Dieses Geisterdorf am Meer ist eine ernste Warnung für dein Haus

von Romilda Müller
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Seit Jahrzehnten bin ich als Bausachverständiger und Handwerker unterwegs. Ich hab schon alles gesehen: Fachwerkhäuser, deren alte Eichenbalken unter der Feuchtigkeit ächzten, und verlassene Fabrikhallen, auf deren Dächern ganze Birkenwälder wuchsen. Mein Job ist es, hinter die Fassade zu blicken, die Substanz eines Gebäudes zu verstehen und seinen stillen Kampf gegen die Zeit zu deuten. Die meisten Leute sehen da nur Schäden. Ich sehe ein offenes Lehrbuch der Bauphysik.

Als ich also die ersten Bilder von diesem verlassenen Fischerdorf an einer subtropischen Küste sah, war mir sofort klar: Das ist mehr als nur ein krasses Fotomotiv für Instagram. Das ist ein riesiges Freiluftlabor.

Hier zeigt uns die Natur im Zeitraffer, was sie mit unseren Häusern anstellt, wenn wir uns nicht mehr kümmern. Die Bilder sind atemberaubend, keine Frage. Aber sie erzählen nur die halbe Geschichte. Die andere, viel wichtigere Hälfte spielt sich im Verborgenen ab – in den Mauern, in den Dachstühlen, unter den Fundamenten. Und sie handelt von Wasserdruck, der brachialen Kraft von Wurzeln und dem unaufhaltsamen Prozess des Verfalls.

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Dieser Artikel ist also keine Reiseempfehlung. Sieh es als die Analyse eines Praktikers, der dir zeigen will, was dort wirklich abgeht. Und was noch wichtiger ist: Was du daraus für dein eigenes Zuhause lernen kannst. Denn ob dein Haus an einer Küste in Fernost oder mitten in Deutschland steht – die Naturgesetze sind überall dieselben.

Die Physik des Verfalls: Wie die Natur ein Haus systematisch zerlegt

Ein Gebäude zerfällt nicht einfach so. Dahinter steckt ein knallhartes System, das physikalischen und biologischen Regeln folgt. In diesem feuchtwarmen Klima läuft alles auf Hochtouren, aber die Mechanismen sind universell.

1. Der Anfang vom Ende: Immer das undichte Dach

Ganz ehrlich? Es fängt fast immer von oben an. Stell dir dein Haus wie einen Menschen mit Hut und Mantel vor. Das Dach ist der Hut. Wenn da auch nur ein einziger Ziegel fehlt oder durch einen Sturm verschoben wurde, ist das wie ein offenes Scheunentor für den Regen. Das Wasser dringt ein und macht es sich im hölzernen Dachstuhl gemütlich.

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Zuerst ist das Holz nur nass. Aber stehende Nässe ist die reinste Wellness-Oase für holzzerstörende Pilze. In einem feuchtwarmen Klima geht das rasend schnell. Die Tragfähigkeit der Balken schwindet, und irgendwann bricht der ganze Dachstuhl unter seinem eigenen Gewicht zusammen. Sobald das Dach offen ist, hat die Natur freie Bahn und kann sich im ganzen Haus austoben.

Kleiner Tipp: Ein einzelner Dachziegel kostet im Baumarkt vielleicht 2 bis 5 Euro. Der Dachdecker, der ihn dir fachmännisch einsetzt, nimmt vielleicht 150 bis 200 Euro. Der Wasserschaden, den du damit verhinderst? Der kann locker 25.000 Euro und mehr kosten. Die Rechnung ist also ziemlich einfach.

2. Wasser im Mauerwerk: Der stille Zerstörer

Wasser ist tückisch, es arbeitet sich auch durch die Wände. Das Zauberwort hier heißt „Kapillarwirkung“. Baumaterialien wie Ziegel oder Mörtel haben winzige Poren, fast wie ein Schwamm. Sie saugen Wasser auf und leiten es weiter, sogar gegen die Schwerkraft. Deshalb bauen wir heute standardmäßig eine Horizontalsperre im Fundament ein, damit keine Feuchtigkeit aus dem Boden aufsteigen kann.

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Bei traditionellen Bauten wie in dem Fischerdorf gibt es sowas oft nicht. Die Mauern stehen direkt auf dem feuchten Grund und sind permanent durchtränkt. Feuchtes Mauerwerk verliert seine Dämmwirkung und Stabilität. Im Winter kommt bei uns dann noch die Frostsprengung dazu: Wasser gefriert, dehnt sich aus und sprengt winzige Teile des Materials ab. Fuge für Fuge, Stein für Stein. In wärmeren, salzigen Klimazonen zerfrisst die ständige Feuchtigkeit, die Salze aus dem Boden löst, den Mörtel und die Steine langsam aber sicher.

3. Die Macht der Wurzeln: Ein Keil aus reiner Lebenskraft

Auf den feuchten, porösen Oberflächen keimt schnell Leben. Erst nur Moose und Flechten. Sie halten die Feuchtigkeit fest und bereiten den Boden für größere Pflanzen vor. Und dann passiert es: Ein kleiner Samen einer Kletterpflanze oder eines Baumes fällt in eine Mauerritze und wird zur größten Bedrohung für das ganze Haus. Die Wurzel sucht nach Wasser und Nährstoffen und übt dabei einen unglaublichen Druck aus. Ich hab bei Sanierungen schon armdicke Wurzeln gesehen, die sich durch massive Grundmauern gearbeitet haben.

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Die Pflanze wird so zu einem lebenden Keil, der das Gebäude Stück für Stück auseinanderdrückt. Das romantische Bild einer bewachsenen Wand ist aus meiner Sicht als Fachmann also vor allem eins: ein fettes Alarmsignal.

Eine Schadensanalyse aus der Ferne – mit dem geübten Auge

Wenn ich so ein Gebäude betreten würde, wüsste ich genau, worauf ich achten muss. Schauen wir uns die Häuser dort mal gemeinsam an, als wären wir vor Ort.

Dachstühle: Der erste Dominostein, der fällt

Auf den Fotos sind die eingestürzten Dächer nicht zu übersehen. Die Eindeckung besteht wohl aus einfachen Tonziegeln, aber die Unterkonstruktion ist aus Holz. In diesem Klima ist Holz ohne Schutz ein Festmahl für Termiten und Pilze. Ich würde nach Verformungen suchen: Sind die Sparren noch gerade oder biegen sie sich schon durch? Dunkle Verfärbungen sind ein klares Zeichen für Pilzbefall. Ist das Dach erstmal durch, spült der Regen Schutt und Blätter ins Haus. Dort bildet sich Humus, und die Zerstörung geht von innen weiter. Das Haus kompostiert sich quasi selbst.

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Fassaden: Der grüne Mantel, der alles schlimmer macht

Die Wände scheinen aus Naturstein oder simplen Ziegeln gemauert zu sein. Was da wächst, ist nicht nur harmloser Wein. Man muss da ganz klar unterscheiden:

  • Eher unkritisch (unter Vorbehalt): Sogenannte Selbstklimmer wie Wilder Wein haben nur kleine Haftwurzeln. Sie dringen nicht tief ins Mauerwerk ein, halten es aber permanent feucht. Das ist nur an einer absolut intakten, perfekt verfugten Wand okay. Ansonsten: Finger weg!
  • EXTREM gefährlich: Echte Wurzelkletterer wie Efeu und vor allem kleine Bäume und Sträucher sind die wahren Zerstörer. Ihre Wurzeln suchen gezielt Risse und Spalten und sprengen die Mauer von innen. Das ist eine Hebelwirkung, gegen die keine Fuge eine Chance hat.

Gut zu wissen: Wenn du schon Efeu an einer alten Mauer hast, reiß ihn NIEMALS einfach so ab! Du reißt dabei Putz und Mörtel mit raus. Der Profi-Tipp: Zuerst die Hauptwurzeln durchtrennen, die Pflanze absterben lassen (das dauert Monate) und dann die trockenen Ranken vorsichtig entfernen. Oft ist danach aber trotzdem eine Sanierung der Fugen fällig.

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Die grünen Fassaden sind also kein Schutz, sondern eine Hülle, die den Zerstörungsprozess verdeckt und sogar beschleunigt, weil die Wand darunter nie wieder trocknen kann.

Sanieren oder einfach verfallen lassen? Eine ehrliche Einschätzung

Immer wieder höre ich die romantische Frage: „Könnte man das nicht wieder aufbauen?“ Als Praktiker muss ich da leider den Spielverderber spielen: Eine Sanierung wäre wirtschaftlich und technisch absoluter Wahnsinn.

Stell dir das mal vor: Du müsstest die Pflanzen entfernen und würdest dabei die halben Mauern einreißen, weil die Wurzeln mittlerweile ein tragendes Element sind. Das Mauerwerk ist komplett durchfeuchtet und versalzen. Die Dachstühle sind verrottet, die Decken eingestürzt. Man müsste das Haus bis auf die Grundmauern entkernen, und selbst die wären instabil.

Ganz ehrlich, die Kosten dafür würden die eines Neubaus um ein Vielfaches übersteigen. Man würde im Grunde ein neues Haus in eine alte, brüchige Hülle bauen. Das macht man nur bei historisch unbezahlbaren Baudenkmälern, und selbst da ist es eine Herkulesaufgabe.

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Dein 5-Minuten-Haus-Check: Was du vom Geisterdorf lernen kannst

Dieses Dorf ist weit weg, aber die Lehren daraus sind Gold wert. Hier ist eine kleine Checkliste, die jeder Hausbesitzer regelmäßig durchgehen sollte. Kostet dich 5 Minuten, spart dir Tausende.

  1. Der Dach-Check (mit Fernglas): Schnapp dir ein Fernglas und schau dir dein Dach Ziegel für Ziegel an. Sieht alles gerade aus? Ist etwas verschoben? Sind die Dachrinnen frei von Laub? Aus meiner Erfahrung ist eine verstopfte Dachrinne die häufigste Ursache für teure Fassadenschäden. Ich hatte mal einen Kunden, bei dem über den Winter Wasser an der Hauswand herunterlief. Ergebnis: 12.000 € für Putzsanierung und Trockenlegung. Wegen Laub.
  2. Der Fassaden-Scan: Geh einmal um dein Haus. Siehst du irgendwo Risse, aus denen kleine Pflänzchen wachsen? Besonders im Sockelbereich oder an Fensterbänken? Jede noch so kleine Pflanze ist ein Warnsignal. Raus damit, sofort!
  3. Sicherheitsabstand für Grünzeug: Du willst eine grüne Fassade? Super Idee fürs Klima! Aber bitte richtig: Nutze Rankgitter, die mit 10-15 cm Abstand zur Wand montiert sind. So kann die Luft zirkulieren und die Pflanze schadet der Mauer nicht. Entsprechende Systeme gibt’s in jedem gut sortierten Baumarkt.
  4. Baum-Management: Große Bäume gehören nicht direkt ans Haus. Ihre Wurzeln können Fundamente und Abwasserleitungen zerstören. Eine gute Faustregel: Der Abstand zum Haus sollte mindestens dem späteren Kronendurchmesser entsprechen.

Deine Hausaufgabe für heute: Geh nach diesem Artikel mal 10 Minuten um dein Haus und zupf jeden kleinen Sämling aus den Fugen deiner Kellertreppe oder der Terrasse. Das kostet dich nichts und erspart dir vielleicht 1.000 Euro Reparaturkosten in fünf Jahren.

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Achtung! Betreten solcher Orte ist lebensgefährlich!

Ich kann diesen Text nicht beenden, ohne eine eindringliche Warnung. Als Experte betrete ich oft baufällige Gebäude, aber nie ohne Respekt und Vorbereitung. Man lernt, auf die Zeichen zu achten: das leise Knistern im Gebälk, feiner Staub, der von der Decke rieselt, das federnde Gefühl eines morschen Bodens.

Ein Ort wie dieses Dorf ist extrem gefährlich. Die Risiken sind für Laien unsichtbar:

  • Plötzlicher Kollaps: Wände und Decken können ohne Vorwarnung einstürzen. Deine Schritte können der Auslöser sein.
  • Verdeckte Absturzstellen: Unter dem dichten Grün können offene Kellerlöcher oder morsche Böden lauern. Ein falscher Schritt und du fällst metertief.
  • Scharfer Schutt und rostige Nägel: Überall lauern Verletzungsgefahren, die an so einem Ort schnell zu bösen Infektionen führen.
  • Biologische Gefahren: Schimmelsporen, Schlangen, giftige Insekten – Ruinen sind ein Paradies für alles, was man nicht im Wohnzimmer haben will.

Glaub mir, ich bin bei einer Begehung mal nur um Haaresbreite einem herabstürzenden Deckenbalken entkommen. Ein leises Knacken hat mich gewarnt. Deshalb mein dringender Rat: Genieße die Bilder. Aber betrete solche Ruinen niemals auf eigene Faust. Das Risiko steht in absolut keinem Verhältnis.

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Fazit: Ein Denkmal der Vergänglichkeit und ein Weckruf

Dieses verlassene Dorf ist faszinierend. Für Touristen eine Märchenwelt, für mich eine Lektion in Demut. Es zeigt, dass unsere Häuser nur geliehene Plätze auf dieser Erde sind. Wenn wir sie nicht pflegen, holt sich die Natur ihr Territorium zurück – mit einer Geduld und Kraft, gegen die wir auf Dauer keine Chance haben.

Die wahre Schönheit dieses Ortes liegt nicht nur im Anblick, sondern im Verstehen der Prozesse. Es ist ein Denkmal für den Kreislauf des Lebens. Und es ist eine Mahnung an uns alle, die Verantwortung für die Gebäude, in denen wir leben, ernst zu nehmen. Denn am Ende ist jedes Haus nur so stark wie die Pflege, die wir ihm geben.

Romilda Müller

Mein Beruf macht mir echt viel Spaß! Selbst indem ich jeden Tag Beiträge über Themen aus den Bereichen Gartengestaltung, Dekoration, Innendesign, Mode und Lifestyle schreibe, entdecke ich viele interessante Tatsachen. Auch für mich selbst. Zudem schöpfe ich Inspiration für meine eigene Freizeit. Mein Ziel ist es, unserer Leserschaft nützliche Information und unendliche Anregung anzubieten und damit behilflich zu sein. Es freut mich, durch meine Artikel eine große Anzahl von Lesern für unterschiedliche Themen zu begeistern und zu neuen Projekten im Haus und Garten zu ermutigen. Außerdem will ich ihnen gleichzeitig damit Optionen für eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung bieten.