Mehr Volumen für feines Haar? Diese DIY-Kur aus der Küche wirkt wirklich (und das kann sie nicht)
Ganz ehrlich? In all den Jahren, in denen ich Haare schneide und pflege, habe ich unzählige Trends kommen und gehen sehen. Aber eine Sache, die bleibt wirklich immer gleich: der Traum von gesundem, vollem Haar. Speziell meine Kundinnen mit feinem Haar kennen den struggle nur zu gut. Sie erzählen mir von platten, strähnigen Haaren, die gefühlt schon beim Angucken nachfetten. Oft haben sie schon ein kleines Vermögen für schicke Produkte ausgegeben, nur um dann enttäuscht festzustellen, dass die versprochene Löwenmähne ausbleibt.
Inhaltsverzeichnis
- 0.1 Erst mal verstehen: Warum feines Haar eine Diva ist
- 0.2 Ab in die Küche: Deine Werkstatt für mehr Volumen
- 0.3 Die Meister-Anleitung: So wird’s gemacht (und zwar richtig)
- 0.4 Hilfe, meine Haare zicken! Was tun, wenn …
- 0.5 Eine Alternative zum Haarspray: Griffigkeit mit Leinsamengel
- 0.6 Hausmittel vs. Salonprodukt: Ein ehrliches Fazit
- 0.7 Ein letztes Wort…
- 1 Bildergalerie
Und ich verstehe diesen Frust total. Deshalb will ich heute mal aus dem Nähkästchen plaudern und dir zeigen, wie du mit einer einfachen Haarmaske aus deiner eigenen Küche schon richtig was erreichen kannst. Ich erklär dir, welche Zutaten wirklich was bringen und warum. Aber, und das ist mir als Profi super wichtig: Ich sag dir auch ganz ehrlich, wo die Grenzen solcher Hausmittel liegen. Es geht um realistische Erwartungen und vor allem um die Gesundheit deiner Haare und deiner Kopfhaut.

Sieh das hier einfach als einen kleinen Werkstatt-Besuch bei mir. Ich erkläre die Dinge so, wie ich es meinen Azubis beibringen würde: einfach, direkt und ohne unnötiges Marketing-Blabla. Legen wir los!
Erst mal verstehen: Warum feines Haar eine Diva ist
Bevor wir irgendwas zusammenmischen, müssen wir das Problem an der Wurzel packen. Feines Haar bedeutet nicht automatisch, dass man wenig Haare hat – ganz im Gegenteil, oft sind es sogar sehr viele. Der Haken ist: Jedes einzelne Haar ist im Durchmesser einfach dünner. Stell dir einen feinen Seidenfaden im Vergleich zu einem dicken Wollfaden vor. Genau das ist der Unterschied.
Diese zarte Struktur hat zwei direkte Folgen, die du sicher kennst:
- Weniger Standhaftigkeit: Feines Haar hat von Natur aus weniger „innere Substanz“. Es ist schlaffer, hat weniger Sprungkraft und fällt einfach schneller in sich zusammen. Volumen aufzubauen und dann auch noch zu halten? Eine echte Geduldsprobe.
- Die Fett-Falle: An jeder Haarwurzel sitzt eine kleine Talgdrüse, die Fett produziert. Das ist auch gut so, denn es hält Haut und Haar geschmeidig. Blöderweise ist die Anzahl der Drüsen bei jedem gleich, egal ob du dickes oder feines Haar hast. Bei feinem Haar verteilt sich dasselbe Fett aber auf viel weniger Haaroberfläche. Das Ergebnis: Es sieht viel schneller fettig und strähnig aus.
Dazu kommt noch der natürliche Säureschutzmantel unserer Kopfhaut. Der hat einen leicht sauren pH-Wert (meist so zwischen 4,5 und 5,5), der uns vor Keimen schützt und die Schuppenschicht der Haare schön glatt anliegen lässt. Wenn die glatt anliegt, glänzt das Haar. Falsche Produkte können dieses empfindliche Gleichgewicht stören, was dann oft zu gereizter Kopfhaut und stumpfem Haar führt.

Eine richtig gute Haarkur für feines Haar muss also drei Dinge auf einmal schaffen: die Kopfhaut sanft ausgleichen, das Haar kräftigen, ohne es platt zu machen, und diesen wichtigen Säureschutzmantel in Ruhe lassen.
Ab in die Küche: Deine Werkstatt für mehr Volumen
Im Internet findest du ja tausend Rezepte, die Wunder versprechen. Ich bin da etwas vorsichtiger. Nicht alles, was im Kühlschrank steht, gehört automatisch auf den Kopf. Schauen wir uns die Zutaten für eine oft empfohlene Joghurt-Kakao-Maske mal ganz genau an.
Die Basis: Griechischer Joghurt – der sanfte Regulator
Joghurt ist eine geniale Basis für eine Kur, besonders bei einer schnell fettenden Kopfhaut. Der Held darin ist die Milchsäure. Die kann nämlich einiges:
- pH-Wert-Balance: Die milde Säure hilft dabei, den Säureschutzmantel der Kopfhaut zu stabilisieren. Das kann die übermäßige Fettproduktion ganz sanft einbremsen.
- Mildes Peeling: Sie löst alte Hautschüppchen und Produktreste, ohne die Kopfhaut auszutrocknen wie aggressive Shampoos.
- Ein Hauch Feuchtigkeit: Die Proteine im Joghurt spenden dem Haar leichte Feuchtigkeit, ohne es zu beschweren.
Worauf du achten musst: Nimm unbedingt Naturjoghurt ohne Zucker. Am allerbesten eignet sich griechischer Joghurt mit 10 % Fett. Den bekommst du für ca. 1,50 € in jedem Supermarkt. Er ist schön fest und tropft nicht so. Das Fett darin pflegt, ohne das Haar ölig zu machen.

Das Kraftpaket: Eigelb – mit einer kleinen Warnung
Eigelb ist so ein Klassiker in Omas Hausmittelkiste, und das zurecht. Es steckt voller guter Sachen wie Lecithin (pflegt geschmeidig), Fette, Vitamine und vor allem Proteine. Da unser Haar ja hauptsächlich aus dem Protein Keratin besteht, können die Proteine aus dem Ei kleine Lücken in der Haarstruktur vorübergehend kitten und das Haar griffiger machen.
Achtung, hier ist ein häufiger Fehler: Zu viel des Guten! Manche Haare, gerade feine, können auf zu viele Proteine empfindlich reagieren. Sie werden dann paradoxerweise steif, trocken und brechen sogar. Man nennt das einen „Protein-Schock“. Taste dich also langsam ran und beginne mit nur einem Eigelb.
Und der wichtigste Tipp überhaupt: Die Maske NIEMALS mit heißem Wasser auswaschen. Sonst gerinnt das Ei und du hast Rührei im Haar. Glaub mir, ich musste das schon bei Kundinnen aus den Haaren pulen – das macht absolut keinen Spaß!
Der Booster: Reiner Kakao – mehr als nur Deko
Reines Kakaopulver – also das zum Backen, nicht der süße Kaba – ist eine super Ergänzung. Er steckt voller Antioxidantien und Magnesium, was die Kopfhaut beruhigen kann. Außerdem kann das enthaltene Theobromin die Durchblutung der Kopfhaut ganz leicht anregen, was die Nährstoffversorgung der Haarwurzeln verbessert.

Kleiner Hinweis für die Blondinen: Auf sehr hellem oder blondiertem Haar kann Kakao ganz leichte, temporäre Verfärbungen hinterlassen. Wenn du also Platinblond bist, lass den Kakao vielleicht lieber weg oder teste die Maske erst an einer unauffälligen Strähne. Und Achtung: Er kann auch helle Handtücher verfärben, also benutz lieber ein altes, dunkles!
Die Meister-Anleitung: So wird’s gemacht (und zwar richtig)
Gute Zutaten sind eine Sache, aber die richtige Anwendung ist entscheidend. Sonst hast du am Ende beschwerte Haare oder klebrige Reste. Folge einfach diesen Schritten, dann kann nichts schiefgehen.
Die Einkaufsliste für deine Werkstatt:
- Was du brauchst: Eine kleine Schüssel (Glas oder Keramik), einen Schneebesen, eventuell einen alten Pinsel zum Auftragen und ein altes Handtuch.
- Die Zutaten:
- 3 Esslöffel griechischer Naturjoghurt (10 % Fett)
- 1 frisches Eigelb (Größe M)
- 1 Esslöffel reines Backkakaopulver (ungesüßt)
- Haare vorbereiten: Wasch deine Haare zuerst mit einem milden Shampoo und drücke sie mit einem Handtuch sanft aus. Nicht rubbeln! Die Kur wirkt auf handtuchtrockenem Haar am besten.
- Anrühren: Verrühre Joghurt und Eigelb in der Schüssel glatt. Siebe dann den Kakao dazu, um Klümpchen zu vermeiden, und rühre alles zu einer cremigen Paste. Die Konsistenz sollte wie dicker Pudding sein.
- Auftragen wie ein Profi: Teile dein Haar in mehrere Partien ab. Trag die Maske mit dem Pinsel (oder den Fingern) zuerst direkt auf die Kopfhaut auf und massiere sie sanft ein. Verteile den Rest dann in den Längen und Spitzen.
- Problem: Deine Haare fühlen sich danach irgendwie steif und trocken an.
- Lösung: Das war wahrscheinlich zu viel Protein für dein Haar. Versuch die Kur beim nächsten Mal einfach ohne das Eigelb. Jedes Haar ist anders!
- Problem: Die Maske tropft dir vom Kopf.
- Lösung: Dein Joghurt war zu flüssig. Nimm nächstes Mal einen festeren oder rühre einen halben Teelöffel Speisestärke unter die fertige Masse, das dickt sie an.
Die Kosten für eine Anwendung? Lachenhaft gering. Wenn du die Zutaten kaufst (Joghurt ca. 1,50€, Eier ca. 3€, Kakao ca. 2€), reicht das für etliche Anwendungen. Eine einzelne Maske kostet dich also vielleicht 50 Cent. Vergleich das mal mit einer Salon-Kur!

Wichtiger Hinweis: Mische die Kur immer frisch an und verbrauche sie sofort. Wegen dem frischen Ei und dem Joghurt ist das nichts zum Aufbewahren – das wird schnell eine richtige Bakterienschleuder im Kühlschrank!
Das Mischen & Auftragen
Einwirken & Auswaschen
Lass die Maske etwa 20 bis 30 Minuten einwirken. Ein super Trick, um die Wirkung zu verstärken: Setz eine Duschhaube auf und wickle ein warmes Handtuch darum. Die Wärme öffnet die Schuppenschicht der Haare ein wenig, sodass die Nährstoffe besser eindringen können.

Beim Auswaschen kommt der wichtigste Schritt: Erst mit etwas lauwarmem Wasser in den Händen die Maske im Haar aufemulgieren, bis alles wieder cremig ist. DANN erst gründlich mit lauwarmem Wasser ausspülen, bis das Wasser komplett klar ist. Zum Schluss ein kurzer, kühler Guss Wasser drüber – das schließt die Schuppenschicht und sorgt für extra Glanz. Einen Conditioner brauchst du danach nicht mehr.
Hilfe, meine Haare zicken! Was tun, wenn …
Selbstgemacht heißt nicht immer, dass es für jeden perfekt ist. Hier ein kleines Troubleshooting:
Und wie oft? Ich empfehle, mit einer Anwendung alle zwei Wochen zu starten. Beobachte, wie dein Haar reagiert. Wenn es sich gut anfühlt, kannst du es auch einmal pro Woche als kleines Wellness-Ritual machen.

Eine Alternative zum Haarspray: Griffigkeit mit Leinsamengel
Viele schwören auf selbstgemachte Haarsprays mit Salz. Davon rate ich ab, Salz trocknet auf Dauer extrem aus. Eine viel bessere, pflegende Alternative für leichten Halt am Ansatz ist Leinsamengel.
Koche dafür einfach 2 Esslöffel ganze Leinsamen (kosten im Drogeriemarkt ca. 2€ und halten ewig) mit 250 ml Wasser für ein paar Minuten auf, bis ein Gel entsteht. Gieß es sofort durch ein Sieb und lass es abkühlen. Eine haselnussgroße Menge reicht schon, um sie nach dem Waschen in den Haaransatz einzumassieren. Das gibt super Stand, ohne zu verkleben. Im Kühlschrank hält es sich etwa eine Woche.
Hausmittel vs. Salonprodukt: Ein ehrliches Fazit
Ist die DIY-Kur also besser als ein teures Produkt? Die Antwort ist ein klares Jein. Der Vorteil von Hausmitteln ist, du weißt exakt, was drin ist. Keine Silikone, keine synthetischen Duftstoffe. Und es ist unschlagbar günstig.
Professionelle Produkte haben aber auch ihre Berechtigung. Die Pflegestoffe darin sind oft so aufbereitet, dass sie tiefer ins Haar eindringen können als ein Protein aus dem Ei. Sie sind speziell für Probleme wie Farbschutz oder die Reparatur von chemischen Schäden entwickelt. Das kann eine Küchenzutat natürlich nicht leisten.

Mein Rat: Sieh es nicht als Konkurrenz. Nutze das Beste aus beiden Welten! Die selbstgemachte Kur ist eine fantastische, günstige Ergänzung für die Grundpflege. Wenn du aber stark strapaziertes oder gefärbtes Haar hast, ist eine gezielte Profi-Pflege zusätzlich oft unverzichtbar.
Ein letztes Wort…
Haarpflege ist ein Marathon, kein Sprint. Es gibt kein Wundermittel. Aber mit ein bisschen Wissen und den richtigen Handgriffen kannst du eine Menge für dein Haar tun. Sei geduldig, probier aus und lerne, auf die Bedürfnisse deines Haares zu hören. Du wirst nach dieser Kur merken, dass sich dein Haaransatz einfach griffiger und stabiler anfühlt, nicht mehr so seidenweich und platt.
Also, hab keine Angst, deine Küche in eine kleine Beauty-Werkstatt zu verwandeln. Viel Spaß beim Ausprobieren!
Bildergalerie


Meine Haare fühlen sich nach der Kur schwerer an als vorher – woran liegt das?
Das ist ein klassisches Problem bei feinem Haar! Die Ursache ist meistens nicht die Kur selbst, sondern Rückstände, die auf dem Haar verbleiben. Feines Haar wird extrem schnell beschwert. Spülen Sie die Maske daher immer länger aus, als Sie es für nötig halten – zuerst mit lauwarmem, dann mit einem kurzen, kalten Schwall Wasser. Das schließt die Schuppenschicht und sorgt für Glanz. Profi-Tipp: Eine abschließende Spülung mit 1 Liter Wasser und 2 EL Apfelessig neutralisiert den pH-Wert und entfernt letzte Produktreste, ohne das Haar zu belasten.

Wussten Sie, dass die Talgdrüsen auf unserer Kopfhaut täglich etwa 2 bis 3 Gramm Sebum produzieren?
Diese Menge an natürlichem Fett ist für die Gesundheit der Kopfhaut essenziell. Bei feinem Haar verteilt sich dieses Sebum jedoch viel schneller vom Ansatz in die Längen und lässt das Volumen in sich zusammenfallen. Genau deshalb kann ein Hauch Trockenshampoo, wie das von Batiste oder das Hafermilch-Trockenshampoo von Klorane, selbst an frisch gewaschenen Haaren Wunder wirken. Direkt am Ansatz aufgesprüht, absorbiert es nicht nur überschüssiges Fett, sondern gibt dem Haar eine griffige Textur und sofortigen Stand.
DIY-Kraft aus der Küche: Zutaten wie Bier oder Eiklar legen sich wie ein feiner Film um jedes einzelne Haar. Diese äußere Schicht sorgt kurzfristig für mehr Griffigkeit und lässt das Haar dicker erscheinen.
Salon-Technologie im Produkt: Professionelle Volumen-Seren, etwa aus der Kérastase „Densifique“-Reihe, arbeiten anders. Sie enthalten oft hydrolysierte Weizenproteine oder Hyaluronsäure. Diese winzigen Moleküle dringen in die Haarstruktur ein, füllen sie von innen auf und spenden Feuchtigkeit, ohne zu beschweren.
Beides hat seine Berechtigung: Die DIY-Kur ist ein toller, schneller Booster, während Salonprodukte eine nachhaltigere, reparierende Wirkung erzielen.



