Nie wieder Akku-Stress? Wie Drohnen von Vögeln lernen, stundenlang in der Luft zu bleiben

von Adele Voß
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Ganz ehrlich? In meiner Werkstatt stapeln sich die Werkzeuge. Aber keines hat in den letzten Jahren so viel verändert wie die Drohne. Als Vermessungsmeister nutze ich die Dinger für Geländeaufnahmen, Fassadeninspektionen oder um den Baufortschritt zu checken. Ein unbezahlbares Werkzeug, das uns Augen gibt, wo wir sonst teure Gerüste bräuchten.

Aber es gibt da diesen einen, nervigen Haken. Jeder, der professionell mit Drohnen arbeitet, kennt ihn nur zu gut: den Akku. Nach 20, vielleicht 25 Minuten ist der Saft alle. Das bedeutet: landen, Akku wechseln, neu starten. Das kostet nicht nur Zeit, es zerreißt den kompletten Workflow.

Ich erinnere mich noch gut an eine Brückeninspektion im Februar. Eiskalt, fieser Wind. Pro Akku hatten wir vielleicht 12 Minuten effektive Flugzeit. Für einen einzigen Brückenpfeiler brauchten wir drei Akkuwechsel! Der ganze Tag ging dafür drauf, und die Hände waren am Ende Eiszapfen. Ein Albtraum.

Klar, wir Profis haben gelernt, damit zu leben. Wir planen unsere Einsätze mit einem Koffer voller Akkus und optimieren jede Flugminute. Aber insgeheim träumt doch jeder von uns von der einen Lösung, die uns diesen Stress abnimmt. Und die beste Inspiration dafür kommt – wie so oft – nicht aus dem Labor, sondern direkt aus der Natur.

toller flug drohne
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Warum Drohnen solche Stromfresser sind

Um die neuen Lösungsansätze zu verstehen, müssen wir kurz mal das Kernproblem beleuchten. Warum braucht so ein Multikopter eigentlich so unfassbar viel Energie? Ich erkläre das meinen Azubis immer mit einem simplen Bild: Stell dir vor, du hältst einen schweren Eimer Wasser mit ausgestrecktem Arm. Das kostet permanent Kraft.

Eine Drohne macht nichts anderes. Die Propeller schaufeln unablässig Luft nach unten, um einen Auftrieb zu erzeugen, der die Drohne gegen die Schwerkraft in der Luft hält. Sie hat ja keine Tragflächen wie ein Flugzeug. Jeder einzelne Motor läuft auf Hochtouren, dazu kommen Bordcomputer, GPS, Kamera und Sensoren. Das alles saugt am Lithium-Polymer-Akku (LiPo). Mehr Akku bedeutet mehr Gewicht, und mehr Gewicht braucht mehr Leistung zum Schweben. Ein echter Teufelskreis.

Und dann kommt noch das Wetter dazu. Jeder kleine Windstoß muss sofort mit Gegensteuern der Motoren ausgeglichen werden. Das treibt den Stromverbrauch in die Höhe. Kälte ist der absolute Erzfeind eines LiPo-Akkus. Unter 5 Grad bricht die Leistung spürbar ein. Im Winter kann sich die nutzbare Flugzeit fast halbieren.

drohne auf dem feld
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Kleiner Tipp: Was du HEUTE schon für mehr Flugzeit tun kannst

Bevor wir in die Zukunft blicken, ein paar schnelle Tricks aus der Praxis, die sofort helfen:

  • Akkuwärmer nutzen: Das ist kein Schnickschnack! Eine gute Wärmetasche für Akkus, die man im Fachhandel oder online für 50 bis 80 Euro bekommt, ist Gold wert. Die Akkus auf Betriebstemperatur vorzuwärmen, kann dir im Winter locker 3-5 Minuten mehr Flugzeit bringen.
  • Sanft fliegen: Aggressive Manöver und schnelle Richtungswechsel sind Energiefresser. Plan deine Route so, dass du mit weichen, fließenden Bewegungen arbeiten kannst.
  • Schwebeflug minimieren: Der reine Schwebeflug, besonders bei Wind, kostet extrem viel Energie. Besser ist es, die Drohne in einer langsamen, stetigen Bewegung zu halten, wenn möglich.

Das geniale Vorbild: Ein Spatz ist schlauer als eine 15.000€-Drohne

Jetzt aber zur eigentlichen Revolution. Schauen wir uns mal einen Vogel an. Ein Turmfalke kann minutenlang rüttelnd in der Luft stehen und den Wind ausnutzen. Schon ziemlich clever. Aber ein einfacher Spatz ist noch schlauer.

drohne mit einem vogel

Wenn ein Spatz die Umgebung beobachten will, was macht er? Er schwebt nicht. Er sucht sich einen Ast, eine Dachrinne oder einen Zaunpfahl. Er landet, sitzt still und hat den perfekten Überblick. Sein Energieverbrauch dabei? Praktisch null. Er nutzt einfach seine Umgebung.

Und genau dieser simple Gedanke ist der Schlüssel für eine völlig neue Generation von Drohnen.

Die Idee: Eine Drohne muss nicht die ganze Zeit schweben. Für Langzeitbeobachtungen oder detailreiche Inspektionen wäre es viel effizienter, wenn sie an der Zieloberfläche andocken und sich festhalten könnte. Stell dir eine Drohne vor, die wie ein Specht an einem Baum landet oder wie eine Fliege an einer Fensterscheibe haftet. Die Hauptmotoren gehen aus, und nur noch die Kamera und die Haltemechanik verbrauchen ein Minimum an Strom. Die Einsatzzeit verlängert sich so von Minuten auf Stunden.

Die Technik dahinter: Wie eine Drohne das „Anklammern“ lernt

Das ist übrigens keine ferne Zukunftsmusik mehr. In den Forschungsabteilungen von Technologie-Pionieren und an technischen Universitäten wird genau daran gearbeitet. Die Umsetzung ist aber alles andere als trivial.

drohne wie ein vogel

Ein Ansatz nutzt winzige Mikro-Stacheln aus gehärtetem Stahl, ähnlich den Krallen eines Vogels. Nähert sich die Drohne einer rauen Oberfläche – Beton, Ziegel, Fels –, verhaken sich diese Stacheln in den kleinsten Unebenheiten. Die Motoren können fast komplett abgeschaltet werden; nur ein minimaler Schub drückt die Drohne an die Wand. Der Energieverbrauch sinkt damit um über 90 Prozent!

Für glatte Oberflächen wie Glas oder polierten Marmor gibt es eine andere Lösung: elektrostatische Haftung. Eine spezielle Folie am Landegestell wird elektrisch aufgeladen und saugt sich quasi an der Oberfläche fest. Ähnlich wie ein Luftballon, den man an den Haaren reibt. Auch das verbraucht kaum Energie.

Das Hirn des Ganzen ist natürlich eine hochentwickelte KI. Die Drohne analysiert mit Kameras und Sensoren die Oberfläche, wählt die richtige Technik und berechnet den Anflug autonom. Der Pilot gibt nur noch den Befehl: „Parke dort an der Wand.“

Und was kostet der Spaß?

Ganz klar: Das ist nichts für den Hobby-Markt. Während ein professionelles Inspektions-Set heute bei etwa 15.000 € anfängt, werden solche autonomen Anlandesysteme, sobald sie marktreif sind, den Preis sicher in den Bereich von 25.000 € und aufwärts treiben. Aber für viele industrielle Anwendungen rechnet sich das blitzschnell.

hoch im himmel drohne
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Was das für uns in der Praxis bedeutet

Für uns auf der Baustelle oder bei der Inspektion ist das ein Quantensprung.

Bei der Bauwerksinspektion könnten wir eine Drohne an einer Brücke parken und die Entwicklung eines Risses über einen ganzen Tag im Zeitraffer aufnehmen. Das liefert eine Datenqualität, von der wir heute nur träumen können.

Auf großen Baustellen könnte eine Drohne an einem Kran andocken und den ganzen Tag über den Fortschritt dokumentieren. Das gäbe dem Bauleiter einen lückenlosen Überblick, ohne dass ständig jemand losfliegen muss.

Oder denk an Einsätze mit Rettungskräften. Bei einem Brand könnte sich die Drohne an einem sicheren Gebäudeteil festhalten und stundenlang ein stabiles Lagebild mit einer Wärmebildkamera liefern – ohne die Hektik ständiger Akkuwechsel.

Achtung: Mehr Technik, mehr Verantwortung

So genial die neue Technik ist, sie bringt auch neue Herausforderungen. Als Profi trage ich die Verantwortung, und die wird hier nicht kleiner, sondern größer. Die EU-Drohnenverordnung mit dem „Drohnenführerschein“ gilt natürlich weiterhin. Der Pilot bleibt immer der Chef.

tolle zeichnung drohne

Gut zu wissen: Es gibt da ein paar klassische Fallen, die man unbedingt vermeiden sollte.

  1. Datenschutz ignoriert: Eine Kamera, die stundenlang an einer Fassade hängt, kann schnell die Privatsphäre von Nachbarn verletzen. Das muss man VORHER klären und sich Genehmigungen einholen. Sonst kann es richtig teuer werden.
  2. Wind an Kanten unterschätzt: Was passiert, wenn eine Windböe die Drohne von der Wand reißt? Die Software muss das erkennen und die Motoren blitzschnell wieder starten. Man braucht hier absolut ausfallsichere Profi-Systeme.
  3. Versicherung nicht geprüft: Ist so ein „Anlande-Einsatz“ überhaupt von meiner Drohnen-Haftpflichtversicherung gedeckt? Ein kurzer Anruf bei der Versicherung schafft Klarheit und verhindert im Schadensfall böse Überraschungen.

Am Ende gilt immer: Die teuerste Technik ist nutzlos, wenn der Kopf nicht mitdenkt. Die Erfahrung des Piloten, die Situation vor Ort richtig einzuschätzen, kann keine Automatik der Welt ersetzen.

Fazit: Ein Werkzeug wird endlich erwachsen

Die Drohne entwickelt sich gerade von einem reinen Fluggerät zu einem intelligenten Werkzeug, das wirklich mit seiner Umgebung interagiert. Die Fähigkeit, nach dem Vorbild der Natur zu landen und zu ruhen, ist der entscheidende Schritt, um das größte Problem von uns Profis zu lösen: die lächerlich kurze Zeit in der Luft.

Das wird unsere Arbeit effizienter und sicherer machen und die Qualität unserer Ergebnisse massiv steigern. Aber es braucht weiterhin gut ausgebildete Piloten, die ihr Handwerk verstehen und verantwortungsvoll handeln. Dann, und nur dann, ist diese Entwicklung ein echter Segen.

Adele Voß

Adele Voß ist 1979 in Wien geboren und hat dort Kunstgeschichte studiert. Deshalb sind ihre Interessen als Online-Autorin auf die Bereiche Kunst und Kultur gerichtet.  Ihrer Meinung nach muss man Mode und Design ebenso als Quellen kreativer Inspiration betrachtet und als Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit. Adele macht ihre Leser gerne aufmerksam auf die tiefere Bedeutung der Trends im Innendesign im Konkreten und auch in der modernen Lebensweise im Allgemeinen. Adele Voß schreibt darüber hinaus gerne übers Thema Gesundheit. Es umfasst Artikel über gesundes Abnehmen, gesunde Speisen und Getränke und auch über sportliche Aktivitäten in jedem Alter. In ihrer Freizeit kocht sie gern für die Familie und sie alle reisen oft zusammen.