Breiter als ein Fußballfeld: Was hinter dem verrücktesten Flugzeug der Welt steckt

von Emma Wolf
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Stell dir mal ein Flugzeug vor. Und jetzt vergiss dieses Bild wieder. Was ich meine, ist ein Koloss mit einer Spannweite von 117 Metern. Das ist breiter als ein offizielles FIFA-Fußballfeld lang ist! Dieses Ding hat nicht einen, sondern ZWEI Rümpfe und wird von sechs gewaltigen Triebwerken angetrieben, die man sonst von Jumbo-Jets kennt. Ein reines Fantasieprodukt? Keineswegs.

Als die ersten Entwürfe vor einiger Zeit die Runde machten, haben viele von uns aus der Praxis, ehrlich gesagt, den Kopf geschüttelt. Das sah mehr nach Science-Fiction aus als nach solider Ingenieurskunst. Doch dann hob dieser Gigant tatsächlich ab. Und dieser Flug war mehr als nur ein Rekord – er war der Beweis, dass man mit einer kühnen Vision, verdammt guter Technik und Unmengen an Kohlefaserverbundstoff fast alles bauen kann.

Aber warum baut man so etwas überhaupt? Ganz einfach: Dieses Flugzeug ist keine Passagiermaschine. Es ist die größte fliegende Startrampe der Welt.

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Die Physik dahinter: Ein genialer Trick, um der Schwerkraft ein Schnippchen zu schlagen

Die Idee, Raketen nicht vom Boden, sondern aus der Luft zu starten, ist nicht komplett neu, aber nie wurde sie in diesem Maßstab gedacht. Der Vorteil liegt auf der Hand und ist physikalisch bestechend einfach. Ein Start in rund 10.000 Metern Höhe ist ein echter Game-Changer.

Erstens ist die Luft dort oben viel dünner. Eine Rakete muss sich nicht erst durch die dichte, zähe untere Atmosphäre kämpfen, was enorm viel Energie kostet. Man schätzt, dass sie dadurch bis zu 30 % des Treibstoffs einsparen kann, den sie für den Kampf gegen den Luftwiderstand am Boden bräuchte. Dieser gesparte Sprit kann direkt in mehr Nutzlast oder eine höhere Umlaufbahn investiert werden.

Zweitens: Das Wetter. Ein Gewitter am Boden kann einen Raketenstart um Tage verzögern und Millionen kosten. Dieses fliegende Ungetüm kann einfach über die Wolken steigen oder ein paar hundert Kilometer weiter fliegen und dort starten. Flexibler geht’s kaum. Und drittens braucht man keine teure Bodeninfrastruktur mehr. Eine ausreichend lange Start- und Landebahn genügt – theoretisch könnte man von viel mehr Orten auf der Welt starten.

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Die Tücken der Konstruktion

Diese Vorteile gibt es natürlich nicht umsonst. Die größte technische Herausforderung ist die riesige Tragfläche, die die beiden Rümpfe in der Mitte verbindet. An diesem Mittelstück soll eine Nutzlast von über 200 Tonnen hängen! Stell dir mal die Kräfte vor: Die Flügel erzeugen Auftrieb und ziehen alles nach oben, während die Schwerkraft an den Rümpfen und vor allem an der schweren Rakete in der Mitte nach unten zerrt. Das erzeugt ein Biegemoment, das jeden Brückenbauingenieur ins Schwitzen bringen würde.

Die Materialwahl war daher klar: fast alles besteht aus Kohlefaserverbundwerkstoff (CFK). Ohne dieses leichte und extrem steife Material wäre ein Flugzeug dieser Größe schlicht unmöglich zu bauen. Gut zu wissen: Bei der Arbeit mit CFK liegt die größte Gefahr nicht im sichtbaren Bruch. Die wirkliche Achillesferse ist die sogenannte Delamination – eine unsichtbare Ablösung zwischen den einzelnen Carbonschichten. Aus meiner eigenen Erfahrung in der Werkstatt weiß ich: Ein winziger, von außen nicht sichtbarer Lufteinschluss kann ein sündhaft teures Bauteil komplett unbrauchbar machen. Stell dir mal den Aufwand für die Qualitätskontrolle bei einer Tragfläche vor, die größer ist als ein Mehrfamilienhaus. Da wird mit Ultraschall und Röntgen über hunderte Quadratmeter geprüft.

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Cleveres Recycling: Wie man aus zwei alten Jumbos etwas völlig Neues baut

Was ich an diesem Projekt besonders faszinierend finde, ist der pragmatische Ansatz. Statt alles von Grund auf neu zu erfinden, haben die Profis einfach bewährte Komponenten aus zwei ausgemusterten Passagier-Jumbos wiederverwendet. Das spart nicht nur Entwicklungskosten im hohen zweistelligen Millionenbereich, sondern reduziert auch das Risiko erheblich.

Was wurde also von den alten Riesen übernommen? Ziemlich viel:

  • Sechs bewährte Düsentriebwerke
  • Die kompletten Cockpits (obwohl nur das im rechten Rumpf bemannt ist)
  • Ein Großteil der Fahrwerke – wir reden hier von insgesamt 28 Rädern!
  • Wichtige Teile der Bordelektronik und Hydraulik

Aber Achtung, das ist kein einfaches Lego-Spiel. Man kann nicht mal eben ein Fahrwerk unter einen CFK-Flügel schrauben. Die Krafteinleitungspunkte sind völlig anders. Dafür mussten massive Beschläge aus Titan und Stahl konstruiert und aufwendig in die Kohlefaserstruktur einlaminiert werden. Allein die Verkabelung über diese Distanz ist eine Meisterleistung, damit die Steuersignale absolut synchron ankommen. Der Pilot im rechten Rumpf muss blind darauf vertrauen, dass die linke Seite exakt dasselbe tut wie seine.

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Der Erstflug: Ein nervenaufreibender Test, kein Freudenflug

So ein Erstflug ist pure Anspannung. Die Piloten arbeiten eine extrem lange Checkliste ab, die sie zuvor in unzähligen Simulatorstunden geübt haben. Es geht nicht um Geschwindigkeit oder Höhe, sondern nur um Sicherheit und das Sammeln von Daten. Bei diesem Flug blieb man bewusst niedrig und langsam, bei etwa 300 km/h in circa 5.000 Metern Höhe.

Die Piloten testeten ganz grundlegende Dinge: Wie reagieren die Ruder? Ist das Flugzeug stabil? Ein ganz kritischer Punkt ist die Prüfung auf „Flatterneigung“ (Flutter). Stell dir vor, du hältst ein Lineal über eine Tischkante und bringst es zum Schwingen. Genau das, nur in einem gigantischen und potenziell katastrophalen Ausmaß, kann mit Flügeln passieren. Man nähert sich also ganz langsam der kritischen Geschwindigkeit, während tausende Sensoren am Boden jede noch so kleine Vibration in Echtzeit überwachen. Die erfolgreiche Landung nach rund 2,5 Stunden war die Bestätigung: Die Berechnungen haben gestimmt.

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Wozu der ganze Aufwand – und was passiert jetzt?

Die Hauptaufgabe ist klar: Raketen mit Satelliten in die Höhe bringen und dort ausklinken. Der Moment des Abwurfs ist dabei der heikelste Teil des ganzen Manövers. Das Flugzeug verliert schlagartig über 200 Tonnen Gewicht, die Aerodynamik ändert sich brutal, und die Maschine will sofort nach oben schießen. Das müssen die Piloten und der Autopilot perfekt ausgleichen.

Nach dem ersten großen Erfolg wurde es eine Weile ruhiger um das Projekt, auch weil der visionäre Kopf dahinter leider verstarb und die Zukunft ungewiss schien. Doch das Projekt lebt weiter! Inzwischen finden regelmäßig Testflüge statt, bei denen das Flugzeug näher an seine Grenzen gebracht wird. Die neue große Vision ist nämlich, die Plattform zum Testen von Hyperschallfahrzeugen zu nutzen – Fluggeräte, die mit mehr als fünffacher Schallgeschwindigkeit unterwegs sind. Diese vom Boden aus zu testen, ist extrem teuer und riskant. Von einer fliegenden Plattform aus ist es deutlich sicherer und effizienter.

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Ob sich das Ganze wirtschaftlich gegen die wiederverwendbaren Raketen etablierter Raumfahrtunternehmen durchsetzen kann, steht auf einem anderen Blatt. Der Markt ist hart umkämpft.

Ein Meilenstein, der zum Nachdenken anregt

Unabhängig vom kommerziellen Erfolg ist dieses Flugzeug eine technische Meisterleistung und eine echte Inspirationsquelle. Es zeigt, was möglich ist, wenn man sich traut, anders zu denken.

Kleiner Tipp: Wenn du das mal in Aktion sehen willst, such einfach mal auf den bekannten Videoplattformen nach dem Erstflug. Die Aufnahmen, wie dieses riesige, fast unwirklich wirkende Flugzeug abhebt, sind absolut atemberaubend und jeden Klick wert. Man bekommt sofort Respekt vor der Leistung der Ingenieure und Piloten, die solche Träume Realität werden lassen.

Bildergalerie

Stratolaunch, das größte Flugzeug der Welt, besteht Testflug mit vollem Erfolg das riesige flugzeug hebt ab
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„Je höher du kommst, desto weniger Kämpfe musst du führen.“

Dieses Prinzip der Raumfahrt ist der Kern des Stratolaunch-Konzepts. Während eine Rakete am Boden 100 % des atmosphärischen Drucks überwinden muss, sind es in 10.000 Metern Höhe nur noch rund 26 %. Das bedeutet, die Triebwerke arbeiten von der ersten Sekunde an effizienter. Konkret heißt das: Die gleiche Rakete kann von der Stratolaunch aus eine schwerere Nutzlast oder eine höhere Umlaufbahn erreichen als bei einem Start von Cape Canaveral aus – und das bei deutlich geringerem Treibstoffverbrauch für die erste Phase des Aufstiegs.

Emma Wolf

Ich liebe es, unseren Lesern und Leserinnen praktische und einzigartige Informationen, Tipps und Life Hacks über allmögliche Themen zu geben, die sie in ihrem Alltag auch tatsächlich anwenden können. Ich bin immer auf der Suche nach etwas Neuem – neuen Trends, neuen Techniken, Projekten und Technologien.