Fliesenlegen wie ein Profi: Was dir im Baumarkt niemand verrät

von Angela Schmidt
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Ich hab in meinem Leben schon unzählige Quadratmeter Fliesen verlegt, in schicken Neubauten und bei kniffligen Altbausanierungen. Und wenn ich junge Leute anlerne, die das Handwerk von der Pike auf lernen wollen, sage ich immer dasselbe: Vergiss die schicke Fliese. Die ist nur die Kirsche auf der Torte. Deine Arbeit beginnt viel tiefer, nämlich beim Untergrund. Wenn der nicht 100%ig passt, ist die teuerste Fliese wertlos.

Das hier soll keine sterile Schritt-für-Schritt-Anleitung werden. Sieh es als ehrlichen Einblick hinter die Kulissen. Ich zeige dir, worauf wir Profis wirklich achten, warum manche Schritte auf keinen Fall übersprungen werden dürfen und wie du am Ende eine Arbeit beurteilen kannst, die nicht nur gut aussieht, sondern auch Jahrzehnte hält.

Die unsichtbare Wissenschaft unter der Fliese

Viele denken, Fliesenlegen sei nur ein bisschen Kleber an die Wand schmieren und eine Platte draufdrücken. Ehrlich gesagt, steckt da aber eine ganze Menge Physik dahinter. Wenn du das Prinzip einmal verstanden hast, wird dir auch klar, warum die Vorbereitung so verdammt wichtig ist.

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Stell dir eine geflieste Fläche wie ein System aus mehreren Schichten vor. Jede einzelne Schicht muss eine bombenfeste Verbindung mit der nächsten eingehen. Wir nennen das den „Haftverbund“. Der Untergrund, also der Putz oder der Estrich, ist nicht tot – er lebt. Er dehnt sich bei Wärme aus und zieht sich bei Kälte zusammen. Das ganze Gebäude bewegt sich minimal. Ein starrer Kleber würde da einfach brechen. Deshalb nutzen wir heute fast nur noch flexible Fliesenkleber, oft als „Flexkleber“ bekannt. Die enthalten Kunststoffzusätze, die ihnen eine gewisse Elastizität geben. So können sie kleine Bewegungen mitmachen, ohne dass die Fliese reißt.

Und dann kommt im Bad der Endgegner: Wasser. Wasser ist gnadenlos und findet jeden noch so kleinen Weg. Sickert Feuchtigkeit hinter die Fliesen, fängt das Drama an. Erst kommt der Schimmel, dann zerfrisst die Nässe die Bausubstanz. Ich wurde mal zu einer Sanierung gerufen, bei der ein Heimwerker nur eine winzige Ecke in der Dusche bei der Abdichtung vergessen hatte. Ein Jahr später war die ganze Holzwand dahinter schwarz und morsch. Die Reparatur? Über 8.000 Euro. Wegen einer Ecke, an der man Material für 5 Euro und 10 Minuten Arbeit gespart hat. Merk dir also: Fliesen und Fugen sind niemals 100 % wasserdicht, die eigentliche Schutzschicht liegt unsichtbar darunter.

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Die richtige Fliese: Mehr als nur hübsch aussehen

Im Baumarkt oder Fliesenfachhandel wird man von der Auswahl förmlich erschlagen. Aber die Entscheidung sollte niemals nur nach der Farbe fallen. Die technischen Eigenschaften sind das, was am Ende zählt.

Grob gesagt gibt es drei Hauptdarsteller in der Welt der Keramikfliesen:

  • Steingutfliesen: Das ist der Klassiker für die Wand. Sie sind etwas poröser, was sie leichter zu schneiden macht – ein echter Vorteil für Anfänger. Preislich liegen sie oft in einem angenehmen Rahmen von 15€ bis 30€ pro Quadratmeter. Aber Achtung: Sie sind nicht frostsicher und ziehen Wasser, also absolut tabu für den Boden oder den Außenbereich!
  • Steinzeugfliesen: Der solide Allrounder. Diese Fliesen sind dichter gebrannt, nehmen kaum Wasser auf und sind frostbeständig. Perfekt für Böden im ganzen Haus und sogar für den Balkon. Preislich bewegen wir uns hier meist zwischen 25€ und 50€ pro Quadratmeter. Ein super Kompromiss aus Robustheit und Kosten.
  • Feinsteinzeugfliesen: Das ist die Königsklasse. Extrem hart, extrem dicht (Wasseraufnahme unter 0,5 %), super widerstandsfähig. Das ist heute der Standard für stark beanspruchte Böden wie im Flur oder in der Küche. Sie kosten zwar oft ab 40€ aufwärts, dafür halten sie aber auch ewig. Kleiner Tipp: Zum Schneiden brauchst du hier aber schon vernünftiges Werkzeug, mit einem billigen Fliesenschneider kommst du da nicht weit.

Für Böden sind zwei weitere Werte entscheidend. Die Abriebgruppe (I bis V) sagt dir, wie kratzfest die Oberfläche ist. Für dein Bad reicht Klasse II oder III locker aus, für den Eingangsbereich, wo du mit Straßenschuhen reinkommst, sollte es schon Klasse IV sein. Noch wichtiger, gerade im Bad, ist die Rutschhemmung (R-Klasse). R9 ist okay für trockene Bereiche, aber in der Dusche, wo du barfuß und nass unterwegs bist, ist alles unter R10 (oder der Barfuß-Bewertung „B“) lebensgefährlich. Eine hochglanzpolierte Fliese mag edel aussehen, ist im nassen Zustand aber eine Eisfläche.

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Der Untergrund: Die ungeschminkte Wahrheit

Bevor auch nur ein Tropfen Wasser in den Klebereimer kommt, wird der Untergrund geprüft. Gnadenlos. Ein Fehler hier lässt sich später nicht mehr ausbügeln. Ich bringe meinen Lehrlingen immer bei, die Wand oder den Boden mit allen Sinnen zu checken.

Zuerst wird geklopft. Klingt es irgendwo hohl? Dann ist der Putz locker. Dann die Kratzprobe: Wenn du mit einem Schraubenzieher drüberfährst und es sandet wie am Strand, ist der Untergrund nicht fest genug. Mit einer langen Wasserwaage prüfst du die Ebenheit. Gerade bei großen Fliesen sind schon wenige Millimeter Abweichung eine Katastrophe. Solche Stellen müssen vorher sauber verspachtelt werden.

Und hier ein kleiner Profi-Test, den jeder machen kann: die Saugfähigkeit. Nimm eine Sprühflasche mit Wasser und sprüh ein wenig auf die Wand. Und jetzt genau hinschauen:

  1. Perlt das Wasser sofort ab? Der Untergrund ist zu dicht. Du brauchst eine spezielle Haftgrundierung.
  2. Zieht das Wasser in unter 10 Sekunden ein und die Stelle wird dunkel? Der Untergrund ist zu saugfähig. Er würde dem Kleber das Wasser klauen. Hier muss ein Tiefengrund drauf, der die Saugfähigkeit bremst. So eine Flasche kostet ’nen Zehner und rettet dein Projekt.
  3. Bleibt das Wasser kurz stehen und zieht dann langsam ein? Perfekt! Du kannst loslegen.
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Die Abdichtung: Hier gibt es keine Kompromisse

Ganz ehrlich, das ist der eine Schritt, bei dem ich jedem Heimwerker rate: Wenn du dir unsicher bist, hol dir einen Profi. Oder nimm dir extrem viel Zeit und arbeite penibel genau. Die Abdichtung ist die unsichtbare Lebensversicherung deines Badezimmers.

Wir arbeiten hier mit einer sogenannten Verbundabdichtung. Das ist eine Art flüssige Gummifarbe, die in mindestens zwei Schichten aufgetragen wird. Sie bildet eine nahtlose, flexible Wanne unter den Fliesen.

Hier eine kleine Einkaufsliste für eine typische Duschecke von ca. 5 Quadratmetern Wandfläche:

  • 1 Eimer Flüssigabdichtung (5-10 kg), kostet je nach Hersteller zwischen 50€ und 80€.
  • 1 Rolle Dichtband für alle Ecken und Kanten (ca. 10 Meter, um die 20€).
  • 2 Innenecken-Formteile (absolut unverzichtbar, ca. 10-15€).
  • 2 Dichtmanschetten für die Wasseranschlüsse (ca. 5€ pro Stück).

Das alles bekommst du im Set oder einzeln in jedem gut sortierten Baumarkt. Der Trick ist, das Dichtband und die Manschetten in die erste, noch nasse Schicht der Abdichtung einzulegen und mit der zweiten Schicht komplett zu überstreichen. Und ganz wichtig: Geduld! Jede Schicht muss komplett durchtrocknen. Das kann je nach Produkt und Belüftung 4-8 Stunden dauern. Wer hier zu früh weiterarbeitet, riskiert alles.

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Die große Frage: Kann ich auf alte Fliesen drüber fliesen?

Ach ja, die Frage aller Fragen. Die kurze Antwort: Ja, aber… Es ist eine super Methode, um Dreck und Lärm zu vermeiden, aber es gibt ein paar knallharte Regeln.

Die Vorteile sind klar: Kein Stemmen, kein Schutt, viel schnellere Umsetzung.

Die Nachteile musst du kennen: Der Boden kommt einige Millimeter höher (passt die Tür noch drunter?) und der Raum wird minimal kleiner. Die wichtigste Voraussetzung ist aber: Der alte Belag muss zu 100 % fest sein.

Und so gehst du vor: Klopfe jede einzelne alte Fliese mit dem Griff eines Schraubenziehers ab. Klingt eine hohl oder dumpf? Dann muss sie raus. Das entstandene Loch füllst du mit Fliesenkleber auf. Danach wird die gesamte Fläche extrem gründlich gereinigt und entfettet. Ein sogenannter Anlauger wirkt hier Wunder. Zum Schluss kommt der entscheidende Schritt: Du musst eine spezielle Haftgrundierung für „Fliese auf Fliese“ auftragen. Ohne diese Brücke zwischen der glatten alten Fliese und dem neuen Kleber wird das nie halten.

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Techniken, die den Unterschied machen

Wenn alles vorbereitet ist, kommt der spaßige Teil. Aber auch hier trennt sich die Spreu vom Weizen.

Der Kleber muss die richtige Konsistenz haben: cremig wie ein guter Quark. Die Zahnung der Kelle richtet sich nach der Fliesengröße. Faustregel: Die Rückseite der Fliese muss am Ende zu mindestens 80 % mit Kleber bedeckt sein. Um das sicherzustellen, nutzen wir Profis das Buttering-Floating-Verfahren. Das klingt kompliziert, ist aber simpel: Du ziehst den Kleber nicht nur auf den Boden (Floating), sondern spachtelst zusätzlich eine dünne Schicht auf die Rückseite der Fliese (Buttering). Das sorgt für eine hohlraumfreie Verlegung. Hohlräume sind die Schwachstellen, an denen eine Fliese später brechen kann.

Beim Schneiden, besonders von hartem Feinsteinzeug, rate ich dir: Leih dir für 50 Euro am Tag eine Nasssäge im Baumarkt. Der feine Staub, der beim Trockenschnitt entsteht, ist hochgradig lungenschädlich (Stichwort Silikose). Deine Gesundheit ist das Geld wert. Trage trotzdem immer eine FFP2-Maske und eine Schutzbrille.

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Der Feinschliff: Fugen und Silikon

Die Fuge ist nicht nur Deko, sie ist ein wichtiger Puffer. Standard ist die zementäre Fuge. Sie ist einfach zu verarbeiten. Wichtig ist der richtige Zeitpunkt zum Abwaschen: Wartest du zu kurz, wäschst du die Fuge aus den Zwischenräumen. Wartest du zu lange, schrubbst du dir einen Wolf, um den Zementschleier von den Fliesen zu bekommen.

Und dann das Silikon. Alle Anschluss- und Eckfugen (Wand zu Boden, Wand zu Wanne) werden elastisch mit Silikon verfugt. Das ist eine sogenannte Wartungsfuge. Das bedeutet: Sie hält nicht ewig. Je nach Pflege und Belastung muss sie alle 3 bis 7 Jahre erneuert werden. Wenn sie rissig wird oder Schimmel ansetzt, muss das alte Silikon komplett raus und die Fuge sauber neu gezogen werden.

Zum Schluss ein ehrlicher Rat

Eine gute Fliesenarbeit ist das Ergebnis von Planung, Wissen und vor allem Sorgfalt. Sie ist eine Investition, die sich über Jahre auszahlt, nicht nur optisch, sondern durch das beruhigende Gefühl, dass darunter alles sicher und trocken ist.

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So, und jetzt habe ich eine kleine Hausaufgabe für dich. Geh mal in dein Bad und drück mit dem Finger fest auf die Silikonfugen in der Dusche. Sind sie noch weich und elastisch oder schon hart und bröselig? Das ist dein erster, kostenloser Check-up für die Gesundheit deines Badezimmers!

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Vorsicht bei Naturstein: Nicht jeder Kleber ist sein Freund. Marmor, Granit oder Travertin sind porös und können empfindlich auf die chemische Zusammensetzung des Fliesenklebers reagieren. Ein gewöhnlicher, grauer Flexkleber kann bei hellen Steinen wie Carrara-Marmor unschöne, dauerhafte Verfärbungen verursachen, die von hinten durch die Platte „bluten“. Profis greifen hier zwingend zu einem speziellen Natursteinkleber oder zumindest zu einem schnell abbindenden, weißen Flexmörtel, z.B. von Herstellern wie Ardex oder PCI. Die Investition in das richtige Material sichert die Schönheit des teuren Belags für Jahre.

Angela Schmidt

Nach dem Abschluss meines Studiums für Journalismus an der Uni- München, arbeite ich freiberuflich für diverse Formate und Produktionen. Freshideen ist für mich ein gegenseitiges Langzeitprojekt, mit dem ich meinen Alltag viel schöner gestalte. Die Themen der Nachhaltigkeit und der Umwelt bewegen mich am meisten, aber auch die kreativen DIY Ideen finden Platz in meinem Herzen.