Parfüm-Fehlkäufe waren gestern: So findest Du den Duft, der wirklich zu Dir passt

von Augustine Schneider
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Mal ganz ehrlich: Wer stand nicht schon mal vor dieser riesigen, glitzernden Parfümwand und war einfach nur überfordert? Jedes Jahr schreien uns neue Werbekampagnen entgegen, welcher Duft jetzt angeblich „in“ ist. Mal sind es schwere, orientalische Kracher, dann wieder federleichte Wässerchen, die kaum wahrnehmbar sind.

Nach unzähligen Jahren in der Duftwerkstatt kann ich dir aber eines verraten: Ein wirklich gutes Parfüm hat absolut nichts mit Mode zu tun. Es ist pures Handwerk, eine Mischung aus Kunst und Chemie, die einem tiefen Verständnis für Materialien entspringt.

Wir alle kennen das: Man kauft den neuesten Hype-Duft, sprüht ihn zweimal auf und stellt fest, dass er sich anfühlt wie ein schlecht sitzendes Kleidungsstück. Der teure Flakon verstaubt dann im Schrank – schade ums Geld und um die ganze Arbeit, die darin steckt. Deshalb will ich dir heute nicht den nächsten Trend andrehen. Stattdessen nehme ich dich mit hinter die Kulissen. Wenn du verstehst, wie ein Duft aufgebaut ist, wirst du selbst zum Kenner und findest etwas, das wirklich zu dir gehört. Ganz ohne auf Werbung hereinzufallen.

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Die Architektur eines Duftes: Mehr als nur ein Mix

Ein Parfüm ist kein simpler Cocktail, in dem man einfach alles zusammenschüttet. Stell es dir lieber wie ein Gebäude mit drei Etagen vor. Wir nennen das die Duftpyramide. Jede Etage entfaltet sich nacheinander, und das hat einen einfachen physikalischen Grund: Leichte Duftmoleküle verfliegen schnell, schwere bleiben viel länger haften.

Die Kopfnote: Der erste Eindruck zählt, aber nicht allein

Sobald du ein Parfüm aufsprühst, erlebst du die Kopfnote. Sie ist der laute, spritzige Händedruck zur Begrüßung. Ihre Aufgabe ist es, deine Aufmerksamkeit zu wecken. Meistens besteht sie aus leichten, flüchtigen Molekülen wie denen von Zitrusfrüchten (denk an frisch geschälte Orange) oder grünen Kräutern wie Minze. Sie ist hell und strahlend, aber auch vergänglich. Nach etwa 15 bis 30 Minuten ist der Zauber meist schon wieder vorbei.

Achtung! Der häufigste Fehler beim Parfümkauf ist, sich nur von diesem ersten Eindruck leiten zu lassen. Eine gute Kopfnote macht neugierig auf das, was noch kommt, aber sie ist nicht die ganze Geschichte.

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Die Herznote: Das wahre Gesicht des Parfüms

Wenn die spritzige Kopfnote langsam leiser wird, betritt die Herznote die Bühne. Sie ist der eigentliche Charakter, das zentrale Thema des Duftes. Hier findest du die vollen, runden und ausdrucksstarken Noten. Das sind oft Blüten wie Rose und Jasmin, Gewürze wie Zimt oder saftige Früchte wie Pfirsich.

Die Herznote hält deutlich länger, meist mehrere Stunden, und verbindet den flüchtigen Anfang mit dem tiefen Ende. Sie bestimmt, ob ein Duft als blumig, fruchtig oder würzig wahrgenommen wird. Hier zeigt sich die Seele des Parfüms.

Die Basisnote: Das Fundament, das bleibt

Ganz unten in der Pyramide wartet die Basisnote. Sie ist das Fundament, das alles zusammenhält. Sie besteht aus den schwersten und langlebigsten Molekülen, die sich nur langsam entwickeln. Oft nimmst du sie erst nach einer guten Stunde richtig wahr, dafür bleibt sie aber stundenlang auf deiner Haut, manchmal sogar bis zum nächsten Tag.

Typische Basisnoten sind warme Hölzer wie Sandelholz, Harze wie Weihrauch oder sinnliche Noten wie Moschus und Ambra (die heute zum Glück fast immer synthetisch hergestellt werden, um Tiere zu schützen). Ohne eine solide Basis wäre ein Parfüm wie ein Haus ohne Fundament – es würde in sich zusammenfallen.

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Die Duftfamilien: Eine Landkarte für deine Nase

Um sich in der riesigen Welt der Düfte zurechtzufinden, hilft es, sie in Familien einzuteilen. Das ist wie bei der Musik – wenn du weißt, dass du Rock magst, suchst du nicht in der Klassik-Abteilung. Wenn du deine Lieblingsfamilie kennst, wird die Suche plötzlich ganz einfach.

  • Zitrische Düfte: Der Frischekick. Einfach und direkt. Sie riechen nach sauber, belebend und energiegeladen. Denk an den Duft von Bergamotte, Zitrone oder Grapefruit. Das sind die perfekten Düfte für den Sommer oder den Sport. Sie sind fast immer Kopfnoten, die Kunst besteht also darin, ihre Frische möglichst lange zu erhalten.
  • Blumige Düfte: Das Herz der Parfümerie. Die größte und vielfältigste Familie. Das Spektrum reicht von einer einzelnen Blüte bis zum opulenten Blumenstrauß. Ob betörender Jasmin, samtige Rose oder pudrige Iris (die übrigens aus der Wurzel gewonnen wird und jahrelang reifen muss, was sie unglaublich teuer macht) – hier zeigen die Profis ihr ganzes Können.
  • Orientalische Düfte: Wärme und Sinnlichkeit. Diese Düfte sind warm, süß, würzig und opulent. Sie erinnern an einen orientalischen Basar voller Vanille, Zimt, Weihrauch und warmer Harze. Oft sind sie schwer und extrem langanhaltend, also perfekt für den Abend oder die kalte Jahreszeit. Viele moderne „Winterdüfte“ fallen in diese Kategorie.
  • Holzige Düfte: Eleganz und Stabilität. Das Rückgrat vieler Parfüms, besonders im maskulinen Bereich. Sie riechen trocken, erdig und elegant. Das kann von cremig-weichem Sandelholz über trockenes Zedernholz (wie ein frisch gespitzter Bleistift) bis hin zu rauchig-erdigem Vetivergras reichen.
  • Fougère-Düfte: Der Barbier-Klassiker. „Fougère“ ist französisch für „Farn“, aber ein Farn selbst hat keinen Geruch. Es ist ein Fantasie-Akkord, der traditionell aus Lavendel (frisch), Cumarin (riecht nach Heu) und Eichenmoos (erdig) besteht. Das Ergebnis ist der typische „Barbershop“-Duft: sauber, würzig, männlich und absolut zeitlos.
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So findest Du Deinen Duft: Eine Mission statt eines schnellen Tests

Das beste Parfüm der Welt nützt dir nichts, wenn du es falsch testest. Leute im Laden auf einen Papierstreifen sprühen, kurz wedeln und sich dann entscheiden zu sehen, bricht mir jedes Mal das Herz. So kaufst du nur eine Kopfnote, nicht ein ganzes Parfüm!

Also, hier ist deine Mission für den nächsten Shopping-Trip:

  1. Ab auf die Haut! Ein Duft braucht deine individuelle Hautchemie, um sich zu entfalten. Sprühe ihn auf eine warme Stelle wie dein Handgelenk. Und bitte, bitte: Nicht die Handgelenke aneinander reiben! Das zerquetscht die empfindlichen Moleküle.
  2. Raus aus dem Laden und abwarten. Geh einen Kaffee trinken. Erlebe, wie sich der Duft über die nächsten Stunden verändert. Gefällt dir die Herznote nach 30 Minuten? Liebst du die Basisnote nach drei Stunden immer noch?
  3. Überfordere deine Nase nicht. Teste nie mehr als drei Düfte gleichzeitig, sonst riechst du am Ende gar nichts mehr. Kleiner Profi-Tipp: Rieche zwischendurch kurz an deiner eigenen, unparfümierten Haut, zum Beispiel in der Armbeuge. Das „resettet“ deine Wahrnehmung.

Erst wenn ein Duft diesen Langzeittest besteht, kommt er auf deine Wunschliste.

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Profi-Hacks: Wohin mit dem Duft?

Klassisch sprüht man Parfüm auf Pulspunkte (Handgelenke, Hals, hinter die Ohren), weil die Wärme den Duft verteilt. Aber es gibt noch mehr Tricks:

  • Für eine dezente Duftwolke: Sprühe einmal in die Luft und laufe hindurch. Perfekt fürs Büro.
  • Für extra lange Haltbarkeit: Sprühe etwas auf Kleidung aus Naturfasern wie einen Wollschal. Auch im Haar hält Duft extrem gut. Aber Achtung: Der Alkohol kann die Haare austrocknen, also immer aus ca. 20 cm Entfernung sprühen.

Kleiner Tipp am Rande: Die richtige Lagerung

Ach ja, eine Sache noch! Dein Parfüm hasst zwei Dinge über alles: Licht und Temperaturschwankungen. Der schlimmste Ort zur Aufbewahrung ist also das Badezimmer! Die Feuchtigkeit und die wechselnden Temperaturen können den Duft ruinieren. Am besten aufgehoben ist dein Flakon im Originalkarton, an einem kühlen, dunklen Ort. Zum Beispiel im Kleiderschrank. So hast du jahrelang Freude daran.

Was ein gutes Parfüm wirklich kostet (und warum)

Die Preisspanne bei Düften ist riesig. Um das einzuordnen, hilft es, die Konzentration des reinen Duftöls zu kennen:

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  • Eau de Cologne (EdC): 2-5% Duftöl. Sehr leicht, verfliegt nach 1-2 Stunden.
  • Eau de Toilette (EdT): 5-15% Duftöl. Der Alltags-Standard, hält ca. 3-4 Stunden.
  • Eau de Parfum (EdP): 15-20% Duftöl. Intensiver und haltbarer, oft 5-8 Stunden.
  • Extrait de Parfum: 20-40% Duftöl. Die Königsklasse. Ein paar Tropfen genügen für den ganzen Tag.

Gut zu wissen: Für ein gutes Designer-Eau-de-Parfum (100ml) solltest du mit Preisen zwischen 70€ und 120€ rechnen. Bei speziellen Nischenmarken, die oft seltenere Rohstoffe verwenden, geht es bei 150€ oft erst los. Alles, was deutlich günstiger ist, ist entweder ein super Schnäppchen oder es wurde wahrscheinlich an der Qualität der Inhaltsstoffe gespart.

Natur vs. Synthetik: Ein altes Missverständnis

Immer wieder höre ich, dass nur „natürliche“ Düfte gut seien. Das ist, ehrlich gesagt, Quatsch. Die moderne Parfümerie wäre ohne synthetische Moleküle undenkbar. Die wahre Kunst liegt in der Kombination.

Synthetik ermöglicht uns Düfte, die es in der Natur gar nicht gibt (wie eine Meeresbrise), schützt bedrohte Pflanzen und Tiere und ist oft allergikerfreundlicher. Echte Naturstoffe hingegen bringen eine unerreichte Tiefe und Komplexität mit. Ein echtes Rosenöl besteht aus hunderten von Einzelkomponenten – das kann man nicht perfekt nachbauen. Die besten Parfüms sind wie ein Meisterwerk: Ein präzises, synthetisches Skelett, das mit der lebendigen Schönheit natürlicher Extrakte zum Leben erweckt wird.

Dein Duft, deine Regeln

Ich hoffe, dieser kleine Ausflug in meine Welt hat dir geholfen. Die Wahl eines Parfüms ist etwas unglaublich Persönliches. Es geht nicht darum, was andere tragen, sondern darum, wie du dich fühlst, wenn du einen Duft riechst.

Nimm dir Zeit, vertraue deiner Nase und lerne die Grundlagen. Ein Duft ist so viel mehr als nur ein Geruch. Er ist eine unsichtbare Rüstung, eine flüchtige Erinnerung, ein Teil deiner Persönlichkeit. Wenn du den richtigen gefunden hast, erzählt er deine Geschichte, ohne dass du ein einziges Wort sagen musst. Und das kann dir kein Trend der Welt geben.

Augustine Schneider

Augustine ist eine offene und wissenshungrige Person, die ständig nach neuen Herausforderungen sucht. Sie hat ihren ersten Studienabschluss in Journalistik an der Uni Berlin erfolgreich absolviert. Ihr Interesse und Leidenschaft für digitale Medien und Kommunikation haben sie motiviert und sie hat ihr Masterstudium im Bereich Media, Interkulturelle Kommunikation und Journalistik wieder an der Freien Universität Berlin abgeschlossen. Ihre Praktika in London und Brighton haben ihren beruflichen Werdegang sowie ihre Weltanschauung noch mehr bereichert und erweitert. Die nachfolgenden Jahre hat sie sich dem kreativen Schreiben als freiberufliche Online-Autorin sowie der Arbeit als PR-Referentin gewidmet. Zum Glück hat sie den Weg zu unserer Freshideen-Redation gefunden und ist zurzeit ein wertvolles Mitglied in unserem motivierten Team. Ihre Freizeit verbringt sie gerne auf Reisen oder beim Wandern in den Bergen. Ihre kreative Seele schöpft dadurch immer wieder neue Inspiration und findet die nötige Portion innerer Ruhe und Freiheit.