Richtig vergolden für Einsteiger: Der ehrliche Werkstatt-Guide, damit’s wirklich klappt
Schon unzählige Male habe ich in der Werkstatt gestanden und Quadratmeter über Quadratmeter mit Gold überzogen. Mal waren es feine Zierleisten in einer Altbauwohnung, mal komplette Figuren für eine alte Kirche. Eines habe ich dabei gelernt: Vergolden ist kein Hexenwerk, aber es verzeiht absolut keine Schlamperei. Es ist eine Technik, die Geduld und sauberes Arbeiten belohnt.
Inhaltsverzeichnis
- 0.1 Gold ist nicht gleich Gold: Was du wirklich wissen musst
- 0.2 Die zwei Wege zum Glanz: Welche Technik ist die richtige für dich?
- 0.3 Anleitung zur Ölvergoldung: Schritt für Schritt aus der Werkstatt
- 0.3.1 Was du brauchst: Material, Werkzeug und Geduld
- 0.3.2 Schritt 1: Der perfekte Untergrund ist alles!
- 0.3.3 Schritt 2: Der Kleber (Ölmixtion) kommt drauf
- 0.3.4 Schritt 3: Den perfekten Moment abwarten (der „Griff“)
- 0.3.5 Schritt 4: Das Gold auflegen
- 0.3.6 Schritt 5: Andrücken und Abstauben
- 0.3.7 Schritt 6: Der Schutz (für Schlagmetall ein MUSS!)
- 0.4 Typische Fehler und wie du sie vermeidest
- 0.5 Ein Wort zur Sicherheit
- 1 Bildergalerie
Oft kommen Leute zu mir, total verwirrt. Sie haben von Blattgold und Schlagmetall gehört, aber was ist eigentlich der Unterschied? Sie haben im Baumarkt so ein Deko-Set gekauft und sind vom Ergebnis bitter enttäuscht. Das „Gold“ wird fleckig, manchmal sogar grünlich oder reibt sich nach kurzer Zeit einfach wieder ab. Genau deshalb schreibe ich das hier. Keine oberflächlichen Dekotipps, sondern eine handfeste Anleitung aus der Praxis, die dir wirklich weiterhilft.
Gold ist nicht gleich Gold: Was du wirklich wissen musst
Bevor wir auch nur einen Pinsel in die Hand nehmen, müssen wir über das Wichtigste sprechen: das Material. Wer hier den Unterschied nicht kennt, läuft geradewegs ins Verderben. Ganz ehrlich, das ist die häufigste Fehlerquelle.

Echtes Blattgold: Die langlebige Luxusvariante
Blattgold ist genau das: hauchdünn geschlagenes, echtes Gold. Die Herstellung ist ein uraltes, faszinierendes Handwerk. Man arbeitet hier, wie bei Schmuck, mit Karat-Angaben. Für langlebige Vergoldungen greift man meist zu 22 bis 23,75 Karat. Je reiner das Gold, desto wärmer und satter der Farbton. Der riesige Vorteil: Hochkarätiges Gold oxidiert nicht. Es läuft nicht an, wird nicht fleckig und braucht im Innenbereich keinerlei Schutzlack. Eine fachmännisch gemachte Vergoldung damit hält buchstäblich ewig. Der Nachteil? Natürlich der Preis. Ein Heftchen mit 25 Blatt (ca. 8×8 cm) kostet je nach Reinheit und Anbieter schnell mal zwischen 40 € und 60 €.
Schlagmetall: Der günstige Doppelgänger mit Tücken
Und hier liegt der Hund begraben für viele Heimwerker. Schlagmetall sieht auf den ersten Blick fast aus wie Gold, ist aber eine Messing-Legierung aus Kupfer und Zink. Es ist deutlich günstiger – ein Heftchen bekommst du oft schon für unter 10 € – und die Blättchen fühlen sich etwas dicker und steifer an als echtes Blattgold. Der entscheidende Nachteil: Als unedles Metall reagiert es mit der Luft und der Feuchtigkeit. Ohne Schutz wird es garantiert fleckig, stumpf und kann sogar grün anlaufen. Schlagmetall muss daher IMMER mit einem Schutzlack versiegelt werden. Keine Ausnahmen!

Mein Rat aus der Praxis: Für kleine Deko-Objekte, die du nicht täglich anfasst, ist Schlagmetall eine super Sache, wenn du es am Ende sauber versiegelst. Für alles Wertvolle, für Erbstücke oder Projekte im Außenbereich gibt es nur eine vernünftige Wahl: echtes, hochkarätiges Blattgold. Übrigens, vergiss die Sets aus dem Baumarkt. Gutes Material, egal ob echt oder nicht, bekommst du im Künstlerfachbedarf oder bei spezialisierten Online-Shops. Die Beratung dort ist oft Gold wert.
Die zwei Wege zum Glanz: Welche Technik ist die richtige für dich?
Es gibt im Grunde zwei professionelle Methoden, um das Gold auf eine Oberfläche zu bringen. Die Wahl hängt ganz davon ab, was du vorhast und wie das Ergebnis aussehen soll.
1. Die robuste Allzweck-Methode: Ölvergoldung
Das ist die Technik für 95 % aller Projekte und die, auf die wir uns hier konzentrieren. Sie funktioniert auf fast allen Untergründen – Holz, Metall, Gips, sogar Kunststoff. Man nutzt einen ölbasierten Kleber, die sogenannte Ölmixtion. Das Ergebnis ist ein edler, seidenmatter Glanz. Die Methode ist robust, verzeiht kleine Fehler eher und ist mit etwas Sorgfalt auch von ambitionierten Anfängern zu meistern. Perfekt für Bilderrahmen, Möbelakzente oder Dekorationen.

2. Die Königsklasse für Profis: Polimentvergoldung
Das ist die hohe Kunst. Sie funktioniert nur auf saugenden Untergründen mit einem sehr aufwendigen Aufbau aus Kreidegrund und einer speziellen Tonschicht. Das Besondere: Hier kann das Gold am Ende mit einem Achatstein auf spiegelnden Hochglanz poliert werden. Diesen Effekt kennst du von alten Ikonen oder prunkvollen Barockrahmen. Ehrlich gesagt: Finger weg, wenn du kein Profi bist. Das ist extrem aufwendig, empfindlich und erfordert jahrelange Übung.
Anleitung zur Ölvergoldung: Schritt für Schritt aus der Werkstatt
Eine gute Vergoldung steht und fällt mit der Vorbereitung. Ich sage meinen Leuten immer: „Der Untergrund ist 90 % der Arbeit. Das Gold auflegen ist nur die Belohnung.“ Nimm dir also Zeit, denn jeder noch so kleine Kratzer wird unter dem hauchdünnen Gold später gnadenlos sichtbar.
Was du brauchst: Material, Werkzeug und Geduld
- Vorbereitung: Schleifpapier (z.B. Körnung 120, 240, 320), eine gute Grundierung (z.B. Kunstharz-Primer aus dem Fachhandel), Spachtelmasse, saubere Lappen.
- Vergoldung: Ölmixtion (rechner mit ca. 10-15 € für ein Fläschchen), dein gewähltes Blattgold oder Schlagmetall, ein sehr weicher Pinsel für die Mixtion und einer zum Abstauben (Fehhaar- oder Synthetikpinsel).
- Abschluss: Ein Wattebausch zum Andrücken, bei Schlagmetall unbedingt ein Schutzlack (z.B. Zaponlack oder Schellackpolitur).
- Und das Wichtigste: Zeit und Geduld. Ohne die geht gar nichts!
Gut zu wissen: Für einen normal großen Bilderrahmen (ca. 50×70 cm) reicht ein Heftchen mit 25 Blatt locker aus, du wirst sogar noch Reste haben.

Schritt 1: Der perfekte Untergrund ist alles!
Die Oberfläche muss absolut glatt, sauber, trocken und vor allem nicht saugend sein.
- Auf Holz: Alte Farbe komplett runterschleifen. Risse mit Holzspachtel füllen, glatt schleifen. Dann muss das Holz „gesperrt“ werden, damit der Kleber nicht einfach wegsaugt. Dafür eignet sich eine Schicht Schellack oder ein guter Kunstharz-Primer. Nach dem Trocknen nochmal superfein anschleifen und gründlich entstauben.
- Auf Metall: Rost muss komplett weg! Drahtbürste, Schleifpapier, alles was hilft. Danach mit Spiritus entfetten und unbedingt einen Rostschutzprimer auftragen. Sonst rostet es unter dem Gold fröhlich weiter.
Kleiner Tipp vom Profi: Streiche die grundierte Fläche vor dem Vergolden mit einer matten, rot-braunen Farbe (Bole-Rot) vor. Das hat zwei geniale Effekte: Es gibt dem Goldton eine unglaubliche Wärme und Tiefe. Und falls später mal eine winzige Stelle abplatzt, fällt es kaum auf, weil das Rot darunter dem Auge schmeichelt.
Schritt 2: Der Kleber (Ölmixtion) kommt drauf
Trage die Ölmixtion mit einem weichen Pinsel hauchdünn und super gleichmäßig auf. Es dürfen keine Pinselstriche oder Läufer entstehen. Weniger ist hier definitiv mehr! Eine zu dicke Schicht trocknet ewig und das Gold würde darin „ersaufen“ und stumpf werden. Achte darauf, in einer möglichst staubfreien Umgebung zu arbeiten. Jedes Staubkorn klebt jetzt für immer fest.

Schritt 3: Den perfekten Moment abwarten (der „Griff“)
Das ist der kritischste Punkt. Ist die Mixtion zu nass, versinkt das Gold. Ist sie zu trocken, klebt nichts mehr. Du musst den perfekten Klebepunkt, den wir „Griff“ nennen, erwischen. Der Test ist einfach: Fahre vorsichtig mit deinem trockenen Fingerknöchel über eine unauffällige Stelle. Wenn es ein leises, quietschendes Geräusch macht und nur noch ganz leicht klebt, ohne Fäden zu ziehen – perfekt!
Wenig bekannter Trick für Anfänger: Bevor du dich an dein gutes Stück wagst, übe das Ganze an einem flachen Kieselstein. Da brauchst du nur einen winzigen Klecks Mixtion und ein Reststück Gold. So bekommst du ein Gefühl für den richtigen „Griff“, ohne etwas ruinieren zu können.
Schritt 4: Das Gold auflegen
Endlich! Aber Achtung: Blattgold ist federleicht und extrem empfindlich. Ein falscher Atemzug und es zerreißt. Berühre es niemals mit den Fingern, das Fett deiner Haut hinterlässt sofort Flecken. Für kleine Flächen kannst du das Blatt samt Seidenpapier an die klebrige Fläche halten und mit einem Wattebausch vorsichtig andrücken. Lege die Blätter immer so, dass sie sich ein paar Millimeter überlappen, um Lücken zu vermeiden. Keine Sorge, die Ränder siehst du später nicht mehr.

Schritt 5: Andrücken und Abstauben
Wenn alles bedeckt ist, lass es eine Stunde ruhen. Dann nimmst du einen ganz weichen, sauberen Pinsel oder einen frischen Wattebausch und drückst das Gold mit sanften, kreisenden Bewegungen fest. Dabei bürstest du gleichzeitig die losen Überlappungen (die „Fege“) weg. Die Reste kannst du für winzige Ausbesserungen aufheben.
Schritt 6: Der Schutz (für Schlagmetall ein MUSS!)
Hast du echtes Blattgold im Innenbereich verwendet? Herzlichen Glückwunsch, du bist fertig! Es braucht keinen Schutz. Wenn du aber Schlagmetall benutzt hast oder die Fläche stark beansprucht wird, musst du sie jetzt versiegeln. Lass die Vergoldung mindestens einen Tag, besser zwei, komplett durchtrocknen. Danach kannst du einen Schutzlack wie Zaponlack oder eine dünne Schellackpolitur auftragen. Aber auch hier gilt: Nur eine hauchdünne Schicht, sonst wirkt es wie Plastik.
Typische Fehler und wie du sie vermeidest
Ganz ehrlich, das ist mir als Lehrling selbst passiert. Ich hatte einen ganzen Rahmen versaut, weil ich zu ungeduldig war und das Gold viel zu früh aufgelegt habe. Mein Meister sagte nur trocken: „Siehste, Junge. Lektion gelernt. Jetzt alles wieder runter und nochmal!“ Das vergisst man nie. Meistens sind es genau diese Fehler:

- Problem: Das Gold ist fleckig und stumpf.
Ursache: Du warst zu ungeduldig. Die Mixtion war noch zu nass und das Gold ist darin „ertrunken“.
Lösung: Leider nur die harte Tour: alles wieder runter, neu vorbereiten und aus dem Fehler lernen. - Problem: Das Gold hält nicht richtig.
Ursache: Entweder war der Untergrund zu saugfähig (schlecht grundiert) oder du hast zu lange gewartet und die Mixtion war schon zu trocken.
Lösung: Auch hier: Neustart. Konzentrier dich beim nächsten Mal auf den „Quietsch-Test“ mit dem Fingerknöchel. - Problem: Dein Schlagmetall wird nach ein paar Wochen grün oder schwarz.
Ursache: Du hast die Versiegelung vergessen oder zu dünn aufgetragen.
Lösung: Manchmal kann man es mit ganz feiner Polierwatte retten und dann schnell versiegeln. Meist ist der Schaden aber dauerhaft.
Ein Wort zur Sicherheit
Beim Vergolden mit Ölmixtion und Lacken solltest du immer für gute Lüftung sorgen. Und wenn du an alten Objekten arbeitest und alte Farbschichten abschleifst: Trage bitte immer eine gute Staubmaske (FFP2) und Handschuhe. Man weiß nie, was in den alten Farben so alles drin war.

Wenn es sich um wertvolle Erbstücke, große Flächen oder gar denkmalgeschützte Objekte handelt, hol dir bitte einen Profi. Die Kosten für einen Fachbetrieb sind am Ende deutlich geringer als der Schaden durch ein misslungenes Experiment. Aber für deine eigenen kreativen Projekte… mit Geduld, dem richtigen Material und dieser Anleitung kannst du wirklich beeindruckende Ergebnisse erzielen. Viel Erfolg dabei!
Bildergalerie


Wussten Sie schon? Ein einziges Gramm Gold lässt sich zu einem Blatt von fast einem Quadratmeter Fläche ausschlagen.
Diese extreme Dehnbarkeit ist der Grund, warum Vergoldungen überhaupt wirtschaftlich möglich sind. Die Goldschicht auf einem Bilderrahmen oder einer Skulptur ist oft nur etwa 100 Nanometer dick – das ist tausendmal dünner als ein menschliches Haar. Genau diese Feinheit macht das Material so empfindlich in der Verarbeitung, aber auch so unnachahmlich im Glanz.

Warum haftet mein Schlagmetall, sieht aber stumpf und unregelmäßig aus?
Die Antwort liegt fast immer in der Anlegemilch und dem Timing. Dieses milchige Bindemittel, wie z.B. „Kölner Instacoll“ für Profis oder einfache Acrylat-Dispersionen für Hobbyisten, muss eine ganz bestimmte Trocknungszeit einhalten. Tragen Sie das Metall auf, wenn die Milch noch zu nass ist, „ertrinkt“ der Glanz. Warten Sie zu lange, hat sie keine Klebekraft mehr. Der Trick: Nach dem Auftragen warten, bis die Flüssigkeit von milchig-weiß zu komplett transparent getrocknet ist. Erst dann hat sie die perfekte, leicht klebrige Konsistenz, um das Metall aufzunehmen und seinen Glanz maximal zur Geltung zu bringen.
Jenseits von Blattgold und Klebemittel liegt das Geheimnis eines perfekten Finishs oft im richtigen Werkzeug. Ein einfacher Borstenpinsel aus dem Baumarkt wird Sie hier nicht weit bringen. Profis setzen auf eine spezialisierte Ausrüstung:
- Vergolderkissen & -messer: Ein Wildlederkissen und ein langes, gerades Messer, um das hauchdünne Gold präzise und ohne Risse zu schneiden.
- Anschusspinsel: Ein breiter, flacher Pinsel aus Fehhaar (Eichhörnchenhaar), der durch Reiben am Arm statisch aufgeladen wird, um das Gold aufzunehmen.
- Polierachat: Ein hochglanzpolierter Achatstein in verschiedenen Formen, um echtes Blattgold auf speziellen Untergründen (Polimentvergoldung) zu einem spiegelnden Glanz zu verdichten.



