Hausbau-Geheimnisse vom Profi: Worauf es wirklich ankommt, bevor die Tapete an die Wand kommt

von Romilda Müller
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Ich stehe jetzt seit über 20 Jahren auf dem Bau. In der Zeit habe ich wirklich alles gesehen: Stolze Neubauten, die quasi über Nacht aus dem Boden schießen, und liebevolle Sanierungen, bei denen wir alten Schätzen wieder Leben eingehaucht haben. Aber, ganz ehrlich, ich habe auch die andere Seite erlebt. Projekte, bei denen am falschen Ende gespart wurde. Wo eine schicke Tapete schnell über eine noch feuchte Wand geklatscht wurde oder die 20.000-Euro-Küche an einer Elektrik hing, die schon beim Einzug veraltet war.

Die meisten Leute stürzen sich bei der Hausplanung sofort auf Farben, Möbel und Deko. Total verständlich, das ist ja auch der spaßige Teil, den man am Ende sieht und fühlt. Ein Zuhause ist aber ein bisschen wie ein Mensch. Die wahre Stärke und Gesundheit stecken im Inneren, bei den Dingen, die man nicht auf den ersten Blick erkennt. Ein solides Skelett, ein funktionierender Kreislauf. Und genau darum geht’s hier. Ich will dir mal zeigen, wie wir Profis ticken: Wir planen von innen nach außen. Von der Technik zur Optik. Denn nur so entsteht ein Haus, das nicht nur heute super aussieht, sondern auch in Jahrzehnten noch sicher, gesund und komfortabel ist.

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1. Das Fundament: Ein Haus muss atmen und trotzdem die Wärme halten

Bevor wir auch nur einen Gedanken an den Grundriss verschwenden, müssen wir über die Hülle des Hauses reden. Das sind die Außenwände, das Dach, die Fenster, der Boden. Diese Hülle ist dein Schutzschild gegen Kälte, Hitze und Regen. Die große Kunst ist, sie dicht genug zu machen, um Heizkosten zu sparen, aber gleichzeitig so zu bauen, dass Feuchtigkeit keine Chance hat. Das ist Bauphysik, und glaub mir, das ist die Basis für jeden Wohnkomfort.

Ein Schlüsselwort hier ist der U-Wert. Der sagt uns, wie viel Wärme durch ein Bauteil flöten geht. Je kleiner der Wert, desto besser die Dämmung. Das ist gesetzlich geregelt, aber die beste Dämmung nützt nichts, wenn sie schlampig verarbeitet wird. Eine einzige schlecht gedämmte Stelle – eine sogenannte Wärmebrücke, zum Beispiel am Balkonanschluss – kann die Wirkung einer teuren Dämmung zunichtemachen und zu fiesem Schimmel führen. Hab ich leider schon oft genug gesehen.

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Genauso wichtig: der Umgang mit Feuchtigkeit. Wusstest du, dass eine vierköpfige Familie am Tag rund 12 Liter Wasser in die Luft abgibt? Das passiert durch Atmen, Duschen, Kochen. Das ist ein ganzer Putzeimer voll Wasser, der irgendwo hin muss! In alten Häusern zog das durch undichte Fenster ab. Moderne Häuser sind aber extrem dicht, um Energie zu sparen. Das ist super für den Geldbeutel, aber ohne eine vernünftige Lüftung sammelt sich die Feuchtigkeit an kalten Stellen und kondensiert. Ein Fest für Schimmelpilze. Deshalb ist eine Lüftungsanlage heute oft kein Luxus mehr, sondern eine technische Notwendigkeit.

2. Die goldene Regel: Was in der Wand verschwindet, kommt zuerst

Auf dem Bau gibt es eine heilige Reihenfolge. Wer sich nicht daran hält, zahlt am Ende doppelt. Die teuersten Fehler sind die, die passieren, bevor der Putz an der Wand ist. Denn dann heißt es: alles wieder aufreißen.

Die Lebensadern des Hauses: Elektro, Heizung und Wasser

Steht der Rohbau, rücken die Installateure an. Jetzt bekommt das Haus seine inneren Organe. Hier legst du den Grundstein für deinen zukünftigen Komfort.

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Elektroplanung: Denk nicht nur an heute, denk in fünf oder zehn Jahren! Mein Tipp an jeden Bauherrn: Plane pro Raum mindestens doppelt so viele Steckdosen, wie du jetzt für nötig hältst. Klingt viel? Für ein Wohnzimmer von 25 qm plane ich nie unter 12-15 Steckdosen ein. Zähl mal nach: TV, Soundbar, Konsole, Stehlampe, Leselampe, Laptop-Netzteil, Handy-Ladegerät, Saugroboter-Station … da bist du schnell bei acht Stück und hast noch keine Reserve für Weihnachten oder die nächste technische Spielerei. Eine Steckdose mehr kostet in der Rohbauphase vielleicht 50-70 Euro. Sie später nachzurüsten, bedeutet Lärm, Dreck und schnell mal 300 Euro. Lass dir auch Leerrohre in die Wände legen – damit kannst du später ohne Aufwand Netzwerkkabel oder Ähnliches nachziehen. Und Achtung: Alle Arbeiten müssen nach den geltenden Vorschriften ausgeführt werden. Bei Strom gibt es keinen Spielraum, das ist lebensgefährlich.

Kleine Hausaufgabe für dich: Geh mal durch deine jetzige Wohnung und kleb überall dort einen bunten Zettel hin, wo du dir schon mal eine Steckdose gewünscht hast. Du wirst dich wundern, wie viele Zettel das werden!

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Heizung und Sanitär: Die Rohrverlegung ist ein komplexes Puzzle. Wo kommt die Spüle hin, wo die Dusche? Immer mehr Leute wollen eine Fußbodenheizung. Die macht eine tolle, gleichmäßige Wärme, aber sie ist träge. Mal eben schnell auf- und zudrehen wie bei einem normalen Heizkörper ist nicht. Das muss man wissen. Und einmal im Estrich verlegt, sind Korrekturen quasi unmöglich. Beim Wasser achten wir Profis übrigens penibel auf Schallschutz. Niemand will beim Tatort am Sonntagabend die Toilettenspülung von oben hören. Dafür gibt es spezielle, gedämmte Rohre und Befestigungen.

Lüftung: Wie gesagt, oft unverzichtbar. Es gibt dezentrale Geräte für einzelne Räume (rechnen mit ca. 500-1.000 Euro pro Stück) oder zentrale Anlagen fürs ganze Haus (da bist du schnell bei 8.000-15.000 Euro). Beide Varianten gibt es mit Wärmerückgewinnung, was ordentlich Heizkosten spart. Die große Anlage braucht natürlich Platz für Kanäle, das muss in der Rohbauphase geplant werden.

Der Bodenaufbau: Warum Geduld der beste Baustoff ist

Sind alle Leitungen verlegt, kommt der Estrich. Das ist die Schicht, auf die später dein schöner Bodenbelag kommt. Und hier ist die wichtigste Tugend auf dem Bau gefragt: Geduld. Ein Estrich braucht Zeit zum Trocknen, je nach Art und Dicke können das vier bis acht Wochen sein. Wer hier zu früh Parkett oder Fliesen drauflegt, erlebt ein Desaster. Die Restfeuchte zieht in den Belag, das teure Holz wirft Wellen, die Fliesen lösen sich. Ich musste mal ein komplettes, sündhaft teures Eichenparkett wieder rausreißen lassen, weil der Bauherr Druck gemacht hatte und der Bodenleger auf eine saubere Feuchtigkeitsmessung verzichtet hat. Ein Fehler, der Zehntausende gekostet hat und mit ein paar Wochen Warten vermeidbar gewesen wäre.

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3. Die Oberflächen: Hier trennt sich die Spreu vom Weizen

Jetzt wird’s wohnlich! Aber auch hier zeigt sich, ob vorher sauber gearbeitet wurde.

Wände und Decken: Eine glatte Wand ist eine Kunst. Hier gibt es Qualitätsstufen von Q1 (grob für die Garage) bis Q4 (spiegelglatt für edle Farben). Für eine normale Raufasertapete reicht Q2. Für einen feinen Anstrich oder glatten Putz brauchst du mindestens Q3. Und das macht einen Unterschied! Rechne mal grob damit, dass der Sprung von Q2 auf Q3 dich 5-10 Euro pro Quadratmeter mehr kostet, von Q3 auf Q4 nochmal so viel. Bei 150 qm Wandfläche ist das schnell ein Tausender! Spar auch nicht an der Grundierung und der Farbe. Billige Farbe deckt schlecht, du streichst dreimal und hast am Ende mehr Arbeit und kein Geld gespart.

Bodenbeläge: Hier gibt es für jeden was, aber man sollte die Unterschiede kennen.

  • Echtholzparkett ist der warme, langlebige Klassiker. Man kann es abschleifen, es fühlt sich toll an. Es ist aber empfindlicher gegen Kratzer und kostet je nach Holz und Verlegung gerne mal zwischen 50 und 120 Euro pro Quadratmeter.
  • Fliesen sind die robusten Alleskönner. Perfekt für Küche, Bad und Flur, pflegeleicht und langlebig. Preislich liegen sie oft zwischen 30 und 80 Euro pro Quadratmeter. Ohne Fußbodenheizung fühlen sie sich aber eben kühler an.
  • Vinyl- und Designböden sind oft der perfekte Kompromiss. Extrem strapazierfähig, wasserfest und die Designs sehen heute oft täuschend echt aus, von Holz- bis Steinoptik. Preislich eine breite Spanne, so von 25 bis 70 Euro. Ein super Allrounder für Familien.

Egal was du nimmst: Der Untergrund muss top sein – eben, trocken und sauber. Und eine gute Trittschalldämmung ist kein Luxus, sondern ein Akt der Nächstenliebe für die Leute unter dir.

Fenster und Türen: Der Einbau ist eine Wissenschaft. Der Profi spricht von einer „Montage nach Stand der Technik“. Heißt vereinfacht: Die Fuge zwischen Rahmen und Wand muss innen luftdicht sein (gegen Zugluft) und außen schlagregendicht, aber diffusionsoffen. Das bedeutet, Feuchtigkeit, die vielleicht doch mal eindringt, muss wieder raus können. Ein falscher Einbau führt zu Energieverlust und Schimmel.

4. Draußen vor der Tür: Schutz und Gestaltung in einem

Das Grundstück hört nicht an der Hauswand auf. Der Außenbereich muss genauso clever geplant werden.

Regel Nr. 1: Wasser muss weg vom Haus! Jede Terrasse, jeder Weg braucht ein Gefälle von ca. 2 % vom Haus weg. Sonst steht das Wasser an der Fassade und drückt in den Keller. Apropos Keller: Der Sockel des Hauses braucht besonderen Schutz gegen Feuchtigkeit aus dem Erdreich. Eine falsch angelegte Terrasse ist einer der häufigsten Gründe für feuchte Keller.

Frostsicher bauen: Bei uns friert es im Winter. Wasser im Boden dehnt sich dann aus und hebt Pflastersteine oder Terrassenplatten an. Um das zu verhindern, braucht jede befestigte Fläche einen frostsicheren Unterbau. Das heißt: Boden ausheben und eine dicke Schicht Schotter rein. Im milden Rheinland reichen oft 30-40 cm Tiefe, aber im Voralpenland oder im Mittelgebirge gehen wir nie unter 50-60 cm. Sicher ist sicher.

Strom im Garten: Auch hier gilt: Sicherheit zuerst. Erdkabel, spritzwassergeschützte Steckdosen (mindestens Schutzart IP44) und ein eigener Fehlerstrom-Schutzschalter (FI) sind absolute Pflicht. Wasser und Strom sind eine tödliche Mischung. Das ist ein Job für den Elektriker, Punkt.

5. Für Fortgeschrittene: Typische Probleme und clevere Lösungen

Mit den Jahren sammelt man ein paar Narben und lernt aus Fehlern – den eigenen und denen der anderen.

Problemfall Schimmel: Wenn du Schimmel entdeckst, wisch ihn nicht einfach weg und streich drüber. Das ist nur Kosmetik. Du musst die Ursache finden, und das ist fast immer Feuchtigkeit. Ist es ein Wasserschaden? Kondenswasser wegen einer Wärmebrücke? Oder falsches Lüften? Hol dir einen Fachmann, der die Ursache mit Messtechnik aufspüren kann. Alles andere ist nur ein Verschieben des Problems.

Barrierefrei planen: Denk heute schon an übermorgen. Ein Haus ohne Schwellen, mit breiteren Türen und einer bodengleichen Dusche ist nicht nur im Alter Gold wert, sondern auch mit Kinderwagen oder nach einer Sportverletzung. Im Neubau sind das oft nur Kleinigkeiten in der Planung, die kaum mehr kosten. Das später nachzurüsten ist extrem teuer.

Eine Lektion in Demut: Vor ein paar Jahren hatten wir ein Projekt mit einem brandneuen, super-ökologischen Dämmstoff. Auf dem Papier klang alles fantastisch. Die Verarbeitung war aber komplett anders, als wir es gewohnt waren. Wir haben uns strikt an die Anleitung gehalten, aber das Ergebnis war nicht perfekt. Wir mussten nachbessern. Die Lektion: Neues ist nicht automatisch besser. Und selbst als erfahrener Profi lernt man nie aus. Seitdem machen wir bei neuen Materialien immer erst eine kleine Testfläche, bevor wir ein ganzes Haus damit bearbeiten.

6. Selber machen oder den Meister rufen? Eine ehrliche Ansage

Klar, selber anpacken spart Geld. Aber man sollte seine Grenzen kennen.

Das kannst du gut selbst machen: Malerarbeiten, Tapezieren, Laminat oder Klick-Vinyl verlegen (wenn der Untergrund vom Profi vorbereitet wurde!), Möbel aufbauen. Hier ist ein Fehler ärgerlich, aber selten eine Katastrophe.

Finger weg! Hier brauchst du einen Profi:

  • Elektroinstallation: Gesetzlich vorgeschrieben und lebenswichtig. Nur ein eingetragener Fachbetrieb darf ran.
  • Gas- und Wasserinstallation: Ein Fehler kann zu einer Explosion oder einem gigantischen Wasserschaden führen. Absolutes Tabu für Laien.
  • Heizungsanlage: Die Technik ist hochkomplex und muss sicher funktionieren.
  • Estrich legen: Das ist Schwerstarbeit und entscheidend für den gesamten Bodenaufbau.
  • Statische Änderungen: Niemals einfach so eine Wand einreißen! Immer erst einen Statiker fragen.

Ein guter Handwerker gibt dir eine Gewährleistung auf seine Arbeit. Das ist deine Sicherheit. Misstraue Angeboten, die verdächtig billig sind. Denk dran: Pfusch kostet am Ende immer mehr als Qualität am Anfang.

Also, wenn du das nächste Mal mit deinem Architekten oder Handwerker sprichst, nimm diese Gedanken mit: Wo brauchen wir wirklich überall Strom? Ist die Lüftung für unser dichtes Haus geklärt? Haben wir die Trocknungszeit vom Estrich fest im Zeitplan? Und welche Wandqualität brauchen wir für unser Finish? Das sind die Fragen, die am Ende den Unterschied zwischen einem Haus und einem echten Zuhause ausmachen.

Romilda Müller

Mein Beruf macht mir echt viel Spaß! Selbst indem ich jeden Tag Beiträge über Themen aus den Bereichen Gartengestaltung, Dekoration, Innendesign, Mode und Lifestyle schreibe, entdecke ich viele interessante Tatsachen. Auch für mich selbst. Zudem schöpfe ich Inspiration für meine eigene Freizeit. Mein Ziel ist es, unserer Leserschaft nützliche Information und unendliche Anregung anzubieten und damit behilflich zu sein. Es freut mich, durch meine Artikel eine große Anzahl von Lesern für unterschiedliche Themen zu begeistern und zu neuen Projekten im Haus und Garten zu ermutigen. Außerdem will ich ihnen gleichzeitig damit Optionen für eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung bieten.