Dein leuchtender Epoxidharz-Tisch: Der ehrliche Werkstatt-Guide ohne Blabla
Stell dir vor, du sitzt an einem lauen Sommerabend auf der Terrasse, und dein Tisch fängt ganz sanft an, von innen heraus zu leuchten. Klingt wie Magie, oder? Ist es aber nicht. Es ist ehrliches Handwerk, eine Prise Chemie und ein Projekt, das dich unglaublich stolz machen wird. Ich hab schon unzählige dieser Tische gebaut und kann dir sagen: Jeder ist ein absolutes Unikat.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Das Fundament: Richtiges Holz, gute Planung und die Einkaufsliste
- 2 Die Zutaten: Harz, Härter und das magische Pulver
- 3 Sicherheit zuerst! Dieser Abschnitt ist NICHT verhandelbar
- 4 Der Bau des Tisches: Schritt für Schritt zum Unikat
- 4.1 Schritt 1: Die Gussform bauen
- 4.2 Schritt 2: Das Harz anmischen – Jetzt zählt Präzision
- 4.3 Schritt 3: Gießen und Blasen entfernen
- 4.4 Schritt 4: Warten, warten, warten…
- 4.5 Schritt 5: Schleifen, bis der Arzt kommt
- 4.6 Schritt 6: Das Finish – Schutz und Glanz
- 4.7 Hilfe, was tun, wenn…? Die Top 3 Pannen
- 5 Der letzte Schliff: Das Gestell
- 6 Bildergalerie
Aber ganz ehrlich? Das hier ist kein schnelles DIY für einen Samstagnachmittag. Es braucht Geduld, ein bisschen Platz und ja, es kostet auch was. Bevor du also losrennst und teures Harz kaufst, lass uns mal Tacheles reden. In diesem Guide zeige ich dir nicht nur, wie es geht, sondern auch, was es kostet, wo die fiesen Stolperfallen lauern und wie du sie umgehst.
Was kostet der Spaß eigentlich? Eine ehrliche Hausnummer
Das ist wohl die erste Frage, und das zu Recht. So ein Projekt ist eine kleine Investition. Damit du eine Vorstellung hast: Für einen Couchtisch solltest du grob zwischen 300 € und 600 € einplanen. Eine ordentliche Eichenbohle vom Sägewerk kann schon mal 150-300 € kosten. Ein gutes Gießharz-Set (so um die 5 kg) liegt bei etwa 100-150 €. Dazu kommen dann noch Leuchtpigmente, Schleifpapier, Silikon und – ganz wichtig – eine vernünftige Atemschutzmaske. Kein billiges Hobby, klar, aber du baust ja auch ein Möbelstück für die Ewigkeit!

Das Fundament: Richtiges Holz, gute Planung und die Einkaufsliste
Welches Holz soll es sein?
Die Wahl des Holzes prägt den ganzen Charakter deines Tisches. Am besten eignen sich Hölzer mit ordentlich „Persönlichkeit“, also mit Rissen, Astlöchern oder einer wilden Maserung. Genau diese „Fehler“ werden später zu deinen leuchtenden Highlights.
- Eiche: Mein persönlicher Favorit. Das Holz ist hart, super robust und hat eine markante Struktur. Gerade rustikale Eiche mit ihren tiefen Rissen ist perfekt, um sie mit Harz zu füllen.
- Nussbaum: Extrem edel durch seine dunkle Farbe. Der Kontrast zwischen dem dunklen Holz und dem leuchtenden Harz ist einfach der Hammer.
- Esche: Ein helleres, zähes Holz. Das ergibt einen sanfteren, sehr eleganten Look. Besonders Olivesche mit ihrem dunklen Kernholz kann fantastisch aussehen.
Kleiner Tipp: Woher bekommt man so eine Bohle? Vergiss den Standard-Baumarkt. Schau mal bei einem lokalen Sägewerk oder Holzhandel vorbei. Online sind Plattformen wie eBay Kleinanzeigen eine Goldgrube – suche einfach nach „Holzbohle“, „Eichenbohle“ oder „Tischplatte rustikal“. Wichtig ist, nach der Holzfeuchte zu fragen. Für drinnen sollte sie bei 8-12 % liegen, für einen Gartentisch eher bei 12-15 %. Ein einfaches Messgerät kostet um die 20 € und bewahrt dich vor bösen Überraschungen wie späteren Rissen im Harz.

Die Kunst des Planfräsens: Ohne geht es nicht
Keine Bohle ist von Natur aus perfekt eben. Für einen Epoxidharztisch ist eine plane Fläche aber das A und O. Die Profis haben dafür riesige Maschinen. Für zu Hause ist ein selbstgebauter Frässchlitten die Lösung. Du baust im Grunde eine simple Vorrichtung, auf der deine Oberfräse über dem Holz gleiten kann. Mit einem Planfräser trägst du dann Millimeter für Millimeter ab, bis alles topfeben ist. Das staubt und macht Lärm, ist aber die absolut notwendige Grundlage.
Die Zutaten: Harz, Härter und das magische Pulver
Epoxidharz ist ein Zweikomponenten-System. Du hast das Harz (Komponente A) und den Härter (Komponente B). Mischt du beides, startet eine chemische Reaktion, die Wärme erzeugt und das Ganze zu einem steinharten Kunststoff werden lässt. Achtung, Anfängerfehler Nr. 1: Es gibt verschiedene Harz-Typen!
- Laminierharz: Ist für dünne Schichten gedacht. Nimmst du das für dicke Füllungen, wird es kochend heiß, vergilbt und reißt. Finger weg!
- Gießharz (Casting Resin): Das ist unser Zeug! Es reagiert viel langsamer und ist für dicke Güsse ausgelegt. Lies IMMER auf der Packung die maximale Gießhöhe pro Arbeitsgang. Das ist keine Empfehlung, sondern ein Gesetz!
Das Leuchtpulver selbst basiert heute meist auf Strontiumaluminat – zum Glück völlig ungefährlich. Es lädt sich unter UV-Licht auf und leuchtet dann im Dunkeln. Hier lohnt es sich, ein paar Euro mehr auszugeben. Billige Pigmente leuchten oft nur schwach und kurz. Grün und Aqua haben erfahrungsgemäß die stärkste und längste Leuchtkraft.

Sicherheit zuerst! Dieser Abschnitt ist NICHT verhandelbar
Leute, das ist kein Witz. Ich kannte mal einen Kollegen, der jahrelang sorglos mit Harz hantiert hat. Von einem auf den anderen Tag entwickelte er eine heftige Kontaktallergie. Heute kann er keine Werkstatt mehr betreten, in der Epoxidharz verarbeitet wird. Das ist unumkehrbar. Nimm das also bitte verdammt ernst.
Deine Schutzausrüstung (PSA):
- Atemschutz: Kein Staubschutz, sondern eine richtige Halbmaske mit A2P2-Kombifilter. Der schützt dich vor den chemischen Dämpfen und später vor dem Schleifstaub.
- Schutzbrille: Dicht schließend, immer! Ein Spritzer Harz im Auge ist ein Fall für den Notarzt.
- Handschuhe: Nur Nitrilhandschuhe. Alles andere löst sich auf.
- Kleidung: Langärmlig und alt. Harzflecken gehen NIE wieder raus.
Arbeite außerdem in einem gut belüfteten Raum, am besten bei konstanten 20-22 °C. Und klar: Kinder und Haustiere haben hier absolut nichts verloren.
Der Bau des Tisches: Schritt für Schritt zum Unikat
Schritt 1: Die Gussform bauen
Damit das flüssige Harz bleibt, wo es soll, brauchst du eine wasserdichte Form. Beschichtete Spanplatten sind super, weil das Harz kaum daran haftet. Bau eine Wanne um deine Holzbohle und dichte alle Fugen und Kanten innen sorgfältig mit Silikon ab. Gut trocknen lassen! Ein Streifen Paketklebeband in der Form erleichtert das spätere Auspacken ungemein.

Schritt 2: Das Harz anmischen – Jetzt zählt Präzision
Das Mischverhältnis steht auf der Flasche und ist heilig. Nutze eine digitale Küchenwaage, alles andere ist zu ungenau.
- Zuerst die benötigte Menge Harz (Komponente A) abwiegen.
- Jetzt die Leuchtpigmente direkt ins Harz einrühren. Faustregel: 5-10 % Pigmentanteil bezogen auf das Gewicht von Komponente A. Also auf 1000g Harz kommen 50-100g Pigmente.
- Erst DANACH die exakte Menge Härter (Komponente B) dazugeben.
- Und jetzt: Langsam rühren! Mindestens 3-5 Minuten lang, ganz bedächtig. Immer wieder den Boden und die Ränder des Bechers abkratzen. Zu schnelles Rühren erzeugt nur Blasen, und schlecht gemischtes Harz wird nie hart. Das sind die klebrigen Stellen, die man nicht mehr reparieren kann.
Ach ja, und wie viel Harz brauchst du überhaupt? Die Formel ist simpel: Länge (cm) x Breite (cm) x Höhe (cm) der zu füllenden Stelle. Das Ergebnis teilst du durch 1000 und hast die benötigte Literzahl. Ein Riss ist z.B. 80cm lang, im Schnitt 4cm breit und 4cm tief? Macht 80x4x4 = 1280, also rund 1,3 Liter. Kauf lieber etwas mehr, so 1,5 Liter, man verschüttet immer was.

Schritt 3: Gießen und Blasen entfernen
Gieß die Mischung langsam und aus geringer Höhe in die Risse. Das vermeidet schon mal viele Luftblasen. Die restlichen Bläschen, die an die Oberfläche steigen, kannst du mit einem Heißluftföhn oder einem kleinen Gasbrenner entfernen. Aber Vorsicht: Nur kurz und mit schnellen Bewegungen drüberhuschen! Zu viel Hitze an einer Stelle schadet dem Harz.
Schritt 4: Warten, warten, warten…
Decke dein Werkstück ab, um es vor Staub zu schützen, und dann heißt es Geduld haben. Nach 1-3 Tagen ist das Harz meist fest, aber seine endgültige Härte erreicht es oft erst nach 7 Tagen. Gib ihm die Zeit. Plan für das ganze Projekt übrigens ruhig ein Wochenende plus die Wartezeit ein.
Schritt 5: Schleifen, bis der Arzt kommt
Nach dem Aushärten und Entformen kommt der anstrengendste Teil. Zuerst wird die gesamte Oberfläche mit dem Frässchlitten noch einmal perfekt plan gefräst. Und dann wird geschliffen. Und geschliffen. Ganz ehrlich, hier scheitern die Ungeduldigen. Plane dafür locker 4-6 Stunden ein, kein Witz!

Starte mit einem Exzenterschleifer und grober Körnung (z.B. P120) und arbeite dich systematisch hoch: 180, 240, 320, 400… Sauge nach jedem Gang den Staub gründlich ab. Ab Körnung 400 kannst du nass schleifen, um eine spiegelglatte Oberfläche zu bekommen. Für kristallklares Harz kannst du bis Körnung 2000 hochgehen.
Schritt 6: Das Finish – Schutz und Glanz
Um die Oberfläche zu schützen, hast du mehrere Möglichkeiten. Mein Favorit ist Hartwachsöl. Es fühlt sich natürlich an, feuert die Holzmaserung an und ist leicht zu reparieren. Für einen Tisch, der draußen steht, ist ein robuster Bootslack mit UV-Schutz aber die sicherere Wahl. Wenn du das Harz auf Hochglanz polieren willst, gibt es dafür spezielle Polierpasten.
Hilfe, was tun, wenn…? Die Top 3 Pannen
Keine Panik, das ist jedem schon mal passiert. Hier die häufigsten Probleme und was du tun kannst:
- „Mein Harz wird nicht hart!“ -> Klassiker. Falsch gemischt oder die Werkstatt war zu kalt. Lässt sich leider kaum retten. Das klebrige Zeug muss rausgekratzt werden. Sieh es als Lehrgeld.
- „Ich habe lauter kleine Blasen in der Oberfläche!“ -> Wahrscheinlich zu schnell gerührt oder das Holz war nicht richtig versiegelt und hat gegast. Nach dem Aushärten kannst du die Blasen aufbohren und noch eine dünne Schicht Harz (eine sogenannte Flutschicht) drübergießen.
- „Die Oberfläche ist voller Kratzer!“ -> Du warst ungeduldig beim Schleifen und hast eine Körnung übersprungen. Da hilft nur: zurück auf Los. Nochmal mit einer gröberen Körnung anfangen und diesmal wirklich alle Stufen durchgehen.

Der letzte Schliff: Das Gestell
Deine Platte ist fertig, jetzt braucht sie nur noch Beine. Ob du ein Gestell selbst aus Holz baust oder auf fertige Tischkufen aus Stahl zurückgreifst, ist Geschmackssache. Die Metallkufen passen optisch super und sind online leicht zu finden. Achte bei einem Gestell für draußen aber auf eine gute Pulverbeschichtung, damit nichts rostet.
Und jetzt? Jetzt hast du es geschafft. Vor dir steht ein Tisch, der eine Geschichte erzählt – deine Geschichte. Wenn er am Abend anfängt zu leuchten, ist der ganze Aufwand vergessen. Dann bleibt nur der Stolz, etwas Einzigartiges und Wertvolles mit den eigenen Händen geschaffen zu haben. Und dieses Gefühl, das gibt’s in keinem Möbelhaus der Welt.
Bildergalerie

Welches Leuchtpulver macht den Unterschied?
Nicht jedes Leuchten ist gleich. Der magische Effekt deines Tisches hängt direkt von der Wahl der Pigmente ab. Hier gibt es eine klare Empfehlung, um Enttäuschungen zu vermeiden:
Klassiker (Zinksulfid): Oft in günstigen Hobby-Sets oder Kinderspielzeug zu finden. Die Leuchtkraft ist eher dezent und die Leuchtdauer kurz. Für ein Möbelstück, das die ganze Nacht sanft schimmern soll, ist das zu wenig.
High-Performance (Strontiumaluminat): Das ist die erste Wahl für Profis und ambitionierte Heimwerker. Diese Pigmente laden sich schon bei Tageslicht stark auf, leuchten bis zu 10-mal heller und oft viele Stunden nach. Achte bei Anbietern wie Epoxy-Shop oder Dipon gezielt auf „Strontiumaluminat-Pigmente“. Die Farben Aqua-Blau und Grün haben die stärkste und längste Leuchtkraft.

