Wasser ernten statt verschwenden: Dein Praxis-Guide für cleveres Wassermanagement am Haus

von Mareike Brenner
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Stell dir vor, dein Dach wäre mehr als nur ein Schutz vor Regen. Was, wenn es eine Quelle wäre? Eine Quelle für sauberes Wasser, direkt bei dir zu Hause. In meiner langen Zeit auf Baustellen habe ich alles Mögliche gesehen, von hochkomplexen Ingenieurbauten bis hin zu Projekten, die mit einfachsten Mitteln Unglaubliches bewirkt haben. Und ehrlich gesagt, sind es Letztere, die mir im Kopf geblieben sind.

Besonders ein Projekt in einer extrem trockenen Region Afrikas hat meine Sichtweise für immer verändert. Dort wurde ein großes Gemeinschaftsgebäude, getarnt als Sportstätte, nicht nur als Treffpunkt gebaut, sondern als eine riesige Maschine zur Wassergewinnung. Das Prinzip ist so simpel wie genial: Statt das kostbare Regenwasser, das nur an wenigen Tagen im Jahr fällt, in die Kanalisation zu leiten, wird jeder Tropfen gesammelt. Dieses Konzept nennen die Profis „Waterbanking“. Und das Beste daran? Das funktioniert nicht nur bei Großprojekten in Afrika, sondern auch bei dir zu Hause, sei es für den Garten oder sogar die Toilettenspülung.

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Die Logik dahinter: Vom Regen zum Reservoir

Die Physik ist denkbar einfach: Eine große, geneigte Fläche – dein Dach – fängt Regen auf. Die Schwerkraft erledigt den Rest und leitet das Wasser in die Dachrinne und das Fallrohr. Von dort aus wird es gefiltert und in Tanks gespeichert. Klingt einfach, oder?

Die entscheidende Frage ist natürlich: Wie viel kommt da zusammen? Du kannst das ganz leicht selbst überschlagen. Nimm einfach deine Dachgrundfläche in Quadratmetern und multipliziere sie mit der durchschnittlichen jährlichen Regenmenge deiner Region in Millimetern (diese Info findest du easy online, z.B. beim Deutschen Wetterdienst). Das Ergebnis ist die Wassermenge in Litern, die du theoretisch pro Jahr sammeln könntest. Klar, ein bisschen was verdunstet oder geht verloren, aber es gibt dir eine super Vorstellung vom Potenzial.

Ein Beispiel: Ein normales Einfamilienhaus mit 150 m² Dachfläche kann in einer durchschnittlichen deutschen Region (ca. 800 mm Regen/Jahr) unglaubliche 120.000 Liter Wasser pro Jahr ernten! Genug, um den ganzen Sommer den Garten zu wässern und die Toiletten zu spülen.

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Achtung, „First Flush“! Der erste Regenschauer nach einer langen Trockenperiode ist quasi die „Dachwäsche“. Er spült Staub, Pollen und Vogelkot vom Dach. Dieses erste, schmutzige Wasser willst du auf keinen Fall im Tank haben. Profis nennen das den „First Flush“. Eine gute Faustregel ist, die ersten 1-2 Liter pro Quadratmeter Dachfläche abzuleiten. Für unser 150-m²-Dach wären das also die ersten 150 bis 300 Liter. Dafür gibt es spezielle Vorfilter oder einfache Selbstbau-Lösungen, die dieses erste Schmutzwasser automatisch ableiten, bevor das saubere Wasser in den Tank fließt. Ein kleiner Trick mit riesiger Wirkung für die Wasserqualität!

Materialien im Check: Von Hightech-Holz bis Lehmziegel

Die Wahl der Baumaterialien ist natürlich entscheidend, nicht nur für die Stabilität, sondern auch für das Klima im Haus und die Nachhaltigkeit. Bei großen Bauten wird heute gerne Brettsperrholz (BSP) verwendet. Das sind massive, vorgefertigte Holzplatten, die extrem tragfähig sind und eine schnelle Montage ermöglichen. Aber ganz ehrlich, für die meisten Projekte und vor allem in bestimmten Klimazonen ist das nicht immer die beste Wahl. Importiertes Holz kann teuer sein und ist, je nach Herkunft, anfällig für lokale Schädlinge wie Termiten. Da helfen auch deutsche Normen nur bedingt.

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Viel spannender finde ich oft, auf das zurückzugreifen, was die Region hergibt. Presslehmziegel zum Beispiel sind fantastisch. Sie werden aus lokalem Lehm mit einem kleinen Zementanteil gepresst, müssen nicht gebrannt werden und sorgen durch ihre hohe thermische Masse für ein super angenehmes Raumklima – im Sommer kühl, im Winter warm. Die Kosten sind oft deutlich niedriger und die Ökobilanz ist unschlagbar.

Oder wie wäre es mit Bambus? Dieses Gras ist ein echtes Wundermaterial: wächst extrem schnell, ist unglaublich stark und trotzdem flexibel. Richtig behandelt, lassen sich daraus langlebige und stabile Tragwerke bauen. Der Schlüssel ist oft, traditionelles Handwerkerwissen mit modernem Ingenieur-Know-how zu verbinden.

Fürs Dach selbst ist ein klassisches Metalldach, meist aus Trapezblech, für das Wassersammeln ideal. Es ist glatt, langlebig und gibt kaum Stoffe ans Wasser ab. Achte aber unbedingt auf die Beschichtung! Günstige Bitumenanstriche sind ein No-Go. Was du brauchst, ist eine zertifiziert lebensmittelechte Beschichtung. Such im Fachhandel nach Produkten mit Trinkwasserzulassung, zum Beispiel nach der KTW-Leitlinie oder dem DVGW-Arbeitsblatt W 270. Ein kleiner Tipp am Rande: Eine helle Dachfarbe reflektiert mehr Sonnenlicht und hält das Gebäude kühler. Passive Kühlung zum Nulltarif!

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Ab ins Detail: Der Bau und die typischen Fallstricke

Okay, jetzt wird’s praktisch. Das Wichtigste bei einem Wassertank ist das Fundament. Wasser ist verdammt schwer – ein Liter wiegt ein Kilo. Ein 10.000-Liter-Tank wiegt also 10 Tonnen! Diese Last muss sicher in den Boden abgeleitet werden. Hier darf man niemals schätzen. Ein unterdimensioniertes Fundament, das nach dem ersten Starkregen nachgibt, ist eine Katastrophe. Das muss immer von einem Fachmann berechnet werden.

Aus meiner Erfahrung gibt es drei typische Fehler, die immer wieder gemacht werden. Wenn du die vermeidest, bist du schon auf einem sehr guten Weg:

  • Fehler 1: Der Tank ist nicht lichtdicht. Fällt Licht in den Tank, wachsen Algen. Das Wasser wird schnell grün und unbrauchbar. Achte also auf einen lichtundurchlässigen Tank (meist aus schwarzem oder dunkelgrünem Kunststoff) und einen dichten Deckel.
  • Fehler 2: Keine Gitter an den Öffnungen. Jede Öffnung, vom Zulauf bis zum Überlauf, ist eine Einladung für Laub, Insekten und vor allem Mücken, die ihre Larven im stehenden Wasser ablegen. Ein einfaches, feinmaschiges Gitter aus Edelstahl kostet fast nichts und verhindert das zuverlässig.
  • Fehler 3: Falsche Anschlüsse. Der Wasserhahn für die Entnahme sollte immer ein paar Zentimeter über dem Tankboden angebracht sein. So wirbelst du eventuelle feine Sedimente, die sich am Boden absetzen, nicht bei jeder Wasserentnahme auf. Ein zweiter Hahn ganz unten am Boden ist super praktisch, um den Tank zur Reinigung komplett zu entleeren.
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Das Herzstück: So filterst du dein Wasser richtig sauber

Selbst mit einem „First Flush“-Ableiter ist das Wasser noch nicht unbedingt trinkbar. Für die Gartenbewässerung reicht es locker, aber wenn du es im Haushalt nutzen willst, braucht es eine vernünftige Filterung. Ein mehrstufiges System ist hier der Goldstandard.

Nach einem Grobfilter (der Laub und Zweige abhält) ist ein Langsam-Sandfilter eine geniale und wartungsarme Lösung. Stell dir einfach ein großes Fass oder einen gemauerten Behälter vor, den du in Schichten füllst. Unten beginnst du mit ca. 10 cm grobem Kies, darüber eine Schicht feineren Kies, dann grober Sand und zuoberst eine dicke Schicht von etwa 40-50 cm feinem Sand. Das Wasser sickert langsam durch diese Schichten. Dabei passiert etwas Magisches: In der obersten Sandschicht bildet sich mit der Zeit eine dünne biologisch aktive Schicht, ein sogenannter „Biofilm“. Diese Mikroorganismen fressen Bakterien und Krankheitserreger quasi auf und reinigen das Wasser extrem effektiv.

Für absolute Sicherheit, gerade bei Trinkwasser, kann man danach noch einen UV-Filter schalten. Der tötet mit UV-Licht die letzten verbliebenen Keime ab. Das ist die Hightech-Lösung. Eine stromlose Alternative ist die solare Desinfektion (SODIS), bei der Wasser in durchsichtige PET-Flaschen gefüllt und für mehrere Stunden in die pralle Sonne gelegt wird – einfach, aber wirksam.

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Was kostet der Spaß und wie fange ich an?

Jetzt zur Gretchenfrage: Was kostet das alles? Das ist natürlich extrem skalierbar. Du musst nicht gleich das ganz große Rad drehen.

Der Quick-Win für Anfänger: Der einfachste Start ist eine simple Regentonne am Fallrohr deines Gartenhauses. Eine 200-Liter-Tonne mit Anschluss-Set bekommst du im Baumarkt oft schon für unter 100 Euro. Damit siehst du sofort den Effekt und sparst im Sommer eine Menge Leitungswasser.

Die mittlere Lösung für Hausbesitzer: Eine Anlage mit einem 3.000 bis 5.000 Liter fassenden Erdtank, Pumpe und Filteranlage, die den Garten und die Toilettenspülungen versorgt, kostet je nach Eigenleistung und örtlichen Gegebenheiten zwischen 3.000 und 8.000 Euro. Das ist eine Investition, die sich über die Jahre aber definitiv rechnet.

Für Selbermacher: Ein einfacher „First Flush“-Ableiter lässt sich mit Rohren aus dem Baumarkt für unter 50 Euro selbst bauen. Anleitungen dazu findest du zuhauf online.

Gut zu wissen: Die Wartung ist entscheidend, aber kein Hexenwerk. Du solltest die Dachrinnen regelmäßig reinigen, den Vorfilter checken und bei einem Sandfilter alle paar Monate die oberste Schicht (ca. 2 cm) abtragen und durch frischen, sauberen Sand ersetzen. Das war’s schon fast. Einmal im Jahr sollte man den Tank vielleicht mal komplett leeren und reinigen. Plan dafür ein paar Stunden ein, dann bleibt dein System für Jahre top in Schuss.

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Also, anstatt den nächsten Regen einfach ablaufen zu lassen, sieh ihn als das, was er ist: eine kostenlose Lieferung wertvollsten Wassers direkt auf dein Dach. Es ist eine der einfachsten und effektivsten Methoden, nachhaltiger zu leben und Ressourcen zu schonen.

Wichtiger Hinweis und Haftungsausschluss:
Dieser Artikel soll dir Inspiration und praktisches Wissen geben. Er ersetzt aber auf keinen Fall eine professionelle Planung durch Fachleute! Jedes Bauvorhaben, besonders wenn es um große Wasserlasten und Statik geht, braucht eine individuelle Berechnung und Planung durch qualifizierte Architekten oder Ingenieure, die sich mit den lokalen Gegebenheiten auskennen. Wenn du das Wasser als Trinkwasser nutzen willst, lass die Qualität regelmäßig im Labor überprüfen. Sicherheit geht immer vor – bau niemals auf gut Glück!

Mareike Brenner

Mareike ist 1991 in Bonn geboren und hat ihr Diplom in der Fachrichtung Journalistik an der TU Dortmund erworben. Sie hat einen Hintergrund im Bereich Design, da sie an der HAW Hamburg Illustration studiert hat. Mareike hat aber einen Sprung in die Welt des Journalismus gemacht, weil sie schon immer eine Leidenschaft für kreatives Schreiben hatte. Derzeit ist sie in der Redaktion von Freshideen tätig und schreibt gern Berichte über Schönheitstrends, Mode und Unterhaltung. Sie kennt übrigens alle Diäten und das Thema „Gesund abnehmen“ wird von ihr oft bevorzugt. In ihrer Freizeit kann man sie beim Kaffeetrinken mit Freunden antreffen oder sie bleibt zu Hause und zeichnet. Neulich hat sie eine neue Leidenschaft entdeckt, und das ist Online-Shopping.