Möbel-Klassiker unter der Lupe: So erkennst du ein Original (und pflegst es richtig)

von Angela Schmidt
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Ich arbeite schon gefühlt ewig mit Möbeln. In meiner Werkstatt hatte ich wirklich alles unter den Fingern, vom urigen Bauernschrank bis zu den Ikonen der Moderne. Aber an meinen allerersten Kontakt mit einem dieser berühmten Stahlrohrsessel erinnere ich mich, als wäre es gestern gewesen. Ein Kunde brachte ein ziemlich mitgenommenes Stück zur Aufarbeitung, das er auf einem Flohmarkt in Frankreich aufgestöbert hatte. Das Leder war rissig, das Chrom an einigen Stellen blind. Aber die Form, diese klare, fast schon brutale Ehrlichkeit, hat mich sofort gepackt.

Da war nichts versteckt. Ein simpler Käfig aus Stahlrohr, der lose Kissen hält. Das war’s. Und doch war es eine komplette Revolution im Möbeldesign.

Viele kennen diese Stücke ja nur aus Hochglanzmagazinen, wo sie als Statussymbole für Architekten und Design-Fans inszeniert werden. Aber um sie wirklich zu verstehen, muss man genauer hinschauen. Man muss das Material fühlen, die Konstruktion begreifen und den Geist dahinter spüren. Genau das möchte ich hier mit dir teilen – mein Wissen direkt von der Werkbank. Kein Werbetext, sondern ehrliche Handwerkskunde, damit du weißt, worauf es ankommt.

Le Corbusier Möbel cassina
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Die Idee hinter dem Stahlrohr: Mehr als nur ein Sessel

Um diese Möbel zu kapieren, muss man die Philosophie dahinter verstehen. Der visionäre Architekt, der sie entworfen hat, dachte in Systemen und Funktionen. Für ihn war ein Haus eine „Wohnmaschine“, und die Möbel darin waren schlicht die Ausstattung, das „équipement“. Sie sollten nicht bloß schmücken, sondern dienen. Funktional, logisch und absolut ehrlich in ihrer Bauweise.

Zusammen mit seinem Team entwickelte er damals eine Möbelserie, die diese Idee perfekt auf den Punkt brachte. Die größte Neuerung war die radikale Trennung von tragender Struktur und den gepolsterten Elementen. Bei einem traditionellen Sessel ist der Holzrahmen ja unsichtbar im Inneren verborgen. Hier wurde das Prinzip einfach umgedreht: Der Rahmen aus Stahlrohr wurde zum sichtbaren Hauptdarsteller. In diesen „Käfig“ legten die Designer dann einfach die Polsterkissen. Jedes Teil hat eine klare Funktion, die man sofort erkennt. Das Gestell trägt, die Kissen polstern. Diese Ehrlichkeit war damals ein kleiner Schock und prägt bis heute, was wir als zeitgenössisches Design kennen.

Le Corbusier Möbel lc 1
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Warum eigentlich Stahlrohr?

Die Wahl von verchromtem Stahlrohr war natürlich kein Zufall. Das Material kam direkt aus der Industrie und der Luftfahrt – es war modern und symbolisierte technischen Fortschritt. Aus handwerklicher Sicht hat es aber auch ganz handfeste Vorteile:

  • Stark und trotzdem filigran: Ein Stahlrohrrahmen ist unfassbar stabil, wirkt aber optisch leicht und elegant. Ein Rahmen aus Massivholz mit der gleichen Stabilität wäre viel klobiger.
  • Präzise formbar: Stahlrohr lässt sich in exakte geometrische Formen biegen. Das war damals technisch eine echte Herausforderung und brauchte industrielle Maschinen.
  • Für die Serie gedacht: Die ganze Konstruktion war von Anfang an auf eine industrielle Fertigung ausgelegt. Das war Teil der modernen Vision – gute Möbel für viele, nicht nur Einzelstücke für Reiche.

Ach ja, und dass die Kissen lose sind, ist auch so ein genialer Kniff. Man kann sie wenden, lüften und bei Bedarf sogar einzeln neu beziehen lassen. Versuch das mal bei einem klassischen Ohrensessel, da muss der Polsterer alles komplett zerlegen. Man merkt einfach, dass hier ein Architekt am Werk war: alles ist logisch und wartungsfreundlich.

Le Corbusier Möbel lc 3 weiss schwarz

Original, gute Kopie oder billiger Fake?

Seit Jahrzehnten besitzt eine italienische Firma die exklusiven Herstellungsrechte für diese Entwürfe. Jedes von dort kommende Stück ist autorisiert und von allerhöchster Qualität. Der Markt ist aber, ehrlich gesagt, überschwemmt mit Kopien und Fälschungen. Als Profi schaue ich mir die Details an, denn da trennt sich die Spreu vom Weizen. Wenn du über eine Anschaffung nachdenkst, egal ob neu oder gebraucht, solltest du diese Punkte ganz genau prüfen.

Die ultimative Checkliste für deinen Besichtigungstermin

Damit du nicht auf die Nase fällst, hier eine knallharte Liste zum Abhaken. Nimm sie gedanklich mit, wenn du dir ein Stück ansiehst:

1. Das Gestell: Fühlen, heben, schauen!
Der Stahlrahmen ist das Herzstück und entlarvt schlechte Qualität sofort. Fahr mal mit den Fingern über die Verbindungen.

  • Die Schweißnähte: Bei einem lizenzierten Original sind die Schweißnähte fast unsichtbar, perfekt geschliffen und poliert. Die Übergänge fühlen sich an wie aus einem Guss. Bei billigen Kopien sind die Nähte oft wulstig, ungleichmäßig und grob. Das ist nicht nur hässlich, sondern ein echtes Sicherheitsrisiko. Ich habe schon Fakes gesehen, bei denen die Nähte unter Belastung einfach gerissen sind!
  • Die Verchromung: Eine hochwertige Verchromung hat einen tiefen, satten Glanz. Billige Kopien haben oft nur eine dünne Chromschicht, die bläulich schimmert und nach ein paar Jahren abplatzen kann, besonders an den Schweißnähten. Dann rostet’s.
  • Der Anhebe-Trick: Ein super schneller Test! Heb das Möbelstück an. Ein Original ist wegen des massiven Stahlrahmens und der dichten Polsterung richtig, richtig schwer. Eine Kopie fühlt sich oft überraschend leicht an.
  • Die Proportionen: Bei Fälschungen stimmen die Maße oft nicht ganz. Der Sessel wirkt dann irgendwie ungelenk und verliert seine ganze Eleganz.

2. Die Polster: Riechen, fühlen, probesitzen!
Hier wird bei Kopien am meisten gespart, weil man es auf den ersten Blick nicht sieht.

Le Corbusier Möbel lc 2 weiss doppelt grün
  • Das Leder: Gutes Anilinleder, wie es oft verwendet wird, fühlt sich an wie eine hochwertige, weiche Lederjacke. Es ist atmungsaktiv und riecht erdig und natürlich. Billiges, korrigiertes Leder hat oft die Haptik eines Auto-Armaturenbretts – kühl, ein bisschen nach Plastik und es riecht oft chemisch. Es neigt dazu, mit der Zeit zu brechen, statt eine schöne Patina zu entwickeln.
  • Die Füllung: In einem Original steckt ein dichter Schaumkern, der auch nach Jahren noch stützt. Billig-Fakes haben oft weichen Schaumstoff, der sich anfangs bequem anfühlt, aber schnell durchgesessen ist und hässliche Sitzmulden bildet.
  • Die Nähte: Schau dir die Nähte der Kissen genau an. Bei einem Qualitätsprodukt sind sie absolut gerade und gleichmäßig. Krumme Nähte? Finger weg!

3. Die Kennzeichnung: Gravur statt Aufkleber
Jedes offiziell lizenzierte Möbelstück hat eine eingravierte Signatur der Designer und eine individuelle Seriennummer am Rahmen. Bei Fälschungen fehlt diese Gravur oft, oder sie ist nur billig aufgedruckt oder unsauber geätzt.

Le Corbusier Möbel lc 3 sessel von hinten
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Ich hatte mal einen Kunden hier, der hat fast 2.000 € für einen gefälschten Sessel bezahlt. Dem sind die Tränen gekommen, als ich ihm die billigen Schweißnähte und den leichten Schaumstoff gezeigt habe. Damit dir das nicht passiert: Sei skeptisch und schau ganz genau hin!

Mal Butter bei die Fische: Was kostet der Spaß?

Okay, reden wir über Geld. Was musst du für so einen Klassiker einplanen? Hier eine grobe Orientierung:

  • Neu vom lizenzierten Hersteller: Ein neuer Sessel wie der berühmte „Würfel“ kostet je nach Lederqualität schnell zwischen 5.000 € und 8.000 €. Das ist eine Ansage, aber du bekommst garantierte Qualität und Authentizität.
  • Gebrauchtes Original: Auf dem Gebrauchtmarkt (z.B. auf Plattformen wie Pamono, 1stDibs oder in spezialisierten Auktionshäusern) findest du gut erhaltene Stücke oft für 2.500 € bis 4.000 €. Hier lohnt sich die Checkliste von oben besonders!
  • Achtung, Falle: Alles, was bei Kleinanzeigen und Co. als „Original“ für unter 1.500 € angeboten wird, ist mit allergrößter Vorsicht zu genießen. Meistens sind das Fälschungen oder qualitativ fragwürdige Repliken.

Übrigens, es gibt auch hochwertige, nicht-lizenzierte Nachbauten. Die können handwerklich gut gemacht sein und sind eine Alternative für ein kleineres Budget. Aber sie sind eben kein Original und werden niemals den Sammlerwert eines echten Stücks erreichen. Das muss man ehrlich sagen.

Le Corbusier Möbel lc 3 sessel

Die richtige Pflege: So bleibt dein Klassiker ewig schön

So ein Möbel ist eine Anschaffung fürs Leben. Mit ein bisschen Liebe wird es mit den Jahren sogar noch schöner. Das liegt nicht an Wundermitteln, sondern an einfacher, regelmäßiger Pflege.

Pflege für das Stahlrohrgestell

Das Chromgestell ist robust, aber nicht unzerstörbar. Am wichtigsten: Vermeide Kratzer! Benutze NIEMALS scheuernde Reiniger oder Stahlwolle. Ein Kunde hat das mal versucht, um einen Fleck zu entfernen – das Ergebnis war ein matter, zerkratzter Rahmen, der nur durch eine sauteure Neuverchromung zu retten war. Für die normale Reinigung reicht ein weiches Baumwolltuch, bei Fingerabdrücken ein leicht feuchtes Tuch und danach trocken nachwischen. Fertig.

Mini-Tutorial: Lederpflege für Anfänger

Leder braucht Feuchtigkeit, um nicht spröde zu werden. So reinigst und pflegst du es richtig:

Was du brauchst:

  • Einen Eimer lauwarmes, destilliertes Wasser (wichtig, um Kalkflecken zu vermeiden)
  • Ein paar Flocken Kernseife oder eine spezielle Lederseife
  • Zwei weiche, saubere Baumwolltücher

So geht’s:

Le Corbusier Möbel lc 4 weiss doppelt
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  1. Staub entfernen: Saug die Polster zuerst mit einer weichen Bürste auf niedrigster Stufe ab.
  2. Reinigungslösung anmischen: Löse ein paar Seifenflocken im Wasser auf, bis es leicht schäumt.
  3. Sanft reinigen: Tuch in die Seifenlösung tauchen und dann EXTREM gut auswringen. Es darf nur nebelfeucht sein! Wische das Leder damit sanft ab, immer von Naht zu Naht. Nicht rubbeln!
  4. Nachwischen: Mit dem zweiten Tuch, das du nur in klares, destilliertes Wasser getaucht und ebenfalls super gut ausgewrungen hast, nachwischen.
  5. Trocknen lassen: Einfach an der Luft trocknen lassen, nie in die Sonne stellen oder föhnen.

Etwa zwei- bis viermal im Jahr solltest du dem Leder eine spezielle Lederpflege gönnen. Ich habe gute Erfahrungen mit Produkten auf Bienenwachsbasis gemacht, die gibt’s im guten Fachhandel. Das hält das Leder geschmeidig.

Restaurierung: Wann lohnt sie sich wirklich?

Manchmal findet man ein altes Original in schlechtem Zustand. Lohnt sich da die Restaurierung? Ganz ehrlich: Meistens nicht. Eine professionelle Neuverchromung kann mehrere tausend Euro kosten. Ein kompletter Neubezug mit hochwertigem Leder ist ebenfalls teuer. Das übersteigt oft den Wert eines gut erhaltenen gebrauchten Stücks. Eine Restaurierung ist eher was für absolute Liebhaber, die ein Stück mit einer besonderen Geschichte erhalten wollen. Für alle anderen ist es wirtschaftlicher, in ein gut erhaltenes oder neues lizenziertes Möbel zu investieren.

Le Corbusier Möbel lc 4 liege

Ein letztes Wort aus der Werkstatt

Ein Möbel dieser Design-Ära ist mehr als nur ein Sessel. Es ist ein Stück Designgeschichte, ein Manifest der Moderne. Es steht für eine Zeit, in der man glaubte, durch gutes Design die Welt ein kleines bisschen besser machen zu können. Wenn du dich für so ein Stück entscheidest, kaufst du nicht nur ein Objekt. Du investierst in eine Idee, in eine Haltung. Und wenn du es gut behandelst, wird es dich ein Leben lang begleiten. Das ist die wahre Definition von Nachhaltigkeit. Und das ist etwas, das wir Handwerker schon immer geschätzt haben.

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Le Corbusier Möbel lc 2 zimmer einrichtung schach brett
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Le Corbusier Möbel lc 2 zimmer einrichtung

Woran erkenne ich ein echtes Cassina-Original auf den ersten Blick?

Suchen Sie nach der Gravur! Seit 1965 versieht Cassina als einziger lizenzierter Hersteller jedes Möbelstück der LC-Kollektion mit einer unauslöschlichen Signatur. Direkt in den Stahlrohrrahmen sind die Unterschriften der Designer (Le Corbusier, Pierre Jeanneret, Charlotte Perriand), die Modellnummer (z. B. LC2) und eine fortlaufende Produktionsnummer eingraviert. Dies ist kein einfacher Aufkleber. Ein Fehlen dieser authentischen, dauerhaften Markierung ist das sicherste Zeichen für eine Replik.

Le Corbusier Möbel lc 3 zimmer
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„Design ist nicht, wie es aussieht oder sich anfühlt. Design ist, wie es funktioniert.“ – Steve Jobs

Dieses Zitat, obwohl aus einer anderen Ära, fasst die Philosophie hinter den LC-Möbeln perfekt zusammen. Le Corbusier dachte nicht in Dekoration, sondern in Funktion. Die radikale Trennung von tragendem Gestell und weichen Polstern war kein reiner Ästhetik-Gag, sondern die logische Konsequenz seiner Idee von der „Wohnmaschine“ – jedes Element erfüllt sichtbar seinen Zweck.

Die richtige Lederpflege ist kein Hexenwerk, sondern eine Frage der Routine. Damit die Ikone ihre Schönheit über Jahrzehnte bewahrt, genügen wenige Handgriffe:

  • Regelmäßig entstauben: Ein trockenes, weiches Mikrofasertuch ist Ihr bester Freund. Es verhindert, dass sich Schmutzpartikel in den Poren des Leders festsetzen.
  • Gezielt reinigen: Bei leichten Flecken ein Tuch mit destilliertem Wasser (vermeidet Kalkränder!) leicht anfeuchten und die Stelle ohne Druck abtupfen.
  • Nähren und schützen: Zweimal im Jahr eine hochwertige Lederpflege, z.B. von Keralux oder Colourlock, dünn auftragen. Sie hält das Leder geschmeidig und schützt es vor dem Austrocknen. Immer erst an einer verdeckten Stelle testen!
Angela Schmidt

Nach dem Abschluss meines Studiums für Journalismus an der Uni- München, arbeite ich freiberuflich für diverse Formate und Produktionen. Freshideen ist für mich ein gegenseitiges Langzeitprojekt, mit dem ich meinen Alltag viel schöner gestalte. Die Themen der Nachhaltigkeit und der Umwelt bewegen mich am meisten, aber auch die kreativen DIY Ideen finden Platz in meinem Herzen.