Kita mit Köpfchen bauen: Der Praxis-Guide für einen gesunden Ort zum Wachsen

von Mareike Brenner
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In meiner Werkstatt riecht es nach frischem Holz. Schon seit Ewigkeiten arbeite ich mit diesem genialen Material, habe unzählige Häuser saniert und jungen Leuten das Handwerk gezeigt. Wenn man so lange dabei ist, lernt man eins ganz genau: Wir tragen eine riesige Verantwortung, ganz besonders, wenn wir für Kinder bauen.

Ein Kindergarten ist ja so viel mehr als nur ein Dach über dem Kopf. Es ist das zweite Zuhause, der Ort, wo die Kleinen spielen, lernen, toben und die Welt entdecken. Das Gebäude selbst sollte da ein stiller, aber starker Partner sein – einer, der für Gesundheit, Sicherheit und pures Wohlbefinden sorgt.

Früher wurde oft schnell und billig gebaut. Beton, jede Menge Kunststoffe, dicke Lackschichten. Heute wissen wir’s zum Glück besser. Ein Kind, das in einem Raum mit ausdünstenden Klebstoffen spielt, atmet das alles ein. Ein schlecht gelüfteter Raum macht müde und unkonzentriert. Deshalb mag ich das Wort „Öko-Kindergarten“ eigentlich gar nicht. Das klingt so nach Nische. Für mich ist diese Bauweise einfach der Standard, so wie er sein sollte: gesundes Bauen mit Verstand und Weitblick. Hier zeige ich euch mal, worauf es in der Praxis wirklich ankommt – nicht aus dem Lehrbuch, sondern direkt von der Baustelle.

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Die unsichtbaren Helfer: Was ein Gebäude wirklich können muss

Bevor wir über coole Materialien reden, müssen wir kurz verstehen, was ein Haus eigentlich leisten muss. Es ist wie beim Kochen: Man muss die Zutaten und ihre Wirkung kennen. Ein Gebäude hat im Grunde drei Hauptaufgaben: Es muss uns vor Kälte und Hitze schützen, für frische Luft sorgen und mit Feuchtigkeit klarkommen.

Die Gebäudehülle: Der Pullover für euer Haus

Ein Haus verliert ständig Wärme. Die Gebäudehülle – also Wände, Dach, Fenster – muss diesen Austausch bremsen. Das Maß dafür ist der U-Wert. Je kleiner der ist, desto besser die Dämmung. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) gibt da zwar Mindestwerte vor, aber ganz ehrlich? Die reichen oft nicht.

Ein kleiner Einblick aus der Praxis: Das Gesetz fordert für eine Wand vielleicht einen U-Wert von 0,24 W/(m²K). Wir als Profis zielen aber eher auf 0,15 oder sogar noch besser. Das ist der Unterschied zwischen einem dünnen Pulli und einer richtig dicken Winterjacke fürs Haus. Eine Top-Dämmung spart nicht nur massiv Heizkosten, sie sorgt auch für warme Wandoberflächen. Das ist superwichtig für den Komfort, denn kalte Wände strahlen Kälte ab und man fühlt sich unwohl, selbst wenn die Luft warm ist.

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Frische Luft: Die Lunge des Gebäudes

In einem Raum voller spielender Kinder schnellt der CO2-Gehalt nur so in die Höhe. Dazu kommen Ausdünstungen von Möbeln und Spielzeug. Moderne Gebäude sind extrem dicht gebaut (das prüfen wir mit einem sogenannten Blower-Door-Test), was für die Energiebilanz super ist, aber ohne aktive Lüftung zur Katastrophe für die Luftqualität wird. Eine mechanische Lüftungsanlage ist in Kitas deshalb eigentlich keine Option mehr, sondern ein Muss. Gute Anlagen haben eine Wärmerückgewinnung: Sie klauen der verbrauchten Abluft die Wärme und heizen damit die frische Zuluft vor. Das spart einen Haufen Energie.

Feuchtigkeit: Der stille Mitbewohner

Wusstet ihr schon? Eine Gruppe von 20 Kindern gibt pro Tag locker 15 bis 20 Liter Wasser an die Raumluft ab – das sind zwei volle Putzeimer! Diese Feuchtigkeit muss irgendwo hin, sonst gibt’s Schimmel. Und genau hier kommen die richtigen Baustoffe ins Spiel. Materialien wie Lehm oder Holz können Feuchtigkeit aus der Luft aufnehmen und später wieder abgeben. Sie wirken wie ein Puffer und regulieren das Raumklima ganz natürlich. Eine Betonwand kann das nicht.

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Techniken aus der Praxis: So bauen wir eine gesunde Kita

Ein nachhaltiger Kindergarten ist kein Zufallsprodukt. Er ist das Ergebnis kluger Planung und dem richtigen Handwerk. Hier sind die wichtigsten Bausteine, auf die wir achten.

Konstruktion: Holz ist einfach Trumpf

Für Kindergärten ist der Holzbau meine absolute erste Wahl. Nicht nur, weil Holz als nachwachsender Rohstoff CO2 speichert, sondern weil es eine unvergleichliche, warme Atmosphäre schafft. Meistens arbeiten wir im Holzrahmenbau. Stellt euch ein Gerippe aus Holzbalken vor, dessen Zwischenräume (die Gefache) lückenlos mit Dämmstoff gefüllt werden. Das geht schnell und ist super präzise. Eine Alternative ist der Massivholzbau, bei dem ganze Wand- und Deckenelemente aus verleimten Holzschichten bestehen. Extrem stabil und bauphysikalisch top. Wichtig ist immer der konstruktive Holzschutz: Wir planen so, dass das Holz gar nicht erst nass wird, zum Beispiel mit großen Dachüberständen. Auf Chemie verzichten wir, wo es nur geht – ein absolutes Muss in einer Kita.

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Dämmung: Natürlich warm im Winter, kühl im Sommer

Vergesst die klassische Mineralwolle. Heute gibt es viel bessere Alternativen. Schauen wir uns die drei häufigsten mal an:

  • Zellulose: Das ist quasi recyceltes Zeitungspapier. Dieser Dämmstoff wird in alle Hohlräume eingeblasen und füllt jede noch so kleine Lücke. Das verhindert fiese Wärmebrücken. Preislich ist Zellulose oft eine sehr wirtschaftliche Lösung und ökologisch kaum zu schlagen.
  • Holzfaser: Mein persönlicher Favorit, wenn es um den Hitzeschutz im Sommer geht. Holzfaserdämmplatten haben eine hohe Masse und brauchen lange, um sich aufzuheizen. So bleiben die Räume an heißen Tagen angenehm kühl – Gold wert für den Mittagsschlaf! Sie sind in der Regel etwas teurer als Zellulose, aber der Komfortgewinn im Sommer ist enorm.
  • Mineralwolle: Der Klassiker ist oft am günstigsten in der Anschaffung, hat aber Nachteile. Der sommerliche Hitzeschutz ist mäßig und die Feuchtigkeitsregulierung ist nicht mit den Naturdämmstoffen vergleichbar.

Ein guter Dämmstoff muss beides können: im Winter die Wärme drinnen und im Sommer die Hitze draußen halten. Das wird leider viel zu oft vergessen.

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Wände und Böden: Atmen erlaubt!

Statt der üblichen Gipskartonplatten mit Dispersionsfarbe setzen wir auf Lehmbauplatten oder Lehmputz. Lehm ist ein wahres Wundermittel: Er schluckt Luftfeuchtigkeit wie ein Schwamm, neutralisiert Gerüche und Schadstoffe. Ganz ehrlich: Der Unterschied im Raumgefühl ist Tag und Nacht.

Kleiner Kosten-Check: Rechnet mal grob mit 60 bis 90 € pro Quadratmeter für einen fachmännisch aufgebrachten Lehmputz. Das klingt erstmal viel im Vergleich zu den vielleicht 35 bis 50 € für eine Standardlösung mit Gipskarton und Farbe. Aber dafür kauft ihr euch eine natürliche Klimaanlage, die jahrzehntelang für ein gesundes Raumklima sorgt.

Bei den Böden sind robuste Naturmaterialien gefragt. Linoleum (hergestellt aus Leinöl, Harzen und Holzmehl) ist ein langlebiger Klassiker. Auch Kork oder geöltes Massivholz sind tolle, fußwarme Optionen. Achtung: Immer auf emissionsarme Klebstoffe achten, die zum Beispiel mit dem „Blauen Engel“ zertifiziert sind!

Geld, Förderungen & der erste Schritt: Wie geht’s jetzt los?

Jetzt kommt die Frage aller Fragen: Was kostet der Spaß mehr? Und wie fängt man überhaupt an?

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Die ehrliche Antwort zu den Kosten: Rechnet mit etwa 10 bis 15 % höheren reinen Baukosten für eine wirklich gesunde, nachhaltige Bauweise im Vergleich zum absoluten Billigstandard. ABER – und das ist der entscheidende Punkt – ihr könnt von bis zu 40-50 % niedrigeren Betriebskosten (Heizung, Strom) ausgehen. Die höhere Investition am Anfang zahlt sich also über die Jahre mehrfach aus, von dem unbezahlbaren Gesundheitsvorteil mal ganz abgesehen. Haltet außerdem Ausschau nach Förderprogrammen von der KfW oder eurem Bundesland. Oft gibt es Zuschüsse für energieeffizientes Bauen!

Euer Fahrplan – die ersten Schritte: Ihr seid eine Elterninitiative und brennt für die Idee? Perfekt! So geht’s weiter:

  1. Findet euer Kernteam: Sucht ein paar engagierte Leute, die das Projekt vorantreiben.
  2. Definiert eure Vision: Was ist euch am wichtigsten? Der Holzbau? Die Naturböden? Die Lüftungsanlage? Schreibt es auf!
  3. Sucht die richtigen Experten: Das Wichtigste ist ein Architekt, der für diese Themen brennt. Fragt ihn direkt am Anfang Löcher in den Bauch!

Kleiner Spickzettel für das Gespräch mit dem Architekten:

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Gruppenkostüme, die rocken: Euer ultimativer Guide von der Idee bis zum Umzug

  • Haben Sie bereits Erfahrung mit Holzbau und natürlichen Dämmstoffen?
  • Welche konkreten Maßnahmen schlagen Sie für den sommerlichen Hitzeschutz vor?
  • Welches Lüftungskonzept empfehlen Sie und warum?
  • Wie stellen wir sicher, dass wir nur schadstoffgeprüfte Materialien verwenden?
  • Können Sie uns helfen, passende Förderungen zu finden?

Sicherheit geht vor: Klare Regeln für den Schutz der Kleinsten

Bei aller Liebe zu natürlichen Materialien: Die Sicherheit hat oberste Priorität. Da gibt es null Kompromisse. Ein großes Thema ist natürlich immer der Brandschutz bei Holzbauten. Aber keine Sorge, die Vorstellung, dass ein moderner Holzbau wie Zunder brennt, ist ein altes Märchen. Massive Holzteile bilden im Brandfall eine schützende Kohleschicht, die das Feuer bremst. Das lässt sich alles exakt berechnen und die Vorschriften der Landesbauordnungen werden penibel eingehalten.

Für alle Materialien, mit denen Kinder in Kontakt kommen, wie Farben oder Lacke, gilt die „Spielzeugnorm“ (EN 71-3). Bei Bodenbelägen und Platten achten wir auf Siegel wie den „Blauen Engel“ oder „natureplus“. Und ganz wichtig: Spielgeräte im Außenbereich müssen von einem qualifizierten Prüfer abgenommen werden (nach DIN EN 1176). Bitte niemals hier am falschen Ende sparen und selbst was zusammenzimmern!

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Ein letztes Wort als Meister: Manches, wie den Garten anlegen oder die Wände streichen, kann eine engagierte Elterngruppe vielleicht in Eigenleistung stemmen. Aber alle tragenden, sicherheitsrelevanten und bauphysikalisch wichtigen Arbeiten gehören in die Hände von Fachleuten. Ein kleiner Fehler bei der Dampfbremse kann zu Bauschäden in fünfstelliger Höhe führen. Das ist das Risiko einfach nicht wert. Eine gute Kita ist die beste Investition in die Zukunft unserer Kinder – und die sollte auf einem verdammt soliden Fundament stehen.

Mareike Brenner

Mareike ist 1991 in Bonn geboren und hat ihr Diplom in der Fachrichtung Journalistik an der TU Dortmund erworben. Sie hat einen Hintergrund im Bereich Design, da sie an der HAW Hamburg Illustration studiert hat. Mareike hat aber einen Sprung in die Welt des Journalismus gemacht, weil sie schon immer eine Leidenschaft für kreatives Schreiben hatte. Derzeit ist sie in der Redaktion von Freshideen tätig und schreibt gern Berichte über Schönheitstrends, Mode und Unterhaltung. Sie kennt übrigens alle Diäten und das Thema „Gesund abnehmen“ wird von ihr oft bevorzugt. In ihrer Freizeit kann man sie beim Kaffeetrinken mit Freunden antreffen oder sie bleibt zu Hause und zeichnet. Neulich hat sie eine neue Leidenschaft entdeckt, und das ist Online-Shopping.