zur Anpassung vorbei – nur wir biegen das dauerhaft richtig!

Die Suche nach einer Brille ist eine Entdeckungsreise. Nimm dir Zeit, hab Spaß dabei und vertraue auf das Handwerk eines guten Optikers. Dann siehst du die Welt bald jeden Tag mit neuen, glücklichen Augen.

Augustine Schneider

Augustine ist eine offene und wissenshungrige Person, die ständig nach neuen Herausforderungen sucht. Sie hat ihren ersten Studienabschluss in Journalistik an der Uni Berlin erfolgreich absolviert. Ihr Interesse und Leidenschaft für digitale Medien und Kommunikation haben sie motiviert und sie hat ihr Masterstudium im Bereich Media, Interkulturelle Kommunikation und Journalistik wieder an der Freien Universität Berlin abgeschlossen. Ihre Praktika in London und Brighton haben ihren beruflichen Werdegang sowie ihre Weltanschauung noch mehr bereichert und erweitert. Die nachfolgenden Jahre hat sie sich dem kreativen Schreiben als freiberufliche Online-Autorin sowie der Arbeit als PR-Referentin gewidmet. Zum Glück hat sie den Weg zu unserer Freshideen-Redation gefunden und ist zurzeit ein wertvolles Mitglied in unserem motivierten Team. Ihre Freizeit verbringt sie gerne auf Reisen oder beim Wandern in den Bergen. Ihre kreative Seele schöpft dadurch immer wieder neue Inspiration und findet die nötige Portion innerer Ruhe und Freiheit.