Regale im Lager: Worauf es wirklich ankommt – Ein Profi packt aus
Ich stehe jetzt seit über 30 Jahren in Werkstätten und Lagerhallen. In dieser Zeit habe ich unzählige Betriebe ausgestattet und dabei wirklich alles gesehen. Hallen, die heute noch bombenfest stehen, aber auch das Chaos, das entsteht, wenn am falschen Ende gespart wird. Und ganz ehrlich? Ein Regal ist so viel mehr als nur ein bisschen Stahl, um Zeug vom Boden hochzuhalten. Es ist ein zentrales Arbeitsmittel. Und wie jedes gute Werkzeug muss es perfekt zur Aufgabe passen.
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Ein wackeliges, überladenes Regal ist nicht nur unprofessionell, es ist eine tickende Zeitbombe für jeden, der in seiner Nähe arbeitet. Deshalb reden wir heute mal Klartext – ohne bunte Katalogbilder, sondern über handfeste Physik, echte Verantwortung und das Fundament für ein Lager, das sicher und effizient ist.
Das A und O: Warum Fachlast und Feldlast keine Schätzwerte sind
Das Erste, was jeder bei mir lernt, ist der Unterschied zwischen Fachlast und Feldlast. Das ist keine graue Theorie, das ist die absolute Grundlage. Wer das nicht kapiert, fasst bei mir kein Regal an. So einfach ist das.

Die Fachlast, das ist das Gewicht, das ein einzelner Regalboden tragen kann. Klingt simpel, aber der Teufel steckt im Detail. Wichtig ist nämlich, dass die Last schön gleichmäßig verteilt ist. Stell dir vor, ein Boden hat 200 kg Fachlast. Wenn du jetzt einen einzelnen 200-Kilo-Stahlklotz genau in die Mitte packst, forderst du das Material ganz schön heraus. Der Boden biegt sich durch und kann im schlimmsten Fall brechen. Verteilst du das Gewicht aber flächig, leiten sich die Kräfte sauber ab. Denk einfach an Schnee auf einem Dach: Eine dicke Schneeschicht über die gesamte Fläche ist meist kein Problem. Dieselbe Menge auf einem einzigen Punkt wäre eine Katastrophe.
Die Feldlast ist die Summe dessen, was ein komplettes Regalfeld – also der Abschnitt zwischen zwei senkrechten Ständern – insgesamt tragen darf. Und hier machen viele den Denkfehler: Vier Böden mit je 200 kg Fachlast ergeben NICHT automatisch 800 kg Feldlast. Meistens ist die Feldlast geringer! Warum? Weil die gesamte Last von den senkrechten Ständerrahmen getragen und in den Boden abgeleitet werden muss. Diese Rahmen sind der Flaschenhals. Ihre Bauart und Verankerung bestimmen das Maximum. Die Feldlast findest du immer auf einem kleinen Schild am Regal. Und dieses Schild ist kein Deko-Aufkleber, es ist Gesetz.

Übrigens, diese Werte kommen nicht von ungefähr. Sie basieren auf strengen Berechnungen und Sicherheitsvorschriften. Jede dieser Regeln wurde quasi mit dem Wissen aus Unfällen geschrieben. Das zu respektieren, ist einfach nur klug.
Welches Regal für welchen Zweck? Ein ehrlicher Vergleich aus der Praxis
Es gibt nicht „das beste“ Regal. Es gibt immer nur das passende für deinen Zweck. Ich hab schon Kunden erlebt, die riesige Palettenregale für ein paar Aktenordner gekauft haben, weil sie „so stabil aussahen“. Das ist, als würde man mit dem Vorschlaghammer einen Nagel in die Wand hauen: teuer, überdimensioniert und am Ziel vorbei.
1. Fachbodenregale: Die Alleskönner für Kleinkram
Der absolute Klassiker in jeder Werkstatt, im Archiv oder im Kleinteilelager. Hier finden Schraubenkisten, Ordner und Ersatzteile ihr Zuhause. Man unterscheidet grob zwei Systeme:
- Schraubsysteme: Das sind die ehrlichen, alten Arbeitstiere. Jeder Boden wird einzeln mit den Ständern verschraubt. Das macht sie extrem stabil und verwindungssteif. Der Aufbau dauert aber deutlich länger, du brauchst Werkzeug und am besten vier Hände. Rechne mal locker mit der doppelten Aufbauzeit im Vergleich zum Stecksystem. Ich empfehle sie immer dann, wenn ein Regal einmal steht und dann für Jahre nicht mehr verändert wird. Einmal einen Boden verstellen? Ein kleiner Staatsakt.
- Stecksysteme: Heute der gängige Standard. Die Böden werden einfach in die Ständer eingehängt oder geklickt. Der Aufbau geht blitzschnell und meist ohne Werkzeug. Ideal, wenn du flexibel bleiben und die Fachhöhen öfter mal anpassen musst. Aber Achtung! Die Stabilität kommt hier erst durch die korrekte Montage. Die Traversen müssen hörbar einrasten und die kleinen Sicherungsstifte sind kein optionales Zubehör! Ich habe schon eine ganze Regalreihe zusammenbrechen sehen, weil ein Azubi die Stifte vergessen hatte. Ein kleiner Rempler mit der Sackkarre hat gereicht. Diagonalstreben an der Rückseite sind hier überlebenswichtig.
Kleiner Tipp zum Material: Bei den Böden hast du meist die Wahl zwischen Stahlblech und Holz (oft Spanplatten). Für die Werkstatt, wo auch mal Öl oder Kühlflüssigkeit tropft, ist Stahlblech Pflicht. Lässt sich super reinigen und ist robust. Für ein trockenes Archiv reichen oft die günstigeren Holzplatten. Aber Vorsicht bei Feuchtigkeit im Keller: Holz kann aufquellen und verliert dann massiv an Tragkraft.

2. Palettenregale: Die Schwergewichte im Lager
Okay, hier reden wir über eine völlig andere Liga. Palettenregale tragen Lasten im Tonnenbereich. Ein Fehler bei Aufbau oder Beladung kann hier tödlich enden. Da gibt es null Kompromisse, die Planung und Montage gehören in Profihände.
Die waagerechten Träger, auf denen die Paletten liegen, die sogenannten Traversen, sind meist in einer leuchtenden Warnfarbe lackiert. Das ist keine Design-Entscheidung, sondern pure Sicherheit. Gabelstaplerfahrer erkennen die Träger so viel besser und rammen sie seltener.
Sicherheit ist hier wirklich ALLES:
- Verankerung im Boden: Ein Palettenregal muss ausnahmslos mit Schwerlastankern im Betonboden fixiert werden. Immer. Der Boden selbst muss natürlich mitspielen. Als grobe Hausnummer für schwere Lasten spricht man von einer Betonqualität von mindestens C20/25 und einer Dicke von 15-20 cm. Im Zweifel muss das aber immer ein Statiker prüfen!
- Rammschutz: An den Ecken und an Durchfahrten ist ein massiver Rammschutz aus Stahl absolute Pflicht. Der fängt Stöße vom Stapler ab und schützt die empfindlichen Ständer. So ein Rammschutz kostet zwischen 50 € und 120 €, eine lächerlich kleine Investition im Vergleich zum Schaden, den er verhindert.
- Durchschubsicherung: Das ist oft nur ein simpler Balken oder ein Gitter hinter der Palette. Aber er ist Gold wert! Ich war mal in einem Betrieb, da hat ein Fahrer eine Palette zu weit durchgeschoben. Sie ist hinten runtergefallen und hat im Nachbargang eine ganze Sprinkleranlage abgerissen. Die Halle stand unter Wasser. Der Schaden war sechsstellig – wegen eines fehlenden Bauteils für vielleicht 30 Euro.
Gut zu wissen: Die vorgeschriebene jährliche Regalinspektion durch eine befähigte Person ist kein nerviges Übel, sondern überlebenswichtig und entscheidend für deinen Versicherungsschutz. So eine Prüfung schlägt je nach Größe der Anlage mit 150 € bis 400 € zu Buche. Zusätzlich sollte der Lagerchef wöchentlich eine kurze Sichtprüfung machen. Dafür reicht schon eine einfache Checkliste.

3. Kragarmregale: Die Spezialisten für langes Gut
Wer Rohre, Holzbohlen oder Stahlprofile lagern will, braucht ein Kragarmregal. Hier gibt es keine störenden vorderen Ständer, die Ware liegt frei auf den seitlichen „Armen“. Die wichtigste Regel hier ist die Hebelphysik: Der Fuß des Regals muss immer länger sein als die Arme, die die Last tragen. Beladen wird grundsätzlich von unten nach oben, um den Schwerpunkt tief zu halten. Nur die oberen Arme mit schweren Lasten zu belegen, ist ein Riesenfehler und macht das ganze Ding instabil.
Dein schneller Sicherheits-Check fürs Lager
Mit der Zeit entwickelt man einen Blick für Gefahren. Hier sind die häufigsten Fehler, die ich immer wieder sehe. Mach doch mal einen kurzen Rundgang und prüfe das bei dir:
- Schau auf die unteren 50 cm: Geh zu jedem Regalständer und schau dir den Fuß genau an. Siehst du Dellen, tiefe Kratzer oder Verbiegungen vom Gabelstapler? Ein auch nur leicht verformter Ständer hat einen Großteil seiner Tragkraft verloren! Das ist kein Schönheitsfehler, das ist Schrott und muss sofort von einem Profi ausgetauscht werden. Zurückbiegen ist absolut tabu.
- Sind die Lastenschilder da? Jedes Regalfeld braucht ein klares Schild mit den Angaben zur Fach- und Feldlast. Fehlt es oder ist es unleserlich? Dann ist die Gefahr der Überladung riesig.
- Wurde „gebastelt“? Siehst du Regale, bei denen einfach ein Boden entfernt wurde, um höhere Ware reinzustellen? Das kann die ganze Statik ruinieren, weil oft auch aussteifende Elemente fehlen. Jede Änderung am Aufbau muss vom Fachmann freigegeben werden.
- Lagergut auf dem Boden? Liegen Paletten direkt auf dem Boden vor dem Regal? Das ist nicht nur eine Stolperfalle, es verdeckt auch den Blick auf die empfindlichen Ständerfüße und die Bodenanker. So werden Schäden oft erst bemerkt, wenn es zu spät ist.

Was kostet der Spaß eigentlich? Ein paar ehrliche Zahlen
Über Geld redet man nicht? Blödsinn. Für eine vernünftige Planung musst du wissen, was auf dich zukommt. Hier mal ein paar Richtwerte aus meiner Erfahrung:
- Ein einfaches Fachbodenregal (Stecksystem) bekommst du schon für ca. 80 € bis 150 € pro laufendem Meter (Feld). Schraubsysteme sind oft einen Tick teurer.
- Bei Palettenregalen ist die Spanne riesig, aber rechne mal mit mindestens 150 € bis 300 € pro Palettenstellplatz, je nach Höhe und Last.
- Die professionelle Montage ist gut investiertes Geld. Als Faustregel kannst du mit 15-25 % des reinen Materialpreises rechnen. Das stellt sicher, dass alles lotrecht steht und sicher verankert ist.
Fazit: Selbermachen oder Profi holen?
Ein simples Fachbodenregal im Keller kriegt ein geübter Heimwerker mit der Anleitung locker selbst aufgebaut. Aber sobald es um gewerbliche Nutzung, schwere Lasten oder Palettenregale geht: Finger weg vom Selbermachen! Die Beurteilung des Bodens, die Planung der Verkehrswege, die fachgerechte Montage und die gesetzlich vorgeschriebene Abnahme – das ist ein Job für Profis.

Ein gutes Regal ist das Rückgrat deines Betriebs. Wenn es solide geplant ist, arbeitet es unauffällig und zuverlässig für Jahre. Wenn du am falschen Ende sparst, wird es zur größten Gefahrenquelle. Denk daran, wenn du das nächste Mal vor der Entscheidung stehst. Deine Mitarbeiter und deine Sicherheit werden es dir danken.
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Laut Statistik der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) sind Stürze sowie herabfallende Gegenstände die häufigsten Ursachen für meldepflichtige Arbeitsunfälle im Lager.
Jede Delle im Regalrahmen, jede durchgebogene Traverse ist mehr als ein Schönheitsfehler – es ist eine potenzielle Schwachstelle. Eine regelmäßige, dokumentierte Regalinspektion durch eine befähigte Person ist daher keine bürokratische Schikane, sondern aktive Unfallverhütung und gesetzlich vorgeschrieben.

Standardregal, aber Kleinteile oder instabiles Lagergut – was tun?
Ein gutes Regalsystem lebt von seinem Zubehör. Statt teurer Sonderlösungen lässt sich ein Standard-Fachbodenregal oft perfekt anpassen. Für Schrauben und Kleinteile gibt es Fachteiler oder passgenaue Sichtlagerkästen, etwa von Herstellern wie AUER Packaging oder SSI Schäfer. Gitterrückwände verhindern das Durchfallen von Kartons und erhöhen die Arbeitssicherheit. Und für lange, stehende Güter wie Rohre oder Leisten sind seitliche Anbaubügel eine einfache, aber extrem wirksame Ergänzung.

Der Untergrund: Das oft vergessene Fundament
Das beste Schwerlastregal nützt nichts, wenn der Boden nachgibt. Ein Industriebetonboden muss eine ausreichende Druckfestigkeit aufweisen, um die Punktlasten der Regalständer aufzunehmen. Achten Sie auf Risse, Abplatzungen oder Unebenheiten. Schon eine geringe Neigung kann die Statik eines voll beladenen Regals gefährlich verändern und die angegebenen Feldlastwerte außer Kraft setzen. Im Zweifel ist eine Baugrundanalyse durch einen Statiker günstiger als jeder Unfall.

Die schnelle Regal-Inspektion für Zwischendurch:
- Beulen & Dellen: Sind die senkrechten Ständer unbeschädigt? Besonders im unteren Bereich sind Anfahrschäden durch Gabelstapler kritisch.
- Sicherungsstifte: Stecken bei Palettenregalen alle Sicherungsstifte in den eingehängten Traversen? Ein fehlender Stift kann bei Anheben einer Palette fatale Folgen haben.
- Gerader Stand: Steht das Regal exakt im Lot oder neigt es sich? Ein einfacher Blick entlang der Vertikalen kann erste Warnzeichen aufzeigen.
- Bodenverankerung: Sind alle Fußplatten fest mit dem Boden verschraubt und die Dübel intakt?
Stecksystem: Der flexible Champion für schnellen Aufbau und häufige Umbauten. Ideal für Fachbodenregale in Werkstatt und Kommissionierung. Die Montage erfolgt oft werkzeuglos, was Zeit und Geld spart.
Schraubsystem: Die klassische, extrem stabile Variante. Durch die feste Verschraubung wird eine maximale Steifigkeit erreicht. Perfekt für Umgebungen mit Vibrationen oder wenn eine hohe Längsstabilität gefordert ist.
Für die meisten Standardanwendungen haben sich heute die hochwertigen Stecksysteme von Marken wie BITO oder META durchgesetzt.



