Dein Reise-T-Shirt mit Symbolen: Geniale Hilfe oder nur ein Gag?

von Angela Schmidt
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Ich werde diesen einen Moment nie vergessen. Wir sollten damals ein Leitsystem für ein neues Krankenhaus in einem Viertel entwerfen, in dem Menschen aus aller Welt lebten. Unser Team war echt stolz auf die Piktogramme – super clean, modern und auf den Punkt reduziert. Dachten wir. Bei den ersten Tests mit den Anwohnern zeigte eine ältere Dame aus Asien auf unser Symbol für „Radiologie“ und wirkte total verängstigt. Für uns war das eine klare Darstellung von Strahlen, die auf einen Körper treffen. Für sie sah es aus wie eine Sonne, die einen Menschen verbrennt. Ein furchtbares Bild.

Bumm. Das war eine der wichtigsten Lektionen meiner Karriere: Ein Piktogramm ist kein universeller Selbstläufer. Es ist immer nur ein Vorschlag zur Verständigung. Und ob dieser Vorschlag ankommt, entscheidet allein der Betrachter.

Genau deshalb finde ich die Idee, diese Zeichensprache auf ein T-Shirt zu drucken, so unglaublich spannend. Du hast diese Shirts bestimmt schon mal online gesehen, oft von Marken wie ICONSPEAK. Das sind meist schwarze T-Shirts, bedruckt mit einem Raster aus etwa 40 weißen Symbolen: ein Bett, ein Flugzeug, eine Gabel, ein WLAN-Zeichen und so weiter. Im Grunde ein tragbares Notfall-Wörterbuch. Aber als jemand, der seit Ewigkeiten Leitsysteme für Orte wie Flughäfen und Bahnhöfe entwirft, sehe ich da eben nicht nur die geniale Idee, sondern auch die Tücken. Also, lass uns mal ganz ehrlich draufschauen: Was kann so ein Shirt wirklich leisten und wo stößt es knallhart an seine Grenzen?

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Erstmal die Basics: Warum Bilder manchmal besser sind als Worte

Bevor wir das Shirt bewerten, müssen wir kurz klären, worüber wir hier eigentlich reden. Ist ja wie beim Handwerken – man muss den Unterschied zwischen Hammer und Schraubenzieher kennen.

Ein Piktogramm ist im Grunde ein super vereinfachtes Bild von einer Sache. Das Symbol für „Restaurant“? Messer und Gabel. Du erkennst die Gegenstände sofort. Davon abzugrenzen ist das Ideogramm, das eine Idee darstellt. Ein Herz-Symbol ist ja nicht das Organ, sondern steht für „Liebe“. Und ein Symbol ist etwas, dessen Bedeutung wir einfach gelernt haben, wie ein rotes Achteck, das „Stopp“ bedeutet. Hat ja nix mit der Form an sich zu tun, ist reine Konvention.

Die Stärke dieser Reise-Shirts ist, dass sie fast nur echte Piktogramme nutzen. Das macht sie so schnell verständlich. Unser Gehirn ist eh darauf getrimmt, Bilder in Sekundenbruchteilen zu verarbeiten – viel schneller, als wir ein Wort lesen und verstehen können. An einem lauten Bahnhof oder in einer Notsituation ist dieser Zeitvorteil Gold wert.

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Ein gutes Piktogramm muss übrigens drei Dinge erfüllen:

  • Simpel sein: Alles Unnötige weg, bis nur noch die Essenz übrig ist.
  • Eindeutig sein: Es sollte idealerweise nur eine einzige Interpretation zulassen.
  • Gut erkennbar sein: Auch aus der Entfernung oder bei schlechtem Licht.

Profis haben über Jahrzehnte hinweg Standards entwickelt, damit das Zeichen für „Toilette“ oder „Erste Hilfe“ global gleich aussieht. Diese Arbeit an einer universellen Bildsprache hat Meilensteine gesetzt und sorgt heute dafür, dass wir uns an fremden Orten zurechtfinden.

Was auf deinem Piktogramm-Shirt auf keinen Fall fehlen darf

Wenn du mit dem Gedanken spielst, dir so ein Teil zuzulegen, achte darauf, dass die wichtigsten Basics drauf sind. Aus meiner Erfahrung ist das hier die Top 10 der Lebensretter-Symbole:

  1. Bett: Für „Hotel“, „Hostel“ oder einfach „ich bin müde und brauche eine Unterkunft“.
  2. Gabel & Messer: Sagt klar und deutlich „Hunger!“ oder „Wo gibt es Essen?“.
  3. WC: Muss man nicht erklären, oder? Das vielleicht wichtigste Symbol überhaupt.
  4. Arzt-Kreuz: Für „Arzt“, „Krankenhaus“ oder „Apotheke“. Im Notfall entscheidend.
  5. Bus / Zug: Deine Lebensader für den Transport von A nach B.
  6. WLAN-Symbol: Im digitalen Zeitalter fast so wichtig wie Wasser.
  7. Steckdose / Blitz: „Mein Akku ist leer, wo kann ich laden?“ – eine der häufigsten Fragen.
  8. Wasserglas / Flasche: Signalisiert Durst und die Suche nach Trinkwasser.
  9. Uhr: Um nach der Uhrzeit oder Abfahrtszeiten zu fragen.
  10. Fragezeichen: Das universelle Symbol, um zu zeigen, dass du eine Frage hast.

Wenn diese Symbole fehlen, ist das Shirt eher ein modisches Statement als ein praktisches Werkzeug. Die Dinger gibt es übrigens online bei verschiedenen Anbietern und kosten meist zwischen 20 € und 35 €.

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Achtung, Fettnäpfchen! Wenn Bilder mehr schaden als nutzen

Der größte Mythos ist der Glaube, dass Piktogramme absolut universell sind. Das sind sie nicht. Ein Bild wird immer durch eine kulturelle Brille betrachtet. Was bei uns harmlos ist, kann woanders eine grobe Beleidigung sein.

Ein paar Klassiker, die man kennen sollte:

  • Gesten: Die „Okay“-Geste (Ring aus Daumen und Zeigefinger) ist in Brasilien oder der Türkei eine vulgäre Beleidigung. Der Daumen nach oben? In Teilen des Nahen Ostens und Griechenlands eine obszöne Geste.
  • Tiere: Die Eule steht bei uns für Weisheit, in Teilen Indiens und Afrikas ist sie ein Unglücksbote. Der Hund ist für uns der beste Freund, in vielen islamischen Kulturen gilt er als unrein.
  • Farben: Weiß ist bei uns die Farbe der Hochzeit, in vielen asiatischen Ländern die Farbe der Trauer.

Das Piktogramm eines Schweins auf dem Shirt kann in einem muslimischen oder jüdisch geprägten Land als absolute Respektlosigkeit empfunden werden, wenn man damit unbedacht herumfuchtelt. Weniger ist hier oft mehr.

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Dein Shirt in Aktion: So klappt’s (und so nicht!)

Stell dir vor, du stehst in Tokio, hast den letzten Zug verpasst, dein Handy-Akku ist tot und niemand spricht ein Wort Englisch. Das ist der Moment, in dem das Shirt glänzen kann. Es ist ein Eisbrecher für den absoluten Notfall.

Mini-Anleitung: In 3 Schritten zum Bahnhof

  1. Blickkontakt und Lächeln: Sprich jemanden freundlich an. Die Körpersprache ist die halbe Miete. Ein Lächeln ist universell.
  2. Klar und deutlich zeigen: Zeige mit deinem Finger auf EIN EINZIGES Symbol. In diesem Fall das Zug-Piktogramm. Nicht auf fünf gleichzeitig!
  3. Fragende Geste: Kombiniere das Zeigen mit einer fragenden Geste, z. B. die Schultern hochziehen oder mit den Händen in verschiedene Richtungen deuten.

Ganz ehrlich? Das klappt erstaunlich oft. Aber es gibt auch typische Anfängerfehler, die du vermeiden solltest.

Der häufigste Fehler ist der „Symbol-Salat“: Jemand zeigt auf das Bett, dann auf die Uhr, dann auf den Bus und will damit fragen: „Wann fährt der letzte Bus zu meinem Hotel?“ Das versteht kein Mensch. Es fehlt die Grammatik. Ein weiterer Fehler ist, das Menschliche zu vergessen. Einfach nur stumm auf die Brust zu tippen, wirkt fordernd. Ein Lächeln und ein angedeutetes „Bitte“ mit den Händen wirken Wunder.

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T-Shirt-Geheimnisse: Woran du WIRKLICH erkennst, ob du Schrott oder Qualität kaufst

Ich selbst bin mal herrlich gescheitert, als ich in einem kleinen Café in Südostasien auf das Glas-Symbol und dann auf das Schnee-Symbol zeigte, um Eiswürfel für meinen Drink zu bestellen. Nach viel Lachen und Verwirrung bekam ich ein Glas heiße Milch. Sie dachten, die Schneeflocke stünde für „warm“ oder „milchig“. Manchmal ist es einfach ein Ratespiel.

Shirt, App oder Buch: Was ist das beste Tool für dich?

Das T-Shirt ist ja nicht die einzige nonverbale Hilfe. Wie schlägt es sich im Vergleich?

Ganz klar, eine Übersetzungs-App auf dem Handy ist unschlagbar, was den Wortschatz angeht. Sie kann komplexe Sätze und sogar gesprochene Sprache übersetzen. Aber: Sie ist nutzlos, wenn der Akku leer ist oder du kein Netz hast – also genau dann, wenn du sie am dringendsten brauchst. Außerdem kann die Technik eine Barriere sein, statt eine Brücke zu bauen.

Dann gibt es noch die klassischen Zeigewörterbücher wie das bekannte „Point It“. Das sind kleine Hefte voller Fotos von Alltagsgegenständen. Der Vorteil: Sie haben einen viel größeren „Wortschatz“ als das Shirt und sind diskreter. Du musst nicht auf deinem Bauch herumzeigen. Der Nachteil: Du musst es extra einpacken und darin blättern, was manchmal etwas umständlich ist.

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Und das Piktogramm-Shirt? Sein größter Pluspunkt ist, dass du es einfach anziehst und vergisst. Es ist immer da, braucht keinen Akku und deine Hände sind frei. Es ist ein fantastischer Eisbrecher und oft ein Grund für ein gemeinsames Lachen. Dafür ist die Auswahl an Symbolen stark begrenzt und es eignet sich wirklich nur für simple, grundlegende Bedürfnisse.

Mein Fazit als Profi

Also, was ist die Quintessenz? Das Piktogramm-Shirt ist eine verdammt clevere Idee und ein super nützliches Werkzeug für den Notfall. Ich würde es als Backup im Reisegepäck empfehlen, besonders wenn du abseits der Touristenpfade unterwegs bist. Es kann dir in Momenten der Sprachlosigkeit wirklich den Tag retten.

Aber – und das ist das große Aber – es ist kein Ersatz für ein bisschen Vorbereitung und Respekt. Ein paar Worte wie „Hallo“, „Bitte“ und „Danke“ in der Landessprache zu lernen, ist eine kleine Geste mit riesiger Wirkung. Sie zeigt, dass du dich für die Kultur interessierst.

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Achtung: Nutze das Shirt NIEMALS für wirklich wichtige Dinge! Versuche niemals, eine schwere Nussallergie mit Piktogrammen zu erklären. Die Gefahr einer Fehlinterpretation ist lebensgefährlich. Lerne diesen einen Satz auswendig und schreib ihn dir auf einen Zettel. Bei medizinischen oder rechtlichen Themen sind Piktogramme absolut tabu.

Am Ende ist das Shirt ein Werkzeug. Und der beste Kontext für jedes Werkzeug ist immer noch ein offenes Lächeln, Geduld und der ehrliche Versuch, sein Gegenüber zu verstehen.

Und jetzt eine kleine Herausforderung für dich: Wie würdest du mit den typischen Piktogrammen auf so einem Shirt fragen: „Wo kann ich mein Handy aufladen?“ Überleg mal, welche Kombination am cleversten wäre. Viel Spaß dabei!

Bildergalerie

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Der Soziologe Otto Neurath entwickelte in den 1920er Jahren mit „Isotype“ (International System of Typographic Picture Education) eines der ersten durchdachten Piktogramm-Systeme. Sein Ziel war es, komplexe soziale und wirtschaftliche Fakten über Sprach- und Kulturgrenzen hinweg verständlich zu machen.

Was damals als revolutionäres Bildungswerkzeug für Museen und Schulen gedacht war, ist die philosophische Blaupause für jedes moderne Icon-Shirt. Es geht immer um dieselbe Grundidee: komplexe Bedürfnisse in einfachste, universell verständliche Bilder zu übersetzen. Die Shirts von ICONSPEAK stehen also in einer langen Tradition visueller Aufklärung.

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Das Piktogramm-Shirt ist clever, aber was, wenn ich eine ganz bestimmte Frage habe, die kein Symbol abdeckt?

Hier kommt die Technologie ins Spiel. Moderne Übersetzungs-Apps sind die perfekten digitalen Begleiter für das analoge T-Shirt. Anstatt auf das WLAN-Symbol zu zeigen, können Sie mit der Kamera Ihres Smartphones über ein Schild fahren und die Google Translate App übersetzt den Text live ins Bild. Für gesprochene Konversationen sind Apps wie iTranslate oder SayHi unschlagbar: Sie nehmen Ihre Frage auf, übersetzen sie und sprechen die Übersetzung laut aus – oft sogar in einem lokalen Dialekt.

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Gestik vs. Piktogramm: Eine heikle Balance

Ein Piktogramm auf einem Shirt ist eine bewusste, neutrale Aussage. Eine Geste hingegen ist kulturell aufgeladen und kann schnell missverstanden werden. Das klassische „OK“-Zeichen mit Daumen und Zeigefinger ist das beste Beispiel:

  • In den USA & Westeuropa: Eine positive Bestätigung, alles ist in Ordnung.
  • In Brasilien, der Türkei & Teilen des Nahen Ostens: Eine extrem vulgäre, beleidigende Geste.

Im Zweifel ist das Zeigen auf ein gedrucktes Symbol immer die sicherere Option.

Manchmal sind die Standard-Icons einfach nicht genug. Was, wenn man eine schwere Nussallergie hat, Vegetarier ist oder auf ein bestimmtes Medikament hinweisen muss? Die Lösung liegt in der Personalisierung. Bevor Sie auf Reisen gehen, können Sie sich eine kleine Karte mit den wichtigsten, für Sie überlebenswichtigen Piktogrammen gestalten und laminieren. Ein Symbol für „keine Erdnüsse“, ein durchgestrichenes Schwein oder das internationale Symbol für Diabetes kann im entscheidenden Moment wichtiger sein als das Zeichen für „Taxi“.

Angela Schmidt

Nach dem Abschluss meines Studiums für Journalismus an der Uni- München, arbeite ich freiberuflich für diverse Formate und Produktionen. Freshideen ist für mich ein gegenseitiges Langzeitprojekt, mit dem ich meinen Alltag viel schöner gestalte. Die Themen der Nachhaltigkeit und der Umwelt bewegen mich am meisten, aber auch die kreativen DIY Ideen finden Platz in meinem Herzen.