Wohnen, das bleibt: Warum echte Materialien dein Zuhause für immer verändern

von Mareike Brenner
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Ich steh schon eine ganze Weile in der Werkstatt und hab in der Zeit so viele Wohntrends kommen und gehen sehen. Ehrlich gesagt, bei manchen Sachen von damals schüttelt man heute nur noch den Kopf. Aber ein paar Dinge sind einfach zeitlos: Qualität, eine solide Bauweise und das Gefühl, in einem gesunden Zuhause zu leben. Und genau das spüren immer mehr Leute – dieser Wunsch, sich wieder mit echten, ehrlichen Materialien zu umgeben. Das ist kein Hype, das ist eine Rückkehr zum Wesentlichen.

Vergiss die Hochglanzmagazine für einen Moment. Ich will dir hier kein Trend-Update geben, sondern echtes Wissen aus der Praxis mit auf den Weg geben. Es geht um Holz, Lehm, Kalk und darum, was diese Materialien wirklich können. Wie sie funktionieren, wie man sie richtig verarbeitet und was sie für dein Wohlbefinden tun. Das ist Wissen, das bleibt.

Das A und O: Ein Raumklima, in dem du aufatmen kannst

Wir verbringen den Großteil unserer Zeit drinnen. Die Luft, die wir dabei atmen, ist also verdammt wichtig. Viele moderne Baustoffe machen unsere vier Wände aber zu einer versiegelten Box. Das Ergebnis? Trockene Heizungsluft im Winter und Schadstoffe, die nicht entweichen können. Genau hier spielen natürliche Materialien ihre Superkraft aus.

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Was es mit der „atmenden Wand“ auf sich hat

Wenn wir Handwerker von einer „atmenden Wand“ sprechen, meinen wir natürlich nicht, dass der Wind durchpfeift. Es geht um etwas viel Clevereres: die Fähigkeit von Wänden, Feuchtigkeit aus der Luft zu schnappen und sie wieder abzugeben, wenn’s zu trocken wird. Stell es dir wie einen natürlichen Schwamm vor.

Du kochst Nudeln, du duschst – zack, die Luftfeuchtigkeit steigt. Eine Wand mit Lehm- oder Kalkputz saugt diese überschüssige Feuchtigkeit einfach auf. Später, wenn die Heizung die Luft austrocknet, gibt die Wand sie langsam wieder ab. Das Ergebnis ist ein perfekt ausbalanciertes Raumklima, meist so zwischen 40 und 60 Prozent Luftfeuchtigkeit. Das ist nicht nur angenehm für uns, sondern auch richtig schlecht für Hausstaubmilben und Schimmel.

Eine normale Wand mit Dispersionsfarbe und Gipskarton? Die kann das nicht. Sie ist im Grunde eine Plastikschicht, die diesen Austausch blockiert.

Materialien, die für dich mitarbeiten

Lehmputz: Der absolute Champion in Sachen Feuchtigkeitsregulierung. Lehm kann ein Vielfaches an Wasser aufnehmen im Vergleich zu Gips. Und, kleiner Bonus: Er bindet sogar Schadstoffe und schlechte Gerüche. Ich hatte mal einen Fall, da haben wir eine ehemalige Raucherwohnung saniert. Nach ein paar Tagen mit frischem Lehmputz an den Wänden war der kalte Rauchgeruch fast weg. Einfach aufgefressen.
Achtung: Lehmputz ist nichts für eine Hau-Ruck-Aktion. Der Untergrund muss stimmen und die Verarbeitung braucht Gefühl. Das ist eher was für Fortgeschrittene oder den Profi. Rechnet mal mit reinen Materialkosten zwischen 15 € und 25 € pro Quadratmeter, während Gipsputz oft schon für unter 5 € zu haben ist.

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Kalkputz: Kalk ist von Natur aus hochalkalisch, also super basisch. Und auf so einer Oberfläche hat Schimmel einfach keine Chance. Deshalb ist er die traditionelle Wahl für Bäder, Keller und Waschküchen. Er ist nicht ganz so ein Feuchtigkeits-Jongleur wie Lehm, aber dafür extrem robust.
Kleiner Tipp: Lass dich nicht von Produkten blenden, auf denen nur „Kalkfarbe“ steht. Oft ist da nur ein winziger Anteil drin. Schau aufs Etikett und such nach „Sumpfkalkfarbe“ oder „reiner Kalkputz“. Den echten Stoff gibt’s eher im Baustoff-Fachhandel als im normalen Baumarkt.

Massivholz: Auch eine unbehandelte oder nur geölte Holzwand trägt aktiv zum Raumklima bei. Sie ist „diffusionsoffen“, lässt also Feuchtigkeit durch. Sobald du aber Lack draufpinselst, ist der Effekt dahin. Die Oberfläche ist versiegelt. Das ist einer der Gründe, warum ich ein riesiger Fan von geölten Holzböden bin, auch wenn sie ein bisschen Liebe brauchen.

Wände sind mehr als nur eine Tapete

Farbe ist nicht gleich Farbe. Klar, der Farbton macht die Stimmung, aber die Art der Farbe bestimmt, wie das Licht im Raum tanzt und wie sich die Wand anfühlt. Zwischen einer Standard-Baumarktfarbe und einer echten Mineralfarbe liegen Welten.

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Das Leuchten echter Pigmente

In normalen Dispersionsfarben stecken synthetische Bindemittel. Sie legen sich wie ein dünner Film auf die Wand. Das Licht wird dadurch sehr gleichmäßig, fast schon ein bisschen langweilig reflektiert.

Mineralfarben, also Silikat- oder Kalkfarben, nutzen dagegen natürliche Pigmente – Ocker, Umbra, du kennst die Namen vielleicht. Diese Pigmente haben eine kristalline Struktur. Das Licht wird daran in tausend verschiedene Richtungen gebrochen. Es entsteht eine Tiefe, eine Lebendigkeit, die man kaum beschreiben kann. Die Wand scheint von innen zu leuchten. Diesen Unterschied muss man einfach mal live gesehen haben.

Für jeden Topf der richtige Deckel: Welche Farbe wohin?

Einfach drüberstreichen ist oft keine gute Idee. Das ist so ein typischer Fehler, den wir bei Sanierungen ständig korrigieren müssen. Der Untergrund entscheidet!

  • Silikatfarbe: Diese Farbe geht eine unzertrennliche, chemische Verbindung mit mineralischen Untergründen wie Putz oder Beton ein. Man nennt das „Verkieselung“. Sie wird quasi ein Teil der Wand und ist deshalb extrem haltbar – perfekt für Fassaden oder stark beanspruchte Flure. Aber: Auf einer alten Dispersionsfarbe oder Tapete hält sie null. Der Untergrund muss mineralisch und sauber sein. Punkt.
  • Kalkfarbe: Sie zaubert eine wunderschöne, pudrig-matte Oberfläche. Fühlt sich fast samtig an. Durch ihre Alkalität ist sie desinfizierend und schimmelhemmend. Der kleine Haken: Sie ist nicht super abriebfest. Mit einer dunklen Jacke an einer frisch gekalkten Wand entlangschrammen? Kann weiße Spuren hinterlassen. Fürs Schlaf- oder Wohnzimmer ein Traum, für den engen Hausflur würde ich eher zu Silikatfarbe greifen.

Ganz wichtig: Echter Kalk und Silikatfarben sind stark ätzend! Schutzbrille und Handschuhe sind hier keine Empfehlung, sondern absolute Pflicht. Ein Spritzer ins Auge ist kein Spaß, glaub mir.

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Vollholz oder „nur so aussehen“? Eine Herzensangelegenheit

Als gelernter Tischler schlägt mein Herz natürlich für Holz. Es ist warm, es lebt und wenn man es gut behandelt, überdauert es Generationen. Aber Holz ist nicht gleich Holz.

Massivholz vs. Möbel von der Stange

Die meisten Möbel heute bestehen aus Spanplatten, die mit einer dünnen Folie in Holzoptik beklebt sind. Das ist günstig, klar. Aber es ist eben nicht dasselbe.

Massivholz „arbeitet“. Es dehnt sich bei Feuchtigkeit aus und zieht sich bei Trockenheit zusammen. Ein guter Tischler weiß das und gibt dem Holz Raum dafür. Eine massive Tischplatte wird zum Beispiel nie starr verschraubt, sie braucht Bewegungsfreiheit, sonst reißt sie. Eine beschädigte Folie hingegen ist einfach kaputt. Da kannst du nichts machen. Einen Kratzer in meiner geölten Eichenplatte? Schleif ich kurz an, etwas Öl drüber, fertig. Man sieht fast nichts mehr.

Und ja, Massivholz kostet anfangs mehr. Aber sieh es mal so: Ein guter Massivholztisch begleitet dich ein Leben lang. Ein foliertes Möbelstück überlebt oft nicht mal den zweiten Umzug. Was ist am Ende also wirklich günstiger?

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Die Oberfläche: Öl, Wachs oder Lack?

Das Finish entscheidet über alles: Gefühl, Aussehen und wie leicht sich etwas reparieren lässt.

Ganz ehrlich, die Entscheidung zwischen Lack und Öl ist eine Typfrage. Lack ist wie eine Rüstung: Er bildet eine harte, geschlossene Schicht. Super pflegeleicht und wasserabweisend, fühlt sich aber oft etwas kühl und künstlich an. Das Holz darunter ist versiegelt. Der Haken: Ist die Rüstung mal durchbrochen, also ein tiefer Kratzer drin, ist die Reparatur ein Riesenaufwand. Meist muss alles abgeschliffen und neu lackiert werden.

Öl und Wachs hingegen sind wie eine gute Hautpflege. Das Öl zieht tief ein und schützt von innen, das Wachs bildet einen dünnen Schutzfilm. Die Poren bleiben offen, das Holz kann atmen und fühlt sich warm und echt an. Die Maserung wird richtig schön betont. Klar, ein geölter Tisch ist anfangs empfindlicher, aber Reparaturen sind ein Kinderspiel. Ein Rotweinfleck? Kein Drama. Leicht anschleifen, nachölen, fertig.

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Aus der Praxis: Die „Pflege“ eines geölten Bodens klingt oft schlimmer, als sie ist. Das bedeutet konkret: Einmal im Jahr die Laufzonen nachölen (dauert vielleicht zwei Stunden) und alle paar Jahre den ganzen Raum. Dazwischen nur nebelfeucht mit einer speziellen Holzbodenseife wischen. Das war’s. Das Gefühl, barfuß über echtes, warmes Holz zu laufen, ist das allemal wert.

Grüne Kollegen: Pflanzen als clevere Mitbewohner

Zimmerpflanzen sind so viel mehr als nur Deko. Sie sind lebende Luftverbesserer. Das ist keine Esoterik, sondern simple Biologie. Sie verdunsten Wasser über ihre Blätter und erhöhen so ganz natürlich die Luftfeuchtigkeit. Außerdem filtern viele von ihnen Schadstoffe aus der Luft, die aus Möbeln oder Teppichen ausdünsten können. Besonders fleißige Helfer sind robuste Klassiker wie Grünlilie, Bogenhanf oder Efeutute.

Ein Gärtner-Tipp, den ich mir gemerkt habe: Der häufigste Fehler ist zu viel Wasser! Staunässe killt fast jede Pflanze. Achte also immer auf ein Abflussloch im Topf und kipp das Wasser weg, das sich nach dem Gießen im Untersetzer sammelt.

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Und denk dran: Viele beliebte Pflanzen sind für Haustiere oder kleine Kinder giftig. Also vor dem Kauf kurz informieren. Eine schöne und absolut unbedenkliche Alternative ist zum Beispiel die Kentiapalme.

Raus an die frische Luft: So baust du eine Terrasse für die Ewigkeit

Ein Holzbalkon oder eine Terrasse ist pures Lebensglück. Damit das aber so bleibt, muss die Konstruktion stimmen. Gerade draußen zeigt sich, wer sein Handwerk versteht.

Das richtige Holz für draußen

Sonne, Regen, Frost – das Holz muss einiges aushalten. Heimische Hölzer wie Lärche oder Douglasie sind von Natur aus ziemlich robust und eine ökologisch gute Wahl. Sie werden mit der Zeit silbergrau, was total schön aussehen kann. Wer den neuen Holzton behalten will, muss eben regelmäßig ölen. Tropenhölzer sind zwar extrem haltbar, aber ihre Herkunft ist oft ein Problem. Wenn schon, dann achte unbedingt auf ein verlässliches Siegel für nachhaltige Forstwirtschaft.

Eine Alternative sind WPC-Dielen aus einem Holz-Kunststoff-Gemisch. Super pflegeleicht, aber sie heizen sich in der Sonne extrem auf und man muss bei der Verlegung ganz genau auf die Dehnungsfugen achten.

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Wichtiger als jedes Öl: Der konstruktive Holzschutz

Das ist das wichtigste Geheimnis für eine langlebige Terrasse: Sie muss so gebaut sein, dass Wasser keine Chance hat, irgendwo stehen zu bleiben. Das Holz muss immer schnell wieder abtrocknen können. Ich hab schon Terrassen gesehen, die nach fünf Jahren morsch waren, weil hier geschlampt wurde.

Die goldenen Regeln sind ganz einfach:

  • Luft von unten: Die Dielen brauchen Abstand zum Boden. Eine gute Unterkonstruktion sorgt für Belüftung.
  • Weg mit dem Wasser: Ein leichtes Gefälle von ca. 2 % weg vom Haus ist Pflicht.
  • Platz zum Atmen: Zwischen den Dielen müssen Fugen sein (ca. 5-8 mm), damit Wasser abläuft und das Holz arbeiten kann.
  • Die richtigen Schrauben: Nimm IMMER Edelstahlschrauben. Alles andere rostet und macht hässliche schwarze Flecken.

Wenn du das beachtest, baust du dir einen Platz, an dem du viele Jahre Freude haben wirst. Bei größeren Projekten aber lieber einen Profi fragen – da geht’s dann auch um Sicherheit und Statik.

Ein letztes Wort aus der Werkstatt

Ein Zuhause mit natürlichen Materialien zu gestalten, ist mehr als eine Stilfrage. Es ist eine Entscheidung für Qualität, für ein gesundes Wohngefühl und für Dinge, die eine Geschichte erzählen dürfen. Ein Ast im Holz, eine leicht unebene Lehmwand – das sind keine Fehler, das ist Charakter.

Lass dich nicht von schnellen Trends jagen. Vertrau auf dein Bauchgefühl und auf bewährtes Handwerk. Investier lieber in ein gutes Material als in den neuesten Schnickschnack. Dann schaffst du dir einen Ort, an dem du nicht nur wohnst, sondern an dem du wirklich zuhause bist. Und das, mein Freund, ist unbezahlbar.

Allgemeiner Sicherheitshinweis: Egal was du tust – beim Schleifen, Mischen von Putz oder Streichen entsteht Staub. Trage bitte immer eine passende Atemschutzmaske (mindestens FFP2) und eine Schutzbrille. Deine Gesundheit geht vor. Im Zweifel gilt: Lieber einmal zu viel den Fachmann gefragt als einmal zu wenig.

Mareike Brenner

Mareike ist 1991 in Bonn geboren und hat ihr Diplom in der Fachrichtung Journalistik an der TU Dortmund erworben. Sie hat einen Hintergrund im Bereich Design, da sie an der HAW Hamburg Illustration studiert hat. Mareike hat aber einen Sprung in die Welt des Journalismus gemacht, weil sie schon immer eine Leidenschaft für kreatives Schreiben hatte. Derzeit ist sie in der Redaktion von Freshideen tätig und schreibt gern Berichte über Schönheitstrends, Mode und Unterhaltung. Sie kennt übrigens alle Diäten und das Thema „Gesund abnehmen“ wird von ihr oft bevorzugt. In ihrer Freizeit kann man sie beim Kaffeetrinken mit Freunden antreffen oder sie bleibt zu Hause und zeichnet. Neulich hat sie eine neue Leidenschaft entdeckt, und das ist Online-Shopping.