KNX-Steuerung für dein Zuhause: Ein ehrlicher Blick auf Hager Domovea aus der Praxis
Ich bin schon eine gefühlte Ewigkeit im Elektrohandwerk unterwegs und habe miterlebt, wie aus der alten, komplizierten Gebäudetechnik von damals das Smart Home von heute wurde. Früher war das was für riesige Bürokomplexe und absolute Technik-Freaks. Heute? Heute ist die smarte Steuerung im ganz normalen Einfamilienhaus angekommen. Und dabei dreht sich am Ende immer alles um eine Frage: Kann ich das Ding auch bedienen?
Inhaltsverzeichnis
- 1 Wovon reden wir hier eigentlich? KNX und Domovea kurz erklärt
- 2 Die Technik und was der Spaß kostet
- 3 Planung und Installation: Wo sich die Spreu vom Weizen trennt
- 4 Was du im Alltag wirklich lieben wirst
- 5 Geht das auch im Altbau?
- 6 Ganz ehrlich: Die Grenzen und wo man aufpassen muss
- 7 Fazit: Für wen ist Domovea top – und für wen eher nicht?
Denn mal ehrlich, die tollste Technik ist wertlos, wenn sie im Alltag nervt. Genau hier kommen Visualisierungen wie die Hager Domovea ins Spiel. Ich hab das System schon etliche Male verbaut, von der kleinen Wohnung bis zum großen Familienhaus. Ich kenne die Punkte, wo es richtig glänzt, aber auch, wo es an seine Grenzen stößt. Das hier ist also kein Werbeprospekt, sondern ein direkter Einblick aus der Werkstatt – damit du weißt, was dich wirklich erwartet.
Wovon reden wir hier eigentlich? KNX und Domovea kurz erklärt
Bevor wir über die App auf deinem Handy reden, müssen wir kurz über das Fundament sprechen: den KNX-Bus. Viele denken bei Smart Home nur an WLAN-Steckdosen aus dem Baumarkt. Das ist aber eine ganz andere Welt. Das echte Gehirn deines Hauses ist die Verkabelung und die Programmierung dahinter.

Stell dir eine normale Elektroinstallation vor: Ein Kabel führt vom Schalter zur Lampe. Fertig. Willst du später was ändern, muss der Elektriker kommen, Wände aufschlitzen und neue Kabel ziehen. Eine riesige Sauerei.
Bei KNX läuft das völlig anders. Da gibt es eine einzige, meist grüne Steuerleitung, die wie ein Nervensystem durchs ganze Haus verlegt wird. Alle Schalter, Sensoren, Lampen und Jalousien werden an dieses „Nervensystem“ angeschlossen. Der Schalter an der Wand schickt dann nur noch eine kleine digitale Nachricht los: „Hey, Licht im Wohnzimmer bitte anmachen.“ Ein kleiner Computer im Schaltschrank (der Aktor) hört das und schaltet die Lampe ein.
Der riesige Vorteil: Die Funktion ist nicht mehr vom Kabel abhängig, sondern von der Programmierung. Wenn du den Schalter morgen lieber für die Gartenbeleuchtung nutzen willst, ist das eine Sache von ein paar Klicks in der Software. Kein Dreck, keine neuen Schlitze. Diese Flexibilität ist der Kern von KNX, einem weltweiten Standard, bei dem Geräte von hunderten Herstellern miteinander quatschen können. Das sichert deine Investition für die Zukunft.

Und genau hier springt Domovea ein. KNX selbst hat keine schöne Oberfläche. Es ist die unsichtbare Intelligenz in der Wand. Domovea ist der Übersetzer – eine kleine Box im Schaltschrank, die die technischen Befehle in eine schicke, verständliche App für dein Tablet oder Smartphone verwandelt. Domovea ist also dein Fenster zur gesamten Haustechnik.
Die Technik und was der Spaß kostet
Meistens kommt der Domovea-Server vom Typ TJA470 zum Einsatz. Ein kompaktes Kästchen, das im Verteiler auf die Hutschiene geklickt wird. Es braucht Strom, eine Verbindung zum KNX-Bus und, ganz wichtig, eine feste LAN-Verbindung zu deinem Router.
Aber was macht diese Box genau?
- Sie verbindet Welten: Sie lauscht auf dem KNX-Bus und stellt die Brücke zu deinem Heimnetzwerk her, damit die App funktioniert.
- Sie denkt mit: Du kannst einfache Logiken und Szenarien erstellen, sogenannte „Sequenzen“. Zum Beispiel: WENN es dunkel wird UND die Terrassentür zu ist, DANN fahre die Rollläden runter.
- Sie merkt sich was: Sie kann Verbrauchsdaten von Strom- oder Wasserzählern aufzeichnen. Perfekt, um Stromfresser zu entlarven.
- Sie öffnet die Tür zur Welt: Über ein gesichertes Portal kannst du auch von unterwegs auf dein Haus zugreifen, ohne komplizierte Netzwerkeinstellungen vornehmen zu müssen.
Jetzt zur Gretchenfrage: Was kostet das alles? Nur für die Hardware solltest du grob planen:

- Der Domovea Server (TJA470): Rechne hier mal mit ca. 800 € bis 1.200 €.
- Das nötige KNX-Netzteil: Das kommt nochmal mit etwa 150 € bis 250 € dazu.
Achtung! Das ist nur die Hardware. Die eigentliche Programmierung des KNX-Systems (die Basis) und die Einrichtung der Domovea-Visualisierung macht der Fachmann. Je nach Größe des Hauses und Komplexität der Wünsche kommen da schnell 10 bis 30 Programmierstunden zusammen. Bei einem Stundensatz von 80 € bis 120 € ist das ein wichtiger Posten, den du auf dem Schirm haben solltest.
Planung und Installation: Wo sich die Spreu vom Weizen trennt
Eine gute Visualisierung beginnt mit einer sauberen Planung. Das ist die allerwichtigste Phase. Am Anfang steht immer das Gespräch: Was willst du wirklich? Viele sind von den Möglichkeiten erstmal erschlagen. Meine Aufgabe ist es dann, zuzuhören und die Wünsche in technische Funktionen zu übersetzen. Weniger ist hier oft mehr.
Die Grundlage für alles ist eine saubere Programmierung in der ETS-Software. Das sind die Hausaufgaben des Elektrikers. Wenn hier die „Gruppenadressen“ (quasi die Telefonnummern für jede Funktion) logisch und verständlich benannt sind, ist die Domovea-Einrichtung später ein Kinderspiel. Bei Chaos in der ETS wird die Einrichtung zum Albtraum – und für dich am Ende teurer.

Kleiner Tipp: Gib deinem Elektriker oder Planer eine kleine Checkliste für das Erstgespräch an die Hand. Das zeigt, dass du dich informiert hast und hilft, nichts zu vergessen.
- Nach welcher Struktur werden die Gruppenadressen benannt? (Wichtig für spätere Änderungen!)
- Wie wird die Programmierung dokumentiert, damit auch ein anderer Fachmann sie in 10 Jahren noch versteht?
- Welche anderen Systeme (Heizung, Lüftung, Photovoltaik) sollen direkt mit eingebunden werden?
- Ist genug Platz im Schaltschrank geplant? Der Domovea-Server allein braucht schon 4 Teilungseinheiten (TE) Platz.
Beim Einbau im Verteiler selbst gilt: Unbedingt ein festes LAN-Kabel vom Router in den Schaltschrank legen. WLAN-Brücken oder Powerline-Adapter sind hier eine absolute Fehlerquelle. Vertrau mir.
Was du im Alltag wirklich lieben wirst
In der Praxis sind es oft die einfachen Dinge, die den größten Komfortgewinn bringen. Hier sind die Top-Funktionen, von denen meine Kunden auch nach Jahren noch schwärmen:
Die „Alles-Aus“-Szene
Der ungeschlagene Favorit. Ein einziger Knopf neben der Haustür. Ein Klick, und alle Lichter im Haus gehen aus, die Heizung fährt runter und ausgewählte Rollläden schließen sich. Nie wieder der Gedanke: „Hab ich das Licht im Keller ausgemacht?“ Das gibt Sicherheit und spart ordentlich Energie.

So eine Szene (bei Hager „Sequenz“ genannt) kannst du später sogar selbst in der App anpassen. Das ist kein Hexenwerk. Stell dir die App mit einfachen Kacheln für jeden Raum vor. Du würdest ungefähr so vorgehen:
- In der App den Bereich „Sequenzen“ öffnen und eine neue erstellen, z.B. „Haus verlassen“.
- Jetzt ziehst du einfach die gewünschten Lichter in die Sequenz und wählst „Ausschalten“.
- Dann fügst du die Rollläden hinzu und wählst „Herunterfahren“.
- Zum Schluss noch die Heizung auf „Absenkmodus“ stellen. Fertig!
Automatische Beschattung und Heizungsregelung
Ein weiterer Knaller ist die intelligente Steuerung von Jalousien und Heizung. Im Sommer fährt die Beschattung auf der Südseite bei starker Sonne automatisch runter und hält die Bude kühl. Ich hatte mal Kunden in einer Dachgeschosswohnung in einer süddeutschen Stadt, da war es im Sommer unerträglich. Nach der Automatisierung war die Raumtemperatur an heißen Tagen um 5-6 Grad niedriger – ganz ohne Klimaanlage!
Genauso bei der Heizung: Jeder Raum wird nur dann auf die Wunschtemperatur geheizt, wenn er genutzt wird. Das spart Unmengen an Energie, vor allem in der Übergangszeit.

Geht das auch im Altbau?
Ja, absolut! Das ist eine häufige Frage. Natürlich ist es im Neubau am einfachsten, weil man die grüne Busleitung direkt mitverlegen kann. Aber auch im Bestandsbau gibt es super Lösungen. Man kann auf KNX-Funk (KNX RF) setzen. Dabei kommunizieren die Schalter und Geräte per Funksignal. Oft kombiniert man auch: In den Etagen, die sowieso saniert werden, verlegt man das Kabel, und in den anderen Räumen rüstet man mit Funk nach. Das ist flexibel und macht ein smartes System fast überall möglich.
Ganz ehrlich: Die Grenzen und wo man aufpassen muss
Als Meister muss ich auch auf die Risiken und Grenzen hinweisen. Zuerst das Wichtigste: Finger weg vom Schaltschrank! Die Installation ist lebensgefährlich und ein Job für eine ausgebildete Elektrofachkraft. Das ist keine Empfehlung, sondern Vorschrift.
Ein weiterer Punkt ist die Netzwerksicherheit. Wenn dein Haus mit dem Internet verbunden ist, sichere dein WLAN mit einem bockstarken Passwort und ändere das Standard-Passwort deines Routers. Das ist die digitale Haustür zu deinem Zuhause.

Und wo stößt Domovea an seine Grenzen? Domovea ist ein super System für 90% aller Anwendungen im Wohnbau. Es ist stabil, einfach zu bedienen und das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Aber es ist nicht die eierlegende Wollmilchsau.
Für extrem komplexe Logikschaltungen (Stichwort: Poolsteuerung mit Filterlogik und pH-Wert-Regelung) oder wenn du tief in die Programmierung eingreifen willst, gibt es leistungsfähigere, aber auch deutlich teurere und komplexere Systeme. Alternativen wären hier zum Beispiel ein Gira X1 oder ein Loxone Miniserver. Das ist wie beim Werkzeug: Für die meisten Aufgaben reicht ein guter Akkuschrauber, aber um ein 12er Loch in Stahlbeton zu bohren, brauchst du eben den Bohrhammer.
Fazit: Für wen ist Domovea top – und für wen eher nicht?
Hager Domovea ist eine solide, zuverlässige und bedienerfreundliche Lösung für die KNX-Visualisierung im privaten Wohnhaus. Es macht die komplexe Technik im Hintergrund einfach zugänglich.
Domovea ist eine ausgezeichnete Wahl für dich, wenn…
- du eine stabile und einfach zu bedienende App für die Standardfunktionen (Licht, Jalousie, Heizung, Szenen) suchst.
- du einen sicheren und unkomplizierten Fernzugriff auf dein Haus möchtest.
- du Wert auf ein bewährtes System von einem großen Hersteller legst.
Du solltest dich nach Alternativen umschauen, wenn…
- du sehr komplexe, individuelle Logikschaltungen selbst erstellen willst.
- du eine Visualisierung suchst, die du bis ins kleinste Detail grafisch anpassen kannst.
- dein Projekt ein absolutes Low-Budget-Ziel verfolgt (dann ist KNX aber vielleicht generell das falsche System).
Am Ende steht und fällt jedes Smart-Home-Projekt mit der Qualität der Planung und Programmierung. Domovea ist das schicke Armaturenbrett in deinem Auto. Aber wenn der Motor stottert, bringt dir auch das schönste Display nichts. Mein wichtigster Rat: Investiere in einen fähigen Fachmann für die KNX-Planung. Dann wirst du mit einer Visualisierung wie Domovea jahrzehntelang Freude haben.

