Porzellan kleben wie ein Profi: So rettest du deine Lieblingstasse wirklich!

von Augustine Schneider
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Klirr. Dieses Geräusch kennt wohl jeder. Ein kurzer, heller Ton, dann diese schreckliche Stille. Und schon liegt das Erbstück der Oma oder die geliebte Kaffeetasse in Scherben auf dem Boden. Ein kleines Stück Herz bricht da oft gleich mit.

Ich hab in meiner Werkstatt schon unzählige solcher kleinen Tragödien gesehen. Und fast immer folgt der gleiche Fehler: Der Griff zum erstbesten Sekundenkleber. Ganz ehrlich? Das ist meistens der direkte Weg zur Enttäuschung. Die Teile passen schief, der Kleber quillt milchig-weiß heraus und die ganze Aktion hält von zwölf bis mittags. Eine gute Reparatur beginnt nicht mit der Tube, sondern mit ein bisschen Geduld und dem richtigen Wissen. Und das ist kein Hexenwerk, sondern einfach sauberes Handwerk. Komm, ich zeig dir, wie du das richtig machst.

Warum Porzellan so eine Diva ist: Ein kurzer Blick aufs Material

Um Porzellan zu verstehen, muss man wissen, was es ist: eine extrem verdichtete Keramik. Bei irrsinnig hohen Temperaturen gebrannt, entsteht ein glasartiges, superhartes Gefüge. Das macht es so edel und widerstandsfähig gegen Hitze. Aber genau diese Härte ist auch seine größte Schwäche.

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Metall verbiegt sich, Holz splittert, aber Porzellan? Das gibt keinen Millimeter nach. Es nimmt die Spannung auf, bis es nicht mehr geht – und dann bricht es. Schlagartig. Der riesige Vorteil für uns: Die Bruchflächen sind oft gestochen scharf und passen theoretisch perfekt wieder aufeinander. Es gibt keine Verformung. Unsere Aufgabe ist es also, dieses perfekte Puzzle wieder zusammenzusetzen. Und dabei ist jeder Fettfleck vom Finger und jedes Staubkorn unser Erzfeind.

Die Vorbereitung ist alles (wirklich, ALLES!)

Ich kann es nicht oft genug sagen: Die 15 Minuten, die du hier investierst, sparen dir später eine Stunde Ärger. Schlampige Vorbereitung ist die Garantie für ein mieses Ergebnis. Also, nimm dir die Zeit.

Schritt 1: Die Bestandsaufnahme

Sammle vorsichtig alle Scherben ein. Ja, auch die winzigen Splitter! Leg dir ein altes Handtuch auf den Tisch und breite alles aus. Kleiner Tipp: Zieh dir dünne Handschuhe an, um dich nicht zu schneiden und die Teile sauber zu halten. Jetzt machst du eine „Trockenübung“ und puzzelst die Tasse einmal ohne Kleber zusammen. So siehst du, ob alles da ist und bekommst ein Gefühl für die Reihenfolge.

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Schritt 2: Die Generalreinigung

Die Bruchflächen müssen ABSOLUT sauber und fettfrei sein. Das ist nicht verhandelbar. Reinige jedes Teil vorsichtig mit lauwarmem Wasser und einem Tropfen Spüli. Eine alte, weiche Zahnbürste hilft super, um Staub aus den Poren zu bekommen. Danach gründlich abspülen und an der Luft trocknen lassen. Nicht föhnen! Lass den Teilen ruhig einen halben Tag Zeit.

Nach dem Trocknen kommt der wichtigste Part: das Entfetten. Nimm dir ein fusselfreies Tuch (ein altes Baumwoll-T-Shirt oder ein Mikrofasertuch für Brillen sind perfekt) und wische die Bruchflächen mit Isopropanol-Alkohol ab. Den bekommst du für ein paar Euro in der Apotheke oder Drogerie. Aceton geht auch, ist aber aggressiver – falls dein Porzellan bemalt ist, teste es erst an einer unsichtbaren Stelle. Und ab jetzt gilt: Finger weg von den sauberen Kanten!

Die 3 größten Fehler, die Anfänger machen

Bevor wir zum Kleber greifen, lass uns kurz über die typischen Fallstricke reden. Wenn du die vermeidest, bist du schon auf der sicheren Seite.

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  • Zu viel Kleber nehmen: Das Motto „viel hilft viel“ ist hier komplett falsch. Ein hauchdünner Film reicht. Zu viel Kleber wird nur rausgedrückt, bildet eine dicke, unschöne Fuge und schwächt die Verbindung sogar.
  • Die sauberen Flächen wieder anfassen: Man hat alles perfekt gereinigt und dann… fasst man doch nochmal mit dem Daumen auf die Bruchstelle. Tu es nicht! Unsere Haut ist immer fettig und das ruiniert die Haftung.
  • Ungeduld beim Aushärten: Der Kleber braucht Zeit, um seine volle Kraft zu entwickeln. Auch wenn es sich schon nach einer Stunde fest anfühlt – lass das gute Stück mindestens 24 Stunden komplett in Ruhe.

Der richtige Kleber: Was du wirklich brauchst (und was nicht)

Okay, lass uns über das Wichtigste reden: den Klebstoff. Der Gang in den Baumarkt kann einen ja erschlagen. Aber die Wahl ist eigentlich ganz einfach.

Vergiss bitte den normalen Sekundenkleber (Cyanacrylat). Der ist zwar schnell, aber härtet glashart und spröde aus – genau wie das Porzellan selbst. Er füllt keine winzigen Lücken und ist oft nicht mal dauerhaft wasserfest. Für eine schnelle Not-Reparatur an einer Dekofigur mag das gehen, aber für alles, was halten soll, ist er ungeeignet.

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Was wir brauchen, ist ein 2-Komponenten-Epoxidharzkleber. Das ist der Profi-Standard und aus gutem Grund. Er besteht aus Harz und Härter, die du mischst. Dadurch entsteht eine chemische Verbindung, die bombenfest wird. Achte auf einen Kleber, der transparent aushärtet und eine Verarbeitungszeit (die sogenannte „Topfzeit“) von mindestens 15-30 Minuten hat. Das nimmt dir den Stress. Bewährte Produkte gibt es zum Beispiel von UHU oder Pattex, oft in praktischen Doppelspritzen für ca. 10-15 Euro.

ACHTUNG! Lebenswichtiger Hinweis: Eine geklebte Tasse ist keine Trinktasse mehr! Auch wenn der Kleber wasserfest ist, ist er in der Regel nicht für den Kontakt mit heißen Lebensmitteln zugelassen. Es können Stoffe ins Getränk übergehen. Die reparierte Tasse wird ein super Stiftehalter, eine Blumenvase oder einfach ein schönes Erinnerungsstück. Deine Gesundheit geht immer vor. Versprochen?

Jetzt wird geklebt: Schritt für Schritt zum Erfolg

Alles bereit? Gutes Licht, saubere Fläche? Super. Dann legen wir los.

  1. Kleber anmischen: Drück eine kleine Menge Harz und Härter (wirklich exakt gleiche Teile!) auf ein Stück Pappe. Mit einem Zahnstocher jetzt mindestens eine Minute lang gründlich verrühren, bis eine homogene Masse entsteht. Langsam rühren, um Luftblasen zu vermeiden.
  2. Hauchdünn auftragen: Nimm mit dem Zahnstocher etwas Kleber auf und bestreiche eine der beiden Bruchflächen hauchdünn. Weniger ist mehr!
  3. Zusammensetzen & Säubern: Füge die Teile passgenau zusammen. Drücke sie fest und bewege sie minimal hin und her, bis du spürst, wie die Kanten „einrasten“. Es wird ein winziger Wulst Kleber austreten. Und jetzt der Profi-Tipp: Entferne diesen Überschuss SOFORT mit einem Wattestäbchen, das du in den Isopropanol-Alkohol getaucht hast. Später kriegst du das Zeug kaum noch weg.
  4. Fixieren: Jetzt muss das Teil in Ruhe aushärten, ohne sich zu bewegen. Meine Lieblingsmethode für Schalen oder Teller: eine Kiste mit Sand. Bette das Objekt so in den Sand, dass die Schwerkraft die Teile zusammendrückt. Für Henkel oder Griffe ist Malerkrepp (das beige Klebeband) ideal, da es keine Rückstände hinterlässt. Bei komischen Winkeln kannst du auch mit Knetmasse kleine Stützen bauen.

Und dann? Geduld. Nach ein paar Stunden ist der Kleber handfest, aber die volle Endfestigkeit erreicht er oft erst nach 24 Stunden. Gönn ihm die Zeit.

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Was, wenn ein Splitter fehlt oder es nur ein Haarriss ist?

Diese Anleitung funktioniert am allerbesten bei frischen, sauberen Brüchen. Was aber, wenn ein winziges Stückchen fehlt? Für den Hausgebrauch kannst du den Epoxidkleber mit etwas Kreide- oder Porzellanpulver zu einer Spachtelmasse andicken und die Lücke füllen. Nach dem Aushärten kann man es superfein schleifen. Eine unsichtbare Reparatur ist das aber nicht.

Und bei feinen Haarrissen? Ganz ehrlich, da lässt du lieber die Finger davon. Der Kleber dringt kaum in den Riss ein und macht die Sache meist nur schlimmer. In dem Fall ist der Riss eben eine Altersfalte.

Übrigens, wusstest du, dass es in Japan eine ganze Kunstform namens Kintsugi gibt? Dort werden zerbrochene Keramiken mit Goldlack repariert. Die Bruchstellen werden nicht versteckt, sondern als Teil der Geschichte des Objekts gefeiert – eine wunderschöne Idee, finde ich. Vielleicht ist deine Reparatur ja auch eine Art Kintsugi für zu Hause. Die Narbe zeigt, dass dir etwas wichtig genug war, um es zu retten. Und das ist doch viel mehr wert als eine makellose Tasse aus dem Laden.

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Augustine Schneider

Augustine ist eine offene und wissenshungrige Person, die ständig nach neuen Herausforderungen sucht. Sie hat ihren ersten Studienabschluss in Journalistik an der Uni Berlin erfolgreich absolviert. Ihr Interesse und Leidenschaft für digitale Medien und Kommunikation haben sie motiviert und sie hat ihr Masterstudium im Bereich Media, Interkulturelle Kommunikation und Journalistik wieder an der Freien Universität Berlin abgeschlossen. Ihre Praktika in London und Brighton haben ihren beruflichen Werdegang sowie ihre Weltanschauung noch mehr bereichert und erweitert. Die nachfolgenden Jahre hat sie sich dem kreativen Schreiben als freiberufliche Online-Autorin sowie der Arbeit als PR-Referentin gewidmet. Zum Glück hat sie den Weg zu unserer Freshideen-Redation gefunden und ist zurzeit ein wertvolles Mitglied in unserem motivierten Team. Ihre Freizeit verbringt sie gerne auf Reisen oder beim Wandern in den Bergen. Ihre kreative Seele schöpft dadurch immer wieder neue Inspiration und findet die nötige Portion innerer Ruhe und Freiheit.