Südtirol für Genießer: Worauf es bei Speck, Käse & Co. wirklich ankommt

von Emma Wolf
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Manche Leute denken bei Südtirol sofort an schneebedeckte Gipfel und rasante Skiabfahrten. Klar, das stimmt auch. Aber für mich ist Südtirol vor allem ein Geruch. Es ist dieser unverwechselbare Duft, der aus einer alten Selchkammer weht – eine Mischung aus Wacholderholz, kühler, klarer Bergluft und dem tiefen, satten Aroma von perfekt gereiftem Schinken.

Dieser Duft begleitet mich schon mein ganzes Leben. Ich bin in diesem Handwerk aufgewachsen, habe es von den Alten gelernt und über Jahrzehnte verfeinert. Und heute? Heute will ich dieses Wissen mit Ihnen teilen. Aber nicht das, was in Hochglanzprospekten steht, sondern die echten, handfesten Tipps aus der Praxis. Wir schauen uns die drei heiligen Säulen einer jeden Südtiroler Brotzeit, der „Marende“, ganz genau an: den Speck, das Schüttelbrot und den Bergkäse. Packen wir’s an!

Südtiroler Speck: Mehr als nur Schinken

Jeder kennt Speck. Aber, ganz ehrlich, echter Südtiroler Speck ist eine ganz andere Liga als die abgepackte Ware aus dem Supermarktregal. Er ist das Ergebnis von unendlich viel Geduld und über Generationen weitergegebenem Wissen. Das kleine Siegel „g.g.A.“ (geschützte geografische Angabe) ist hierbei Ihr bester Freund. Es ist kein Marketing-Gag, sondern ein knallhartes Versprechen: Nur Speck, der nach traditioneller Methode direkt in Südtirol hergestellt wurde, darf es tragen.

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Die Magie dahinter: Salz, Rauch und Bergluft

Die Herstellung ist im Grunde eine Kunst, die auf Physik und Chemie basiert. Es geht darum, dem Fleisch auf die richtige Art Wasser zu entziehen, es haltbar zu machen und dabei unfassbar viel Geschmack zu entwickeln. Das Ganze passiert in drei Akten.

1. Das Pökeln (oder „Suren“): Alles beginnt mit einer trockenen Gewürzmischung. Hauptsächlich Salz, klar, aber auch Wacholder, Lorbeer, etwas Pfeffer und Knoblauch – die genaue Mischung ist oft ein streng gehütetes Familiengeheimnis. Die Schweineschlegel, bei uns „Hammen“ genannt, werden von Hand damit eingerieben und kommen dann für rund drei Wochen in einen kühlen Raum. In dieser Zeit zieht das Salz das Wasser aus dem Fleisch. Simpel, aber entscheidend.

2. Das Räuchern (oder „Selchen“): Jetzt kommt der Clou, der den Südtiroler Speck so einzigartig macht. Anders als ein Parma- oder Serrano-Schinken, die nur an der Luft trocknen, bekommt unser Speck eine ordentliche Portion Rauch ab. Aber Achtung: Wir räuchern kalt! Die Temperatur in der Kammer bleibt immer unter 20 Grad. So gerinnt das Eiweiß nicht und der Schinken kann später perfekt weiterreifen. Wir nehmen dafür harzarme Hölzer wie Buche und am Ende oft noch ein paar Wacholderzweige für die typische Note. Das ist ein ständiges Wechselspiel: ein paar Stunden Rauch, dann wieder frische Luft. Das geht tagelang so.

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3. Das Reifen: Das ist der Marathon. Nach dem Rauch kommt der Speck in einen Reifekeller und braucht vor allem eines: Zeit. Je nach Größe kann das locker 22 bis 30 Wochen dauern. Bei einer Temperatur um die 15 Grad und der richtigen Luftfeuchtigkeit verliert der Speck bis zu einem Drittel seines Gewichts und entwickelt dabei diese unglaublich komplexen Aromen. Das ist die hohe Kunst: Ist die Luft zu trocken, gibt’s einen harten Rand und der Kern bleibt feucht. Ist sie zu feucht, droht Schimmel. Ein Profi erkennt das am Klang, wenn er gegen den Schinken klopft.

Tipps vom Profi: Worauf Sie beim Kauf und Genuss achten sollten

Ein guter Speck fängt beim Tier an. Das Fleisch muss eine schöne, feste Fettauflage haben, denn Fett ist der Geschmacksträger Nummer eins. Ein gelblicher Fettrand ist oft ein Zeichen für ältere Ware oder falsche Lagerung – der sollte schön weiß sein.

Kleiner Einkaufs-Check:

  • Konsistenz: Drücken Sie leicht auf den Speck. Er sollte fest sein, aber nicht steinhart. Auf keinen Fall darf er sich schwammig anfühlen.
  • Geruch: Er sollte würzig, leicht rauchig und frisch riechen. Niemals muffig oder ranzig.
  • Preis: Echte Handwerksqualität hat ihren Preis. Rechnen Sie bei einem guten Stück vom Metzger oder aus dem Feinkostladen mit 25 € bis 40 € pro Kilo. Alles deutlich darunter ist oft schnelle Industrieware.

Zuhause lagern Sie den Speck am besten in ein sauberes Baumwolltuch oder Leinentuch gewickelt an einem kühlen, luftigen Ort, zum Beispiel im Keller oder im Gemüsefach des Kühlschranks. Bitte, bitte nicht in Plastikfolie! Darin „schwitzt“ er und wird schmierig. Angeschnitten hält er sich so problemlos mehrere Wochen. Und falls sich mal ein leichter weißer, trockener Belag bildet: keine Panik! Das sind meist nur harmlose Salzkristalle, die man einfach abwischen kann. Echter Schimmel wäre dagegen pelzig und oft grünlich oder schwarz – dann muss das Stück leider weg.

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Ach ja, und der wichtigste Tipp zum Schluss: Immer hauchdünn gegen die Faser schneiden! Nur so schmilzt er förmlich auf der Zunge.

Schüttelbrot: Der knusprige Begleiter

Zum kräftigen Speck braucht es ein ehrliches, karges Brot. Und da gibt es nichts Besseres als Schüttelbrot. Es ist steinhart, super knusprig und ewig haltbar – eine geniale Erfindung aus der Zeit, als die Bergbauern nur ein- oder zweimal im Jahr backen konnten.

Warum „schütteln“ und nicht kneten?

Der Name ist Programm. Der Teig aus einem hohen Anteil an Roggenmehl ist nämlich furchtbar klebrig und hat kaum Klebereiweiß (Gluten). Ihn zu kneten wäre eine einzige Sauerei und das Ergebnis ein zäher Klumpen. Stattdessen nimmt der Bäcker einen Teigling auf ein rundes Brett und beginnt, ihn mit einer speziellen, rhythmischen Bewegung aus dem Handgelenk flach zu „schütteln“. Der Teigling dreht sich und wird durch die Fliehkraft immer dünner. Das braucht irre viel Übung – meine ersten Versuche landeten damals an der Wand.

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Die Seele des Brotes sind aber die Gewürze: Kümmel, Fenchelsamen, Anis und die absolute Geheimzutat: Schabzigerklee. Dieses Kraut hat ein intensives, heuartiges Aroma und ist für den authentischen Geschmack unverzichtbar.

Schüttelbrot für zu Hause: Ein einfaches Rezept

Das Schütteln ist zu Hause kaum machbar, aber mit einem Trick klappt es trotzdem. Hier ein Rezept für Anfänger:

Was Sie brauchen:

  • 250 g Roggenmehl
  • 50 g Weizenmehl (Typ 405 oder 550)
  • 1/2 Würfel frische Hefe (ca. 20 g) oder ein Päckchen Trockenhefe
  • 250 ml lauwarmes Wasser
  • 1 TL Salz
  • 1 EL Kümmel (ganz)
  • 1 TL Fenchelsamen
  • 1 TL Anissamen
  • 1 TL Schabzigerklee (gemahlen)

Gut zu wissen: Schabzigerklee finden Sie im Reformhaus, in gut sortierten Supermärkten oder online. Wenn Sie ihn partout nicht bekommen, lassen Sie ihn weg – das Brot schmeckt trotzdem, nur eben etwas anders.

So geht’s:

  1. Hefe im lauwarmen Wasser auflösen.
  2. Alle trockenen Zutaten in einer Schüssel mischen.
  3. Das Hefewasser dazugeben und alles zu einem sehr weichen, klebrigen Teig verrühren (am besten mit dem Knethaken der Küchenmaschine).
  4. Den Teig abgedeckt an einem warmen Ort ca. 45 Minuten gehen lassen.
  5. Backofen auf 220°C (Ober-/Unterhitze) vorheizen.
  6. Jetzt der Trick: Nehmen Sie eine kleine Portion Teig (ca. faustgroß) und legen Sie sie zwischen zwei Lagen Backpapier. Mit einem Nudelholz so dünn wie möglich ausrollen.
  7. Das obere Backpapier abziehen und den Fladen samt unterem Papier auf ein Backblech ziehen.
  8. Für ca. 10-15 Minuten backen, bis die Ränder braun und knusprig sind.
  9. Auf einem Gitter komplett auskühlen lassen. Erst dann wird es richtig hart!

Bergkäse: Das Gold der Almen

Was wäre eine Marende ohne Käse? In Südtirol ist das meist ein würziger Bergkäse. Sein Geheimnis liegt nicht im Keller, sondern auf der Wiese: Es ist die Milch von Kühen, die auf Alpenwiesen grasen und hunderte verschiedene Kräuter und Blumen fressen. Diese Aromenvielfalt, das „Terroir“, schmeckt man direkt im Käse. Deshalb ist sogenannte „Heumilch“, bei der die Fütterung mit vergorener Silage verboten ist, die beste Basis für einen grandiosen Käse.

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Qualität erkennen – ganz einfach

Ein guter Bergkäse hat einen festen, aber geschmeidigen Teig, der nicht bröckelt. Eine vereinzelte, kleine Lochung ist meist ein gutes Zeichen. Der wichtigste Test ist aber die Nase: Er muss sauber, nussig bis würzig riechen. Ein stechender Geruch nach Ammoniak ist ein absolutes Warnsignal – Finger weg!

Zuhause wickeln Sie ihn am besten in Käsepapier oder Wachstuch und lagern ihn im Gemüsefach. Nehmen Sie ihn eine Stunde vor dem Essen aus dem Kühlschrank, damit er sein volles Aroma entfalten kann. Preislich liegt guter Almkäse je nach Reifezeit meist zwischen 20 € und 35 € pro Kilo.

Übrigens: Die Rinde von traditionell hergestelltem Bergkäse ist oft essbar. Wenn sie Ihnen aber zu hart oder intensiv ist, werfen Sie sie nicht weg! Kochen Sie sie einfach bei der nächsten Suppe oder im Risotto mit – das gibt einen fantastischen Geschmack. Vor dem Servieren einfach wieder herausfischen.

Die Kunst der Marende: So kommt alles zusammen

Eine Marende ist mehr als nur eine Mahlzeit, es ist ein Ritual. Ein Moment zum Innehalten und Genießen. Die Zubereitung ist denkbar einfach, wenn man ein paar Dinge beachtet.

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  • Die Basis: Serviert wird alles auf einem einfachen Holzbrett.
  • Die Mengen: Als Faustregel für eine gute Brotzeit plane ich pro Person etwa 80-100 g Speck und 100-120 g Käse ein.
  • Die Anordnung: Der Speck wird hauchdünn geschnitten und locker aufgelegt, der Käse in mundgerechte Stücke gebrochen oder geschnitten. Das Schüttelbrot wird einfach in grobe Stücke gebrochen und dazugelegt.
  • Die Begleiter: Unverzichtbar sind saure Gurken und oft auch scharfer Kren (Meerrettich). Manchmal gesellen sich noch Kaminwurzen (geräucherte Rohwürste) dazu.
  • Die Getränke: Traditionell trinkt man dazu einen leichten Rotwein, etwa einen Vernatsch. Dessen Säure passt perfekt zum Fett von Speck und Käse. Aber auch ein naturtrüber Apfelsaft oder ein erfrischender Holundersirup sind fantastische, alkoholfreie Begleiter.

Und dann heißt es nur noch: hinsetzen, entschleunigen und die ehrlichen, perfekten Aromen genießen. Das ist der wahre Geist Südtirols.

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Hauchdünn oder lieber dicker? Die ewige Speck-Frage.

Vergessen Sie, was Sie über italienischen Schinken wissen. Während ein Prosciutto di Parma hauchdünn aufgeschnitten seine Zartheit entfaltet, begeht man damit beim Südtiroler Speck einen Frevel. Das Geheimnis liegt in seiner festen Struktur und dem intensiven Raucharoma. Für die traditionelle „Marende“ wird der Speck von Hand in etwa fingerdicke Streifen oder kleine Würfel geschnitten. Nur so entfaltet sich beim Kauen das volle Spektrum der Gewürze und des leichten Buchenrauchs – ein rustikales, ehrliches Geschmackserlebnis, das mit der Schneidemaschine verloren ginge.

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Das Auge isst mit, besonders in den Alpen. Die perfekte Südtiroler „Marende“ ist mehr als nur eine Mahlzeit; sie ist ein kleines Ritual. Angerichtet wird klassisch auf einem runden oder rechteckigen Holzbrett, dem „Brettl“. Darauf arrangiert man die Stars, lässt ihnen aber Raum zum Atmen.

  • Der Kontrast: Legen Sie den aufgeschnittenen Speck nicht einfach flach hin. Fächern Sie die Scheiben auf oder türmen Sie die Würfel locker auf.
  • Die Begleiter: Neben Schüttelbrot gehören Kaminwurzen, dünn aufgeschnittener Bergkäse und saure Gurken dazu. Ein Klecks Feigensenf oder ein Apfel-Chutney, zum Beispiel von Alpe Pragas, sorgt für eine fruchtig-scharfe Note.
  • Der Farbtupfer: Ein paar Radieschen oder frischer Schnittlauch bringen nicht nur Farbe, sondern auch frische Aromen ins Spiel.

Wussten Sie, dass der typische Südtiroler Bergkäse seine Aromenvielfalt der alpinen Flora verdankt? Kühe, die auf über 1.200 Metern Höhe Gräser und Kräuter wie Arnika, Enzian und diverse Kleearten fressen, geben eine Milch mit einem einzigartigen Terroir.

Dieser Begriff, sonst eher aus der Weinwelt bekannt, beschreibt den unverkennbaren Geschmack eines Ortes. Achten Sie beim Kauf auf Käse von kleinen Almsennereien wie der von der Haideralm im Vinschgau. Deren Produkte sind quasi eine essbare Landkarte der jeweiligen Bergwiese – komplexer und blumiger als jeder Käse aus dem Tal.

Emma Wolf

Ich liebe es, unseren Lesern und Leserinnen praktische und einzigartige Informationen, Tipps und Life Hacks über allmögliche Themen zu geben, die sie in ihrem Alltag auch tatsächlich anwenden können. Ich bin immer auf der Suche nach etwas Neuem – neuen Trends, neuen Techniken, Projekten und Technologien.