Wasserhahn aus dem 3D-Drucker: Genial oder Geldverschwendung? Ein Meister packt aus.

von Mareike Brenner
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Ich erinnere mich noch gut an meinen ersten Besuch auf einer großen Sanitär-Messe. Zwischen all den bekannten Herstellern und den polierten Chrom-Armaturen, die wir seit Ewigkeiten kennen und verbauen, stand da ein kleiner, unscheinbarer Stand. Darauf: ein Wasserhahn, der aussah, als käme er direkt aus einem Science-Fiction-Film. Seine Form war unglaublich filigran, fast wie ein Korallengewebe. Das Wasser floss nicht aus einem einzigen Auslauf, sondern schien aus Dutzenden winzigen Öffnungen zu perlen. Ein Kollege stupste mich an und meinte nur: „Schau dir das an. Kommt aus dem Drucker.“

Damals habe ich, ehrlich gesagt, nur gelächelt. Eine nette Spielerei, dachte ich. Interessant, aber für den echten Baustellenalltag doch völlig unbrauchbar. Heute sehe ich das ein wenig anders. Die Technik ist aus den Kinderschuhen raus, und auch wenn diese Armaturen noch lange keine Massenware sind, zwingen sie uns im Handwerk, neu zu denken.

Als Installateur- und Heizungsbaumeister habe ich in meiner Werkstatt schon alles gesehen. Von uralten gusseisernen Abflussrohren bis zu voll digitalisierten Heizsystemen. Diese neuen, gedruckten Armaturen sind mehr als nur ein flüchtiger Trend. Sie sind ein spannender Blick in eine mögliche Zukunft unseres Berufs – mit faszinierenden Möglichkeiten, aber eben auch mit ganz neuen Herausforderungen.

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Was heißt hier eigentlich „gedruckt“? Ein kurzer Blick auf die Technik

Wenn Kunden „3D-Druck“ hören, denken viele sofort an diese kleinen Plastikdrucker für zu Hause, die bunte Figürchen ausspucken. Damit hat der Metalldruck für eine Armatur aber nur das Grundprinzip gemeinsam. Die Technik, die hier zum Einsatz kommt, ist um ein Vielfaches komplexer und nennt sich meist Selektives Laserschmelzen (SLM).

Stell es dir mal so vor: In einer speziellen Maschine liegt ein Bett aus hauchfeinem Metallpulver. Das kann Edelstahl sein, Titan oder auch eine besondere Messingart. Das Pulver ist so fein, es fühlt sich an wie Mehl. Ein extrem starker Laserstrahl fährt nun über dieses Pulverbett. Gesteuert von einer 3D-Computerdatei (einem CAD-Modell), schmilzt der Laser das Pulver exakt an den vorgegebenen Stellen auf. Das Metall wird für einen winzigen Moment flüssig und erstarrt sofort wieder. Zack – eine hauchdünne, feste Metallschicht ist entstanden, vielleicht 30 bis 50 Mikrometer dick. Das ist dünner als ein menschliches Haar.

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Danach senkt sich die Bauplattform um genau diese Schichtdicke ab, eine neue Schicht Pulver wird aufgetragen und der Prozess beginnt von vorn. Schicht für Schicht, über viele Stunden oder sogar Tage, wächst die Armatur so aus dem Pulver heraus. Das ist kein Guss, wo man flüssiges Metall in eine Form füllt, und auch kein Fräsen, wo man von einem massiven Block Material wegnimmt. Es ist ein Aufbauen aus dem Nichts. Und genau das ermöglicht Formen, die man niemals gießen oder fräsen könnte.

Wusstest du schon? Das feine Metallpulver für diesen Prozess ist extrem teuer. Je nach Material kann ein Kilo schnell über 100 Euro kosten, während der Messing-Rohstoff für den traditionellen Guss nur einen Bruchteil davon kostet. Das allein erklärt schon einen Teil des Preisschilds.

Die faszinierende Welt der neuen Formen – und ihre Tücken

Der größte Vorteil dieser Technik ist die schier grenzenlose Designfreiheit. Man kann Hohlräume und innere Kanäle erschaffen, die in sich verschlungen sind. Es gibt Designs, bei denen das Wasser durch ein sichtbares Gitter fließt oder wie in einem kleinen Bachbett durch die Armatur geleitet wird. Das sieht ohne Frage spektakulär aus. Aber als Praktiker sehe ich sofort die Punkte, an denen es knifflig wird.

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Problem 1: Strömung, Geräusche und das nervige Pfeifen

Ein Wasserhahn soll nicht nur gut aussehen, er muss vor allem leise und zuverlässig funktionieren. Das Wasser muss mit einem angenehmen, gleichmäßigen Strahl austreten. Bei diesen komplexen inneren Strukturen ist das eine Wissenschaft für sich. Die Hersteller nutzen dafür Computersimulationen, um den Wasserfluss vorherzusagen. Trotzdem kann es passieren, dass das Wasser an scharfen Kanten oder in engen Kurven Verwirbelungen erzeugt. Das Ergebnis? Die Armatur pfeift, rauscht oder gluckert. In Deutschland haben wir dafür klare Regeln, zum Beispiel die DIN 4109 zum Schallschutz. Eine gute Armatur darf bei 3 bar Fließdruck einen Geräuschpegel von 20 Dezibel nicht überschreiten. Ich habe schon genug konventionelle Billig-Armaturen ausgebaut, weil die Kunden das ständige Pfeifen nicht mehr ertragen haben. Ob jedes dieser Design-Kunstwerke diesen Test im Alltag besteht, muss sich erst noch beweisen.

Problem 2: Kalk, der ewige Feind im Badezimmer

In vielen Regionen Deutschlands haben wir hartes, also sehr kalkhaltiges Wasser. Jeder weiß, wie schnell sich am Perlator (dem kleinen Sieb am Auslauf) eine weiße Kruste bildet. Nun stell dir das mal im Inneren einer gedruckten Armatur vor. Die Oberfläche ist von Natur aus nicht spiegelglatt wie bei einer polierten Messingarmatur, sondern mikroskopisch rau. Diese raue Oberfläche ist für Kalk quasi eine Einladung zum Festsetzen. Bei den filigranen inneren Kanälen und Gittern sehe ich ein enormes Risiko für eine schnelle Verkalkung.

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Und wie willst du das reinigen? Ehrlich gesagt: kaum. Man kommt ja nirgends richtig ran. Einige Hersteller empfehlen vielleicht spezielle Spülungen, aber wenn sich erst einmal dicke Kalkschichten in einem feinen Gitter festgesetzt haben, ist es oft schon zu spät. Ein verstopfter Kanal tief im Inneren der Armatur bedeutet im schlimmsten Fall einen Totalschaden.

Problem 3: Hygiene und die unsichtbare Gefahr

Dieser Punkt ist für mich als Meister am allerwichtigsten. Wir Handwerker sind für die Qualität des Trinkwassers bis zur Entnahmestelle verantwortlich. Die Trinkwasserverordnung hat hier extrem strenge Vorgaben. In komplexen, verwinkelten Wasserwegen kann es zu „Totzonen“ kommen. Das sind Bereiche, in denen das Wasser nicht richtig durchgespült wird, sondern steht. Stehendes Wasser, besonders bei lauwarmen Temperaturen, ist ein idealer Nährboden für Keime wie Legionellen. Ein seriöser Hersteller muss durch die Konstruktion sicherstellen, dass die Armatur vollständig durchströmt und sich auch entleert. Ob das bei jedem Kunstwerk gelingt, wage ich zu bezweifeln. Das Risiko einer Verkeimung darf man niemals unterschätzen.

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Angenommen, eine solche Armatur landet bei mir auf der Werkbank. Was sind meine ersten Gedanken? Wie baue ich das Ding ein, und was mache ich, wenn es in fünf Jahren tropft?

Das Herzstück: Die Frage aller Fragen zur Kartusche

Jeder moderne Einhebelmischer hat eine Kartusche. Das ist die Einheit im Inneren, die mit zwei Keramikscheiben Wassermenge und Temperatur regelt. Und diese Kartusche ist ein klassisches Verschleißteil. Nach ein paar Jahren kann sie undicht werden oder schwergängig. Bei einer guten Markenarmatur kann ich diese Kartusche als Ersatzteil bestellen und in 15 Minuten austauschen. Die Armatur ist danach wie neu.

Meine große Sorge bei den 3D-Druck-Modellen ist: Was für eine Kartusche ist da drin? Hier mein Profi-Tipp: Fragen Sie den Hersteller oder Verkäufer knallhart: „Ist das eine Standard-Keramikkartusche, zum Beispiel mit 35 mm Durchmesser, die ich auch in zehn Jahren noch als Ersatzteil bei jedem Fachhändler oder online bekomme? Oder ist das eine Sonderanfertigung, die vielleicht sogar fest verbaut ist?“ Wenn Letzteres der Fall ist, wird eine tropfende Armatur zum wirtschaftlichen Totalschaden. Man kann dann ein Kunstwerk für Tausende von Euro wegwerfen, nur weil eine Dichtung für wenige Cent kaputt ist. Das wäre aus nachhaltiger Sicht eine absolute Katastrophe.

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Die Oberfläche: Mehr Handarbeit als man denkt

Eine 3D-gedruckte Armatur kommt übrigens nicht fertig poliert aus der Maschine. Das Rohteil ist matt, rau und hängt noch an kleinen Stützstrukturen. Die Nachbearbeitung ist extrem aufwendig und macht einen großen Teil der Kosten aus. Zuerst muss das Bauteil in einen Ofen, um Spannungen im Material zu lösen. Dann werden die Stützen von Hand entfernt. Danach beginnt die stundenlange Handarbeit: Schleifen, von grob bis fein, und am Ende Polieren, bis alles glänzt. Manchmal kommt dann noch eine spezielle Beschichtung für Gold- oder Schwarztöne drauf. Wenn man diesen ganzen manuellen Prozess sieht, versteht man, warum die Preise so hoch sind. Das ist pure Manufakturarbeit.

Material, Kosten und der Realitäts-Check

Für Trinkwasserarmaturen dürfen wir in Deutschland nicht irgendein Metall verwenden. Das Umweltbundesamt führt eine Positivliste mit geeigneten Werkstoffen. Die gängigsten für den 3D-Druck sind Edelstahl (sehr robust und hygienisch) und spezielle, bleifreie Messinglegierungen. Titan ist auch möglich, aber extrem teuer und eher eine technische Demonstration.

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Der entscheidende Punkt für mich als Installateur ist aber das Zertifikat. Achtung: Eine Armatur ohne gültiges DVGW-Prüfzeichen darf in Deutschland nicht an die Trinkwasserinstallation angeschlossen werden! Dieses Zeichen ist deine Garantie für Sicherheit und Hygiene.

Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Das ist kein Papiertiger! Ich hatte schon Kunden, die stolz ihre supergünstige Design-Armatur aus einem internationalen Online-Shop präsentierten. Ich musste ihnen dann erklären, dass ich die ohne DVGW-Zeichen nicht einbauen darf. Die Enttäuschung war groß, aber ein Wasserschaden oder Blei im Trinkwasser wäre noch viel, viel schlimmer gewesen.

Der Preis-Vergleich: Kunstwerk vs. Alltagsheld

Warum kostet so eine Armatur also 10.000 Euro und mehr? Fassen wir zusammen: teure Maschinen, sündhaft teures Metallpulver, extrem lange Druckzeiten und massenhaft Handarbeit bei der Veredelung.

Um das mal einzuordnen: Eine wirklich hochwertige, konventionelle Premium-Armatur von einem Top-Hersteller liegt meist so zwischen 500 und 2.000 Euro. Das ist auch schon eine Investition, aber eben in einer ganz anderen Liga.

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Wenn man die beiden also direkt vergleicht, sieht das Bild so aus: Beim reinen Design und der Einzigartigkeit gewinnt der 3D-Druck klar durch seine grenzenlosen Möglichkeiten. Bei Punkten wie Preis, Wartungsfreundlichkeit, einfacher Reinigung und bewährter Langlebigkeit hat die traditionelle Armatur aber meilenweit die Nase vorn. Man tauscht also quasi Alltagstauglichkeit und ein überschaubares Budget gegen ein einzigartiges Kunstobjekt im Bad.

Mein Fazit und eine Checkliste für dich

Ich glaube nicht, dass diese Technik eine reine Spielerei bleiben wird. Ich sehe ihre Zukunft aber eher in Nischen. Zum Beispiel für die Herstellung von Ersatzteilen für historische Armaturen, die es nicht mehr gibt. Oder für absolut individuelle, barrierefreie Armaturen für Menschen mit körperlichen Einschränkungen. Da könnte der 3D-Druck seine Stärken voll ausspielen.

Bis es so weit ist, hier mein Rat als Meister in Form einer kleinen Checkliste, bevor du viel Geld für eine Luxus-Armatur ausgibst:

  • Ist ein DVGW-Prüfzeichen vorhanden? Das ist die absolute Grundvoraussetzung für den Anschluss an die Trinkwasserleitung. Keine Kompromisse!
  • Welche Kartusche ist verbaut? Frag nach, ob es ein austauschbares Standardteil (z.B. 35 mm) ist oder eine teure Sonderanfertigung.
  • Sind die Anschlüsse genormt? In Deutschland sind 3/8-Zoll-Anschlüsse Standard. Sonderlösungen bedeuten später nur Ärger und Kosten.
  • Wie sieht es mit Ersatzteilen aus? Kann der Hersteller garantieren, dass du auch in 5 oder 10 Jahren noch Dichtungen oder den Perlator bekommst?
  • Wer baut das ein? Lass die Installation immer von einem Fachhandwerker machen. Das schützt vor teuren Wasserschäden und sichert die Gewährleistung.

Die 3D-gedruckte Armatur ist ein faszinierendes Stück Technik. Ich betrachte sie mit einer Mischung aus Bewunderung und gesunder Skepsis. Es ist eben ein langer Weg von einem Prototyp auf einer Messe bis zu einem Produkt, das ich meinen Kunden mit gutem Gewissen empfehlen kann. Bis dahin halte ich meine Augen offen für die Zukunft, verlasse mich aber auf das, was sich bewährt hat. Denn genau das macht gutes Handwerk aus: die Verbindung von Tradition und Fortschritt.

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Mareike Brenner

Mareike ist 1991 in Bonn geboren und hat ihr Diplom in der Fachrichtung Journalistik an der TU Dortmund erworben. Sie hat einen Hintergrund im Bereich Design, da sie an der HAW Hamburg Illustration studiert hat. Mareike hat aber einen Sprung in die Welt des Journalismus gemacht, weil sie schon immer eine Leidenschaft für kreatives Schreiben hatte. Derzeit ist sie in der Redaktion von Freshideen tätig und schreibt gern Berichte über Schönheitstrends, Mode und Unterhaltung. Sie kennt übrigens alle Diäten und das Thema „Gesund abnehmen“ wird von ihr oft bevorzugt. In ihrer Freizeit kann man sie beim Kaffeetrinken mit Freunden antreffen oder sie bleibt zu Hause und zeichnet. Neulich hat sie eine neue Leidenschaft entdeckt, und das ist Online-Shopping.