Industrie-Stil, aber richtig: Was dir im Baumarkt keiner verrät
Ich steh oft in meiner Werkstatt und atme diesen Geruch ein: eine Mischung aus geschnittenem Stahl und kühlem Öl. Das ist für mich der Duft von Echtheit. Um mich herum siehst du nur ehrliche Materialien – massive Stahlträger, schwere Eichenbohlen, kühle Betonflächen. Hier wird nichts versteckt oder verkleidet. Jede Schweißnaht, jede Schraube, jede raue Kante hat ihre eigene Geschichte.
Inhaltsverzeichnis
Genau das ist der Kern des echten Industrie-Stils. Das ist kein Trend, den du dir mal eben aus dem Katalog bestellst, sondern eine echte Haltung. Es geht um die pure Schönheit des Unverfälschten und die simple Logik einer guten Konstruktion.
Seit vielen Jahren baue ich Möbel und richte Lofts ein. Ich hab dabei gelernt, was wirklich funktioniert und was nur auf Instagram gut aussieht. Viele verwechseln den Stil mit ein paar schwarzen Lampen und einer grauen Wandfarbe. Aber ganz ehrlich? Das ist nur die Oberfläche. Echter Industrie-Stil hat Tiefe und Gewicht. Er lebt von der Qualität der Materialien und der Sorgfalt, mit der sie verarbeitet werden. Lass uns mal Tacheles reden: Hier erfährst du, worauf es wirklich ankommt, welche Materialien die richtigen sind und welche Fehler du unbedingt vermeiden solltest.

1. Die Basis: Versteh deine Materialien
Alles fängt beim Material an. Wenn das Fundament nicht stimmt, kannst du noch so viel Deko draufwerfen – es wird sich nie richtig anfühlen. Im Industrie-Stil sind die Materialien die Hauptdarsteller, nicht nur Nebenrollen.
Stahl: Das ehrliche Rückgrat deines Designs
Stahl ist so viel mehr als nur Metall. Er ist das Skelett, das alles zusammenhält. Meistens arbeiten wir Profis mit normalem Baustahl, oft auch Schwarzstahl genannt. Der hat diese typische dunkle, lebendige Oberfläche – die sogenannte Zunderschicht. Die ist alles andere als perfekt. Sie hat Kratzer, Farbunterschiede, manchmal sogar leichten Flugrost. Aber genau das macht ihren unverwechselbaren Charme aus.
Die Behandlung ist das A und O: Roher Stahl rostet, sobald er feuchte Luft abbekommt. Um diesen Look im Innenbereich zu bewahren, musst du ihn schützen. Die authentischste Methode ist das Einölen. Ein gutes Hartwachsöl (Osmo oder Rubio Monocoat sind da meine Favoriten) zieht tief ein und schützt vor Feuchtigkeit, ohne die Haptik zu zerstören. Die Oberfläche fühlt sich weiterhin wie Metall an und „atmet“. Aber wie macht man das richtig? Ganz einfach, hier ein kleiner Profi-Tipp:

- Schritt 1: Entfetten. Die Oberfläche muss absolut sauber und fettfrei sein. Nimm dazu am besten Bremsenreiniger aus der Sprühdose und ein sauberes Tuch.
- Schritt 2: Öl auftragen. Gib etwas Öl auf einen fusselfreien Lappen und massiere es hauchdünn ein. Weniger ist hier mehr!
- Schritt 3: Überschuss abnehmen. Warte etwa 15-20 Minuten und poliere dann mit einem trockenen, sauberen Lappen alles ab, was nicht eingezogen ist. Wenn du das vergisst, wird die Oberfläche klebrig.
Zur regelmäßigen Pflege reicht dann ein nebelfeuchtes Tuch – aber bitte keine scharfen Reiniger! Eine Alternative ist klarer Mattlack. Der ist robuster, versiegelt die Oberfläche aber auch stärker, was die Haptik etwas verändert. Die Luxusvariante ist eine Pulverbeschichtung, die ist extrem widerstandsfähig, aber nichts für den Heimwerker und lässt die natürliche Oberfläche komplett verschwinden.
Achtung! Billige „Industrie-Möbel“ aus dem Möbelhaus sind oft nur dünnes Blech mit schwarzer Farbe. Echte Qualität spürst du am Gewicht. Ein Tischgestell aus 80×80 Millimeter Vierkantrohr mit 3 Millimeter Wandstärke wackelt nicht. Punkt.

Ziegelmauerwerk: Die warme, raue Haut
Eine freigelegte Ziegelwand ist der absolute Klassiker. Sie bringt sofort Wärme und Textur in einen Raum. Aber Vorsicht, nicht jede Wand ist dafür geeignet. Manchmal legst du wunderschöne alte Ziegel frei, manchmal aber auch nur bröseligen Mörtel und kaputte Steine.
Den Putz abzuschlagen, ist eine verdammt staubige und laute Angelegenheit. Ganz ehrlich, für eine 10 Quadratmeter große Wand solltest du als Laie gut ein anstrengendes Wochenende einplanen. Denk unbedingt an eine FFP2-Maske und eine Schutzbrille! Danach wird die Wand mit einer harten Bürste und Wasser geschrubbt. Damit sie später nicht sandet, muss sie verfestigt werden. Ich empfehle einen transparenten Tiefengrund für saugende Untergründe. Der versaut die Optik nicht und lässt die Wand atmen, was super für das Raumklima ist.
Keine echte Ziegelwand? Kein Problem. Riemchen (dünne Ziegelscheiben) sind eine super Alternative. Investiere hier aber in gute Qualität aus echtem Ton, nicht in die billigen Gips-Dinger aus dem Baumarkt. Marken wie „Klinker-Riemchen“ oder geschnittene Altziergel findest du eher im Baustoff-Fachhandel, und der Unterschied ist gewaltig.

Beton: Die kühle, ruhige Kraft
Beton ist einfach ein fantastisches Material: minimalistisch, stark, ehrlich. Ideal für Böden, Arbeitsplatten oder ganze Wände.
Ein echter geschliffener Betonboden ist zwar aufwendig, aber unschlagbar. Dafür musst du aber tief in die Tasche greifen – rechne mal mit 100 € bis 200 € pro Quadratmeter, je nach Zustand des Untergrunds und Versiegelung. Dafür hält er ein Leben lang und ist super pflegeleicht.
Eine beliebte Alternative sind Spachtelmassen in Betonoptik, oft „Beton Ciré“ genannt. Richtig gemacht, sieht das super aus, besonders in Bädern oder als Küchenrückwand. Das ist aber definitiv keine Arbeit für Anfänger! Falsch aufgetragen, reißt die Oberfläche oder wird fleckig. Und zur Pflege? Absolut tabu sind Essigreiniger oder andere Säuren, die fressen sich regelrecht in die Oberfläche. Nimm immer nur pH-neutrale Reiniger, dann hast du lange Freude daran.
2. Der Aufbau: Vom Rohbau zum Wohnraum
Wenn die Materialien stehen, geht es an die Elemente, die den Raum strukturieren. Hier wird es richtig spannend.

Offene Leitungen und sichtbare Technik
Im Industrie-Stil versteckt man keine Rohre, man macht sie zum Design-Element. Aber das muss professionell gemacht werden. Besonders bei der Elektrik gibt es null Kompromisse. Aufputz-Installationen mit schwarzen Rohren sehen cool aus, aber lass da bitte immer einen Elektriker ran. Ein Fehler kann zu einem Brand führen. Spar hier bloß nicht am falschen Ende!
Fenster und Türen aus Stahl und Glas
Große Sprossenfenster aus schwarzem Stahl sind der Traum vieler. Sie bringen Licht und Weite. Moderne Systeme mit thermischer Trennung sind aber teuer. Für eine Innenwand, zum Beispiel als Raumteiler zwischen Küche und Wohnzimmer, ist das eine andere Sache. So eine feste Trennwand, sagen wir mal 3 Meter breit und 2,50 Meter hoch, bekommst du von einem guten Metallbauer ab etwa 3.000 €, kann aber auch schnell das Doppelte kosten. Das ist kein Pappenstiel, aber ein Statement für die Ewigkeit.
3. Der Feinschliff: Handwerk, das man sehen kann
Der wahre Unterschied liegt oft im Detail. Es sind die Kleinigkeiten, an denen man erkennt, ob jemand sein Handwerk wirklich versteht.

Die Kunst der sichtbaren Verbindung
Verbindungen werden nicht versteckt, sondern gefeiert. Eine saubere, gleichmäßige Schweißnaht ist ein Qualitätsmerkmal. Alternativ sind grobe Sechskantschrauben (M12 oder M16) mit sichtbaren Muttern ein echter Hingucker und erinnern an alte Brückenkonstruktionen. Das ist pure, ehrliche Mechanik.
Oberflächen mit Charakter
Perfekt glatte Oberflächen sind doch langweilig. Spuren der Herstellung oder eine gewollte Patina machen ein Stück erst richtig interessant. Man kann Stahl zum Beispiel künstlich rosten lassen und diesen Zustand dann mit einem speziellen Lack (z.B. Owatrol-Öl) versiegeln, damit nichts abfärbt. Auch neues Holz kann man altern lassen, indem man es mit einer Drahtbürste bearbeitet. Mein Tipp: Probier solche Techniken immer erst an einem Reststück aus, bevor du dich an dein teures Möbelstück wagst!
4. Typische Probleme und wie du sie löst
Der Industrie-Stil hat auch seine Tücken. Große, offene Räume mit vielen harten Oberflächen können schnell ungemütlich werden. Aber keine Sorge, für alles gibt es eine Lösung.

Problem 1: Der Raum wirkt kalt und unpersönlich
Klar, Stahl und Beton sind kühle Materialien. Der Trick liegt im Kontrast. Setze gezielt warme Gegenpole: ein tiefes Ledersofa, ein hochfloriger Wollteppich, schwere Leinenvorhänge. Massives Holz ist der beste Freund von Stahl! Eine große Tischplatte aus Eiche bricht die Strenge sofort. Und unterschätze niemals die Wirkung von Pflanzen. Ein paar große Farne bringen sofort Leben in die Bude.
Problem 2: Die Akustik ist eine Katastrophe
Harte Oberflächen reflektieren den Schall. In einem Loft kann es schnell hallen wie in einer Turnhalle. Die Lösung? Textilien! Teppiche sind der Schallschlucker Nummer eins. Vorhänge helfen enorm. Auch ein großes, gut gefülltes Bücherregal an der Wand bricht den Schall und macht den Raum gemütlicher.
5. Dein erstes Projekt: Für jedes Budget was dabei
Echte Handwerksarbeit kostet. Aber du musst nicht gleich Tausende ausgeben. Man kann auch klein anfangen und trotzdem einen authentischen Look schaffen.
Der Quick-Win: Dein unkaputtbares Rohr-Regal
Lust auf dein erstes eigenes Industrie-Möbel an einem Nachmittag? Bau dir ein Regal aus Wasserrohren! Das ist ein perfektes Einsteigerprojekt.

Was du brauchst (alles im Baumarkt erhältlich):
- Wasserrohre in ¾ Zoll (schwarz oder verzinkt)
- Passende Fittings: Flansche für die Wandbefestigung, T-Stücke, Winkel, Endkappen
- Holzbohlen (günstige Gerüstbohlen für ca. 15€ pro Stück sehen super aus)
Für ein mittelgroßes Regal landest du bei etwa 80-120 €. Einfach die Rohre und Fittings von Hand fest zusammenschrauben, die Flansche an die Wand dübeln, Bohlen drauflegen – fertig ist dein individuelles Meisterstück.
Achtung, schwer! Die richtige Befestigung
Industrielle Möbel sind oft verdammt schwer. Ein massives Regal oder ein großer Tisch wiegen schnell mal ein paar hundert Kilo. Prüfe also die Statik und nutze die richtigen Dübel! Hier eine kleine Faustregel:
- Betonwand: Schwerlastanker oder gute Spreizdübel (z.B. Fischer DuoPower)
- Ziegelwand: Lange Spreizdübel, die mehrere Stege im Ziegel greifen.
- Gipskartonwand: Aufgepasst! Hier brauchst du spezielle Hohlraumdübel aus Metall und solltest schwere Lasten immer in der Unterkonstruktion verankern. Im Zweifel lieber einen Handwerker fragen.
Und noch ein Wort zur Statik: Reiß niemals einfach so eine Wand ein, weil du einen offenen Loft-Look willst. Frag vorher immer einen Statiker! Ein Fehler hier kann dich dein Haus kosten.

Mein Fazit aus der Werkstatt
Der Industrie-Stil ist so viel mehr als eine Modeerscheinung. Er ist eine Hommage an ehrliche Materialien und solide Konstruktionen. Er muss nicht perfekt sein – die kleinen Macken und Spuren machen erst seinen Charakter aus.
Wenn du diesen Stil für dich entdeckst, sei mutig, aber hab auch Respekt vor den Materialien und den Regeln des Handwerks. Investiere in Qualität, die du fühlen kannst. Und wenn du unsicher bist, hol dir Hilfe vom Profi. Dann schaffst du dir nicht nur einen Raum, der cool aussieht, sondern ein echtes Zuhause mit Charakter, das deine Geschichte erzählt.
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Licht ist nicht nur Helligkeit, es ist ein Werkzeug. In Lofts wurden ursprünglich funktionale Leuchten wie die von „Jieldé“ verwendet, deren Gelenkarme patentiert wurden, um Kabelbruch zu verhindern.
Das bedeutet für dich: Denk über die Funktion nach, bevor du eine Lampe kaufst. Brauchst du gerichtetes Licht zum Lesen oder eine breite Ausleuchtung? Eine schwere Werkstattlampe über dem Esstisch ist ein Statement, aber eine filigrane Klemmlampe am Bücherregal erzählt die gleiche Geschichte von Funktion und Form.


Der häufigste Fehler: Die falschen Schrauben. Klingt banal, aber es ist der Teufel im Detail. Verzinkte Kreuzschlitzschrauben aus dem Baumarkt schreien „billig“. Echter Industrie-Stil lebt von authentischen Verbindungselementen. Investiere in schwarze Schlossschrauben mit Vierkantansatz oder sichtbare Sechskantschrauben. Sie sind nicht nur funktional, sie sind ein bewusstes Design-Element, das Kraft und Handwerkskunst ausstrahlt.


Muss es immer die rote Backsteinwand sein?
Nein, und oft ist das sogar die falsche Wahl. Viele Lofts hatten ursprünglich weiß oder grau geschlämmte Ziegelwände, um das Licht besser zu reflektieren. Dieser Look ist oft ruhiger und vielseitiger. Eine Alternative sind Sichtbetonwände oder sogar alte, verputzte Wände, bei denen die Spuren der Zeit – Risse, Farbreste, alte Dübellöcher – bewusst erhalten bleiben. Das ist ehrlicher als eine aufgeklebte Riemchen-Fassade.


- Dicke, schwere Leinenstoffe
- Ein grob gewebter Wollteppich
- Ein Sessel aus patiniertem Echtleder
Das Geheimnis? Taktile Gegensätze. Harte, kalte Oberflächen wie Stahl und Beton brauchen weiche, warme Pendants, damit der Raum nicht steril wirkt. Diese natürlichen Textilien brechen die Strenge und laden zum Verweilen ein, ohne den industriellen Charakter zu verraten.


Stahl ist nicht gleich Stahl. Während der Artikel Schwarzstahl behandelt, gibt es eine faszinierende Alternative für besondere Akzente: Cortenstahl. Bekannt für seine rostige, sich selbst schützende Patina, wird er oft im Außenbereich eingesetzt. Im Innenraum kann eine einzelne Platte als Wandverkleidung oder als Front für einen Kamin eine unglaubliche Wärme und Textur erzeugen. Es ist ein lebendiges Material, dessen Farbe sich mit der Zeit subtil verändert.


„Form follows function.“ – Louis Sullivan
Dieser berühmte Satz ist die DNA des Industrie-Designs. Jedes Element hatte ursprünglich einen Zweck. Ein sichtbares Rohr transportiert Wasser, ein Stahlträger stützt die Decke. Wenn du ein Möbelstück oder ein Accessoire auswählst, frag dich: Wirkt es so, als hätte es eine echte Funktion? Wenn ja, passt es wahrscheinlich perfekt.


Der Sound der Stille: Große, offene Räume mit harten Oberflächen können schnell zu einer Echokammer werden. Die Lösung liegt nicht darin, alles mit Stoff vollzustopfen.
- Akustik-Panels: Es gibt sie heute in ästhetischen Designs, z.B. aus Filz oder Holzlamellen. Hersteller wie „Abstracta“ oder „Glimakra of Sweden“ bieten Lösungen, die wie Kunstwerke aussehen.
- Bücherregale: Ein großes, gut gefülltes Regal ist einer der besten und schönsten Schallschlucker.
- Teppiche: Ein einzelner, großer und dicker Teppich unter der Sitzgruppe kann Wunder wirken.


Fensterdekoration ist oft ein Knackpunkt. Schwere Samtvorhänge? Falsch. Filigrane Plissees? Passen selten. Die authentischste Lösung sind oft schlichte, innenliegende Jalousien aus Metall oder Holz. Noch besser: gar nichts. Wenn die Architektur es zulässt, lass die Fenster für sich sprechen. Ihre Größe und die schwarzen Stahlrahmen sind oft schon Schmuck genug und betonen die Verbindung nach draußen.


Wie integriert man Farbe, ohne den Stil zu verwässern?
Durch ein einziges, mutiges Statement-Möbel. Stell dir einen alten, neu lackierten Werkzeugschrank in leuchtendem Kobaltblau oder Racing Green vor. Oder eine Kücheninsel in einem tiefen, satten Orange. Der Trick ist, die Farbe auf ein robustes, funktionales Stück zu konzentrieren. So wirkt sie nicht wie eine aufgesetzte Dekoration, sondern wie ein bewusstes, kraftvolles Zitat inmitten der neutralen Umgebung aus Grau, Schwarz und Holz.


Wusstest du, dass die ersten Lofts in den 1960er Jahren in New Yorks SoHo von Künstlern illegal bewohnt wurden? Sie schätzten die großen Flächen und das billige Leben in den leerstehenden Fabriken – der Stil wurde aus der Notwendigkeit geboren.


Altholz: Die Planken einer alten Scheune oder die Bohlen einer abgerissenen Fabrikhalle haben eine Geschichte, die man nicht fälschen kann. Die Maserung, die Wurmlöcher, die alten Nagelspuren – das ist pure Authentizität.
Neues Holz auf alt getrimmt: Hier werden neue Bretter durch Techniken wie Bürsten, Beizen oder Kalken künstlich gealtert. Das kann gut aussehen, fühlt sich aber oft weniger „echt“ an und hat nicht die gleiche Tiefe.
Unsere Empfehlung: Für Schlüsselstücke wie einen Esstisch oder eine Arbeitsplatte lohnt sich die Suche nach echtem Altholz. Es ist die Seele des Raumes.


Denk an die Details unter deinen Füßen. Statt klassischer Sockelleisten, die oft zu filigran wirken, kann man flache Stahlprofile (ca. 40x5mm) an die Wand setzen. Sie schaffen einen sauberen, extrem robusten Abschluss zwischen Wand und Boden und unterstreichen den materiellen Charakter des Raumes perfekt. Mit Klarlack versiegelt, behalten sie ihren metallischen Look.


- Schafft definierte Zonen in offenen Grundrissen.
- Fungiert als Statement-Piece, das den Raum strukturiert.
- Lässt Licht durch, was die Offenheit bewahrt.
Das Geheimnis? Schwarze Stahl-Glas-Wände. Ob als Raumteiler, Duschabtrennung oder Windfang – diese Elemente, oft als „Loft-Türen“ bezeichnet, sind die perfekte moderne Interpretation des Stils. Sie zitieren alte Fabrikfenster und bringen gleichzeitig eine grafische Eleganz in den Raum. Anbieter wie „Stahl-Loft“ oder lokale Metallbauer fertigen sie nach Maß an.


Das richtige Grün: Nicht jede Pflanze passt zum rauen Charme. Vergiss liebliche Blümchen. Setze auf Gewächse mit starkem Charakter und skulpturaler Form.
- Feigenbaum (Ficus Lyrata): Seine großen, ledrigen Blätter sind ein Klassiker.
- Monstera Deliciosa: Bringt einen Hauch von urbanem Dschungel.
- Bogenhanf (Sansevieria): Extrem pflegeleicht und mit seinen steifen, aufrechten Blättern sehr architektonisch.


Was ist eigentlich Mikrozement?
Es ist eine der besten Alternativen zu echtem Sichtbeton, besonders bei Renovierungen. Mikrozement ist eine dünne, zementbasierte Spachtelmasse, die auf fast jeden bestehenden Untergrund (Fliesen, Estrich) aufgetragen werden kann. Das Ergebnis ist eine fugenlose, wasserfeste Oberfläche mit der minimalistischen Ästhetik von Beton, aber ohne die enorme Dicke und das Gewicht. Ideal für Böden, Wände und sogar Badezimmer.


Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik kann die gefühlte Raumtemperatur in Räumen mit hohem Holzanteil um bis zu 2 Grad wärmer empfunden werden als die tatsächliche Lufttemperatur.
Das ist der Grund, warum Holzböden oder eine einzelne Holzwand in einem industriellen Ambiente so wichtig sind. Sie gleichen die psychologische Kühle von Beton und Stahl aus und schaffen eine behagliche Grundatmosphäre, ohne den Stil zu kompromittieren.


Kabel sind notwendig, aber Kabelsalat ist ein No-Go. Anstatt sie zu verstecken, inszeniere sie! Verwende Aufputz-Elektroinstallationen mit starren, silbernen oder schwarzen Metallrohren und passenden Bakelit-Schaltern. Das sieht nicht nur authentisch aus, es ist auch eine Hommage an die ursprüngliche Funktion von Fabrikgebäuden, bei denen Leitungen immer zugänglich sein mussten.


Wichtiger Punkt: Die Skalierung. Ein häufiger Fehler ist die Wahl von zu kleinen, „niedlichen“ Möbeln. Ein industriell geprägter Raum mit hohen Decken und großen Flächen verlangt nach Möbeln mit Substanz. Ein wuchtiges Sofa, ein überdimensionaler Esstisch aus massiven Bohlen, eine riesige Bogenlampe. Kleine Möbel gehen unter und lassen den Raum unmöbliert und verloren wirken. Sei mutig, denk in großen Dimensionen!


Die Patina von Leder ist das Pendant zur Zunderschicht von Stahl. Suche nach Sofas oder Sesseln aus Anilin- oder Semianilinleder. Diese Lederarten sind offenporig und entwickeln mit der Zeit eine einzigartige, persönliche Patina aus Kratzern und Farbunterschieden. Ein perfekt aussehendes, hochglanzversiegeltes Ledersofa wirkt im Industrie-Kontext oft wie ein Fremdkörper. Marken wie „Freifrau“ oder „Rolf Benz“ haben oft passende Modelle im Programm.


- Ein alter Spind aus einer Umkleide als Garderobenschrank.
- Eine ausgediente Werkbank als Konsolentisch im Flur.
- Turnkästen oder Böcke als unkonventionelle Sitzgelegenheiten.
Die Quelle? Online-Marktplätze und Industrieverwertungen. Das sind die wahren Schätze. Sie bringen eine unkopierbare Geschichte mit und sind oft für einen Bruchteil des Preises von Designerstücken zu haben. Der Charme liegt in ihren Gebrauchsspuren.


Vergiss perfekt polierte Oberflächen. Der japanische Wabi-Sabi-Gedanke, die Schönheit im Unvollkommenen zu finden, ist ein Seelenverwandter des Industrie-Stils. Ein Riss im Betonboden ist kein Makel, sondern ein Zeichen von Leben. Ein Farbunterschied im Stahl ist kein Fehler, sondern Charakter. Diese Philosophie hilft dir, die ehrliche Schönheit der Materialien wirklich wertzuschätzen und dem Drang nach steriler Perfektion zu widerstehen.


Statement-Kunst: Eine riesige, leere Wand schreit nach Kunst. Aber statt vieler kleiner Bilder, die unruhig wirken, setze auf ein einziges, großformatiges Werk. Abstrakte Malerei mit groben Texturen, eine Schwarz-Weiß-Fotografie mit industriellem Motiv oder sogar ein stilisiertes Graffito können zum zentralen Blickfang werden und dem Raum eine persönliche, intellektuelle Ebene verleihen.


Der Schweizer Architekt Peter Zumthor sagte einmal: „Konstruktion ist die Kunst, aus Notwendigkeiten ein sinnvolles Ganzes zu fügen.“
Genau das trifft den Kern des Industrie-Stils. Es geht darum, die Konstruktion selbst – die Schweißnaht, den Träger, die Verschraubung – nicht zu verstecken, sondern sie als ästhetisches Element zu zelebrieren. Das ehrliche Zeigen, wie etwas gemacht ist, wird zum Designprinzip.


Und was ist mit dem Badezimmer?
Hier kannst du den Stil konsequent weiterführen. Denk an eine freistehende Badewanne aus Gusseisen, Armaturen in Schwarz-Matt oder gebürstetem Messing (z.B. von „Vola“ oder „Grohe“), und einen Waschtisch, der auf einem rohen Stahlgestell ruht. Fliesen im Metro-Stil oder fugenloser Sichtspachtel an den Wänden runden den Look ab und schaffen eine urbane Wellness-Oase.

Nachhaltigkeit ist kein Trend, sie ist eingebaut. Der Industrie-Stil ist im Kern nachhaltig. Er bevorzugt langlebige, robuste Materialien, die Jahrzehnte überdauern. Er feiert die Wiederverwendung von Altholz und alten Möbeln (Upcycling). Anstatt Dinge bei Verschleiß wegzuwerfen, schätzt er ihre Patina. Wer sich für diesen Stil entscheidet, investiert in Stücke, die nicht nach einer Saison aus der Mode kommen, sondern an Charakter gewinnen.




