Nassfilzen lernen: Dein einfacher Start in ein uraltes Handwerk
Ganz ehrlich? Es gibt kaum etwas Befriedigenderes als den Geruch von nasser Wolle und Seife in der Werkstatt. Das ist der Duft von echter Handarbeit, von Verwandlung. Ich hab schon unzählige Dinge gefilzt, von robusten Sitzkissen bis zu hauchzarten Schals. Nassfilzen ist eine der ältesten Textiltechniken überhaupt – und es hat was Magisches, wie aus einem Haufen loser, weicher Fasern ein fester Stoff wird. Nur mit Wasser, Seife und ein bisschen Bewegung.
Inhaltsverzeichnis
Viele Anleitungen zeigen dir, wie man mal eben schnell eine Kugel filzt. Das ist super für den Anfang, keine Frage. Aber es ist nur die Spitze des Eisbergs. Um das Filzen wirklich zu kapieren, musst du die Wolle verstehen. Du musst fühlen, warum sie das tut, was sie tut. Hier zeige ich dir die Grundlagen, Schritt für Schritt – so, wie ich es jedem beibringen würde, der bei mir in der Werkstatt steht.
Das Geheimnis der Wolle: Warum filzt das Zeug überhaupt?
Alles fängt bei der Wollfaser an sich an. Unter dem Mikroskop sieht die nämlich nicht glatt aus, sondern ist mit winzigen Schuppen bedeckt, wie ein Tannenzapfen. Diese Schüppchen sind kleine Widerhaken, die alle in eine Richtung zeigen. Das ist der ganze Trick!
Um aus diesem losen Haufen einen festen Stoff zu machen, brauchen wir nur drei Helfer:
- Warmes Wasser: Das lässt die Fasern aufquellen und die kleinen Schuppen stellen sich auf. Sie werden sozusagen „griffig“.
- Seife: Die Seifenlauge hilft den Schuppen, sich noch weiter zu öffnen. Gleichzeitig macht sie alles schön glitschig, damit sich die Fasern aneinander vorbeibewegen und ineinander verhaken können, ohne abzubrechen.
- Bewegung: Das ist unsere Arbeit. Durch Reiben, Rollen und Drücken bewegen sich die glitschigen Fasern kreuz und quer. Ihre aufgestellten Schuppen verhaken sich dabei wie ein Klettverschluss – aber für immer.
Dieser Prozess ist unumkehrbar. Einmal verfilzt, kriegst du die Fasern nie wieder auseinander. Das Werkstück schrumpft dabei und wird immer dichter. Das nennen wir Profis dann „Walken“.
Deine Einkaufsliste: Das brauchst du wirklich (und was es kostet)
Die Qualität deines Filzes steht und fällt mit dem Material. Wer hier am falschen Ende spart, ärgert sich später nur. Aber keine Sorge, du brauchst nicht viel und es ist auch nicht teuer.
Hier mal eine kleine Übersicht für den Start:
- Filzwolle: Für den Anfang sind 100g Merinowolle im Kammzug ideal. Die ist superweich und filzt schnell. Kostenpunkt: ca. 5 bis 8 Euro.
- Seife: Ein einfaches Stück Kernseife oder Olivenölseife ist perfekt. Hauptsache, sie ist rückfettend und nicht zu aggressiv. Rechne mit etwa 2 bis 3 Euro.
- Noppenfolie: Die Luftpolsterfolie aus dem letzten Online-Paket ist dein bester Freund! Die Noppen massieren die Wolle perfekt. Kostet dich also: nichts!
Wolle und Seife findest du in gut sortierten Bastelläden oder online. Such einfach mal nach „Merinowolle im Kammzug“ oder „Filzwolle kaufen“, da wirst du schnell fündig.
Welche Wolle für welches Projekt?
Grob gesagt gibt es zwei Haupttypen für den Einstieg:
- Merinowolle: Superfein und weich, kratzt nicht. Perfekt für alles, was du auf der Haut trägst, wie Schals, Armbänder oder feine Deko. Eine Stärke von 19-23 Mikron ist ein super Allrounder.
- Bergschafwolle: Deutlich gröber, aber dafür extrem robust. Nimm diese Wolle für Projekte, die was aushalten müssen: Hausschuhe, Taschen, Sitzkissen. Sie braucht etwas mehr Geduld beim Walken, wird dafür aber bombenfest.
Das richtige Werkzeug hast du schon zu Hause
Du brauchst wirklich keine teure Ausrüstung. Schau mal in deiner Küche und im Bad nach:
- Zwei Schüsseln (eine für Seifenwasser, eine für klares Wasser)
- Ein altes Handtuch als Unterlage
- Ein Stück Noppenfolie
- Eine kleine Sprühflasche oder ein Ballbrauser (diese kleinen Gummibälle zum Wassersprühen für Zimmerpflanzen)
Dein erstes Meisterstück: Die perfekte Filzkugel
Eine Kugel ist das perfekte Übungsobjekt. Hier entwickelst du ein Gefühl für das Material und den Prozess. Plane dafür mal entspannte 30 bis 60 Minuten ein.
Schritt 1: Wolle vorbereiten
Nimm dir für eine Kugel in Tennisballgröße etwa 10-15 Gramm Wolle vom Kammzug. Zupfe – ganz wichtig, nicht schneiden! – kleine Büschel ab und lege sie kreuz und quer zu einem lockeren Wollnest übereinander.
Schritt 2: Formen und Anfeuchten
Forme das Wollnest mit trockenen Händen ganz locker zu einer Kugel. Achtung, sie sollte jetzt etwa doppelt so groß sein wie das gewünschte Ergebnis, denn Filz schrumpft ordentlich! Mach dir nun dein Seifenwasser: Reibe die Seife einfach so lange in warmem Wasser, bis es sich leicht schlüpfrig anfühlt. Es soll nicht schäumen wie verrückt. Beträufle deine Kugel nun vorsichtig damit, bis sie durchfeuchtet, aber nicht tropfnass ist.
Schritt 3: Das sanfte Anfilzen
Jetzt ist Fingerspitzengefühl gefragt. Beginne, die Kugel GANZ sanft zwischen den Handflächen zu rollen. Fast ohne Druck, eher wie ein Streicheln. Wenn du zu früh zu fest drückst, kriegt die Kugel Falten. Nach ein paar Minuten merkst du, wie die Oberfläche eine Art Haut bekommt. Perfekt, der Filzprozess startet!
Schritt 4: Das Walken
Jetzt kannst du langsam den Druck erhöhen. Rolle die Kugel kräftiger, auch mal auf der Noppenfolie. Du spürst, wie sie kleiner, fester und dichter wird. Wenn du merkst, es geht nicht mehr weiter, tauch sie kurz in etwas heißeres Wasser – der kleine Temperaturschock wirkt oft Wunder.
Schritt 5: Qualitäts-Check, Spülen & Trocknen
Wann ist sie fertig? Mach den Zupftest: Versuch mal, mit den Fingernägeln ein paar Fasern herauszuziehen. Geht das kaum noch, ist sie fest. Spüle die Kugel dann gründlich unter fließendem Wasser aus, abwechselnd warm und kalt. Ein Schuss Essig im letzten Spülwasser neutralisiert die Seife und lässt die Farben strahlen. Drück sie im Handtuch aus, rolle sie in Form und lass sie an einem luftigen Ort trocknen. Das kann ein bis zwei Tage dauern.
Was, wenn’s schiefgeht?
- Problem: Die Kugel hat Risse. Du hast am Anfang zu fest gedrückt. Kein Drama! Bedecke die Risse einfach mit ein paar neuen, feuchten Fasern und filze vorsichtig weiter.
- Problem: Sie wird einfach nicht fest. Mehr Seife, wärmeres Wasser oder mehr Druck – eine der drei Komponenten fehlt wahrscheinlich. Einfach Hände neu einseifen und kräftiger walken!
Der nächste Schritt: Ein Gefäß mit der Schablonentechnik
Wenn die Kugel klappt, bist du bereit für Hohlkörper wie Schalen oder kleine Taschen. Das Geheimnis ist eine Schablone. Dafür solltest du dir etwa 2 bis 3 Stunden Zeit nehmen.
Das A und O: Der Schrumpffaktor
Wolle schrumpft beim Filzen um ca. 30-40 %. Das ist echt viel! Deine Schablone muss also deutlich größer sein als das Endprodukt. Als Faustregel gilt: gewünschte Größe mal 1,4. Aus meiner Erfahrung: Meine erste Handytasche wurde am Ende eine Tasche für genau drei Münzen. Ich hab den Schrumpffaktor brutal unterschätzt. Also: Rechnet lieber zu groß als zu klein!
So geht’s: Anleitung für ein kleines Gefäß
- Schablone basteln: Schneide deine Wunschform (z.B. ein U für eine Tasche) aus einem Stück Noppenfolie oder Trittschalldämmung aus – denk an den Schrumpffaktor!
- Wolle auslegen: Leg die Schablone auf deine Arbeitsfläche. Zupfe Wollfasern und lege die erste Schicht waagerecht darauf, sodass die Fasern am Rand etwas überstehen. Die zweite Schicht legst du senkrecht darüber. Insgesamt legst du so vier Schichten (waagerecht, senkrecht, waagerecht, senkrecht).
- Muster gefällig? Kleiner Tipp: Bevor du alles nass machst, kannst du jetzt dünne Strähnen einer anderen Farbe auf die oberste Schicht legen. Die filzen sich einfach mit ein und ergeben tolle Muster!
- Anfilzen: Befeuchte die Wolle vorsichtig mit Seifenwasser, decke alles mit Noppenfolie ab und reibe sanft von der Mitte nach außen. Klappe die überstehenden Ränder fest um die Schablone.
- Rückseite belegen: Dreh alles um und belege die Rückseite genauso mit vier Schichten Wolle. Wieder befeuchten, abdecken und sanft anfilzen.
- Die Öffnung: Wenn beide Seiten eine stabile Haut haben (Zupftest!), schneide den Filz an der oberen Kante auf. Jetzt kannst du die Schablone vorsichtig rausziehen. Tadaa – ein hohler Filzsack!
- Ausformen und Walken: Jetzt kommt der spaßige Teil! Greif hinein, bearbeite die Schnittkante mit Seife, damit sie schön rund wird, und dann walke das ganze Teil. Du kannst es rollen, kneten, auf den Tisch werfen. Je mehr du es bearbeitest, desto fester wird es.
Häufige Fehler beim Gefäß:
- Problem: Die Kanten wollen nicht zusammenfilzen. Du hast die Fasern am Rand nicht weit genug überlappen lassen. Beim nächsten Mal die Fasern großzügiger um die Kante legen.
- Problem: Die Schichten trennen sich. Du hast zu früh aufgeschnitten. Das Stück war noch nicht gut genug angefilzt. Länger sanft reiben, bevor die Schere kommt!
Ein Handwerk mit Seele
Filzen ist eine uralte Technik mit tiefen Wurzeln auf der ganzen Welt. In Bergregionen wurden traditionell robuste Hausschuhe aus grober, fettiger Wolle hergestellt, die fast von alleine wasserabweisend war. Nomadenvölker wiederum haben schon immer riesige Filzbahnen für ihre Behausungen gefertigt. Es ist gut zu wissen, dass wir auf Jahrhunderten von Erfahrung aufbauen, wenn wir heute ein Stück Wolle in die Hand nehmen.
Achtung! Ein paar Dinge solltest du bei aller Begeisterung im Kopf behalten. Sei vorsichtig mit heißem Wasser und denk dran, dass Seifenwasser den Boden spiegelglatt machen kann. Und arbeite an einem Tisch mit guter Höhe, damit dein Rücken nicht meckert.
Übrigens, ein kleiner Profi-Tipp zum Schluss: Wenn das Trocknen mal schneller gehen soll, kannst du dein fertiges, ausgespültes Stück in ein Handtuch wickeln und kurz in der Salatschleuder anschleudern. Das zieht schon mal eine Menge Wasser raus. Aber psst, nicht dem Salat erzählen!
Nassfilzen ist kein exakter Prozess. Jedes Stück wird ein Unikat, und genau das ist das Schöne daran. Hab Geduld mit dir und dem Material. Deine Hände lernen mit jedem Mal mehr, als es jede Anleitung erklären könnte. Also, leg los, spür die Verwandlung und erschaff was Wunderschönes.
Bildergalerie
Der beste Freund des Anfängers: Warum sehen Sie in vielen Anleitungen Luftpolsterfolie? Ganz einfach: Die Noppen massieren die Wollfasern sanft, aber effektiv. Sie halten das Seifenwasser am Werkstück und sorgen für eine gleichmäßige, schonende Verfilzung in der Anfangsphase. Eine alte Bambusmatte funktioniert auch, ist aber etwas für den zweiten Schritt, wenn der Filz schon stabiler ist.
- Aus Wollbällchen werden bunte Ketten oder Mobiles.
- Flache Filzstücke lassen sich zu Untersetzern oder Lesezeichen schneiden.
- Eine kleine, über eine Schüssel gefilzte Form wird zum perfekten Schmuck- oder Schlüsselablage.
Das Tolle am Filzen? Schon die ersten, einfachen Ergebnisse sind wunderschöne und nützliche Unikate.
Filz gilt als das älteste bekannte Textil der Menschheit und ist älter als das Weben oder Stricken. Die ältesten Funde aus Sibirien werden auf 600 v. Chr. datiert.
Hilfe, mein Filzstück wird nicht fest, sondern nur fusselig! Was mache ich falsch?
Das ist ein klassisches Anfängerproblem! Meistens liegt es an zwei Dingen: zu viel Wasser oder zu wenig Geduld. Die Wolle sollte nur feucht sein, nicht schwimmen. Tupfen Sie überschüssiges Wasser mit einem Schwamm ab. Und ganz wichtig: Beginnen Sie mit ganz sanftem Reiben. Erst wenn die Fasern anfangen, sich zu verbinden (der „Kneiftest“), erhöhen Sie langsam den Druck.
Die Wahl der Wolle: Nicht jede Wolle ist gleich. Für Ihre ersten Projekte ist Merinowolle im Vlies (auch Kammzug genannt) ideal. Sie ist unglaublich weich, filzt sehr schnell und ist in unzähligen Farben erhältlich. Marken wie „Wollknoll“ oder „Filzrausch“ bieten hochwertige, mulesing-freie Merinowolle, die sich wunderbar verarbeiten lässt und auf der Haut nicht kratzt.
Der Zauber der Farbverläufe entsteht durch das richtige Auslegen. Statt blockweise Farben nebeneinander zu legen, sollten Sie die Übergänge schaffen, indem Sie hauchdünne Strähnen der einen Farbe in die andere hinein auslaufen lassen. Arbeiten Sie in mehreren dünnen Schichten, die sich überlappen – so entsteht ein malerischer „Aquarell-Effekt“ im fertigen Filz.
Olivenseife: Mild zur Haut und zur Wolle, erzeugt einen cremigen Schaum. Perfekt für empfindliche Hände und feine Projekte.
Spezielle Filzseife: Oft mit hohem Kokos- oder Lorbeerölanteil. Sie ist rückfettend, was die Wolle schont, und ihre Lauge hilft den Schuppen, sich besonders schnell zu öffnen. Das beschleunigt den Prozess.
Für den Start reicht eine einfache Kern- oder Olivenseife aus dem Drogeriemarkt völlig aus.
Rund 30 % – das ist der durchschnittliche Schrumpfungsgrad von Filzwolle beim Nassfilzen.
Das bedeutet, Ihr ausgelegtes Wollstück muss etwa ein Drittel größer sein als das gewünschte Endergebnis. Planen Sie diesen „Schwund“ also von Anfang an mit ein, besonders bei passgenauen Projekten wie Handyhüllen oder Hausschuhen.
Der Kneif-Test: Um zu prüfen, ob Ihr Filz bereit für den nächsten, festeren Schritt (das Walken) ist, kneifen Sie vorsichtig mit Daumen und Zeigefinger in die Oberfläche. Bleiben nur noch ganz wenige einzelne Fasern an Ihren Fingern hängen und die Oberfläche fühlt sich an wie eine Einheit, können Sie den Druck erhöhen. Lassen sich noch ganze Büschel abziehen, heißt es: weiter sanft reiben!
Nassfilzen ist mehr als ein Handwerk, es ist eine fast meditative Erfahrung. Das rhythmische Rollen und Reiben, die Wärme des Wassers und der natürliche Geruch von Wolle und Seife wirken unglaublich beruhigend. Es ist die perfekte Tätigkeit, um nach einem langen Tag abzuschalten und mit den Händen etwas Einzigartiges zu erschaffen.
So pflegen Sie Ihre fertigen Filzschätze:
- Bei Verschmutzung nur mit kaltem oder lauwarmem Wasser per Hand waschen.
- Ein mildes Wollwaschmittel oder ein Tropfen Shampoo genügt.
- Niemals wringen oder stark reiben! Drücken Sie das Wasser nur sanft aus.
- In Form ziehen und liegend auf einem Handtuch trocknen lassen.
Wolle ist ein Wunder der Natur. Sie ist nicht nur nachwachsend und biologisch abbaubar, sondern auch temperaturregulierend, selbstreinigend und schmutzabweisend. Ein handgefertigtes Stück aus Filz ist also nicht nur schön, sondern auch ein Statement für nachhaltigen und bewussten Konsum.
Lust auf ein Upgrade?
Wenn Sie Ihren Filzstücken einen edlen Glanz und eine zarte Struktur verleihen möchten, probieren Sie es mit Seidenfasern. Legen Sie einfach eine hauchdünne Schicht Maulbeerseide oder Tussahseide über Ihre Wolle, bevor Sie mit dem Filzen beginnen. Die Seidenfasern werden beim Filzen in die Wolle eingearbeitet und erzeugen eine faszinierende, schimmernde Oberfläche. Diese Technik nennt sich Nuno-Filzen, wenn man Wolle auf ein ganzes Seidengewebe filzt.
Bergschafwolle: Robust, rustikal und etwas kratziger. Sie filzt langsamer, ergibt aber einen extrem widerstandsfähigen, dichten Filz. Ideal für Sitzkissen, Hausschuhe oder rustikale Taschen.
Merinowolle: Fein, weich und luxuriös. Sie filzt sehr schnell und ist perfekt für alles, was mit der Haut in Berührung kommt, wie Schals, Stulpen oder zarte Deko-Objekte.
„Der Filz von Joseph Beuys war nicht nur Material, sondern ein Symbol für Wärme, Isolation und spirituelle Energie.“ – Eugen Blume, Kurator
Der berühmte Künstler machte den einfachen grauen Filz zu seinem Markenzeichen und zeigte, welche tiefe kulturelle und symbolische Kraft in diesem ursprünglichen Material steckt.
Wenn Sie eine absolut gleichmäßige, flache Fläche erstellen wollen, etwa für ein Tischset, ist das Auslegen der Wolle entscheidend. Die klassische Methode:
- Legen Sie eine dünne Schicht Wollfasern senkrecht aus.
- Legen Sie die zweite Schicht waagerecht darüber.
- Eine dritte Schicht wieder senkrecht, die vierte waagerecht.
Vier dünne Schichten ergeben einen stabileren Filz als zwei dicke. Dieser „Kreuzverbund“ sorgt dafür, dass sich das Stück in alle Richtungen gleichmäßig zusammenzieht.
Ihr Low-Budget-Startkit: Sie müssen nicht sofort in teures Zubehör investieren. Die meisten Werkzeuge haben Sie bereits zu Hause:
- Ein altes Handtuch als Unterlage
- Ein Stück Luftpolsterfolie aus einer Verpackung
- Eine leere Sprühflasche für die Seifenlauge
- Ein Stück Kern- oder Olivenseife
Mehr braucht es für die ersten Filzkugeln und kleinen Flächen nicht!
Der Moment, in dem aus der weichen, flauschigen Wolle ein fester Stoff wird, ist pure Magie. Dieser Prozess, das sogenannte „Walken“, ist der anstrengendste, aber auch befriedigendste Teil. Hier wird das Werkstück gerollt, geknetet und sogar sanft auf die Arbeitsfläche geworfen. Man spürt förmlich, wie sich die Fasern unter den Händen verdichten und das Stück seine endgültige Form und Festigkeit annimmt. Das ist Handwerk im wahrsten Sinne des Wortes.
Wichtiger Trick: Essigwasser als letzter Schliff. Nach dem Filzen spülen Sie Ihr Werkstück gründlich mit klarem Wasser aus, um alle Seifenreste zu entfernen. Ein letzter Spülgang in Wasser mit einem Schuss Essig neutralisiert die restliche Lauge, schließt die Wollschuppen, lässt die Farben leuchten und macht die Wolle wieder angenehm weich.
- Einzigartige, lebendige Muster.
- Scharfe Kanten und klare Formen.
- Die Möglichkeit, komplexe Bilder zu gestalten.
Das Geheimnis? Vorfilz! Das ist dünn vorgefilzter Wollstoff, den man wie Papier schneiden und auf die lose Wolle legen kann. Beim Filzen verbinden sich die ausgeschnittenen Formen nahtlos mit dem Untergrund.
Kann man trockene Stellen nachträglich befeuchten?
Ja, unbedingt! Trockene Stellen im Inneren Ihres Wollhaufens sind eine häufige Fehlerquelle, die zu instabilen Stellen führt. Befeuchten Sie Ihre Hände immer wieder mit Seifenlauge und drücken Sie das Wasser sanft in die Wolle. Ziel ist eine gleichmäßige Durchfeuchtung ohne triefende Nässe.
Inspiration aus Zentralasien: Die Jurten der nomadischen Völker sind traditionell aus riesigen Filzbahnen gefertigt. Dieses uralte Wissen zeigt die unglaublichen Eigenschaften von Filz: Er isoliert perfekt gegen Kälte und Hitze, ist wind- und wasserabweisend und dabei relativ leicht. Ein Beweis für die Langlebigkeit und Funktionalität dieses Materials.
Wussten Sie schon? Eine einzelne Wollfaser kann bis zu 30 % ihres Eigengewichts an Feuchtigkeit aufnehmen, ohne sich nass anzufühlen.
Diese Eigenschaft macht Filz so atmungsaktiv und feuchtigkeitsregulierend. Deshalb sind Hausschuhe oder Sitzauflagen aus Filz im Winter warm und im Sommer angenehm temperiert.
Die richtige Seife: Der pH-Wert ist entscheidend. Eine leicht alkalische Seife (pH-Wert zwischen 8 und 10) ist ideal, um die Schuppenstruktur der Wolle zu öffnen. Zu aggressive oder parfümierte Seifen können die Fasern schädigen. Eine einfache Marseille-Seife oder reine Kernseife sind eine ausgezeichnete und preiswerte Wahl.
Verleihen Sie Ihren Filzobjekten nach dem Trocknen den letzten Schliff! Mit einer Filznadel (einer Nadel mit kleinen Widerhaken) können Sie zusätzliche Details „trocken“ aufsticken. So lassen sich Gesichter auf Figuren, feine Linien auf Bildern oder kontrastierende Punkte auf einer Kugel anbringen, ganz ohne Nähen.
