Rhabarber anbauen wie ein Profi: Dein ehrlicher Guide für eine fette Ernte
Ganz ehrlich? Beim Gärtnern gibt es ein paar Pflanzen, die einem so richtig was beibringen. Für mich war Rhabarber so eine Lektion. Eine alte Gärtnerweisheit, die ich nie vergessen habe, lautet: „Der Rhabarber verzeiht dir viel. Aber einen nassen Fuß, den verzeiht er dir nie.“ Und das stimmt bis heute auf den Punkt.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Was Rhabarber wirklich will: Die Basics verstehen
- 2 Standort & Boden: Das Fundament für die nächsten 10 Jahre
- 3 Die Pflanzung: So geht’s richtig los
- 4 Rhabarber auf dem Balkon? Aber klar!
- 5 Pflege im Jahresverlauf: So bleibt er fit
- 6 Die Ernte: Technik, Timing und die goldene Regel
- 7 Langzeitpflege: Verjüngungskur für alte Helden
- 8 Hilfe, mein Rhabarber schwächelt!
- 9 Ein letztes Wort…
Rhabarber ist kein kompliziertes Gewächs. Er ist robust, direkt und wenn du ihn gut behandelst, hast du einen Freund für viele, viele Jahre. Aber wie bei allem im Leben kommt es auf die Grundlagen an. Wer hier schludert, der wird sich Saison für Saison über dünne, saure Stängelchen ärgern. Das wollen wir nicht, oder?
Dieser Guide ist keine schnelle Fünf-Minuten-Anleitung. Ich will dir zeigen, wie du Rhabarber so in die Erde bringst, dass er zu einer richtigen Prachtstaude wird. Das Wissen dafür kommt nicht nur aus Büchern, sondern aus Beobachtung, aus Fehlern (ja, auch ich hab welche gemacht!) und aus dem, was wirklich funktioniert. Wir reden über den perfekten Standort, den richtigen Boden und die Pflege, die den Unterschied macht zwischen „naja“ und einer Ernte, die für Kuchen, Kompott und die Nachbarn reicht.

Was Rhabarber wirklich will: Die Basics verstehen
Bevor wir den Spaten rausholen, müssen wir kurz die Pflanze verstehen. Klingt langweilig, ist aber der Schlüssel zum Erfolg. Rhabarber (botanisch Rheum rhabarbarum) ist ein sogenannter Starkzehrer. Das ist Gärtner-Sprech für: „Ich habe Bärenhunger!“ Er braucht Unmengen an Nährstoffen, um seine riesigen Blätter und die dicken Stangen zu produzieren. Ihn auf mageren Sandboden zu setzen und auf das Beste zu hoffen, ist wie ein Sportauto mit Wasser zu betanken – da kommt nicht viel bei raus.
Das zweite Geheimnis liegt unter der Erde: das Rhizom. Das ist der dicke, knollige Wurzelstock, der Energiespeicher der Pflanze. Alles, was wir nach der Ernte im Sommer tun, entscheidet darüber, wie viel Power dieses Rhizom für den Austrieb im nächsten Frühling sammelt. Pflegen wir ihn gut, explodiert er förmlich im März. Schwächen wir ihn, kommt er nur zögerlich aus den Puschen.
Kleiner Exkurs: Die Sache mit der Oxalsäure
Jeder redet drüber, also klären wir das mal. Oxalsäure sorgt für den typisch säuerlichen Geschmack. Es ist ein natürlicher Schutz der Pflanze gegen Fressfeinde. Im Laufe des Jahres steigt die Konzentration in den Stielen an – und genau deshalb halten wir uns an die alte Gärtnerregel: Ernte nur bis zum Johannistag (24. Juni). Danach gönnen wir der Pflanze ihre Ruhe, damit sie Kraft tanken kann.

Für gesunde Menschen ist die Säure in gekochten Stielen völlig unproblematisch. Sie bindet Kalzium, weshalb die Kombi mit Milchprodukten (denk an Vanillesoße oder Quark!) nicht nur lecker, sondern auch clever ist. Das Kalzium aus der Milch schnappt sich die Säure schon im Magen. Wer allerdings zu Nierenproblemen oder Gicht neigt, sollte vorsichtig sein.
Achtung, ganz wichtig: Die Blätter des Rhabarbers sind giftig! Sie enthalten eine viel höhere Konzentration der Säure und dürfen NIEMALS gegessen werden. Entsorge sie am besten im Biomüll. Und falls du Haustiere hast: Pass auf, dass dein Hund nicht daran knabbert. Im Zweifel lieber den Tierarzt anrufen!
Übrigens, ein kleiner Fakt zum Angeben: Wusstest du, dass Rhabarber botanisch gesehen ein Gemüse ist? Wir verwenden ihn nur wie Obst. Ziemlich clever, oder?
Standort & Boden: Das Fundament für die nächsten 10 Jahre
Eine Rhabarberpflanze kann locker 10 bis 15 Jahre am selben Fleck bleiben. Die Standortwahl ist also eine ziemlich endgültige Entscheidung. Nimm dir dafür einen Moment Zeit.

Der richtige Platz im Garten
Rhabarber liebt Sonne, hasst aber die gnadenlose Mittagshitze. Ein idealer Platz ist daher sonnig bis halbschattig. Morgensonne ist perfekt, um die Blätter abzutrocknen und Pilzkrankheiten vorzubeugen. Ab Mittag darf es gern etwas schattiger sein, zum Beispiel unter einem lichten Apfelbaum oder an der Ostseite vom Haus.
Und gib ihm Platz! Eine ausgewachsene Pflanze braucht mindestens einen Quadratmeter, besser wären sogar 1,5 Meter im Durchmesser. Quetsch ihn nicht zwischen andere Pflanzen, er mag keine Konkurrenz. Ein ruhiges Plätzchen am Rand des Gemüsebeets ist ideal.
Die Bodenvorbereitung: Hier entscheidet sich alles
Das hier ist der wichtigste Schritt. Ernsthaft. Rechne mal mit gut 30-45 Minuten schweißtreibender Arbeit für das Pflanzloch, wenn du es richtig machen willst. Deine Mühe wird sich aber auszahlen.
Der Boden muss tiefgründig, locker und voller Nährstoffe sein. Grabe das Pflanzloch mindestens zwei Spatenstiche tief aus (ca. 50-60 cm). Nimm dafür am besten eine Grabegabel, die lockert den Boden, ohne das Bodenleben komplett durcheinanderzuwirbeln.

Jetzt kommt das Futter: Arbeite pro Pflanze großzügig organisches Material ein. Das Beste ist gut abgelagerter Pferde- oder Rindermist. Wenn du den nicht hast, ist reifer Kompost die beste Alternative. Ein Sack guter Kompost kostet im Baumarkt um die 5-10 Euro. Gib zusätzlich eine Handvoll Hornspäne dazu – das ist der perfekte Langzeitdünger.
- Bei schwerem Lehmboden: Mische groben Sand oder feinen Kies unter, um Staunässe zu verhindern. Nasse Füße, erinnerst du dich? Das ist der sichere Tod für jedes Rhizom.
- Bei leichtem Sandboden: Arbeite Kompost und Gesteinsmehl (Bentonit) ein. Das hilft dem Boden, Wasser und Nährstoffe besser zu speichern.
Kleiner Tipp für Ungeduldige: Keine Zeit für die perfekte Vorbereitung? Das absolute Minimum ist ein 50×50 cm großes Loch, das du mit guter Pflanzerde aus dem Sack und etwas Kompost füllst. Immer noch besser als nichts und gibt der Pflanze einen fairen Start!
Die Pflanzung: So geht’s richtig los
Die beste Pflanzzeit ist der Herbst (September/Oktober) oder das zeitige Frühjahr (März/April). Im Herbst gepflanzte Stauden haben oft einen kleinen Vorsprung.

Die Qual der Wahl: Welche Sorte passt zu dir?
Im Gartencenter findest du verschiedene Sorten. Eine gute Jungpflanze kostet meist zwischen 8 und 15 Euro. Aber welche soll es sein?
- Für Anfänger und Traditionalisten ist ‚Holsteiner Blut‘ eine super Wahl. Sie hat rotes Fleisch, schmeckt mild-säuerlich und ist extrem robust. Verzeiht auch mal einen kleinen Fehler.
- Wer es besonders zart und farbenfroh mag, greift zu ‚Frambozen Rood‘. Die Stangen sind himbeerrot und gelten als sehr ertragreich.
- Und für den riesigen Hunger gibt es ‚Goliath‘. Der Name ist Programm: Die Stangen werden riesig, sind aber meist grün und etwas saurer. Perfekt für große Familien mit viel Kompott-Bedarf.
Schritt für Schritt ins neue Zuhause
- Loch ausheben: Das Loch sollte doppelt so breit und tief sein wie der Wurzelballen.
- Pflanze einsetzen: Setz das Rhizom so rein, dass die Knospen (die „Augen“) nur mit 2-3 cm Erde bedeckt sind. Zu tief fault es, zu hoch trocknet es aus.
- Auffüllen & Angießen: Fülle das Loch mit deiner vorbereiteten Erde auf und gieße kräftig an – mindestens 10 Liter! Das spült die Erde an die Wurzeln.
- Mulchen: Eine dünne Schicht Laub oder Stroh hält die Feuchtigkeit im Boden.
Und jetzt kommt der schwierigste Teil: Geduld. Im ersten Jahr wird nicht geerntet. Nicht eine einzige Stange. Die Pflanze braucht all ihre Kraft, um Wurzeln zu bilden. Wer hier zu gierig ist, sabotiert seine eigene Ernte für die Zukunft.

Rhabarber auf dem Balkon? Aber klar!
Du hast keinen Garten? Kein Problem! Rhabarber kann auch im Kübel wachsen, braucht aber ein bisschen mehr Aufmerksamkeit.
- Der Kübel: Denk groß! Mindestens 40, besser 50 Liter Volumen muss der Topf haben. Unten braucht er unbedingt Abzugslöcher gegen Staunässe.
- Die Erde: Nimm eine hochwertige Kübelpflanzenerde und mische eine gute Portion Kompost oder organischen Langzeitdünger darunter.
- Wasser & Dünger: Ein Topf trocknet viel schneller aus. Du musst also regelmäßig gießen. Da die Nährstoffe begrenzt sind, solltest du von April bis Juni alle zwei Wochen mit einem flüssigen Gemüsedünger nachhelfen.
Pflege im Jahresverlauf: So bleibt er fit
Einmal gut eingewachsen, ist Rhabarber echt pflegeleicht. Ein paar Dinge solltest du aber beachten.
- Wasser: Im Frühling und in trockenen Sommerphasen hat Rhabarber riesigen Durst. Eine große Pflanze schluckt dann locker 20 Liter pro Woche. Besser einmal pro Woche richtig durchdringend gießen als jeden Tag nur ein bisschen.
- Dünger: Im März, wenn die ersten Spitzen schauen, gibt’s die erste Mahlzeit: eine 3 cm dicke Schicht Kompost. Die wichtigste Düngung kommt aber nach der Ernte Ende Juni. Dann ist die Pflanze platt und braucht neue Energie. Gib ihr nochmal Kompost oder einen organischen Beerendünger.
- Blüten entfernen: Manchmal schiebt die Pflanze einen dicken Blütenstiel. Sieht toll aus, kostet aber enorm viel Kraft. Brich ihn so früh wie möglich unten an der Basis raus. Die Energie soll in die Stangen gehen, nicht in die Blüte!
Pro-Tipp für Dünger: Mach dir eine Brennnesseljauche! Einfach einen Eimer mit Brennnesseln füllen, mit Wasser aufgießen und 1-2 Wochen stehen lassen (Achtung, stinkt!). Das Ganze 1:10 verdünnt ist ein absoluter Power-Drink für deinen Rhabarber.

Die Ernte: Technik, Timing und die goldene Regel
Ab dem zweiten Jahr darfst du vorsichtig ein paar Stangen ernten. Richtig los geht’s dann ab dem dritten Jahr, von Mitte April bis zum 24. Juni.
Die richtige Technik ist entscheidend: Drehen, nicht schneiden! Fass einen dicken Stiel ganz unten an und zieh ihn mit einer leichten Drehbewegung zur Seite. Mit einem „Knack“ löst er sich sauber aus der Basis. Würdest du schneiden, bliebe eine offene Wunde, durch die Fäulnis eindringen kann.
Und die goldene Regel: Ernte niemals alles auf einmal! Nimm immer nur maximal die Hälfte der Stangen. Warum? Die restlichen Blätter sind das Kraftwerk der Pflanze. Ohne sie kann sie keine Energie durch Photosynthese erzeugen. Ganz einfach: Ohne Blätter verhungert die Pflanze und hat keine Power für das nächste Jahr.
Langzeitpflege: Verjüngungskur für alte Helden
Nach etwa sieben bis zehn Jahren merkst du vielleicht, dass die Stangen dünner werden. Das ist normal. Die Staude ist erschöpft und braucht eine Frischzellenkur: Sie muss geteilt werden.
Grabe im Herbst den gesamten Wurzelstock vorsichtig aus. Mit einem scharfen Spaten teilst du ihn in faustgroße Stücke. Jedes Stück muss mindestens zwei kräftige Knospen haben. Die besten Teile pflanzt du an einem neuen, gut vorbereiteten Standort wieder ein. Den Rest kannst du super an Freunde verschenken. Nach der Teilung gilt wieder: ein Jahr Erntepause!
Hilfe, mein Rhabarber schwächelt!
- Problem: Dünne Stangen.
Lösung: Meist Nährstoffmangel oder die Pflanze ist zu alt. Dünge kräftig nach der Ernte oder teile die Staude, wenn sie älter als 7 Jahre ist. - Problem: Gelbe Blätter.
Lösung: Oft Staunässe oder Stickstoffmangel. Fühl mal die Erde. Zu nass? Drainage verbessern. Zu trocken? Mit etwas verdünnter Brennnesseljauche nachhelfen. - Problem: Löcher in den Blättern.
Lösung: Meistens Schnecken. Absammeln hilft. Eine gesunde, starke Pflanze steckt das aber meist locker weg.
Ein letztes Wort…
Rhabarber anbauen ist kein Hexenwerk. Er ist eine ehrliche Haut. Wenn du ihm gibst, was er braucht – einen guten Platz, tiefen Boden und Futter zur richtigen Zeit –, wird er dich jahrelang mit einer grandiosen Ernte belohnen. Und wenn du im Mai den ersten selbst geernteten Rhabarberkuchen aus dem Ofen holst und dieser Duft durchs Haus zieht… dann weißt du, wofür sich die Arbeit gelohnt hat. Das ist pures Gärtnerglück.

