Begehbarer Kleiderschrank: Der ehrliche Guide aus der Werkstatt – Was wirklich zählt!
In meiner Werkstatt habe ich über die Jahre unzählige Schränke gebaut. Aber ein Projekt hat es mir immer besonders angetan: der begehbare Kleiderschrank. Viele halten das ja für puren Luxus. Ehrlich gesagt, sehe ich das anders. Ein gut geplanter Ankleidebereich ist kein unnötiger Pomp, sondern bringt vor allem Ruhe und Ordnung in deinen Alltag. Und ja, das funktioniert auch in kleineren Schlafzimmern, wenn man es clever anstellt.
Inhaltsverzeichnis
- 1 1. Das Fundament: Richtig messen und ehrlich planen
- 2 2. Materialkunde für die Praxis: Was dein Schrank aushalten muss
- 3 3. Die Konstruktion: Wie ein Profi denkt
- 4 4. Luft und Licht: Die unsichtbaren Helfer
- 5 5. Selber machen oder den Profi rufen? Eine ehrliche Einschätzung
- 6 6. Ein letztes Wort zur Sicherheit und Pflege
Dafür braucht es aber mehr als nur ein paar Regale aus dem Möbelhaus. Es braucht einen Plan, das richtige Material und ein echtes Verständnis für den Raum. Ich will dir hier kein Hochglanz-Magazin nacherzählen, sondern Tacheles reden. Das hier ist Wissen aus der Praxis, aus Fehlern, die wir gemacht und korrigiert haben, und aus den Gesprächen mit Leuten, die am Ende einfach nur glücklich mit ihrer Lösung sein wollen.
1. Das Fundament: Richtig messen und ehrlich planen
Alles, wirklich alles, beginnt mit dem Zollstock. Das klingt banal, aber genau hier passieren die ersten teuren Fehler. Ein Raum ist selten perfekt. Wände sind nicht immer schnurgerade und der Boden kann ein leichtes Gefälle haben. Ein Laie misst oft nur an einer Stelle. Wir Profis nehmen an mindestens drei Punkten Maß: unten, in der Mitte und oben. So entdecken wir jede noch so kleine Wölbung in der Wand. Diese Ungenauigkeiten müssen in die Konstruktion einfließen, sonst entstehen später unschöne Lücken.

Bevor du auch nur an Holz denkst, musst du deinen Raum lesen lernen. Wo sind die Lichtschalter und Steckdosen? Wo verläuft die Heizung? Ein begehbarer Kleiderschrank darf diese Elemente auf keinen Fall blockieren. Ich erinnere mich gut an einen Fall, da hatte der Kunde eine komplette Wand verplant, ohne an den Heizkörperthermostat zu denken. Das im Winter zu korrigieren, wurde dann richtig kompliziert und teuer…
Mach dir also eine simple Skizze vom Raum und zeichne wirklich alles ein. Fenster, Türen, Heizungen, alle Anschlüsse. Und jetzt kommt dein erster kleiner Praxistest. Stell dich mal vor deinen jetzigen Kleiderschrank und öffne eine Tür komplett. Miss den Abstand, den du brauchst, um bequem davorzustehen und etwas herauszunehmen. Das sind oft 90 bis 120 Zentimeter. Planst du zu eng, wird der schönste Schrank zur täglichen Qual.
Kleine Planungs-Checkliste zum Abhaken:
- Alle Steckdosen, Lichtschalter und Heizkörper sind eingezeichnet?
- Mindestens 80 cm Durchgangsbreite sind einkalkuliert?
- Vor Schränken und Schubladen sind mindestens 90 cm freier Raum?
- Der Lichteinfall vom Fenster ist berücksichtigt (damit Kleidung nicht ausbleicht)?
Gut zu wissen: Wenn du dir unsicher bist, investiere in einen professionellen Aufmaßservice. Den bieten viele Tischlereien für etwa 150 € bis 250 € an. Das Geld sparst du dir doppelt und dreifach, wenn am Ende alles auf den Millimeter passt.

2. Materialkunde für die Praxis: Was dein Schrank aushalten muss
Die Wahl des Materials entscheidet über die Langlebigkeit und die Stabilität deines Schranks. Und hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Mal ganz ehrlich: Aus was soll das gute Stück denn sein?
Fangen wir mit dem Skelett an, den Trägerplatten. Eine einfache Spanplatte ist der Standard und am günstigsten. Du bekommst sie im Baumarkt schon für etwa 15-30 € pro Quadratmeter. Für einfache Regalböden in Ordnung, aber ein breiter Boden biegt sich unter einem Stapel Pullover schnell durch. Wenn Spanplatte, dann nimm mindestens 19 mm Stärke. Achte auf Siegel wie den „Blauen Engel“, damit du keine ungesunden Dämpfe im Schlafzimmer hast.
Eine Stufe drüber liegt die MDF-Platte (Mitteldichte Faserplatte). Sie ist dichter, stabiler und hat eine superglatte Oberfläche, ideal für Lackierungen. Sie ist aber auch schwerer und kostet mit 30-50 € pro Quadratmeter schon etwas mehr. Eine top Wahl für Türen oder sichtbare Seitenteile.

Mein persönlicher Favorit für hochwertige Korpusse ist die Tischlerplatte. Sie besteht aus verleimten Holzstäben und ist dadurch leichter als MDF, aber extrem formstabil. Perfekt für lange Regalböden, die sich nicht durchbiegen sollen. Preislich liegt sie oft noch über MDF, aber die Stabilität ist es wert.
Und dann gibt es natürlich Massivholz. Das ist die edelste, aber auch teuerste Variante. Ein Schrank aus massiver Eiche ist eine Anschaffung fürs Leben. Holz „atmet“, reguliert die Luftfeuchtigkeit und ist einfach wunderschön. Aber es arbeitet auch und braucht eine sehr sorgfältige, handwerkliche Konstruktion, damit sich nichts verzieht.
Bei den Oberflächen ist die Melaminharzbeschichtung am verbreitetsten. Sie ist robust, kratzfest und pflegeleicht – ideal für Schuhregale. Fühl mal drüber: Gute Beschichtungen haben eine leichte Struktur und wirken fast wie echtes Holz, billige Folien sind spiegelglatt. Echtholzfurnier ist eine dünne Schicht echtes Holz auf einer Trägerplatte. Sieht aus wie Massivholz, ist aber günstiger und verzieht sich nicht. Und eine Lackierung bietet dir unendlich viele Farben. Ein matter Lack sieht mega modern aus, ist aber empfindlicher für Fingerabdrücke. Seidenmatt ist da oft der bessere Kompromiss.

3. Die Konstruktion: Wie ein Profi denkt
Wie baust du das Ganze jetzt auf? Es gibt da verschiedene Ansätze.
Offene Regalsysteme wirken luftig und sind flexibel. Der Nachteil: Alles staubt schneller ein. Hier ist die Wandbefestigung das A und O. Wusstest du übrigens, dass eine volle, 1 Meter lange Kleiderstange locker 40 kg wiegen kann? Daran scheitern die meisten Billig-Systeme und Standard-Dübel. Bei Gipskartonwänden musst du unbedingt spezielle Hohlraumdübel nehmen, am besten Kippdübel aus Metall. Frag im Baumarkt gezielt nach Dübeln für hohe Lasten, das ist kein Ort zum Sparen.
Geschlossene Schranksysteme sind der Klassiker. Jeder Schrank ist ein eigener, stabiler Kasten (Korpus), der deine Kleidung vor Staub und Licht schützt. Die einzelnen Korpusse werden von innen mit speziellen Verbindern verschraubt, sodass von außen nichts zu sehen ist. So entsteht eine bombenfeste, geschlossene Schrankwand.
Eine clevere Lösung für große Schlafzimmer ist ein Schrank als Raumteiler. Er trennt den Schlaf- vom Ankleidebereich. Achtung! Die Rückwand ist hier voll im Blickfeld. Wir verkleiden sie oft mit einer schönen Dekorplatte oder tapezieren sie sogar. Und ganz wichtig: Ein frei stehender, hoher Schrank muss absolut sicher am Boden oder an der Decke verankert werden, damit er nicht kippen kann. Das ist eine absolute Sicherheitsfrage.

Ein Detail, bei dem du niemals sparen solltest, sind die Beschläge – also Scharniere und Auszüge. Gute Marken kosten mehr, machen aber den Unterschied. Ein Scharnier mit integrierter Dämpfung (Soft-Close) sorgt für Ruhe, und ein Vollauszug bei einer Schublade lässt dich auch an die Socken ganz hinten rankommen, ohne dich zu verrenken. Das ist der Komfort, den du jeden Tag spürst.
4. Luft und Licht: Die unsichtbaren Helfer
Zwei Themen, die fast immer vergessen werden: Luft und Licht.
Getragene Kleidung enthält immer etwas Restfeuchte. In einem unbelüfteten Schrank kann das schnell muffig riechen oder im schlimmsten Fall sogar zu Schimmel führen. Deshalb planen wir einen Schrank nie direkt an eine kalte Außenwand, sondern lassen immer ein paar Zentimeter Luft dahinter. Bei großen Anlagen helfen auch kleine, unauffällige Lüftungsgitter im Sockel und Deckel. So kann die Luft zirkulieren.
Und dann das Licht. Im Dämmerlicht das richtige Hemd zu finden, ist einfach nur frustrierend. Es geht aber nicht nur um Helligkeit, sondern um die Lichtqualität. Achte beim Kauf von LEDs auf den CRI-Wert (Farbwiedergabeindex). Er sollte über 90 liegen. Einfach gesagt: Ein hoher CRI-Wert sorgt dafür, dass dein schwarzes Sakko nicht plötzlich dunkelblau aussieht. Bei der Lichtfarbe ist Neutralweiß (ca. 4.000 Kelvin) am besten für die Farbbeurteilung. Integrierte LED-Lichtleisten, die du pro Meter für 15 € bis 40 € bekommst, sind ideal, weil sie den Inhalt ausleuchten, ohne dich zu blenden. Aber bitte denk dran: Alle Elektroarbeiten sind ein Job für den Fachmann!

5. Selber machen oder den Profi rufen? Eine ehrliche Einschätzung
Klar, ein einfaches Regalsystem aus dem Baumarkt kannst du als geübter Heimwerker gut selbst aufbauen. Aber sei ehrlich zu dir selbst, was du dir zutraust.
Ein Profi ist dann gefragt, wenn es kompliziert wird: bei Dachschrägen, krummen Wänden oder wenn du hochwertige Oberflächen wie Lack oder Furnier möchtest. Auch für integrierte Beleuchtung oder wenn der Schrank als Raumteiler dienen soll, brauchst du jemanden mit Erfahrung.
Lass uns mal über Zeit und Geld reden. Als Heimwerker planst du für ein mittelgroßes System locker zwei volle Wochenenden ein, oft auch mehr. Ein Profi-Team erledigt das meist in zwei bis drei Tagen. Kosten? Ganz grob über den Daumen gepeilt: Ein DIY-Projekt für eine 3-Meter-Wand könnte dich an Material zwischen 800 € und 2.000 € kosten. Dieselbe Lösung vom Tischler, maßgefertigt und aus hochwertigerem Material, startet eher bei 4.000 € bis 5.000 €. Dafür passt dann aber auch jeder Millimeter und du hast Garantie drauf.

6. Ein letztes Wort zur Sicherheit und Pflege
Zwei letzte, aber super wichtige Punkte. Erstens: Sicherheit. Hohe Schränke müssen an der Wand befestigt werden, um ein Kippen zu verhindern. Das ist keine Bitte, das ist ein Muss, besonders wenn Kinder im Haus sind. Ein kleiner Winkel für 5 Euro kann Leben retten.
Zweitens: Die Pflege. Staub am besten mit einem nebelfeuchten Tuch wischen, keine scharfen Reiniger verwenden. Echtholzoberflächen freuen sich ab und zu über ein spezielles Holzpflegeöl, das erhält den Glanz.
Ein begehbarer Kleiderschrank ist ein wunderbares und sehr persönliches Projekt. Wenn er gut geplant und solide gebaut ist, wird er dir jeden Tag Freude bereiten. Nimm dir die Zeit für die Planung, investiere in gutes Material und eine saubere Ausführung. Dann schaffst du nicht nur Stauraum, sondern ein echtes Stück Lebensqualität.